Neue Antimykotika: Was ist zu erwarten?
Bericht:
Dr. Norbert Hasenöhrl
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Die klinische Bedeutung von Pilzinfektionen nimmt ständig zu. Umso erfreulicher ist die Tatsache, dass doch einige neue Antimykotika vor der Tür stehen, die viele Pilzerkrankungen abdecken könnten.
Wir haben immer wieder Probleme mit resistenten Candida- und Aspergillus-Spezies, sodass die Hoffnung auf neue Antimykotika einen durchaus realen Hintergrund hat“, begann Univ.-Prof. Dr. Birgit Willinger, Abteilung für Klinische Mikrobiologie, Klinisches Institut für Labormedizin, MedUni Wien, ihren Vortrag. „Zudem sehen wir auch immer wieder Infektionen durch Schimmelpilze, die schon per se hohe Resistenzraten aufweisen. Wir brauchen also neue antimykotisch wirksame Substanzen.“
Was uns in nächster Zeit erwartet
Tabelle 1 zeigt eine Liste von Antimykotika, die in nächster Zeit auf den Markt kommen dürften. Manche davon sind sogarbereits zugelassen, teils in den USA, teils auch in der EU.
Rezafungin
Tab. 1: Bald zu erwartende Antimykotika (Quelle: B. Willinger)
Hierbei handelt es sich um ein Echinocandin der nächsten Generation, das in der EU bereits zugelassen ist. Sein Aufbau ist analogdem Anidulafungin, es hat jedoch eine bessere Stabilität und auch eine verbesserte Pharmakokinetik. Seine lange Halbwertszeit – mehr als 130 Stunden – erlaubt eine Verabreichung einmal wöchentlich.Rezafungin ist nicht hepatotoxisch. Sein breites Spektrum umfasst Candida-, Aspergillus- und auch Pneumocystis-Spezies.
„Ein positiver Aspekt dieser Substanz ist, dass sie kaum Interaktionen mit anderen Medikamenten aufweist; deshalb ist bei Komedikation keine Dosisanpassung erforderlich“, so Willinger. Den Platz, den Rezafungin im klinischen Setting einnehmen wird, beschreibt die Expertin so: „Wir werden Rezafungin für die Behandlung und auch Vermeidung von schweren, tiefen Candidainfektionen einsetzen, wie tiefer Candidose oder Candidämie, weiters auch bei Aspergillosen.“
Rezafungin wirkt gegen die meisten Candida-Arten, wie C. albicans, C. dubliniensis, C. krusei und C. tropicalis, weiters auch gegen C. auris. Noch unklar ist die Wirkung gegenüber C.-parapsilosis-Komplex und C. guilliermondii. Rezafungin kann auch in Kombination mit einem Azol eingesetzt werden. In vitro wirkt Rezafungin auch gegen die meisten Aspergillus-Spezies.
Ibrexafungerp
Ibrexafungerp ist ein neuer Glucansynthasehemmer. Chemisch handelt es sich um ein Triterpenoid, dessen Wirkmechanismus jenem der Echinocandine ähnelt. Allerdings ist es im Gegensatz zu diesen oral verfügbar. Echinocandine und Ibrexafungerp haben unterschiedliche Bindungsstellen und deshalb kaum Kreuzresistenzen. So wirkt Ibrexafungerp auch gegen Echinocandin-resistente C. glabrata mit Mutationen im FKS-Gen. Auch gegen die meisten Azol-resistenten Stämme wirkt das neue Antimykotikum. Das Wirkspektrum umfasst die meisten Candida-Arten, inklusive C. auris, Aspergillen und Pneumocystis jirovecii und auch mancher der sogenannten „emerging fungi“.
Das Sicherheitsprofil von Ibrexafungerp ist gut. Die Verteilung im Gewebe ist ebenfalls gut, die Konzentrationen im ZNS sind allerdings gering. Die Interaktionsrate von Ibrexafungerp ist niedrig, seine Halbwertszeit liegt bei 20 Stunden. Die antifungale Wirksamkeit der Substanz wird durch verschiedene pH-Werte nicht beeinflusst. Eine intravenöse Applikationsform ist derzeit noch in Entwicklung.
Die Substanz wurde 2021 von der FDA für die Behandlung der rezidivierenden Candida-Kolpitis zugelassen.
Fosmanogepix
Diese Substanz hat einen neuen Wirkmechanismus, nämlich die Hemmung des pilzspezifischen Enzyms Gwt1. Dadurch kommt es zu einem Eingriff in die Biosynthese von Glycosylphosphatidylinosit (GPI). Dieses wird für die Verankerung von Mannoprotein in der Zellwand und -membran benötigt. Gwt1 findet sich nur bei Pilzen. Seine Hemmung blockiert den Mannoproteintransport. Der Mangel an Mannoprotein und die Stressresponse führen zu einer massiven Schädigung der Zelle. Fosmanogepix ist daher fungistatisch wirksam.
Die Verteilung in verschiedenen Geweben, wie ZNS, Auge, Lunge oder Niere, ist gut; die Halbwertszeit beträgt 2,5 Stunden.Fosmanogepix hat ein gutes Sicherheitsprofil und weist wenige Interaktionen auf. „Mit CYP-450-Enzymen könnte es Interaktionen geben, hier sind die Daten noch nicht vollständig“, schränkte Willinger ein.
Fosmanogepix ist sowohl oral als auch i.v. verfügbar und zeigt ein breites Wirkspektrum, das Spross- und Fadenpilze einschließlich resistenter Stämme, wie z.B. C. auris oder Echinocandin-resistente C. glabrata, umfasst. Auch eine Biofilmaktivität ist beschrieben. Keine Wirksamkeit zeigt die Substanz bei C. krusei und wahrscheinlich auch nicht bei Mucorales.
Olorofim
Olorofim ist ein Vertreter der neuen Klasse der Orotomide. Es hemmt die fungale Dihydroorotat-Dehydrogenase (DHODH), ein Schlüsselenzym der Pyrimidin-Biosynthese. „Dieses Enzym kommt auch beim Menschen vor, aber die IC50 ist beim menschlichen Enzym um den Faktor 2000 höher als beim Pilzenzym“, beruhigte die Expertin. Die Pyrimidinhemmung greift in die Synthese von DNA und RNA, die Proteinproduktion und die Synthese von Zellwand und Phospholipiden ein.
Olorofim wirkt bei verschiedenen Schimmelpilzen wie Aspergillen, Lomentospora, Scedosporium, Scopulariopsis, Rasamsonia, Coccidioides und Histoplasmen. „Pilze mit mehr als 50% Proteinhomologie gegenüber Aspergillen sprechen vermutlich auf Olorofim an“, erklärte Willinger.Bei Mucorales und Sprosspilzen ist hingegen keine Wirksamkeit zu erwarten.
Olorofim scheint eine gewisse Lebertoxizität zu haben, die in einzelnen Fällen zu Therapieabbrüchen führte. „Ob wir für Olorofim ein therapeutisches Drug-Monitoring brauchen oder nicht, ist nicht abschließend geklärt“, ergänzte die Expertin. Das Einsatzgebiet von Olorofim werden schwer behandelbare und therapierefraktäre Schimmelpilzinfektionen sein.
Opelconazol und Oteseconazol
Hier handelt es sich um neue Azol-Antimykotika. Opelconazol, ein Triazol, steht zur Inhalation zur Verfügung. Indikation ist die pulmonale Aspergillose ohne Dissemination. Aufgrund lipophiler Komponenten und miniaturisierter Partikel werden hohe lokale Konzentrationen und prolongierte Retention in der Lunge sowie eine verlangsamte Absorption von dort erreicht. Demzufolge sind die Plasmakonzentrationen von Opelconazol niedrig.
Im Wirkspektrum finden sich C. albicans, glabrata, krusei, aber nicht auris, weiters Cryptococcus neoformans und manche Aspergillen. Für A. fumigatus zeigte sich in vitro und im Mausversuch eine Überlegenheit von Opelconazol gegenüber Posaconazol, Voriconazol und Itraconazol, und zwar sowohl bei Azol-empfindlichen als auch Azol-resistenten Stämmen. Auch bei Rhizopus arrhizus zeigt das neue Azol eine gute Wirksamkeit, nicht aber bei A. niger, Lichtheimia corymbifera, Fusarium graminearum und bestimmten Penicillium-Arten.
Opelconazol könnte sein Einsatzgebiet dort finden, wo hohe lokale Konzentrationen erforderlich sind, ohne dass eine systemische Therapie notwendig ist. Dies wäre vor allem die invasive pulmonale Aspergillose bei nichtneutropenischen Patienten, z.B. auch die Covid-assoziierte pulmonale Aspergillose (CAPA). Opelconazol ist aber auch ein Kandidat für Kombinationstherapien, z.B. bei der angioinvasiven pulmonalen Aspergillose. Weiters könnte es auch zur antimykotischen Prophylaxe dienen, etwa nach Lungentransplantation oder bei gefährdeten Intensivpatienten.
Oteseconazol ist ein neues Tetrazol, das eine wesentlich größere Affinität zu fungalem CYP-51 als zu humanem CYP-450 aufweist. Im Vergleich zu bekannten Azolen zeigt es eine größere Selektivität, weniger Nebenwirkungen, Interaktionen und Toxizitäten und gleichzeitig eine verbesserte Wirksamkeit. Bei Ratten wirkt es embryotoxisch, und es ist ausschließlich oral applizierbar.
Das Wirkspektrum umfasst viele Candida-Arten, einschließlich Fluconazol-resistenter Spezies, inklusive C. krusei und glabrata sowie bestimmter Echinocandin-resistenter Stämme, weiters Dermatophyten, endemisch vorkommende Pilze und bestimmte Vertreter der Mucorales. „Zukünftige Einsatzgebiete für Oteseconazol könnten die rezidivierende vulvovaginale Candidose sowie auch Onychomykosen sein“, referierte Willinger. „Hier brauchen wir allerdings noch weitere Studien.“
Quelle:
„Neue Antimykotika in Griffweite“, Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Birgit Willinger, Abteilung für Klinische Mikrobiologie, Klinisches Institut für Labormedizin, MedUni Wien, im Rahmen des Giftigen Live-Streams „Cystische Fibrose und LuTX-Patient:innen“ vom 10. Oktober 2023
Zu sehen in der Mediathek unter www.infektiologie.co.at
Literatur:
bei der Vortragenden
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