Aktuelle Studien der Dermatoonkologie
Autorinnen:
Dr.med. Sabine Hoheisel
Dr.med. Dr.sc.med. Egle Ramelyte
Dermatologische Klinik
Universitätsspital Zürich
Korrespondierende Autorin:
Dr.med. Dr.sc.med. Egle Ramelyte
E-Mail: egle.ramelyte@usz.ch
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In dieser Übersicht werden die laufenden klinischen Studien der Dermatoonkologie am Universitätsspital Zürich zusammengefasst und neu entwickelte Therapieansätze besprochen.
Keypoints
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Die rasanten Entwicklungen in der Therapielandschaft beim Melanom verdanken wir internationalen klinischen Studien.
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Zum individuellen Therapieansatz beim Melanompatienten gehört die interdisziplinäre Besprechung am Tumorboard mit Evaluation einer Studienteilnahme.
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Auch in frühen Stadien ist eine Studienteilnahme je nach Patienteneigenschaften und Tumorausdehnung möglich und insbesondere bei einer rezidivierten Situation sinnvoll.
Melanome stellen eine grosse Herausforderung in der Onkologie dar, insbesondere im fortgeschrittenen Stadium. Dank zahlreicher klinischer Studien konnte beim metastasierten Melanom im letzten Jahrzehnt ein drastischer Wechsel weg von der konventionellen Chemotherapie, hin zu gezielten Therapieansätzen und Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICIs) erreicht werden.1,2 Die rasante Entwicklung neuer Medikamente im letzten Jahrzehnt unterstreicht die Bedeutung der Durchführung von klinischen Studien und individuellen Therapieansätzen. In dieser Übersicht werden die laufenden klinischen Studien auf der Dermatoonkologie am Universitätsspital Zürich zusammengefasst und neu entwickelte Therapieansätze besprochen.
Neueste Erkenntnisse aus Studien mit neoadjuvanten Therapieansätzen beim Melanom zeigen, wie wichtig die Diskussion einer Studienteilnahme bereits bei der Erstdiagnose eines Melanoms im resektablen Stadium III ist.3,4 Spätestens nach gescheiterter Erstlinientherapie sollte nach interdisziplinärer Besprechung am Tumorboard eine Studienteilnahme für jeden Patienten diskutiert werden. Abhängig vom Allgemeinzustand, von Patienteneigenschaften und der Tumorbiologie wird eine Studienteilnahme für den individuellen Patienten eruiert. Um sich nach einer passenden Studie zu erkundigen, kann eine direkte Kontaktaufnahme mit unserem Studienteam (studien.dermatologie@usz.ch) erfolgen oder mithilfe des Online-Studienfinders eine passende Studie gesucht werden (krebsstudien-zuerich.ch). Die Abbildung 1 bietet einen groben Überblick über unsere aktuellen Studien in verschiedenen Behandlungsstadien beim Melanom.
Abb. 1: Aktuelle klinische Studien zum Melanom am Universitätsspital Zürich
Das fortgeschrittene Melanom, definiert als inoperable oder metastasierende Erkrankung, wurde in der Vergangenheit mit einer schlechten Prognose in Verbindung gebracht.5 Die Einführung von Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) gegen CTLA-4, PD-1 und PD-L1 sowie von BRAF- und MEK-Inhibitoren hat die Prognose deutlich verbessert. Trotz dieser Fortschritte bleiben Herausforderungen bestehen, darunter die Resistenz gegen aktuelle Therapien sowie die Behandlung von seltenen Melanomsubtypen wie Aderhaut- und Schleimhautmelanomen.
Beim uvealen Melanom ohne HLA-A*02:01-Expression gibt es zurzeit ausser der Chemotherapie keine in der Schweiz zugelassene Erstlinientherapie. Die Studie IDE-196-002 untersucht den Kinaseinhibitor Darovasertib (IDE-196) in Kombination mit Crizotinib (MET-Inhibitor) in der ersten Therapielinie. Während zwei Therapiearme verschiedene Dosierungen von Darovasertib kombiniert mit Crizotinib vergleichen, wird in der dritten (Vergleichs-)Gruppe die Immuntherapie mit Ipilimumab und Nivolumab durchgeführt. Die am ESMO-Kongress 2023 präsentierte Phase-I-Studie zeigte eine deutliche ctDNA-Reduktion sowie partielles Ansprechen in 45% der Erstlinien-behandelten Patienten (n=20) und 30% der gesamten behandelten Population (n=63).6 In der späteren Therapielinie beim uvealen Melanom testet die Phase-I/II-Studie CDYP688A12101 einen monoklonalen Antikörper (ein «antibody-drug conjugate»), welcher spezifisch in GNAQ- oder GNA11-mutierten Zellen wirkt.
ImmTAC(«immune mobilizing monoclonal T-cell receptor against cancer»)-Moleküle sind bispezifische Fusionsproteine, welche einerseits auf Antigen-präsentierende T-Zell-Rezeptoren (CD3-Antigen) sowie andererseits auf humane Leukozytenantigene (HLA) auf der Melanomzelle (welche das gp100-Molekül präsentiert) zielen und so zur lokalisierten Immunantwort und zum Untergang der Krebszellen führen. Für den Wirkmechanismus des ImmTAC-Moleküls muss der HLA-A*02:01-Subtyp nachweisbar sein, was mit einer peripheren Blutentnahme getestet werden kann. Dieser spezifische HLA-Subtyp liegt in ungefähr 40% der Kaukasier vor, die Prävalenz variiert jedoch stark, abhängig von der Herkunft des Patienten.7
Das bislang einzige ImmTAC-Molekül auf dem Markt ist Tebentafusp, zugelassen für die Therapie bei HLA A*02:01-positiven Patienten mit metastasiertem uvealem Melanom.
Die Phase-II/III-Studie TEBE-AM prüft Tebentafusp bei HLA A*02:01-positiven Patienten mit kutanem Melanom. Für den Studieneinschluss vorausgesetzt ist ein Nichtansprechen auf eine Therapie mit PD-1- und CTLA4-Inhibitoren und BRAF/MEK- Inhibitoren bei Patienten mit einem BRAF- metastasiertem Melanom. Die Patienten werden in 3 Gruppen randomisiert, wobei Tebentafusp kombiniert mit Pembrolizumab, Tabentafusp-Monotherapie und im Vergleichsarm die Standard-of-Care-Therapie verabreicht wird. Neben dem Gesamtüberleben ist auch die Reduktion der zirkulierenden Tumor-DNA verglichen zum Initialwert ein primärer Endpunkt der Studie.
Die Phase-III-Studie PRISM-MEL (IMC-F106-301) untersucht das ImmTAC-Molekül F106C (Brenetafusp) in der ersten Therapielinie beim kutanen Melanom. Statt auf das präsentierte Antigen gp100 (wie Tebentafusp) zielt dieses Molekül auf das präsentierte Antigen PRAME («PReferentially expressed Antigen in MElanoma»), welches bei Melanomzellen besonders hoch exprimiert wird.8
Demnächst wird auch die Phase-I/II- Studie PRAME (IMC-F106C-101) Melanompatienten rekrutieren, sie setzt ein auf PRAME zielendes ImmTAC in späteren Therapielinien ein.
Weitere Therapieansätze beim kutanen Melanom umfassen den bispezifischen Antikörper SGNBB228, der zurzeit in der Phase-I-Studie beim austherapierten Melanom getestet wird. Dieser Antikörper zielt einerseits auf CD228-Antigene auf der Tumorzelle und andererseits auf das 4-1BB auf der T-Zelle und führt so zu einer Kostimulation und zu einer lokalisierten T-Zell-Antwort.
Die Phase-I-Studie T3P1001 prüft die intratumorale Injektion eines genetisch veränderten Stammes des Bakteriums Yersinia enterocolitica, die eine immunmodulatorische Wirkung durch die lokale Interferon- und TNFα-Produktion und hat somit zu einem Zustrom von Entzündungszellen und einer Antitumorantwort führt.
Studientherapie beim Melanom im frühen Stadium: Für Melanompatienten mit lokaler, einer Injektion zugänglicher Metastasierung im Stadium III ist eine Teilnahme an der Neo-DREAM-Studie zu erwägen. Diese Phase-III-Studie vergleicht die präoperative intratumorale Injektion von Daromun, gefolgt von einer Operation, mit der direkten Operation ohne neoadjuvante Behandlung. Daromun ist ein Medikament mit zwei aktiven Fusionsproteinen, bestehend aus einem Anti-Fibronectin-Antikörper-Fragment verbunden mit zwei Zytokinen (IL-2 und TNF). Die publizierten Daten aus der PIVOTAL-Studie zeigten eine signifikante Verlängerung des rückfallfreien Überlebens (HR: 0,59; p=0,005) und des fernmetastasenfreien Überlebens (HR: 0,60; p=0,029) im Vergleich zum Kontrollarm nur mit Operation. Auf Basis dieser Daten und der Beobachtungen an unserem Zentrum werten wir diesen Ansatz als vielversprechend, insbesondere im rezidivierten Stadium III, in dem ein besonders hohes Rezidivrisiko besteht. Die Injektion von Daromun wird auch in der Behandlung des «non-melanoma skin cancer» (spinozelluläres und Basalzellkarzinom) in der Phase-II-Studie DUNCAN angewendet, wobei aktuell nur Patienten mit einem Basalzellkarzinom eingeschlossen werden dürfen.
Die bisherigen Nachsorge- und Überwachungsuntersuchungen beim Melanom umfassen Bildgebungen (PET-CT und CT) und S100-Messungen aus peripheren Blutproben und weisen einige Limitierungen auf.9,10 Entsprechend bedarf es individueller und zuverlässigerer Biomarker. Die Diagnostik mittels zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) aus dem peripheren Blut ist ein vielversprechendes Instrument für eine individuelle Beurteilung von Prognose, Therapieansprechen und Früherkennung einer Resistenzentwicklung.11–13 Im Juni 2024 erhielt Oncobit (ein MedTech-Spin-off von der Universität Zürich) die behördliche Zulassung («In Vitro Diagnostic Regulation»-Zertifizierung) für den MelanomtestOncobit PM, welcher zur ctDNA-Messung beim Melanom dient. Unser Hautkrebs-Zentrum führt die ctDNA-Messungen beim metastasierten Melanom durch, und zwar aus einer Probe von 2 Millilitern peripherem Blutplasma, mit dreimonatlichen Restagings stattfindet. Die Mutationen in den Genen BRAF, NRAS, GNAQ, GNA11 und SF3B1, welche für das kutane und uveale Melanom entscheidend sind, können mit dem Oncobit-Test nachgewiesen werden.
Zusammengefasst sind aktuell vielversprechende neue medikamentöse Ansätze in der Prüfungsphase, welche eine Verbesserung der Krebstherapie versprechen, dennoch besteht Raum für personalisiertere Ansätze. Insbesondere im Bereich der Immuntherapieresistenz, bei den neoadjuvanten Ansätzen der Melanome sowie bei seltenen Melanomsubtypen sind mehr Daten und klinische Studien notwendig, um die Therapie weiter zu optimieren.
Literatur:
1 Garbe C et al.: Systematic review of medical treatment in melanoma: current status and future prospects. Oncologist 2011; 16(1): 5-24 2 Hodi S et al.: Long-term survival in advanced melanoma for patients treated with nivolumab plus ipilimumab in CheckMate 067. J Clin Oncol 2022; 40(16_suppl): 9522 3 Hauschild A et al.: Phase 3 study (PIVOTAL) of neoadjuvant intralesional daromun vs. immediate surgery in fully resectable melanoma with regional skin and/or nodal metastases. J Clin Oncol 2024; 42(17_suppl): LBA9501 4 Lucas MW et al.: The NADINA trial: A multicenter, randomised, phase 3 trial comparing the efficacy of neoadjuvant ipilimumab plus nivolumab with standard adjuvant nivolumab in macroscopic resectable stage III melanoma. J Clin Oncol 2022; 40(16_suppl): TPS9605 5 Long GV et al.: Cutaneous melanoma. Lancet 2023; 402(10400): 485-502 6 McKean M et al.: 1081O ctDNA reduction and clinical efficacy of the darovasertib + crizotinib (daro + crizo) combination in metastatic uveal melanoma (MUM). Ann Oncol 2023; 34(Supplement 2): S651 7 Middleton D et al.: New allele frequency database: http://www.allelefrequencies.net. Tissue Antigens 2003; 61(5): 403-7 8 Ikeda H et al.: Characterization of an antigen that is recognized on a melanoma showing partial HLA loss by CTL expressing an NK inhibitory receptor. Immunity 1997; 6(2): 199-2089 Gebhart C et al.: Biomarker value and pitfalls of serum S100B in the follow-up of high-risk melanoma patients. J Dtsch Dermatol Ges 2016; 14(2): 158-64 10 Howard MD: Melanoma radiological surveillance: a review of current evidence and clinical challenges. Yale J Biol Med 2020; 93(1): 207-13 11 Lee RJ et al.: Circulating tumor DNA predicts survival in patients with resected high-risk stage II/III melanoma. Ann Oncol 2018; 29(2): 490-6 12 Hassel JC et al.: Three-year overall survival with tebentafusp in metastatic uveal melanoma. N Engl J Med 2023; 389(24): 2256-66 13 Patel M et al.: Resistance to molecularly targeted therapies in melanoma. Cancers (Basel) 2021; 13(5): 1115
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