Tendenz steigend: Adipositas sorgt für 8 Prozent aller Todesfälle in Österreich
Übergewicht und Adipositas sind in Österreich zunehmend verbreitet. Laut Statistik Austria sind knapp 35% der Menschen über 15 Jahre übergewichtig (BMI ≥ 25kg/m²), und etwa 17% leiden an Adipositas (BMI ≥ 30 kg/m²).1
Eine aktuelle Studie2 des Instituts für Höhere Studien Wien (IHS), die sich auf die im Jahr 2019 erhobene Situation bezieht, zeigt: Über 8% aller Todesfälle (unter 85 Jahren) und knapp 5% der Gesundheitsausgaben sind in Österreich auf Adipositas zurückzuführen –Tendenz steigend. Menschen, die mit 45 Jahren mit Hochrisikoadipositas leben, verlieren knapp fünf Lebensjahre bzw. sogar knapp 10 gesunde Lebensjahre. Allein 2019 starben nach diesen Berechnungen etwa 4000 Menschen in Österreich an den Folgen von Adipositas.
Adipositas muss endlich als Erkrankung bewertet werden
Die Österreichische Adipositas Allianz (ÖAA), ein Zusammenschluss von medizinischen Fachgesellschaften und Patienten-vertreter:innen, fordert, dass Adipositas in Österreich als eigenständige Erkrankung anerkannt wird, wie von der WHO bereits definiert.
Assoz. Prof. Dr. Florian Kiefer, Endokrinologe und Stoffwechselexperte, MedUni AKH Wien, erklärt: „Patient:innen mit Adipositas erleben häufig Schuldzuweisungen und Stigmatisierungen und leiden gleichzeitig unter den gesundheitlichen Folgen der Erkrankung, die oft mit Einschränkungen im Alltag und im Berufsleben einhergehen.“
Neben diesen direkten Auswirkungen von Adipositas stehen die mittelbaren Folgen: So erhöht Adipositas signifikant das Risiko für über 100 Folgeerkrankungen, wie etwa Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder auch einige Krebserkrankungen.
Volkswirtschaftliche Kosten
Dr. Thomas Czypionka leitet am IHS die Forschungsgruppe Gesundheitsökonomik und Gesundheitspolitik und erklärt zu den Studienergebnissen: „Wir ermitteln in unserem Modell die Kosten von Adipositas und deren Folgeerkrankungen für das Gesundheits- und Sozialsystem, aber auch für die Wirtschaft in Österreich. Angesichts der Zahlen sehen wir dringenden Handlungsbedarf. Die Adipositasepidemie sollte nicht als Nebensächlichkeit abgetan werden, sie ist ein zentrales Problem für die öffentliche Gesundheit und unsere Wirtschaft.“
Auf Basis von hunderten klinisch-epidemiologischen Studien sowie aus Prävalenz- und Kostendaten konnte die wirtschaftliche Belastung durch Adipositas berechnet werden. Sie wird auf etwa 2,3Mrd. Euro pro Jahr geschätzt. Rund 5% der gesamten Gesundheitsausgaben und etwa eine halbe Million Krankenhaustage sind auf Folgeerkrankungen von Adipositas zurückzuführen. Zudem verursacht Adipositas erhebliche Ausfälle auf dem Arbeitsmarkt, die sich auf etwa 480Mio. Euro belaufen. Die Studie schätzt, dass Adipositas jährlich zu 1,2 Mio. Krankenstandstagen und zu 5,6% der neuen Invaliditätspensionen beiträgt. Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen die volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Adipositas und unterstreichen die Notwendigkeit einer verstärkten Früherkennung und gezielter therapeutischer Maßnahmen.
Dr. Florian Kiefer dazu: „Die neue Bundesregierung wird sich in ihren gesundheitspolitischen Schwerpunktsetzungen der Realität stellen müssen, die durch die Studie nun auch für Österreich aufgezeigt wurde. Neben tausenden Todesfällen pro Jahr und den enormen Folgekosten steht das nicht quantifizierbare, aber ebenso reale Leid der Betroffenen im Alltag. Bisher existieren in unserem Gesundheitssystem jedoch nur sehr wenige strukturierte Maßnahmen, um diesen Entwicklungen gegenzusteuern.“
Forderungen an die Bundesregierung
Die ÖAA und die in ihr zusammengeschlossenen Fachgesellschaften fordern:
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die Anerkennung von Adipositas als eigenständige chronische Erkrankung und entsprechende Sensibilisierung der Öffentlichkeit sowie den Abbau von Stigmatisierung und Diskriminierung,
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die Förderung von Präventionsmaßnahmen, um die Anzahl von Neuerkrankungen zu reduzieren und Folgeerkrankungen zu begegnen,
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und einen niederschwelligen und sozial gerechten Zugang zu leitliniengerechten Therapien für Menschen mit Adipositas.
Dr. Florian Kiefer lädt im Namen der ÖAA die kommende Regierung zum Dialog ein: „Die in der ÖAA gebündelte Expertise steht jederzeit auf Abruf bereit. Wir werden auf den bzw. die neue Ressortchef:in im Gesundheitsministerium zugehen und unsere Kompetenz im Interesse aller Betroffenen für Lösungen bereitstellen.“
Quelle:
Presseaussendung der Österreichischen Adipositas Allianz vom 9. Oktober 2024
Literatur:
1 Statistik Austria: Übergewicht und Adipositas. https://www.statistik.at/statistiken/bevoelkerung-und-soziales/gesundheit/gesundheitsverhalten/uebergewicht-und-adipositas ; zuletzt aufgerufen am 14.10.2024 2 Reitzinger S, Czypionka T: Low-, moderate-, and high-risk obesity in association with cost drivers, costs over the lifecycle, and life expectancy. https://irihs.ihs.ac.at/id/eprint/7014 ; zuletzt aufgerfuen am 14.10.2024
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