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Endometriose als diagnostische Herausforderung
Leading Opinions
Autor:
Dr. med. Regula Grabherr
Stv. Leitende Ärztin, Leiterin Endometriosezentrum<br/> Gynäkologie<br/> Kantonsspital Baden<br/> E-Mail: regula.grabherr@ksb.ch
30
Min. Lesezeit
13.06.2019
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<p class="article-intro">Gut 10 Jahre – das ist das mittlere Intervall zwischen dem Auftreten der ersten Symptome und der Diagnosestellung in Deutschland und Österreich.<sup>1</sup> Für die betroffenen Patientinnen und ihre Familien, aber auch volkswirtschaftlich hat dies gravierende Folgen.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Endometriose ist eine äusserst komplexe und oft schwierig zu diagnostizierende Krankheit.</li> <li>Zentral ist die Anamnese: Sind die Symptome suggestiv für eine Endometriose, ist der gynäkologische Untersuch jedoch unauffällig, ist es sinnvoll, die Patientin zur weiteren Abklärung an ein Endometriosezentrum zu überweisen.</li> <li>Die Diagnose muss möglichst früh gestellt und eine suffiziente Therapie eingeleitet werden, um so eine Schmerzchronifizierung und Ausbreitung der Krankheit zu verhindern.</li> </ul> </div> <p>Entsprechende Daten für die Schweiz existieren, soweit der Autorin bekannt ist, nicht – die Zahl deckt sich jedoch mit dem, was sie im klinischen Alltag erlebt. <br />Warum kommt es auch heute noch zu dieser massiven Verzögerung, wodurch Patientinnen über Jahre ungenügend oder gar nicht behandelt werden? Im vorliegenden Artikel wird dieser Frage nachgegangen. Sie finden praxisrelevante Informationen dazu, bei welcher Symptomkonstellation an eine Endometriose gedacht werden muss. Ausserdem geht der Artikel darauf ein, worauf bei der gynäkologischen Untersuchung zur Abklärung auf Endometriose speziell zu achten ist.</p> <h2>Endometriose – wie ein Chamäleon</h2> <p>Eine Vielzahl an Faktoren erschwert die Diagnosestellung.<br /> Patientinnen mit Endometriose zeigen oft eine verwirrende Vielfalt an Symptomen, welche auch zu verschiedenen anderen Krankheitsbildern passen. Die Symptome ändern sich oft im Verlauf und/oder entsprechen nicht dem typischen Bild (also zyklischen Beschwerden, insbesondere Dysmenorrhö), das man von der Endometriose hat. Der Vergleich mit einem Chamäleon ist deshalb durchaus passend. Hudelist et al. zeigen auf, dass bei 74 % der Patientinnen mindestens eine Fehldiagnose gestellt wurde, was meist mit einer deutlichen Diagnoseverzögerung assoziiert ist.<br /> Unter anderem folgende Prozesse tragen dazu bei, dass die Symptome so breit gefächert sind:<sup>2</sup></p> <ul> <li>Die z.T. schon mit der Menarche beginnenden, monatlich auftretenden, nicht selten invalidisierenden Schmerzen führen über die Jahre oft zu einer zentralen Sensibilisierung mit Modifizierung der schmerzverarbeitenden Hirnregionen. Als Folge davon kann es zu einer Schmerzausweitung kommen.</li> <li>Durch die Endometriose-/Adenomyoseherde produzierte, proinflammatorische Substanzen wie Zytokine, Prostaglandine etc. lösen im Verlauf eine chronische Entzündung intraabdominal aus, welche auch die Blase und den Darm in Mitleidenschaft zieht. Die Patientinnen berichten deshalb häufig über Symptome, welche normalerweise dem „irritable bowel syndrome“ oder „painful bladder syndrome“ zugeschrieben werden.</li> <li>Zu azyklischen, chronischen (Bauch-) Schmerzen kommt es einerseits dann, wenn bei der tief infiltrierenden Endometriose direkt die Nerven betroffen sind, andererseits durch den chronischen Entzündungszustand im Bauch v.a. bei schweren Formen der Endometriose. Via zentrale Sensibilisierung findet eine Schmerzchronifizierung statt, sodass manchmal selbst nach kompletter Entfernung aller Endometrioseherde der Schmerz fortbesteht. Ein weiterer Grund für das Fortbestehen von Schmerzen nach einer Operation kann die Adenomyose sein.<br /> Bei den meisten Frauen kommt im Verlauf eine myofasziale Schmerzkomponente dazu: Durch die ständigen Bauchschmerzen kommt es zu Verspannungen mit Bildung von Triggerpunkten in der Beckenboden- und Bauchmuskulatur, welche in einem Circulus vitiosus zu zusätzlichen Schmerzen, insbesondere auch Dyspareunie, führen.</li> </ul> <p>Der gynäkologische Befund kann – auch bei ausgedehnter peritonealer Endometriose – komplett unauffällig sein. Patientinnen haben im Mittel bis zur Diagnosestellung mehr als 3 Gynäkologen konsultiert.<sup>1</sup><br /> Beschwerden, welche im Zusammenhang mit dem weiblichen Zyklus auftreten, (insbesondere Dysmenorrhö), werden auch heute noch oft nicht ernst genommen bzw. gelten als normal – und zwar sowohl bei den Patientinnen und ihren Familien als auch bei Ärzten.<sup>1</sup><br /> Endometriose macht zwei verschiedene «Arten» von Schmerzen im Bauch: somatischen und viszeralen Schmerz. Es fällt bei der Anamnese oft auf, dass es den Patientinnen schwerfällt, ihre Schmerzen genau zu beschreiben, und es werden viele verschiedene Schmerzqualitäten beschrieben. Das kann bei der Suche nach einer Diagnose sehr verwirrend sein. Wenn man sich der verschiedenen Entstehungsorte des Schmerzes bewusst ist, fällt es leichter, zu verstehen, wie dies zustande kommt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Gyn_1902_Weblinks_chamaeleon.png" alt="" width="433" height="347" /></p> <p><strong>1. Somatischer Schmerz</strong> ausgelöst durch peritoneale Endometriose (Abb. 1):</p> <ul> <li>Genau lokalisierbar</li> <li>Einerseits «oberflächlicher» Schmerz (hell, stechend),</li> <li>andererseits «tiefer» Schmerz (dumpf): Er folgt häufig nach einer kurzen Pause dem oberflächlichen Schmerz, da durch langsamere Nervenfasern geleitet.</li> </ul> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Gyn_1902_Weblinks_abb1.png" alt="" width="417" height="356" /></p> <p><strong>2. Viszeraler Schmerz</strong> ausgelöst durch Endometriosebefall von Hohlorganen wie Darm, Uterus und Blase (Abb. 2, 3, und 4):</p> <ul> <li>Schwer lokalisierbar, in der Tiefe</li> <li>Schmerzcharakter eher dumpf, z.T. kolik-/wehenartig, z.T. andauernd</li> <li>Oft von vegetativen Reaktionen begleitet (Schwitzen, Schwindel, Übelkeit)</li> <li>z.T. Ausstrahlung in korrespondierende Zonen an der Körperoberfläche</li> </ul> <p>Alle diese Faktoren führen dazu, dass die Diagnosestellung bei Endometriose oft sogar für auf Endometriose spezialisierte Gynäkologen eine grosse Herausforderung ist. Die Suche nach dem Chamäleon – der Endometriose – ist zeitaufwendig: Bei der Anamnese muss geduldig und gezielt nach den einzelnen Symptomen gefragt und die jahrelange Leidensgeschichte oft mühsam auseinandergenommen werden, um der Sache auf den Grund zu gehen. Auch die gynäkologische Untersuchung ist deutlich zeitintensiver als eine Routineuntersuchung.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Gyn_1902_Weblinks_abb2-4.png" alt="" width="1578" height="434" /></p> <h2>Anamnese und gynäkologischer Untersuch</h2> <p>In Tabelle 1 finden Sie eine ausführliche Zusammenstellung für die Symptomerfragung bei der Anamnese, und im Folgenden praktische Tipps für den klinischen Untersuch bei Verdacht auf Endometriose. Bei der gynäkologischen Untersuchung können folgende Befunde auf eine Endometriose/ Adenomyose hinweisen:</p> <p><strong>Spekularuntersuch:</strong></p> <ul> <li>Knötchen/Knoten (hautfarben/bläulich/ schwarz/rot) im Fornix posterior vaginae, z.T. bei Berührung sehr vulnerabel und rasch blutend</li> <li>Der Untersuch mit dem Spekulum kann so schmerzhaft sein, dass der Fornix posterior nicht eingestellt werden kann – dies kann auch ein Zeichen für eine schwere Endometriose sein.</li> <li>Nach lateral oder stark nach ventral/ dorsal verzogene und fixierte Zervix (durch schwere Adhäsionen oder einseitige, tief infiltrierende Endometriose eines Lig. sacrouterinum)</li> <li>Selten: Endometrioseläsionen auf der Portio</li> </ul> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Gyn_1902_Weblinks_tab1.png" alt="" width="1176" height="1692" /></p> <p><strong>Bimanueller Untersuch:</strong></p> <ul> <li>Auch hier wird beurteilt, ob die Zervix und der Uterus in Führungslinie liegen oder ob eine Verlagerung nach lateral oder ventral/dorsal besteht. Ein fixierter oder wenig mobiler Uterus ist ein wichtiger Hinweis auf eine schwere Endometriose, insbesondere wenn Uterus und Adnexe komplett miteinander verbacken sind.</li> <li>Bei der Suche nach tief infiltrierender Endometriose und Adenomyose ist entscheidend, dass deutlich tiefer untersucht wird als bei einer gynäkologischen Routineuntersuchung. Nicht selten ist die Uterushinterwand bei Adenomyose derb, z.T. auch knotig bzw. höckerig verändert. Die Patientin wird gefragt, ob die Schmerzen (wie z.B. Dyspareunie und chronische Unterbauchschmerzen) durch den Untersuch ausgelöst werden können.</li> <li>Im Bereich der Ligg. sacrouterina lassen sich bei Befall durch tief infiltrierende Endometriose derbe, stark schmerzhafte Knötchen tasten, welche nicht verschieblich sind. Die Bänder können auch nur induriert oder verbreitert sein, oder es fällt eine einseitig reduzierte Elastizität auf.</li> <li>Rektovaginale Endometriose lässt sich tief im Fornix posterior tasten als sehr derbe und dolente, nicht verschiebliche Knoten (selten sind die Knoten jedoch auch indolent). Oft sind sie vulnerabel und bluten nach dem Untersuch.<br /> Im kombinierten Vaginal/Rektaluntersuch wird verifiziert, dass es sich nicht um harte Stuhlballen handelt, welche manchmal von vaginal her auch schwierig verschieblich sind.<br /> Wichtig: Tief infiltrierende Endometrioseherde, welche zwischen dem oberen Anteil der Zervix bzw. Corpus und Rektum/ Sigma liegen, lassen sich von vaginal/ rektal her nicht tasten, da sie zu hoch liegen!</li> <li>Endometriome sind bei der bimanuellen Untersuchung oft gar nicht palpierbar, da sie hoch im Becken und retrouterin durch Adhäsionen fixiert sind.</li> <li>Evaluation Vaginal-/Beckenbodenmuskulatur: Besteht ein erhöhter Tonus? Lassen sich knotige Verhärtungen, schmerzhafte Stellen tasten? Sind diese Stellen nur lokal dolent, oder lassen sich Schmerzen auslösen, welche die Patientin kennt? (Z.B. in den Unterbauch, den Rücken oder das Gesäss/die Beine ausstrahlende Schmerzen). Falls ja, besteht der Verdacht auf eine myofasziale Schmerzkomponente.</li> </ul> <p><strong>Transvaginalultraschall (TVUS):</strong></p> <ul> <li>Verschiedene sonografische Befunde können auf eine Adenomyose hinweisen (Abb. 5), z.B. eine Differenz der Wanddicke von Uterushinterwand und -vorderwand; eine vermehrte diffuse Durchblutung im Myometrium; ein inhomogenes Myometrium mit echodichten und echoarmen, z.T. auch kleinzystischen Arealen; oder auch prominente, dilatierte Gefässe an der Uterusoberfläche (Auflistung nicht vollständig)</li> <li>Endometriome: meist relativ scharf begrenzte Zysten mit homogenem, mässig echogenem Inhalt (Milchglaseffekt). Nicht selten findet man eine (z.T. senkrechte) Spiegelbildung innerhalb der Zyste. Lässt sich das Ovar nicht gegen angrenzende Strukturen wie den Uterus, das andere Ovar oder den Darm verschieben, ist von Adhäsionen auszugehen (neg. «sliding sign»). Liegen beide Ovarien dicht nebeneinander und lassen sich nicht gegeneinander verschieben, nennt man dies «kissing ovaries». Bei diesem Befund ist von einem Endometriosestadium mindestens rASRM III auszugehen, oft auch mit zusätzlich tief infiltrierender Endometriose (TIE).</li> <li>TIE des Darmes lässt sich als mehrheitlich hypoechogener, oft nicht ganz homogener, unregelmässig und unscharf begrenzter Befund zwischen Uterus/ Vaginahinterwand und Rektum/Sigma darstellen. Durch Druck mit der Vaginalsonde wird versucht, diesen Befund gegen die angrenzenden Organe zu verschieben (= «sliding sign»): Gelingt dies nicht, entspricht dies einem negativen «sliding sign» und ist ein wichtiger Hinweis auf eine TIE. Ausserdem ist der Befund bei Druck formkonsistent (TIE besteht mehrheitlich aus Fibrose und ist dementsprechend hartes Gewebe praktisch ohne Elastizität).</li> <li>TIE der Blase findet sich häufig an der Blasenhinterwand, angrenzend an die Uterusvorderwand. Der Befund gleicht dem der TIE des Darmes, und es wird die gleiche Untersuchungstechnik angewandt. Die Blase sollte für den Untersuch leicht gefüllt sein.</li> <li>Ein grosser Vorteil des TVUS gegenüber dem MRI ist, dass es eine «Real-time»- Untersuchung ist: So kann gezielt erfragt werden, ob ein Befund druckdolent ist bzw. ob durch Druck mit der Vaginalsonde auf den Befund ausstrahlende Schmerzen ausgelöst werden können.</li> <li>Auch eine pararektal oder in den Parametrien lokalisierte TIE lässt sich mit dem TVUS darstellen, dies benötigt jedoch viel Erfahrung.</li> </ul> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Gyn_1902_Weblinks_abb5.png" alt="" width="531" height="391" /></p> <p><strong>Abdomen-MRI:</strong><br /> Entscheidend ist, dass das MRI an einem Zentrum durchgeführt wird, wo die Radiologen grosse Erfahrung mit der Bildgebung bei Endometriose haben, und dass ein spezielles Endometrioseprotokoll bei der Durchführung des MRI angewandt wird. Bei der Anmeldung muss deshalb schon spezifisch nach Endometriose gefragt werden. Ausserdem sollte das MRI wenn möglich gemeinsam mit dem Gynäkologen, welcher den TVUS durchgeführt hat, beurteilt werden.<br />Das MRI ist insbesondere auch dann diagnostisches Mittel der Wahl, wenn nach Endometrioseherden an speziellen Lokalisationen wie z.B. Oberbauch, Lunge etc. gesucht wird.</p> <h2>Präoperative Diagnostik fundamental</h2> <p>Es besteht heute international Konsens, dass die präoperative Diagnostik zur optimalen Planung einer Operation bei tief infiltrierender Endometriose des Darmes fundamental ist.<sup>3</sup><br /> Der TVUS hat eine ausgezeichnete Sensitivität und Spezifität zur Detektion von tief infiltrierender Endometriose des Rektums.<sup>4, 5, 6</sup> Zusammen mit dem MRI, mit welchem auch Läsionen des Sigma und höher gelegene Darmläsionen entdeckt werden können, ist es heute möglich, in fast allen Fällen schon präoperativ zu wissen, dass eine TIE des Darmes oder auch der Blase besteht. So kann die Patientin entsprechend über den komplexen Eingriff aufgeklärt und darauf vorbereitet werden (z.B. Abführen des Darmes bei erwarteter tiefer Anastomose), und die Operation wird mit einem multidisziplinären Team geplant.<br /> Dass intraoperativ eine schwere, tief infiltrierende Diagnose als Zufallsbefund festgestellt wird und dann eine Secondlook- Operation durchgeführt werden muss, sollte heutzutage die Ausnahme sein.<br /> Intraoperativ ist oft nur «die Spitze des Eisbergs» von TIE-Knoten sichtbar, dadurch sind diese schwierig aufzufinden – hierfür ist ein präoperatives «Mapping» der Läsionen ebenfalls zentral. Wenn Untersucher und Operateur nicht übereinstimmen, müssen sowohl Befunde wie auch Symptome ganz genau dokumentiert werden, damit während der Operation die notwendigen Informationen zur Verfügung stehen.</p> <h2>Therapeutische Herausforderungen</h2> <p>Schmerzen bei Endometriose führen oft schon in der Adoleszenz zu häufigen Ausfällen während Schule und Ausbildung. Dies setzt sich später im Arbeitsleben fort und führt nicht selten dazu, dass diese Patientinnen ihre Arbeitsstelle verlieren. Frauen, welche trotz Schmerzen arbeiten gehen, sind deutlich weniger produktiv. Die volkswirtschaftlichen Kosten für die Schweiz werden auf 1,8 Milliarden Euro/ Jahr geschätzt.<sup>7</sup><br /> Es ist von grösster Wichtigkeit, dass die Diagnose so früh wie möglich gestellt wird. Idealerweise kann so durch eine Therapie mit Gestagenen wie z.B. Dienogest die Ausbreitung der Endometriose meist gestoppt werden, und es kommt nicht zu weiteren Schäden an den reproduktiven Organen mit Infertilität. Auch der Prozess der Schmerzsensibilisierung und -chronifizierung kann so verhindert werden.<br /> Wurde die Diagnose über viele Jahre verschleppt, handelt es sich oft um sehr komplexe Situationen, bei welchen allein mit einer Operation und/oder einer hormonellen Therapie keine Beschwerdefreiheit mehr erreicht werden kann.<br /> Zeigt sich bei der Anamneseerhebung eine deutliche Schmerzchronifizierung, ist eine schmerzpsychologische Begleitung zu erwägen. Seit 2017 gibt es für Patientinnen mit chronischen Unterbauchschmerzen auch die Möglichkeit, an einem sechswöchigen Schmerzbewältigungskurs am Zentrum für Schmerzmedizin in Nottwil teilzunehmen.<br /> Bei ausgeprägter physischer Dekonditionierung ist die physiotherapeutische Unterstützung für einen gezielten Aufbau der körperlichen Belastbarkeit von grosser Wichtigkeit. Bei myofaszialer Schmerzkomponente sollte zusätzlich eine Therapie bei einer auf «pelvic pain» spezialisierten Beckenbodenphysiotherapeutin eingeleitet wird. So können oft erstaunliche Therapieerfolge bei chronischen Unterbauchschmerzen und Dyspareunie erreicht werden. Viele Patientinnen profitieren auch von komplementärmedizinischen Therapien wie z.B. TCM oder Osteopathie.<br /> Durch diese begleitenden therapeutischen Massnahmen kann positiv auf viele der oben beschriebenen Beschwerden eingewirkt werden. Bei Kinderwunsch ist natürlich die enge Kooperation mit einem Kinderwunschzentrum unverzichtbar.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Voraussetzung für eine Reduktion der zeitlichen Verzögerung bei der Diagnosestellung der Endometriose ist die Aus- und Weiterbildung der Ärzte (inbesondere von Gynäkologen und Allgemeinmedizinern, jedoch sind auch Chirurgen und Mediziner, welche auf einer Notfallabteilung tätig sind, häufig mit Endometriosepatientinnen konfrontiert). Andererseits ist es auch wichtig, durch gezielte Informationskampagnen das Bewusstsein für die Krankheit in der Öffentlichkeit zu steigern und damit die Patientinnen zu ermutigen, dass sie ihre Beschwerden ernst nehmen und sie früher durch Spezialisten abklären lassen.</p> </div></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Hudelist G et al.: Diagnostic delay for endometriosis in Austria and Germany: causes and possible consequences. Hum Reprod 2012; 27: 3412-6 <strong>2</strong> Stratton P, Berkley KJ: Chronic pelvic pain and endometriosis: translational evidence of the relationship and implications. Hum Reprod 2011; 17: 327-46 <strong>3</strong> Abrão MS et al.: Deep endometriosis infiltrating the recto-sigmoid: critical factors to consider before management. Hum Reprod Update 2015; 21(3): 329-39 <strong>4</strong> Hudelist G et al.: Can transvaginal sonography predict infiltration depth in patients with deep infiltrating endometriosis of the rectum? Hum Reprod 2009; 24: 1012-7 <strong>5</strong> Abrão MS et al.: Comparison between clinical examination, transvaginal sonography and magnetic resonance imaging for the diagnosis of deep endometriosis. Hum Reprod 2007; 22: 3092-7 <strong>6</strong> Bazot M et al.: Diagnostic accuracy of transvaginal sonography for deep pelvic endometriosis. Ultrasound Obstet Gynecol 2004; 24: 180-5 <strong>7</strong> Simoens S et al.: The burden of endometriosis: costs and quality of life of women with endometriosis and treated in referral centres. Hum Reprod 2012; 27(5): 1292-9</p>
</div>
</p>
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