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Diagnostik und Therapie zervikaler intraepithelialer Neoplasien (CIN )
Jatros
30
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07.03.2019
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<p class="article-intro">Die Fachgesellschaften Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG), Arbeitsgemeinschaft für Kolposkopie (AGK), Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie der OEGGG (AGO) und Österreichische Gesellschaft für Zytologie (ÖGZ) haben eine neue Leitlinie herausgegeben. Sie enthält Empfehlungen zur Abklärung von auffälligen zytologischen Befunden und positiven HPV-Tests, zur Therapie von squamösen (SIL, CIN) und glandulären (AIS) zervikalen intraepithelialen Neoplasien (CIN).</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Ziel der Leitlinie ist es, Diagnostik und Therapie bei CIN zu vereinheitlichen, um Über- und Untertherapien zu vermeiden. Zudem kann die Zahl der Konisationen gesenkt und die Diagnostik beschleunigt werden, wenn die entsprechenden Empfehlungen befolgt werden. Die Autoren raten aus forensischen Gründen dazu, ein Abweichen von der Leitlinie zu begründen und zu dokumentieren.</p> <h2>Notwendige Untersuchungen – Untersuchungsgang</h2> <p>Auffällige zytologische Befunde können im Rahmen eines primären zytologischen („Pap-Test“) und eines HPV-basierten Screenings mit zytologischer Triage auftreten. Der HPV-Test und die zytologische Untersuchung sollten nicht routinemäßig gleichzeitig eingesetzt werden, sondern abwechselnd. Der HPV-Test sollte allen Frauen, auch den gegen HPV geimpften, ab dem 30. Lebensjahr mindestens alle drei Jahre angeboten werden.<br /> Die Leitlinie rät bei einem auffälligen zytologischen Befund und bei einer persistierenden Infektion mit onkogenen HPV zur differenzialdiagnostischen Abklärung und Kolposkopie. Dabei sollten hochgradige Veränderungen umgehend abgeklärt werden. Eine einfache Wiederholung des Abstrichs ohne Kolposkopie und HPV-Test ist in keinem Fall geeignet. Stattdessen wird folgender Untersuchungsgang angeraten:</p> <ul> <li>Inspektion und Kolposkopie: Nach Reinigung der Portio wird ein Nativabstrich aus dem Bereich der Transformationszone angefertigt. Bei Bedarf können ein Abstrich für den HPV-Test oder weitere Proben vorgenommen werden, etwa die Essig- und die Schiller’sche Jodprobe. Die Befunde sollten schriftlich und im Bild (Zeichnung, Foto, Video) dokumentiert werden.</li> <li>Konventionelle Zytologie: Den Abstrich von der Ekto- und Endozervix sofort auf dem Objektträger fixieren (Spray) oder mindestens 10 Minuten in 96 % igen Alkohol stellen; die Alternative ist eine Dünnschichtzytologie.</li> <li>Gewebeentnahme für die Histologie: Geeignet sind Knipsbiopsien mit der Biopsiezange an der Stelle der maximalen Veränderung oder eine endozervikale Curettage (nicht bei Schwangeren!).</li> <li>HPV-Test: Ein negativer Test auf Hochrisiko- HPV-Stämme hat einen hohen negativen Vorhersagewert, da zwischen der HPV-Infektion und dem invasiven Karzinom eine Latenzzeit von mehreren Jahren liegen kann. Die Untersuchung auf Subtypen wie die Hochrisiko-Typen 16 und 18 liefert weitere Informationen. Ein Test auf Niedrigrisiko-Typen bietet dagegen keinen Zusatznutzen.</li> </ul> <h2>Management bei positivem HPV-Test</h2> <p>Bei einem positiven Test auf Hochrisiko- HPV-Typen folgt ein Pap-Test/eine Zytologie mit Kolposkopie. Ergibt dieser einen Befund >Pap II, sollte – ebenso wie beim Vorliegen der HPV-Typen 16 und 18 – eine Kolposkopie mit Probeexzision (PE) und/oder endozervikaler Curettage (ECC) vorgenommen werden. Bei Pap I/II sowie bei einem negativen HPV-Test genügen die üblichen Routinekontrollen.</p> <h2>Management bei PAP III</h2> <p>Zeigt sich in der Zytologie ein auffälliger Befund (Pap III), sollte innerhalb von 3 Monaten auf HPV getestet, der PAP wiederholt und eine Kolposkopie durchgeführt werden. Bei einem positiven Resultat im Sinne einer Hochrisiko-HPV-Infektion ist zur Abklärung umgehend eine Kolposkopie mit Histologie einzuleiten. Fällt der HPV-Test negativ aus, muss nach anderen Ursachen für den PAP III gesucht werden.<br /> Die Abbildungen 1 und 2 zeigen das Vorgehen bei Pap IIID und Pap IIIG. Bei Patientinnen mit Pap IV ist eine Kolposkopie mit PE und ECC notwendig. Weist diese eine CIN/SIL, ein Adenocarcinoma in situ (AIS) oder ein Karzinom nach, wird eine leitliniengerechte Therapie begonnen. Bei negativer oder fehlender Histologie wird der Pap-Test nach drei Monaten wiederholt und erneut evaluiert. Bestätigt sich der Befund, sind LLETZ und ECC angeraten.<br /> Bei einem Pap-V-Befund folgt ebenfalls eine Kolposkopie mit PE und ECC und die weitere Abklärung ist abhängig davon, ob ein invasiver Prozess histologisch nachweisbar ist oder nicht.<br /> In Abbildung 3 findet sich der Diagnosealgorithmus für histologisch nachgewiesene niedriggradige intraepitheliale Läsionen (LSIL, CIN I), hochgradige intraepitheliale Läsionen (HSIL, CIN II/CIN III) und AIS.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Gyn_1901_Weblinks_jatros_gyn_1901_s39_abb1+2.jpg" alt="" width="600" height="979" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Gyn_1901_Weblinks_jatros_gyn_1901_s40_abb3.jpg" alt="" width="600" height="479" /></p> <h2>Die Resektion veränderter Läsionen</h2> <p>Veränderte Zervixareale werden mittels Konisation reseziert. Empfohlen wird die Anwendung einer Hochfrequenzschlinge (LEEP = „loop electrosurgical excision procedure“ oder LLETZ = „large loop excision of the transformation zone“). Bei Frauen, die noch einen Kinderwunsch haben, sollte eine möglichst knappe Resektion im Gesunden angestrebt werden, da es ansonsten zu Komplikationen während der Schwangerschaft kommen kann.</p> <p>Die Indikationen für eine Konisation sind:</p> <ul> <li>persistierende CIN I (LSIL) über mehr als 2 Jahre</li> <li>persistierende High-Risk-HPV-Infektionen über mehr als 2 Jahre mit Zusatzindikation (divergierende Befunde)</li> <li>HSIL (CIN II, III)</li> <li>rezidivierende pathologische Zytologie ohne histologisches Korrelat</li> <li>Verdacht auf Frühinvasion</li> <li>Verdacht auf AIS</li> </ul> <h2>Therapie durch Oberflächendestruktion</h2> <p>Bei LSIL, zum Beispiel Kondylomen oder CIN I, kann anstelle der Konisation eine Oberflächendestruktion eingesetzt werden. Voraussetzungen sind, dass die Läsion ektozervikal liegt und die Transformationszone vollständig einsehbar ist. Der Oberflächendestruktion sollte eine Biopsie vorausgegangen sein, außerdem sollte eine kolposkopische und zytologische Kontrolle nach sechs Monaten gesichert sein.<br /> Die Autoren der Leitlinie weisen allerdings darauf hin, dass die Evidenz für dieses Verfahren international unterschiedlich beurteilt wird.</p> <h2>Weitere Schritte nach der Konisation</h2> <p>Die Leitlinien geben auch Empfehlungen für die Vorgehensweisen bei verschiedenen Situationen nach einer Konisation. So gibt es Hinweise darauf, dass eine HPVImpfung nach der Konisation das Rezidivrisiko senkt. Ein Test auf Hochrisiko-HPVTypen frühestens sechs Monate nach dem Eingriff kann residuelle Läsionen oder Rezidive anzeigen und wird daher empfohlen.</p> <p><strong>HSIL (CIN II/III) im Gesunden entfernt</strong><br /> Bei diesen Patientinnen genügen gynäkologische Kontrollen (Kolposkopie, Zytologie) in Routineintervallen. Sechs Monate nach dem Eingriff sollte auf Hochrisiko- HPV getestet werden. Bei einem positiven Ergebnis, aber unauffälliger Zytologie, Histologie und Kolposkopie empfiehlt sich ein erneuter HPV-Test nach sechs Monaten. Ist der Test negativ, genügen Kontrollen in Routineintervallen.</p> <p><strong>HSIL (CIN II, CIN III) nicht im Gesunden (non in sano) entfernt</strong><br /> Bei diesen Patientinnen sollten nach drei bis sechs Monaten eine kolposkopische, zytologische und histologische Kontrolle sowie nach sechs Monaten ein HPVTest vorgenommen werden. Eine Rekonisation/ Hysterektomie ist nicht sofort erforderlich, sondern nur wenn die Läsionen persistieren.</p> <p><strong>AIS nicht im Gesunden (non in sano) entfernt</strong><br /> In dieser Situation sollte in jedem Fall eine Nachresektion oder eine Hysterektomie (wenn indiziert) durchgeführt werden.</p> <h2>CIN (SIL ) in der Schwangerschaft</h2> <p>Die Diagnose erfolgt anhand der Kolposkopie-, Zytologie- und Histologiebefunde. Auch bei Schwangeren ist eine Biopsie risikolos möglich und bei unklaren kolposkopischen Befunden oder beim Verdacht auf ein invasives Geschehen notwendig. Eine endozervikale Curettage ist dagegen kontraindiziert.<br /> Liegt eine CIN I vor, genügt eine weitere Kontrolle sechs bis acht Wochen nach der Geburt. Bei CIN II und III sowie AIS sollte die Frau bis zur Geburt alle zwölf Wochen kolposkopisch und zytologisch untersucht werden und 6–8 Wochen nach der Geburt. Wurde histologisch ein invasives Karzinom nachgewiesen, ist ein individuelles Vorgehen notwendig mit onkologisch-perinatologischem Konsil.</p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p>Reich O et al.: Gemeinsame Leitlinie der OEGGG, AGO, AGK und ÖGZ zur Diagnose und Therapie von Cervikalen Intraepithelialen Neoplasien sowie Vorgangsweise bei zytologischen Befunden mit eingeschränkter Qualität. GebFra 2018; 78: 1232-44</p>
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