Gewichtsreduktion: nach wie vor beste Therapie bei metabolischer Steatose
Bericht:
Reno Barth
Vergangenen Juni wurde die aktuelle und gemeinsame Leitlinie für das Management der mit metabolischer Dysfunktionassoziierten steatotischen Lebererkrankung (MASLD) derEuropean Association for the Study of the Liver (EASL), der European Association for the Study of Obesity (EASO) und der European Association for the Study of Diabetes (EASD) publiziert.1 Die Leitlinie gibt detaillierte Empfehlungen für Diagnose und Management der Erkrankung, wobei in der Therapie nach wie vor Gewichtsreduktion eine zentrale Rolle spielt.
Keypoints
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Die nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) wird nun MASLD genannt.
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Eine MASLD wird durch den Nachweis einer Lebersteatose sowie von mindestens einem kardiometabolischen Risikofaktor diagnostiziert.
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Es gibt aktuell keine spezifischen Medikamentenzulassungen für die Behandlung einer MASLD bzw. MASH.
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Die Gewichtsreduktion ist die Therapie der Wahl und kann zur vollständigen Rückbildung von Steatose und Entzündung führen.
Eine nichtalkoholische Lebersteatose (MASLD) kann mittels Bildgebung oder Biopsie diagnostiziert werden, sofern kardiometabolische Risikofaktoren vorliegen und übermäßiger Alkoholkonsum ausgeschlossen werden kann. Wird in der Histologie der Nachweis einer Entzündung festgestellt, so liegt eine Metabolische-Dysfunktion-assoziierte Steatohepatitis (MASH; früher NASH) vor. Bei einem Alkoholkonsum zwischen täglich 30 und 60g bei Männern bzw. 20 und 50g bei Frauen spricht man von einer „metALD“, was einer MASLD mit erhöhter Alkoholaufnahme entspricht. Wird über dieses Maß hinaus Alkohol getrunken, so liegt eine alkoholtoxische Lebererkrankung (ALD) vor.
Die MASLD ist extrem häufig und betrifft Schätzungen zufolge aktuell rund 30% der Gesamtbevölkerung. Es gibt keine anerkannten Screeningtests. Ein hoher Prozentsatz der Betroffenen bleibt folglich undiagnostiziert. Die kardiometabolischen Kriterien für die Diagnose einer MASLD sind dieselben wie für das metabolische Syndrom: Übergewicht bzw. Adipositas, Prädiabetes, Diabetes, Hypertonie, Triglyzeride über 150mg/dl, HDL-Cholesterin unter 40mg/dl. Der Unterschied zum metabolischen Syndrom liegt darin, dass für eine MASLD-Diagnose nur eines dieser Kriterien erfüllt sein muss, während für das metabolische Syndrom drei Kriterienvorliegen müssen. „Fast alle Personen mit Lebersteatose haben eine nichtalkoholische Lebersteatose, aber bei Weitem nicht alle haben auch ein metabolisches Syndrom“, so Prof. Dr. Hannele Yki-Järvinen, Universität Helsinki.
Fibrosegrad als Indikator für erhöhtes Risiko
Für die Prognose der Erkrankung ist der Fibrosegrad ausschlaggebend, wobei Grad 3 und 4 sowohl mit Ereignissen im Sinne einer hepatischen Dekompensation als auch mit einer erhöhten Gesamtmortalität assoziiert sind.2,3Man sollte dabei nicht vergessen, dass mehr als 80% der Patienten mit MASLD nicht an Lebererkrankungen, sondern wegen anderer, mehrheitlich kardiovaskulärer, Ursachen versterben.4 Die Identifikation von Patienten, die an die Hepatologie überwiesen werden sollten oder die ein intensiviertes Management von Risikofaktoren benötigen, erfolgt mithilfe des Fibrosescores FIB-4, der aus dem Patientenalter sowie den Laborwerten GOT, GPT und Thrombozytenzahl errechnet wird, sowie in weiterer Folge anhand einer transienten Elastografie.
Univ.-Prof. Dr. Michael Roden vom Deutschen Diabetes-Zentrum in Düsseldorf betont den Einfluss der MASLD auf das kardiovaskuläre Risiko. Die Inzidenz schwerer kardiovaskulärer Ereignisse steigt mit dem Fibrosegrad (Abb.1).5 Auch in einer Analyse der Studie EMPAREG-OUTCOMEkonnte bewiesen werden, dass die Leberfibrose mit kardiovaskulärem Tod und Hospitalisierungen aufgrund einer Herzinsuffizienz assoziiert ist.6 „Es ist sinnvoll, auf nichtalkoholische Lebersteatosen zu achten, insbesondere, wenn der Verdacht auf eine fortgeschrittene Erkrankung besteht“, so Roden.
Abb. 1: Schwere kardiologische Ereignisse bei histologisch bestätigter MASH (nach Simon TG et al. 2021)5
Medikamentöse Gewichtsreduktion oder bariatrische Chirurgie
Der sinnvollste Weg, MASLD zu behandeln, besteht darin, die Zufuhr diverser Substrate zur Leber und damit deren Fettgehalt zu reduzieren. Dies ist allein mit Gewichts- bzw. Fettabnahme gut möglich.7 Ab einem Verlust von 5% Körpergewicht kann mit einer Reduktion der Steatose gerechnet werden – ab 7–10% bessern sich eine MASH und eine Fibrose sogar. „Je mehr abgenommen werden kann, desto besser für die Leber“, so der Experte. Leider zeigt die klinische Praxis, dass diese Ziele nicht leicht erreichbar sind, weshalb die Leitlinie Gewichtsreduktion mithilfe von GLP-1-Analoga oder unter Umständen eine bariatrische Chirurgie empfiehlt.
Für bariatrische Eingriffe konnte eine signifikante und sehr deutliche Reduktion von Inflammation, Steatose und „Balooning“ (als Zeichen progredienter Inflammation) demonstriert werden – dies allerdings zum Preis nicht zu unterschätzender Risiken. So kommt es zwar nach 40% der Eingriffe zu einer Besserung der Fibrose, in 12% der Fälle verschlechtert sich jedoch die Fibrose infolge der Operation.8 Hinzu kommen die Risiken des Eingriffs selbst, die gerade bei adipösen und multimorbiden Personen nicht unterschätzt werden dürfen.
Die Leitlinie der EASL/EASO/EASD gibt detaillierte Empfehlungen für das Management der metabolischen Steatose
Bislang gibt es in Europa kein Medikament, das spezifisch für die Indikationen MASLD, MASH, Fibrose oder Zirrhose zugelassen ist. Dies liegt u.a. daran, dass die Zulassungsbehörden nach wie vor Biopsiedaten für eine Zulassung verlangen. GLP-1-Rezeptor-Agonisten (GLP-1-RA) verbessern die glykämische Kontrolle und helfen bei der Gewichtsabnahme, was sie zur naheliegendsten Option in der Behandlung einer MASLD macht.9 Leider zeigen Studiendaten, dass die GLP-1-RA zwar Leberfett und Entzündung reduzieren, insbesondere in den fortgeschrittenen Stadien jedoch keinen Effekt auf eine einmal eingetretene Fibrose haben.10 Aber auchSGLT2-Inhibitoren dürften Potenzial haben. Beispielsweise konnte mit Empagliflozin als „Add-on“-Therapie bei sehr gut eingestelltem Diabetes noch eine signifikante Reduktion des Leberfetts erzielt werden.11 Auf dieser Basis wird aktuell die Studie COMAT-T2-NASH mit der Kombination von Empagliflozin und Semaglutid und hepatischen Endpunkten durchgeführt. Eine Empfehlung für SGLT2-Inhibitoren bei MASLD kann derzeit aufgrund des Fehlens prospektiver Daten jedoch nicht gegeben werden.
Als erstes spezifisch bei MASHindiziertes Medikament steht das seit Kurzem in den USA verfügbare Resmetirom, ein selektiver Agonist am Schilddrüsenhormon-Rezeptor β (THR-β), in Europa kurz vor der Zulassung. THR-β kommt unter anderem in der Leber und in der Niere vor und wird bei MASH herunterreguliert, was die mitochondriale Funktion und die β-Oxidation von Fettsäuren beeinträchtigt und damit die Fibrosierung der Leber verhindert. In Phase-III-Studien führte Resmetirom bei rund einem Viertel der Probanden zum Abklingen der MASH und zur Besserung der Fibrose.12
Die Verträglichkeit von Resmetirom in den Studien war gut. „Ob der Eingriff in den Metabolismus der Schilddrüsenhormone langfristig extrahepatische Effekte haben wird, ist aktuell allerdings noch nicht vollkommen geklärt“, so Roden. Für konkrete Ernährungsempfehlungen verweist die Leitlinie auf eine mediterrane Diät, wobei Roden angesichts einer im vergangenen Jahr publizierten Metaanalyse an dieser Empfehlung zweifelt. Darin ergab sich kein signifikanter Effekt auf Leberenzyme und kein signifikanter Effekt auf die Steifigkeit der Leber. Das Gesamtcholesterin konnte statistisch signifikant, aber nur minimal (um 0,46mg/dL) gesenkt werden.13
Ernährung bei fortgeschrittener Lebererkrankung wichtig
Detaillierter sind die Empfehlungen für die Ernährung bei fortgeschrittener Lebererkrankung, die spezifisch auf die individuelle Situation des Patienten abgestimmt sind. So ist beispielsweise bei Sarkopenie oder dekompensierter Zirrhose Intervallfasten zu vermeiden und im Gegenteil die Kalorienaufnahme gut auf den Tag zu verteilen – inklusive des spätabendlichen Snacks. Auf eine ausreichende Proteinzufuhr ist zu achten. Bariatrische Chirurgie führt auch bei übergewichtigen Personen mit fortgeschrittener Lebererkrankung zu Gewichtsverlust und einem Rückgang der MASH. Allerdings persistiert eine ausgeprägte Fibrose bei rund der Hälfte der Patienten.14„Bei dekompensierter Zirrhose sind bariatrische Eingriffe kontraindiziert“, führt Prof. Dr. Frank Tacke, Charité Universitätsmedizin, Berlin, aus. Ähnliches gilt für Patienten mit Zirrhose unter Therapie mit Semaglutid.10
Praxistipp
Aktuell gibt es noch keine evidenzbasierte Empfehlung für SGLT2-Inhibitoren in der Behandlung einer MASLD, die Ernährung spielt jedoch eine wichtige Rolle bei der Fibrose-/Zirrhoserückbildung.Eine fortgeschrittene Fibrose, insbesondere eine Zirrhose, ist mit einem hohen Risiko eines hepatozellulären Karzinoms assoziiert. Empfohlen wird daher ein Ultraschallscreening alle sechs Monate. Dies ist sowohl von der Patientenadhärenz her als auch organisatorisch schwer durchzuführen, weshalb intensiv an aussagekräftigen Scores geforscht wird. Sie sind allerdings noch nicht in dem Maß entwickelt, dass auf die Ultraschallempfehlung verzichtet werden könnte. Als Ultima Ratio kann bei dekompensierter Zirrhose oder hepatozellulärem Karzinom eine Lebertransplantation erforderlich werden.
Quelle:
„MASLD: challenges of case finding and diagnostic tools“, Vortrag von Dr. H. Yki-Järvinen; „Novel treatment options in MASLD“, Vortrag von Dr. M. Roden; „MASLD with end-stage liver disease: How can we avoid liver-related outcomes?“, Vortrag von Dr. F. Tacke, präsentiert im Rahmen des EASD-Kongresses am 11.September 2024 in Madrid
Literatur:
1 European Association for the Study of the Liver (EASL); European Association for the Study of Diabetes (EASD); European Association for the Study of Obesity (EASO): Clinical Practice Guidelines for the management of non-alcoholic fatty liver disease. J Hepatol 2024; 81(3): 492-542 2 Sanyal AJ et al.: Prospective study of outcomes in adults with nonalcoholic fatty liver disease. N Engl J Med 2021; 385(17): 1559-69 3 Taylor RS et al.: Association between fibrosis stage and outcomes of patients with nonalcoholic fatty liver disease: a systematic review and meta-analysis. Gastroenterology 2020; 158(6): 1611-25 4 Shang Y et al.:Cause of death by fibrosis stage in 959 patients with biopsy-proven NAFLD. Gut 2024; 73(11):e30 5 Simon TG et al.: Mortality in biopsy-confirmed nonalcoholic fatty liver disease: results from a nationwide cohort. Gut 2021; 70(7): 1375-82 6 Kahl S et al.: Effects of empagliflozin on markers of liver steatosis and fibrosis and their relationship to cardiorenal outcomes. Diabetes Obes Metab 2022; 24(6): 1061-71 7 Huttasch M et al.: Obesity and MASLD: Is weight loss the (only) key to treat metabolic liver disease? Metabolism 2024; 157: 155937 8 Lee Y et al.: Complete resolution of nonalcoholic fatty liver disease after bariatric surgery: a systematic review and meta-analysis. Clin Gastroenterol Hepatol 2019; 17(6): 1040-60 9 Giannakogeorgou A, Roden M: Role of lifestyle and glucagon-like peptide-1 receptor agonists for weight loss in obesity, type 2 diabetes and steatotic liver diseases. Aliment Pharmacol Ther 2024; 59(1): 52-75 10 Loomba R et al.: Semaglutide 2,4mg once weekly in patients with non-alcoholic steatohepatitis-related cirrhosis: a randomised, placebo-controlled phase 2 trial. Lancet Gastroenterol Hepatol 2023; 8(6): 511-22 11 Kahl S et al.: Empagliflozin effectively lowers liver fat content in well-controlled type 2 diabetes: a randomized, double-blind, phase 4, placebo-controlled trial. Diabetes Care 2020; 43(2): 298-305 12 Harrison SA et al.: A phase 3, randomized, controlled trial of resmetirom in NASH with liver fibrosis. N Engl J Med 2024; 390(6): 497-509 13 Del Bo et al.: Does the Mediterranean diet have any effect on lipid profile, central obesity and liver enzymes in non-alcoholic fatty liver disease (NAFLD) subjects? a systematic review and meta-analysis of randomized control trials. Nutrients 2023; 15(10): 2250 14 Pais R et al.: Persistence of severe liver fibrosis despite substantial weight loss with bariatric surgery. Hepatology 2022; 76(2): 456-68
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