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Editorial von Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Fasching
Jatros Digital
Autor:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Fasching
30
Min. Lesezeit
01.10.2018
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<p class="article-intro"><h2>Sehr geehrte Kolleginnen!<br> Sehr geehrte Kollegen!</h2> Vom 1. bis zum 5. Oktober 2018 findet in Berlin, Deutschland, der 54. Jahreskongress der Europäischen Gesellschaft zur Erforschung des Diabetes (EASD) statt. Dieser Jahreskongress hat sich mittlerweile mit mehr als 20 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der gesamten Welt zum größten wissenschaftlichen Forum der Diabetologie entwickelt und insbesondere den jährlichen Kongress der Amerikanischen Diabetesgesellschaft (ADA) zahlenmäßig hinter sich gelassen. Begleitet wird der Kongress von einer großen Industrieausstellung der maßgeblich in der Diabetologie engagierten Pharma- sowie Medizinprodukte-Firmen. Die rasante Entwicklung im Bereich der pharmazeutischen Therapieoptionen sowie der Medizintechnik – vor allem auf dem Gebiet des Diabetes mellitus Typ 1, haben wesentlich zum hohen Interesse an der Diabetologie und zu den sukzessive steigenden Teilnehmerzahlen geführt. </p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Welche wissenschaftlichen „Highlights“ können sich die Delegierten heuer in Berlin erwarten?<br /> Mit Spannung wird auf die erste Präsentation der Studienergebnisse der CARMEMINA-Studie gewartet, welche den DPP-4-Inhibitor Linagliptin versus Placebo, jeweils gegeben zusätzlich zur Standardtherapie bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2, hinsichtlich kardiovaskulärer Ereignisse inklusive Mortalität sowie – als Besonderheit dieser Studie – hinsichtlich harter nephrologischer Endpunkte vergleicht. Von den ca. 7000 eingeschlossenen Patienten weisen 70 % vordefinierte klinische Zeichen einer Nephropathie auf und ca. 50 % haben eine bereits vorbekannte kardiovaskuläre Komplikation erlitten. Eine Schnittmenge von 33 % der Gesamtpopulation weist beide Einschlussmerkmale auf, sodass für diese Gruppe ein besonders hohes kardiovaskuläres „Background“-Risiko anzunehmen ist.</p> <p>Bei einer vom Sponsor der Studie (Böhringer-Ingelheim) organisierten Pressekonferenz vor einigen Wochen wurde bereits bekannt gegeben, dass bezüglich des primären kardiovaskulären 3-Punkt-Endpunktes (kardiovaskulärer Tod, nicht tödlicher Myokardinfarkt und nicht tödlicher Schlaganfall) ein neutrales Ergebnis der Prüfsubstanz Linagliptin versus Placebo beobachtet wurde. Dieses Resultat fügt sich nahtlos in die bereits publizierten neutralen Studien zu kardiovaskulären Endpunkten mit anderen Vertretern dieser Substanzklasse ein (Sitagliptin, Saxagliptin und Linagliptin). Die Präsentation der detaillierten Datenauswertung, auch hinsichtlich der Subgruppen und insbesondere des Nieren-Outcomes, bleibt aber sehr spannend.</p> <p><br />Vonseiten des Unternehmen Böhringer-Ingelheim wird anlässlich des EASD auch ein Studienprogramm zum Einsatz des SGLT-2-Inhibitors Empagliflozin bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 präsentiert werden. Für den additiven Einsatz von SGLT-2-Inhibitoren bei insulinpflichtigen Typ-1-Patienten liegen bereits Ergebnisse aus klinischen Studien zu Sotagliflozin (einem kombinierten SGLT-1/SGLT-2-Präparat) sowie zu Dapagliflozin (selektiver SGLT-2-Inhibitor) vor. Die Vorteile, aber möglicherweise auch die Risiken des Einsatzes von SGLT-2-Inhibitoren bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1, insbesondere das vermehrte Auftreten von Ketoazidosen, wird bei entsprechender Zulassungserweiterung die klinische Praxis in den nächsten Jahren zeigen.</p> <p>Neben den oben angeführten Studienprogrammen ist auch eine umfangreiche Präsentation von klinischen Ergebnissen des Einsatzes von neuen (zum Teil selbstgesteuerten) Insulinpumpen-Glukosesensoren-Systemen zu erwarteten.</p> <p><br />Höhepunkt des Berliner Kongresses wird die Präsentation der neuen gemeinsamen Leitlinienempfehlungen der Europäischen Diabetesgesellschaft (EASD) und der Amerikanischen Diabetesgesellschaft (ADA) darstellen. Erste „Draft“-Versionen zirkulierten bereits zur Begutachtung und Kommentierung durch internationale Expertinnen und Experten, wobei auffällig erschien, dass neben dem Vorhandensein einer bereits bekannten kardiovaskulären Erkrankung auch das Vorhandensein einer Herzinsuffizienz in den therapeutischen Entscheidungsbaum eingebunden wurde. Zudem wurde der Problematik der Hypoglykämievermeidung und des Gewichtsmanagements besondere Beachtung geschenkt. Etwas kritisch darf angemerkt werden, dass entsprechend den ersten Entwürfen dieser neuen Leitlinienempfehlung mit Ausnahme des Standards Metformin ausschließlich moderne – in Studien geprüfte (aber auch entsprechend teure) – Medikamente in der Zweitlinientherapie vorgeschlagen werden. Dementsprechend regt sich bereits Kritik, welche darauf hinweist, dass in vielen – wenn nicht sogar in den meisten – Ländern der Welt diese empfohlenen Präparate nicht oder nur für wenige Patienten verfügbar sind und daher auch ältere, bewährte Substanzen – wie z.B. Sulfonylharnstoffe, Pioglitazon und Humaninsuline – nicht als obsolet erscheinen dürfen.</p> <p><br />Ich freue mich schon auf einen interessanten EASD-Kongress in Berlin und auch darauf, Ihnen davon gemeinsam mit einer österreichischen Expertengruppe von Diabetologinnen und Diabetologen berichten zu dürfen.</p> <p>Mit freundlichen Grüßen</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros Digital_Diabetes_1802_Weblinks_peter_fasching_portrait.jpg" alt="" width="289" height="400" /><br /><br /><strong>Dr. Peter Fasching</strong></p></p>
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