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ACO(S) – wenn Asthma und COPD zusammenkommen
DAM
Autor:
Dr. Gerlinde Fasching
Fachärztin für Lungenkrankheiten<br> E-Mail: dr.fasching@lungenfachaerztin-graz.at
30
Min. Lesezeit
19.10.2017
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<p class="article-intro">Das Asthma bronchiale und die COPD sind klar definiert, und die GINA-Guidelines sowie die GOLD-Richtlinien geben eindeutige Behandlungsmöglichkeiten vor. Bei einigen Patienten kommt jedoch ein Mischbild beider Erkrankungen vor, an das die Therapie individuell anzupassen ist.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Wenn Patienten ab dem 40. Lebensjahr klinisch eine deutlich eingeschränkte Lungenfunktion zeigen, ist nicht immer ganz eindeutig, ob nun ein Asthma bronchiale oder eine COPD oder gar ein Asthma- COPD-Overlap Syndrom (ACOS) vorliegt. Nicht selten werden Kriterien beider Erkrankungen erfüllt (Tab.).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_DAM_Allgemeinm_1708_Weblinks_dam_1707+08_s26_tab.jpg" alt="" width="1417" height="840" /></p> <h2>Asthmamerkmale</h2> <p>Mit einer exakten Erhebung der Anamnese und dem dokumentierten klinischen Krankheitsverlauf mit wiederholter Spirometrie ist Asthma in der Regel als sich relativ früh manifestierende chronischentzündliche Atemwegserkrankung mit variabler Lungenfunktion (exspiratorische Flussvariabilität) zu erkennen. Entsprechend den exogenen oder endogenen Risikofaktoren und Triggern werden verschiedene Asthmaformen unterschieden. Die Aeroallergie folgt dabei dem Allesoder- nichts-Prinzip.</p> <h2>Therapeutische Maßnahmen bei Asthma</h2> <p>In den letzten Jahren hat es einen Wandel in der Asthmadiagnose und Schweregradeinteilung gegeben. Das Ziel der therapeutischen Maßnahmen ist die Asthmakontrolle, d.h., der Patient soll sich subjektiv beschwerdefrei und in seinen Lebensaktivitäten nicht eingeschränkt fühlen. Von zentraler Bedeutung in der Behandlung sind die inhalativen Kortikosteroide, die bei der Eskalationstherapie in Kombination mit Broncholytika (Betamimetika) in gesteigerter Dosis zum Einsatz kommen, bis die Asthmakontrolle erreicht ist. Ab der Stufe 4 besteht nach GINA die Möglichkeit, Tiotropium als bronchienerweiterndes Medikament einzusetzen. Neu im Vergleich zu den Vorjahren sind auf der Stufe 5 die beim schweren Asthma entsprechend dem definierten Phänotypus verwendeten Anti-IgE-Antikörper und Antieosinophilen-Antikörper (Biologika), die das systemische Kortison in den Hintergrund gedrängt haben.</p> <h2>COPD-Charakteristika</h2> <p>Typisch für die COPD sind neben dem späteren Auftreten (längere Latenzzeit nach entsprechender externer Schadstoffbelastung) die nicht reversible oder nur teilreversible Lungenfunktionseinschränkung sowie eine eingeschränkte Diffusionskapazität für Sauerstoff. An erster Stelle der exogenen Noxen stehen die Inhaltsstoffe von Zigaretten.</p> <h2>Therapie der COPD</h2> <p>Bei der COPD gibt es nach GOLD 2017 eine neue Einteilung in zwei Schritten, wobei die Lungenfunktionseinschränkung einerseits sowie die Exazerbationshäufigkeit und die vom Patienten wahrgenommenen Symptome andererseits unabhängig voneinander bewertet werden. Dies hat mancherorts für Verunsicherung in der Therapiewahl gesorgt. Der COPD-Patient mit mehrfachen Exazerbationen inklusive stationäre Aufenthalte bedarf engmaschigerer Kontrollen und einer Therapieanpassung im Sinne von Therapieerweiterung als der Patient, der sich bei hochgradiger Lungenfunktionseinschränkung beschwerdefrei fühlt.<br /> Im Zentrum der therapeutischen Bemühungen stehen bei der COPD die Broncholytika, die als Kombination von lang wirksamen Parasympatholytika und Betamimetika zum Einsatz kommen. Die inhalativen Kortikosteroide haben ihre Bedeutung weitgehend verloren, außer Sputumund Blutanalysen bestätigen eine Eosinophilie oder Mehrfachexazerbationen haben zu einem rapiden Lungenfunktionsverlust geführt. Die pulmonale Rehabilitation hat ab dem Stadium II der COPD mit dem Risiko B einen fixen Stellenwert in der Therapieplanung.</p> <h2>Gibt es ACO überhaupt?</h2> <p>Bei 10 bis 15 % der Patienten mit einer chronischen Atemwegsobstruktion liegt ein Mischbild beider Erkrankungen vor. Ein 60-jähriger Patient, der Raucher ist und schon in der Kindheit durch giemende Atemgeräusche und Husten beim Laufen oder akute Atemnotsanfälle aufgefallen war, wird es schwierig sein, bei entsprechender Klinik mit Kurzatmigkeit und Auswurf sowie 40 Packungsjahren (py) die Differenzialdiagnose Asthma oder COPD zu stellen.</p> <h2>Welche Kriterien sprechen für ein ACO?</h2> <ul> <li>Alter >40, aber Symptome seit der Kindheit oder Jugend</li> <li>Symptome mit wechselnder Ausprägung, darunter auch belastungsinduzierte Atemnot</li> <li>Atemflusseinschränkung variabel, nicht vollständig reversibel</li> <li>anamnestisch Allergie, Asthma, familiäre Belastung, aber auch Exposition gegenüber einer Noxe (Rauch)</li> <li>Symptombesserung unter Therapie, jedoch Progression der Atemwegsobstruktion</li> <li>hoher Medikamentenbedarf</li> <li>gehäufte Exazerbationen</li> <li>Eosinophilie und/oder Neutrophilie im Sputum</li> </ul> <h2>Warum ist es wichtig, ACO-Patienten „herauszufischen“?</h2> <p>Die Betroffenen haben meist einen schweren Krankheitsverlauf mit vielen akuten Schüben, gekennzeichnet durch eine Atemflussvariabilität, und auffälligem, das heißt raschem und irreversiblem, Lungenfunktionsverlust. In weiterer Folge entwickelt sich eine schlechtere Prognose als beim klassischen Asthma. ACO setzt voraus, dass eine COPD vorliegt, also in der Broncholyse eine höchstens geringfügige Lungenfunktionsverbesserung erzielt werden kann. Zeichen des Asthmas sind akute Verschlechterungen mit akuten Atembeschwerden wie Atemnot durch exogen allergische Auslöser, die vom Betroffenen als lebensbedrohend wahrgenommen wird, und die eosinophile Entzündung.</p> <h2>Therapiewahl, wenn Asthma und COPD zusammenkommen</h2> <p>Es gilt für die behandelnden Ärzte, statt in einem respiratorischen Eintopf zu wühlen und wahllos jedem Patienten alles an bronchienwirksamen Medikamenten zu verordnen, um „alles abzudecken“, eine klare Differenzialdiagnose zu stellen, damit eine Therapieoptimierung und dadurch eine Beeinflussung der Progredienz der Erkrankung bewirkt werden können.<br /> Der ACO-Patient mit stärkerer Asthmakomponente wird von der inhalativen Kortikosteroidtherapie mehr profitieren als der Patient mit der stärkeren COPD-Charakteristik von der maximalen Broncholyse (= Kombination eines LAMA und LABA). Als unverzichtbar als therapeutische Intervention ist in jedem Fall die Raucherentwöhnungstherapie zu sehen.</p></p>
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