
Der CDK4/6-Inhibitor in der adjuvanten Therapiesituation
Autorin:
Dr. Elisabeth Katharina Trapp
Klinische Abteilung für Gynäkologie
Medizinische Universität Graz
E-Mail: elisabeth.trapp@medunigraz.at
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Seit 2015 haben die CDK4/6-Inhibitoren, Palbociclib, Ribociclib und zuletzt Abemaciclib, Einzug in die Klinik gehalten und zu einer maßgeblichen Verbesserung der Lebensqualität bei gleichzeitiger Verlängerung des progressionsfreien Überlebens bzw. zum Teil auch des Gesamtüberlebens beim lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Hormonrezeptor-positiven und HER2-negativen Mammakarzinom geführt.
Diese Erfolgsgeschichte legte schon bald den Gedanken nahe, dass diese Substanzen bei früherem, also adjuvantem Einsatz, eine folgende Metastasierung sogar verhindern könnten. Denn obwohl 90% aller Mammakarzinome in einem metastasenfreien Stadium, also als „frühe Mammakarzinome“ diagnostiziert werden, rezidivieren bzw. metastasieren bis zu 30% im Verlauf.1,2
Dieser Fragestellung widmeten sich drei prospektive randomisierte Phase-III-Studien, die MonarchE-, die PALLAS- und die NATALEE-Studie, die im Folgenden kurz vorgestellt werden.
MonarchE-Studie
An dieser Studie nahmen 5637 Patientinnen mit einem Hochrisiko-Mammakarzinom im frühen Stadium, d.h. mehr als drei befallene Lymphknoten oder ein bis drei befallene Lymphknoten plus zusätzliche Risikofaktoren, wie ein großer Tumor, pT3–4, G3 oder Ki67≥20%, teil. Die Teilnehmerinnen erhielten adjuvant entweder nur eine endokrine Therapie oder eine endokrine Therapie plus Abemaciclib (2x 150mg pro Tag) für 2 Jahre.
PALLAS-Studie
An dieser Studie nahmen 5760 Patientinnen mit frühem Hormonrezeptor-positivem und HER2-negativem Mammakarzinom (prä- und postmenopausal mit Stadium II oder III) teil. Die Studienteilnehmerinnen erhielten entweder 125mg Palbociclib an Tag 1–21 eines 28-Tage-Zyklus für zwei Jahre plus endokrine Therapie oder nur endokrine Therapie alleine im Standardarm.
NATALEE-Studie
An dieser Studie nahmen 5101 Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem und HER2-negativem Mammakarzinom im Stadium IIA , Stadium IIB oder Stadium III teil. Ähnlich zu den anderen beiden Studien erhielten die Teilnehmerinnen entweder eine adjuvante Therapie, diesmal mit Ribociclib 400mg pro Tag von Tag 1–21 eines 28-Tage-Zyklus für drei Jahre, kombiniert mit einer endokrinen Therapie, oder eine endokrine Therapie alleine als Vergleichsarm.
Studienergebnisse
Alle drei Studien waren ähnlich aufgebaut, unterschieden sich jedoch in den Tumorstadien und der verwendeten Prüfmedikation.
Die ersten Analysen, nämlich zur PALLAS-Studie, zeichneten ein ernüchterndes Bild, denn der primäre Endpunkt, das Überleben frei von invasiver Krankheit (IDFS), war nicht besser als in dem Arm, der nur mit endokriner Therapie behandelt wurde. Die Interimsanalyse ergab keinen IDFS-Vorteil durch die Hinzunahme von Palbociclib.3 Zuerst wurde dies auf die frühe Analyse bezogen, doch auch eine spätere Reanalyse nach 31 Monaten zeigte kein anderes Ergebnis. Die Eventrate lag im Studienarm bei 8,8% und im Standardarm bei 9,1% und die IDFS-Rate betrug nun 84,2% mit Palbociclib und 84,5% ohne Studienmedikation (HR: 0,96; 95% CI: 0,81–1,14; p=0,65). Dies wurde auch in der Analyse aller sekundären Endpunkte und Subgruppen bestätigt – es gab keinen Hinweis auf einen Vorteil durch die Hinzunahme von Palbociclib zur derzeitigen Standardtherapie (endokrine Therapie).
Nahezu parallel dazu zeigten die ersten Analysen zur MonarchE-Studie nach 20 Monaten ein hoffnungsvolleres Bild. In dem etwas risikobehafteteren Patientenkollektiv zeigte sich eine signifikante Verbesserung der IDFS-Rate im Vergleich zum Standardarm. Hier waren 92,2% der Studiengruppe und 88,7% in der Kontrollgruppe nach zwei Jahren frei von einem invasiven Tumor, was einer Risikoreduktion von ca. 25% durch die Hinzunahme von Abemaciclib für zwei Jahre in der Adjuvanz entsprach. Initial wurde die kurze Beobachtungszeit unter laufender Therapie kritisch gesehen, doch die Reanalyse nach vier Jahren bekräftigte die ersten positiven Daten und konnte sogar zeigen, dass der positive Effekt sich verstärkte, da die IDFS-Rate nun 34% betrug. Der absolute Benefit betrug damit 6,4%, was zur Zulassung von Abemaciclib in der adjuvanten Therapie des Hormonrezeptor-positiven und HER2-negativen Mammakarzinoms bei nodaler Beteiligung bzw. Hochrisikosituation führte.4
Auch die kürzlich veröffentlichte Datenauswertung der NATALEE-Studie nach 34 Monaten Follow-up, welche am diesjährigen ASCO präsentiert wurde, zeigt eine Risikoreduktion für einen Rückfall um 25%, da das Dreijahresüberleben durch die Hinzunahme von Ribociclib mit 90,8% besser war als im Standardarm mit 88,6%. Im Vergleich zum Patientenkollektiv der MonarchE-Studie wurden in der NATALEE-Studie auch Patientinnen ohne Befall der axillären Lymphknoten eingeschlossen, da die Stadien IIA bis IIIC nach den histopathologischen Kriterien des American Joint Committee on Cancer (AJCC) zugelassen waren. Auch wurde im Vergleich zur metastasierten Situation eine reduzierte Therapiedosis von 400mg/d und nicht 600mg/d festgelegt, um die Belastung durch Nebenwirkungen in der Adjuvanz zu reduzieren.5
Es ist zu erwarten, dass dank der positiven Daten der NATALEE-Studie neben Abemaciclib demnächst auch Ribociclib für die Therapie von Hochrisikopatientinnen, die an einem Hormonrezeptor-positiven und HER2-negativen, frühen Mammakarzinom erkrankt sind, eingesetzt werden darf.
Umso wichtiger ist es, kleine Unterschiede im Einsatzbereich in der Adjuvanz der beiden CDK4/6-Inhibitoren durch die verschiedenen Einschlusskriterien beider Studien nochmals genauer zu beleuchten. Diese sind in Tabelle 1 angeführt.
Tab. 1: Einsatz von Ribociclib und Abemaciclib in der Adjuvanz entsprechend den Einschlussbedingungen. Adaptiert nach Egle D8
Kürzlich konnte beim fortgeschrittenen Mammakarzinom unter Einschluss von Patientinnen mit viszeraler Krise im Rahmen der Phase-II-Studie RIGHT Choice gezeigt werden, dass Ribociclib plus endokrine Therapie das progressionsfreie Überleben im Vergleich zur Chemotherapie in dieser Situation bei gleichem Therapieansprechen verlängert, da die Patientinnen im Studienarm 18,6 Monate und im Chemotherapiearm 8,5 Monate bis zum Progress aufwiesen.6
Kann der CDK4/6-Inhibitor die Chemotherapie in Zukunft ersetzen?
Solche Daten legen die Frage nahe, ob der CDK4/6-Inhibitor nicht nur additiv zu einer (neo)adjuvanten Chemotherapie in der Adjuvanz, sondern vielleicht in einem ausgewählten Patientenkollektiv sogar statt einer solchen eingesetzt werden kann.
Diese Frage soll die im Juli 2019 gestartete, prospektiv randomisierte ADAPTcycle-Studie beim frühen Hormonrezeptor-positiven und HER2-negativen Mammakarzinom beantworten. Durch eine neoadjuvante Induktionsphase wird durch das Therapieansprechen (charakterisiert durch den Abfall des KI-67-Markers) innerhalb von drei Wochen endokriner präoperativer Therapie eine Patientengruppe mit intermediärem Risiko für ein Rezidiv identifiziert. Durch anschließende Bestimmung des genomischen Risikoscores mittels Oncotype DX wird dann die Indikation zur Chemotherapie in diesem Kollektiv überprüft. Ist diese intermediär gegeben, wird zwischen adjuvanter Chemotherapie und Ribociclib adjuvant (600mg pro Tag über 26 Zyklen) für zwei Jahre plus endokrine Therapie randomisiert. Die Studie wird voraussichtlich bis 2027 laufen, sodass hier noch etwas Geduld gefragt ist.7
Literatur:
1 Howlader N et al.: US incidence of breast cancer subtypes defined by joint hormone receptor and HER2 status. J Natl Cancer Inst 2014; 106(5): dju55 2 Pan H et al.: 20-year risks of breast-cancer recurrence after stopping endocrine therapy at 5 years. N Engl J Med 2017; 377(19): 1836-46 3 Mayer EL et al.: Palbociclib with adjuvant endocrine therapy in early breast cancer (PALLAS): interim analysis of a multicentre, open-label, randomised, phase 3 study. Lancet Oncol 2021; 22(2): 212-22 4 Johnston SRD et al.: Abemaciclib plus endocrine therapy for hormone receptor-positive, HER2-negative, node-positive, high-risk early breast cancer (monarchE): results from a preplanned interim analysis of a randomised, open-label, phase 3 trial. Lancet Oncol 2023; 24(1): 77-90 5 Neugut AI, Bates SE: Highlights of ASCO 2023. The Oncologist 2023; 28(9): 739-42 6 Lu Y-S et al.: Abstract GS1-10: Primary results from the randomized Phase II RIGHT choice trial of premenopausal patients with aggressive HR+/HER2− advanced breast cancer treated with ribociclib + endocrine therapy vs physician’s choice combination chemotherapy. Cancer Research 2023; 83(5 Suppl): GS1-10 7 Westdeusche Studiengruppe: Studien im Follow-up. https://wsg-online.com/studien/; zuletzt aufgerufen am 6.10.2023 8 Egle D: Adjuvante Systemtherapie bei Patientinnen mit Hormonrezeptor positivem Mammakarzinom. 37. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Senologie, 9.9.2023
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