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Diabetesforschung

Typ-1-Diabetes: Einfluss von Fettsäuren auf die Autoimmunität

Haben Patientinnen und Patienten mit Typ-1-Diabetes ein anderes Fettsäureprofil als gesunde Kontrollpersonen mit ähnlichem Alter, Geschlecht und Body-Mass-Index? Welchen Einfluss hat eine Insulintherapie? Österreichische Forschung ist auf dem Weg zur Beantwortung dieser spannenden Fragen.

Keypoints

  • Omega-3-Fettsäuren könnten einen protektiven Effekt im Zusammenhang mit der Entstehung eines Typ-1-Diabetes haben.

  • Mithilfe der Magnetresonanzspektroskopie kann neben der Quantifizierung des Fettgehaltes im Körper auch die Fettsäuren-Zusammensetzung untersucht werden.

  • Erste vorläufige Ergebnisse zeigen, dass die Initiierung der Insulintherapie einen Einfluss auf diverse Fettsäuren-Sättigungsindizes hat.

Ungefähr 5 bis 10% der Patientinnen und Patienten mit der Diagnose eines Diabetes mellitus haben einen Typ-1-Diabetes. Im Gegensatz zur Insulinresistenz beim Typ-2-Diabetes entsteht der Typ-1-Diabetes auf Basis eines autoimmunen Prozesses. Hierbei richten sich Autoantikörper gegen die eigenen Insulin-produzierenden Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse. Die Folge der dadurch ausgelösten chronischen Entzündung ist eine kontinuierliche Abnahme der Insulinsekretion und letztlich, nach einer meist mehrjährigen Latenzphase, die Manifestation eines Typ-1-Diabetes.1 Eine Abschwächung dieser chronischen, autoimmunen Entzündungsreaktion könnte der Entwicklung des Typ-1-Diabetes entgegenwirken und das Auftreten verzögern. Ungesättigte Fettsäuren, insbesondere n-3-Fettsäuren, könnten hier eine wichtige Rolle spielen.

Zellkultur, Tiermodell und Humanstudien

Grundlagenwissenschaftliche Studien in Zellkulturmodellen zeigen, dass eine vermehrte Expression von n-3-Fettsäuren in pankreatischen Beta-Zellen gegen den entzündungsvermittelten Zelltod schützt und dadurch die Insulinsekretion erhalten bleibt.2 Dieser protektive Effekt konnte auch in vivo in Tiermodellen bestätigt werden, wobei in Mäusen eine vermehrte Zufuhr von n-3-Fettsäuren über die Nahrung den autoimmunen Entzündungsprozess in der Bauchspeicheldrüse sowie in weiterer Folge ebenfalls die Insulinsekretion günstig beeinflusst.3

Im Menschen konnte bislang beispielsweise bei Kindern mit genetisch bedingtem erhöhtem Typ-1-Diabetes-Risiko eine Assoziation zwischen einer vermehrten Zufuhr von n-3-Fettsäuren über die Nahrung und einem geringeren Risiko für die Manifestation des Typ-1-Diabetes gezeigt werden.4

Studie bei Patienten mit Typ-1-Diabetes

Studienziel

Das Ziel unserer Studie „Ectopic lipid composition & autoimmunity in type 1 diabetes mellitus“ ist daher, im Rahmen einer Querschnittsanalyse zu untersuchen, ob Patientinnen und Patienten mit Typ-1-Diabetes ein anderes Fettsäureprofil aufweisen als gesunde Kontrollpersonen mit ähnlichem Alter, Geschlecht und Body-Mass-Index.

Studiendesign

Hierfür untersuchen wir einerseits Patientinnen und Patienten, die wegen eines erstmalig manifestierten Typ-1-Diabetes an unserer Abteilung in Betreuung stehen. Andererseits vergleichen wir dieses Kollektiv mit Patientinnen und Patienten mit bereits langjährig bestehendem Typ-1-Diabetes sowie mit passenden Kontrollpersonen. Mittels Protonen-basierter Magnetresonanzspektroskopie wird in unterschiedlichen Kompartimenten (subkutanes Fettgewebe und viszerales Fettgewebe in Abdomen, Oberschenkel, Leber) das Fettsäureprofil untersucht, um so nicht invasiv, also ohne Strahlenbelastung bzw. ohne Notwendigkeit der Entnahme einer Gewebeprobe, das Fettsäuremuster identifizieren zu können.

Hintergrund – Unterschiede im Fettgewebe bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes

Bereits in früheren Arbeiten konnten wir zeigen, dass die Ablagerung von Fettgewebe im Allgemeinen bei Personen mit Typ-1-Diabetes anders ist als bei Typ-2-Diabetikern. Im Wesentlichen findet sich in der Leber bei Patientinnen und Patienten mit bereits langjährig bestehendem und gut kontrolliertem Typ-1-Diabetes ein unerwartet niedriger Leberfettgehalt. Auch der Fettgehalt im Skelettmuskel ist nicht erhöht. Diese Veränderungen der Leberfettspeicherung könnten am ehesten durch unterschiedliche Insulinkonzentrationen im Bereich der Portalvene erklärbar sein. Während unter physiologischen Bedingungen die Bauchspeicheldrüse Insulin direkt in die Portalvene abgibt und dort anschließend ungefähr die Hälfte des Insulins durch den „First pass“-Effekt in der Leber unmittelbar abgebaut wird, kommt es nach subkutaner Insulingabe zu höheren systemischen Insulinkonzentrationen, aber geringeren Konzentrationen in der Portalvene. Das dadurch niedrigere Angebot an Insulin im Bereich der Leber könnte den niedrigen Fettgehalt erklären.5

Untersuchung des Fettgehalts

Neben dem Fettgehalt kann mittels Magnetresonanzspektroskopie bei hochauflösender Magnetfeldstärke bei 7 Tesla auch die Zusammensetzung der Fettsäuren untersucht werden. Neben den Gesamtkonzentrationen von gesättigten und ungesättigten Fettsäuren können auch die n-3-Konzentrationen quantifiziert werden. Dies wurde ebenfalls bereits in einer Vorläuferstudie unserer Arbeitsgruppe publiziert.6 In unserer aktuellen Querschnittstudie, die dankenswerterweise finanziell mit dem Forschungsförderungspreis der Österreichischen Diabetes Gesellschaft unterstützt wurde, konnten wir bisher sieben Patientinnen und Patienten mit neu manifestiertem Typ-1-Diabetes (zwei weiblich, fünf männlich, Altersdurchschnitt 29 Jahre, durchschnittlicher BMI 23) mittels Magnetresonanzspektroskopie untersuchen.

Durchführung

Die Probanden wurden innerhalb von vier Wochen nach der Erstdiagnose untersucht. Zusätzlich wurde die Untersuchung drei Monate nach suffizienter Blutzuckereinstellung wiederholt, um den kurzfristigen Einfluss der Insulintherapie auf die Fettsäuren-Komposition im Fett- und Muskelgewebe zu evaluieren. Um den Einfluss von länger bestehender Insulintherapie auf die Fettsäuren-Zusammensetzung in den unterschiedlichen Geweben zu analysieren, wurden auch Patientinnen und Patienten mit länger bestehendem Typ-1-Diabetes (in diesem Fall definiert als Erkrankungsdauer länger als fünf Jahre) eingeschlossen. Für diese Gruppe konnten bis dato fünf Patientinnen und Patienten (eine weiblich, vier männlich, Altersdurchschnitt 33 Jahre, durchschnittlicher BMI 23) analysiert werden. Beide Gruppen wurden mit acht gesunden Kontrollprobanden (zwei weiblich, sechs männlich, Altersdurchschnitt 26, durchschnittlicher BMI 23) entsprechend dem Alter, dem Geschlecht und dem Body-Mass-Index verglichen.

Analyse der Resultate
Praxistipp
Für Tipps für die Praxis ist es noch zu früh. Weitere Forschungen werden zeigen, welche Schlussfolgerungen sich aus den gewonnenen Resultaten ergeben.

Eine erste vorläufige Analyse unserer Daten zeigt, dass sich bei Patientinnen und Patienten mit länger bestehendem Typ-1-Diabetes ein verringerter Leberfettgehalt im Vergleich zu neu manifestierten Diabetikerinnen und Diabetikern und auch zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der gesunden Kontrollgruppe findet. Sowohl im viszeralen abdominellen Fettgewebe als auch im tiefen subkutanen abdominellen Fettgewebe zeigte sich eine Zunahme der Fettsäuren-Sättigungsindizes im dreimonatigen Follow-up nach Beginn der Insulintherapie. Der im Oberschenkelmuskel gemessene intramyozelluläre Lipidgehalt, der als Maß für die Insulinresistenz gilt,7 zeigte ebenfalls eine Veränderung nach der Normalisierung der Hyperglykämie. Das Verhältnis von subkutanem und viszeralem Fett ist in allen Gruppen ähnlich hoch und scheint keinen Einfluss auf die Pathogenese des Typ-1-Diabetes zu haben.

Zur weiteren Untersuchung dieser Trends werden laufend zusätzliche Patientinnen und Patienten eingeschlossen, um abschließende Auswertungen durchführen und Schlussfolgerungen ziehen zu können. Die Auswertung des Omega-3-Gehaltes an der Erythrozytenmembran ist noch ausständig und könnte ebenfalls einen weiteren Hinweis auf den Einfluss von ungesättigten Fettsäuren auf die Entstehung des Typ-1-Diabetes geben. Zusätzlich wird untersucht, ob es einen Zusammenhang des Omega-3-Gehaltes an der Erythrozytenmembran und den Fettsäurenindizes der Magnetresonanzspektroskopie gibt.

1 Atkinson MA et al.: Type 1 diabetes. Lancet 2014; 383(9911): 69-82 2 Wei D et al.: Cellular production of n-3 PUFAs and reduction of n-6-to-n-3 ratios in the pancreatic b-cells and islets enhance insulin secretion and confer protection against cytokine-induced cell death. Diabetes 2010; 59(2): 471-8 3 Bi X et al.: ω-3 polyunsaturated fatty acids ameliorate type 1 diabetes and autoimmunity. J Clin Invest 2017; 127(5): 1757-71 4 Norris JM et al.: Omega-3 polyunsaturated fatty acid intake and islet autoimmunity in children at increased risk for type 1 diabetes. JAMA 2007; 298(12): 1420-8 5 Wolf P: Reduced hepatocellular lipid accumulation and energy metabolism in patients with long standing type 1 diabetes mellitus. Sci Rep 2019; 9(1): 2576 6 Gajdošík M et al.: Ultralong TE in vivo (1) H MR spectroscopy of omega-3 fatty acids in subcutaneous adipose tissue at 7 T. J Magn Reson Imaging 2019; 50(1): 71-82 7 Wolf P et al.: Intracellular lipid accumulation and shift during diabetes progression. Wien Med Wochenschr 2014; 164(15-16): 320-9

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