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Antihormonelle Therapie bei Brustkrebs

Wie lange therapieren?

<p class="article-intro">Tamoxifen wird bereits seit mehr als 40 Jahren zur antihormonellen Therapie des Mammakarzinoms eingesetzt. Doch erst jetzt richtet die Forschung ihr Augenmerk darauf, herauszufinden, wie lange das Mittel überhaupt gegeben werden sollte. Über den aktuellen Stand der Untersuchungen berichtete Univ.-Prof. Michael Seifert, Wien, im Rahmen der Fortbildungsveranstaltung „Brustkrebstherapie 2016“ Ende Oktober in Wien.</p> <hr /> <p class="article-content"><div id=""> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Nach invasivem Mammakarzinom ist die Tamoxifen- Therapie &uuml;ber zehn Jahre der f&uuml;nfj&auml;hrigen Gabe &uuml;berlegen.</li> <li>Beim duktalen Carcinoma in situ (DCIS) ist die f&uuml;nfj&auml;hrige Behandlung ausreichend.</li> <li>Bei den Aromatasehemmern ist eine Therapiedauer von zehn Jahren ebenfalls besser als f&uuml;nf Jahre.</li> <li>Dabei muss man auf die Nebenwirkungen, insbesondere auf die Knochendichte, achten.</li> </ul> </div> <p>Eine schwedische Arbeitsgruppe untersuchte 1996, wie sich das Gesamt- und das krankheitsfreie &Uuml;berleben unter einer zwei- und unter einer f&uuml;nfj&auml;hrigen Tamoxifen- Therapie unterscheiden. Insgesamt nahmen mehr als 3 800 postmenopausale Frauen mit fr&uuml;hem invasivem Brustkrebs an der Studie teil. Es zeigte sich, dass die l&auml;ngere Tamoxifen-Einnahme sowohl das Gesamt- wie auch das krankheitsfreie &Uuml;berleben verl&auml;ngerte.<sup>1</sup> Allerdings seien diese fr&uuml;hen Studien schlecht ausgef&uuml;hrt worden, erkl&auml;rte Seifert. So habe man nicht zwischen &Ouml;strogenrezeptor-positiven und -negativen Tumoren unterschieden. Wenn man dies aber ber&uuml;cksichtige, so erhalte man beeindruckende Ergebnisse, sagte er und zeigte die Ergebnisse einer Studie der Early Breast Cancer Trialists&rsquo; Collaborative Group (EBCTCG) von 2011. In dieser Metaanalyse aus 20 Studien mit mehr als 21 000 Patientinnen mit fr&uuml;hen rezeptorpositiven Mammatumoren wurden Rezidivraten und Mortalit&auml;t unter einer f&uuml;nfj&auml;hrigen Tamoxifen-Therapie versus keine Tamoxifen-Gabe verglichen. Diese Patientinnen profitierten eindeutig von der Therapie: Die f&uuml;nfj&auml;hrige Tamoxifen- Behandlung reduzierte das 15-Jahres- Risiko f&uuml;r Rezidive und tumorbedingte Sterblichkeit signifikant.<sup>2</sup></p> <h2>F&uuml;nf versus zehn Jahre Tamoxifen</h2> <p>Der n&auml;chste Schritt war, die f&uuml;nfj&auml;hrige mit der zehn Jahre dauernden Behandlung zu vergleichen. &bdquo;&Uuml;berraschenderweise kam dabei heraus, dass das Gesamtund das krankheitsfreie &Uuml;berleben bei den Patientinnen l&auml;nger war, die k&uuml;rzer mit Tamoxifen behandelt worden waren&ldquo;, so Seifert.<sup>3</sup> Dies habe die Wissenschaft zun&auml;chst davon abgehalten, weitere Studien in diese Richtung zu unternehmen, sagte er. Dennoch wurden zwei gro&szlig;e Untersuchungen mit mehr als 20 000 Patientinnen gestartet: ATLAS<sup>4</sup> und aTTom<sup>5</sup>.<br /> F&uuml;r ATLAS wurden mehr als 15 000 Frauen aus &uuml;ber 30 L&auml;ndern randomisiert. Darunter waren laut Seifert sehr viele Teilnehmerinnen aus L&auml;ndern, deren Gesundheitswesen noch nicht so weit fortgeschritten ist, z.B. Indien. Dies habe dazu gef&uuml;hrt, dass bei fast 70 % der Frauen der Hormonrezeptorstatus zu Beginn der Studie unbekannt war. Dennoch zeigte die Studie bei den Patientinnen mit rezeptorpositiven Tumoren bzw. ungekl&auml;rtem Rezeptorstatus, dass eine l&auml;ngere Tamoxifen- Therapie die Rezidivrate senken konnte (Abb. 1).<sup>4</sup> Wenn man zudem ber&uuml;cksichtige, dass im Verlauf der Langzeittherapie erfahrungsgem&auml;&szlig; die Compliance der Patienten abnehme, dann seien die Ergebnisse durchaus valide, betonte Seifert. &Auml;hnliche, allerdings nicht signifikante Resultate ergab auch die britische aTTom- Studie.<sup>5</sup> Wenn man die Daten beider Untersuchungen kombiniere, ergebe sich ein signifikanter Vorteil f&uuml;r die l&auml;ngere Gabe, erkl&auml;rte er. Allerdings sollte man die Nebenwirkungen nicht vernachl&auml;ssigen. Bei der verl&auml;ngerten Therapiedauer treten h&auml;ufiger Endometriumkarzinome auf (10 Jahre 2,9 % vs. 5 Jahre 1,3 % , p&lt;0,0001).<sup>6</sup><br /> Diese Studien konnten zwar die Experten beeindrucken, so Seifert, h&auml;tten jedoch keine durchschlagende &Auml;nderung der Therapiepraxis gebracht. Warum? &bdquo;Sie kamen zu sp&auml;t.&ldquo;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Gyn_1701_Weblinks_s10_abb1.jpg" alt="" width="1461" height="893" /></p> <h2>Das Zeitalter der Aromatasehemmer</h2> <p>Heutzutage interessiere sich kaum noch jemand daf&uuml;r, ob Tamoxifen &uuml;ber f&uuml;nf oder zehn Jahre gegeben werde, sagte Seifert. Patientinnen mit Hormonrezeptorpositiven Mammatumoren erhalten vorwiegend Aromatasehemmer. Ausnahme seien die Entwicklungsl&auml;nder, wo noch immer das kosteng&uuml;nstigere Tamoxifen eingesetzt werde. &bdquo;Die spannende Frage bei den Aromatasehemmern ist: Sind f&uuml;nf Jahre besser als zehn?&ldquo;, setzte Seifert fort. Dies wurde in der MA.17R-Studie untersucht. Dazu wurden 1 918 postmenopausale Frauen mit hormonsensitivem Brustkrebs randomisiert. Alle hatten zuvor rund f&uuml;nf Jahre lang Letrozol bekommen, teils mit, teils ohne Tamoxifen. Nach der Randomisierung nahm die H&auml;lfte der Frauen weiterhin Letrozol, die andere ein Placebo ein. Die Nachbeobachtungszeit in beiden Gruppen betrug im Mittel 6,3 Jahre. Die Patientinnen waren zur H&auml;lfte nodal-positiv, mehr als die H&auml;lfte hatte eine Chemotherapie erhalten &ndash; es war also keine einfache Studienpopulation. Dennoch brachte die verl&auml;ngerte Gabe des Aromatasehemmers signifikante Vorteile hinsichtlich des krankheitsfreien &Uuml;berlebens. Vor allem wurde Brustkrebs der kontralateralen Seite verhindert (1,4 vs. 3,2 % , p=0,007; Abb. 2). Beim Gesamt&uuml;berleben gab es keine Unterschiede.<sup>7</sup> Als Nebenwirkungen traten in beiden Gruppen die &uuml;blichen Beschwerden wie Hitzewallungen, Scheidentrockenheit, Muskel- und Gelenkschmerzen auf. Signifikante Unterschiede gab es bei Knochenschmerzen, die unter Letrozol h&auml;ufiger waren (18 vs. 14 % , p=0,01), sowie eine Erh&ouml;hung der alkalischen Phosphatase unter dem Aromatasehemmer (12 vs. 9 % , p=0,01). Die zumeist gef&uuml;rchteten Gelenkschmerzen traten in beiden Gruppen gleich h&auml;ufig auf: bei rund der H&auml;lfte der Frauen, was daher, wie Seifert vermutet, eher auf das Alter der Patientinnen (im Mittel 65 Jahre) zur&uuml;ckzuf&uuml;hren ist. Ein wichtiger Aspekt bei der Behandlung mit Aromatasehemmern ist die Osteoporose. Hier gab es signifikante Unterschiede zwischen den Patientinnen unter Letrozol und der Placebogruppe. In der Letrozol-Gruppe wurde nahezu doppelt so oft eine Osteoporose neu diagnostiziert (11 vs. 6 % , p&lt;0,0001). Zudem kam es h&auml;ufiger zu Frakturen (14 vs. 9 % , p=0,001). Die Lebensqualit&auml;t war jedoch in beiden Gruppen vergleichbar.<sup>7</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Gyn_1701_Weblinks_s10_abb2.jpg" alt="" width="1462" height="826" /></p></p> <p class="article-quelle">Quelle: „Brustkrebstherapie 2016“, Zuweiserveranstaltung der Abteilung für Allgemeine Gynäkologie und gynäkologische Onkologie der Universitätsklinik für Frauenheilkunde Wien, 13. Oktober 2016, Wien </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Swedish Breast Cancer Cooperative Group: Randomized trial of two versus five years of adjuvant tamoxifen for postmenopausal early stage breast cancer. J Natl Cancer Inst 1996; 88: 1543-9 <strong>2</strong> Early Breast Cancer Trialists&rsquo; Collaborative Group (EBCTCG): Relevance of breast cancer hormone receptors and other factors to the efficacy of adjuvant tamoxifen: patient-level meta-analysis of randomised trials. Lancet 2011; 378: 771-84 <strong>3</strong> Fisher B et al: Five versus more than five years of tamoxifen for lymph nodenegative breast cancer: updated findings from the Nation- al Surgical Adjuvant Breast and Bowel Project B-14 randomized trial. J Natl Cancer Inst 2001; 93: 684-90 <strong>4</strong> Davies C et al: Long-term effects of continuing adjuvant tamoxifen to 10 years versus stopping at 5 years after diagnosis of oestrogen receptor-positive breast cancer: ATLAS, a randomised trial. Lancet 2013; 381: 805-16 <strong>5</strong> Gray RG et al: aTTom (adjuvant Tamoxifen-To offer more?): randomized trial of 10 versus 5 years of adjuvant tamoxifen among 6,934 women with estrogen receptorpositive (ER+) or ER untested breast cancer-preliminary results. J Clin Oncol 2008; 26 (15_suppl): 513 <strong>6</strong> Gray RG et al: aTTom: long-term effects of continuing adjuvant tamoxifen to 10 years versus stopping at 5 years in 6,953 wom- en with early breast cancer. ASCO Annual Meeting 2013, Abstract 05; J Clin Oncol 2013; 31 (suppl; abstr 5) <strong>7</strong> Goss PE et al: A randomized trial (MA.17R) of extending adjuvant letrozole for 5 years after completing an initial 5 years of aromatase inhibitor therapy alone or preceded by tamoxifen in postmenopausal women with early-stage breast cancer. ASCO Annual Meeting 2016, LBA1; J Clin Oncol 2016; 34 (suppl; abstr LBA1)</p> </div> </p>
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