HOCM – Neuigkeiten aus EXPLORER-CN und VALOR-LTE
Autoren:
Dr. Christopher Mann
DDr. Daniel Dalos, FESC
Klinische Abteilung für Kardiologie
Universitätsklinik für Innere Medizin II
Medizinische Universität Wien
E-Mail: daniel.dalos@meduniwien.ac.at
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Seit 1. August 2023 ist in Österreich der erste selektive, reversible kardiale Myosininhibitor Mavacamten zur Behandlung der hypertrophen obstruktiven Kardiomyopathie zugelassen. Beim diesjährigen ESC-Kongress in Amsterdam wurden mit EXPLORER-CN sowie Langzeitdaten des VALOR-HCM-Kollektivs zwei weitere Studien präsentiert, die seine Wirksamkeit eindrucksvoll untermauern.
Keypoints
-
Mavacamten ist als 1. direkter Therapieansatz bei HOCM seit August 2023 in Österreich zugelassen
-
Die Wirksamkeit ist nun auch in einem chinesischen Patientenkollektiv bestätigt
-
Es gibt stabile Daten nach einem Jahr hinsichtlich der LVEF, jedoch sind regelmäßige Kontrollen essenziell.
-
Der Effekt auf Arrhythmien bzw. in anderen Therapieindikationen bleibt Gegenstand zukünftiger Studien.
Ausgangslage
Die bereits im Jahr 2020 publizierte Studie EXPLORER-HCM konnte als erste Zulassungsstudie die Effektivität von Mavacamten unter Beweis stellen. Nach einer 30-wöchigen Behandlungsphase zeigten sich im Mavacamten-Arm eine deutliche Verbesserung der subjektiven Belastbarkeit der Patienten, eine deutliche Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme sowie eine beachtliche Reduktion des Gradienten im linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT) verglichen mit Placebo.1 Alle in VALOR-HCM, der zweiten Zulassungsstudie, eingeschlossenen Patient:innen waren laut Guidelines zu Studienbeginn für eine invasive Septumreduktionstherapie (SRT) geeignet; nach einer 16-wöchigen Therapie mit Mavacamten waren es lediglich 18%, verglichen mit 77% in der Placebo-Gruppe.2
Was ist neu?
Mit Spannung erwartet wurden beim ESC-Kongress in Amsterdam die Daten der EXPLORER-CN-Studie.3 Alle bisherigen Daten wurden in amerikanischen und europäischen Patientenkollektiven erhoben, weshalb diese Studie einen ähnlichen Effekt in der chinesischen Population zeigen sollte. Patienten mit einem signifikanten LVOT-Gradienten (≥50mmHg) wurden 2:1 zu Mavacamten (n=54) und Placebo (n=27) randomisiert und über 30 Wochen hinweg nachbeobachtet. Das mittlere Alter entsprach mit knapp über 50 Jahren einem klassischen HCM-Kollektiv, es bestand in beiden Gruppen zu knapp zwei Dritteln aus Männern und zeigte in 95% eine bereits gut ausgebaute Hintergrundtherapie mit Betablockern oder Kalziumantagonisten.
Im primären Endpunkt, definiert als die Reduktion des LVOT-Gradienten unter Valsalva, zeigten sich signifikant bessere Resultate im aktiven Therapiearm (Abb.1). Diese Resultate zeigten sich auch in der Subgruppenanalyse konstant, d.h. unabhängig von Alter, Geschlecht, Body-Mass-Index, subjektiver Symptomatik, Nierenfunktion oder Metabolisierungsstatus.
Abb. 1: Primärer Endpunkt der EXPLORER-CN-Studie (nach Tian Z et al 2023)3
Ähnliche Kurvenverläufe wie beim primären Endpunkt finden sich auch in den sekundären Endpunkten wie dem Ruhe-Gradienten im LVOT sowie den laborchemischen Verläufen von NT-proBNP und dem hochsensitiven Troponin-I (Abb. 2).
Abb. 2: Sekundäre Endpunkte und Safety-Endpunkt der EXPLORER-CN-Studie. NT-proBNP = „N-terminal pro-brain natriuretic peptide“, hs-cTnI = „high-sensitivity cardiac troponin I“, LVOT = linksventrikulärer Ausflusstrakt, LVEF = linksventrikuläre Auswurffraktion (nach Tian Z et al 2023)3
Ebenso zeigen sich interessante Veränderungen im Sinne eines positiven Remodelings, ausgedrückt durch eine Reduktion des linksatrialen Volumenindex in der Interventionskohorte. Im Vergleich zu den Zulassungsstudien zeigte sich nach Initiierung der Behandlung keine Reduktion der linksventrikulären Auswurffraktion (LVEF). Diese bleib über den gesamten Untersuchungszeitraum stabil, kein einziger Patient wies zu irgendeinem Zeitpunkt eine LVEF <50% auf (Abb. 2).
Trotz dieser vielversprechenden Resultate bestehen einige Limitationen. Der mittlere LVOT-Gradient unter Valsalva betrug in der Mavacamten-Kohorte am Behandlungsende immer noch knapp 50mmHg und entspricht somit weiterhin den Kriterien für konsekutive SRT-Verfahren. Auch muss erwähnt werden, dass das Valsalva-Manöver sowohl von Seiten des Patienten, als auch auf Seiten des Untersuchenden eine hohe Variabilität hat. Es werden weiters keine Daten zur objektiven Leistungsfähigkeit der Patienten, z.B. aus der Spiroergometrie, gezeigt und aufgrund der niedrigen Fallzahl können auch keinerlei Rückschlüsse auf den Effekt von Mavacamten auf das Auftreten von atrialen sowie ventrikulären Arrhythmien gezogen werden.
Das Interessante an der VALOR-HCM-Studie bzw. deren Langzeiterweiterung ist das Studienformat im Sinne eines Cross-over-Designs. Während alle Patienten, die initial Mavacamten erhielten, auch auf dieser Therapie blieben, erfolgte im Placeboarm nach 16 Wochen der Wechsel auf die aktive Therapie. Diese spannenden Resultate wurden von Prof. Desai aus Cleveland im Rahmen einer Late-breaking-Trial-Session in Amsterdam präsentiert und parallel in „JAMA Cardiology“ publiziert.4
In beiden Gruppen wurden knapp über 50 Patienten untersucht, die im Mittel ca. 60 Jahre alt und zu knapp 50% weiblich waren. Zur Erinnerung: Hier handelt es sich um ein Patientenkollektiv, das nach maximal ausgebauter Hintergrundtherapie zum Randomisierungszeitpunkt laut Guidelines für ein SRT-Verfahren geeignet war, was gleichzeitig auch dem primären Studienendpunkt entspricht. Nach einer 56-wöchigen Behandlungsphase waren dies nur mehr 9% in der originalen Mavacamten-Gruppe sowie 19% im Cross-over-Arm (verglichen mit 77% nach 16 Wochen unter Placebo). Weiters kam es bei mehr als einem Drittel der Patienten in beiden Armen zu einer Steigerung der subjektiven Leistungsfähigkeit im Sinne einer Verbesserung um zumindest 2 NYHA-Klassen (Abb. 3).
Abb. 3: Primärer Endpunkt der VALOR-LTE-Studie. Kompositendpunkt = Patientenentscheidung für eine Septumreduktionstherapie und Eignung des Patienten/der Patientin für diesen Eingriff gemäß ESC-Leitlinie. NYHA = New York Heart Association (Desai MY et al. 2023)4
Die aktive Entscheidung, sich nach Studienende einer SRT zu unterziehen, wurde von lediglich 5% der Patienten in beiden Gruppen getroffen. Als eindrucksvoll erwiesen sich auch die Reduktion des LVOT-Gradienten, sowohl in Ruhe als auch unter Valsalva, sowie ähnliche Verläufe von NT-proBNP sowie Troponin-I wie in den bisherigen Studien. Interessanterweise konnten auch hier positive Signale hinsichtlich einer strukturellen Verbesserung anhand von E/e’, linksatrialem Volumenindex sowie linksventrikulärem Masseindex beobachtet werden (Abb. 4), wobei die Autoren hier einen ähnlichen Effekt bei Männern und Frauen hervorheben.
Abb. 4: Positives Remodeling der VALOR-LTE-Studie (Desai MY et al. 2023)4
In beiden Gruppen musste die Therapie bei knapp 10% der Patienten aufgrund eines LVEF-Abfalls <50% unterbrochen werden, eine endgültige Therapiebeendigung erfolgte jedoch nur bei 3 Patienten im Cross-over-Arm. Auch diese Daten unterstreichen zwar die Notwendigkeit regelmäßiger Echokontrollen während der Therapie, zeigen jedoch einen längerfristig stabilen Verlauf der LVEF. Dennoch fehlen auch hier objektivierbare Parameter der Leistungsfähigkeit und es können ebenfalls keine Rückschlüsse auf das Auftreten von Arrhythmien geschlossen werden.
Fazit
Der positive Effekt von Mavacamten, der in den bisher erschienenen Studien konsistent nachgewiesen wurde, eröffnet eine Therapieoption für wesentlich mehr Patienten, als allein durch spezialisierte SRT-Zentren abgedeckt werden könnten. Sollten in der initialen medikamentösen Einstellung von symptomatischen HCM-Patienten Betablocker oder Kalziumantagonisten nicht ausreichen, kann eine Mavacamten-Therapie unter regelmäßigen Echokontrollen sowie Bestimmung des CYP2C19-Metabolisierungsstatus in Erwägung gezogen werden, was sich in den rezenten ESC-Guidelines zum Management von Kardiomyopathien als IIA-Empfehlung widerspiegelt.5 Weitere Studien mit größeren Kohorten sind notwendig, um einen potenziellen Benefit dieser Therapie in Hinsicht auf das Auftreten maligner Arrhythmien bei HCM-Patienten zu untersuchen oder möglicherweise aufgrund der positiven Signale hinsichtlich des Remodelings die Therapieindikation zu erweitern (z.B. nichtobstruktive HCM).
Literatur:
1 Olivotto I et al.: Mavacamten for the treatment of symptomatic obstructive hypertrophic cardiomyopathy (EXPLORER-HCM): a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet 2020; 396(10253): 759-69 2 Desai MY et al.: Myosin inhibition in patients with obstructive hypertrophic cardiomyopathy referred for septal reduction therapy. J Am Coll Cardiol 2022; 80(2): 95-108 3 Tian Z et al.: Effect of mavacamten on chinese patients with symptomatic obstructive hypertrophic cardiomyopathy: the EXPLORER-CN randomized clinical trial. JAMA Cardiol 2023; 8(10): 957-65 4 Desai MY et al.: Mavacamten in patients with hypertrophic cardiomyopathy referred for septal reduction: week 56 results from the VALOR-HCM randomized clinical trial. JAMA Cardiol. 2023; 8(10): 968-77 5 Arbelo et al.: 2023 ESC Guidelines for the management of cardiomyopathies. Eur Heart J 2023; 44(37): 3503-626
Das könnte Sie auch interessieren:
Sekundäre Hypertonie: Formen, Diagnostik & Therapiemöglichkeiten
Die Häufigkeit einer sekundären Ursache für eine arterielle Hypertonie liegt bei 10%. Bei Verdacht auf eine sekundäre Hypertonie sollte eine gezielte Abklärung erfolgen, um idealerweise ...
ESC-Guideline zur Behandlung von Herzvitien bei Erwachsenen
Kinder, die mit kongenitalen Herzvitien geboren werden, erreichen mittlerweile zu mehr 90% das Erwachsenenalter. Mit dem Update ihrer Leitlinie zum Management kongenitaler Vitien bei ...
ESC gibt umfassende Empfehlung für den Sport
Seit wenigen Tagen ist die erste Leitlinie der ESC zu den Themen Sportkardiologie und Training für Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen verfügbar. Sie empfiehlt Training für ...