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Effektive HPV-Prophylaxe

Infektionen durch Einführung der Impfung reduziert

<p class="article-intro">Für die Effektivität hinsichtlich der Reduktion von HPV-assoziierten Dysplasien und invasiven Karzinomen durch die Impfprophylaxe liegt umfassende Evidenz vor. Österreich nimmt insofern eine Pionierrolle ein, als hier weltweit die erste Impfempfehlung für beide Geschlechter ausgesprochen wurde. Seit Mai 2016 ist nun auch Gardasil 9 als dritter Impfstoff zugelassen, er bietet im Vergleich mit Gardasil 4 einen Schutz gegenüber weiteren 5 HPV-Stämmen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>In der Entwicklung der HPV-Impfungen nahm &Ouml;sterreich von Anfang an eine zentrale Rolle ein: Bereits 1992 hat der Dermatologe Univ.-Prof. Dr. Reinhard Kirnbauer von der Medizinischen Universit&auml;t (MU) Wien das Prinzip der Impfungen entdeckt und publiziert: Das Papillomavirus-Hauptcapsid-Protein L1 stellt selbst virus&auml;hnliche Partikel her, die hoch immunogen sind und die Grundlage f&uuml;r die heute verf&uuml;gbaren HPV-Impfungen bilden.<sup>1</sup><br /> &bdquo;Auch in der Pr&uuml;fung von HPV-Impfstoffen im Rahmen von klinischen Studien, die 2001 begonnen hat, spielt &Ouml;sterreich eine f&uuml;hrende Rolle. &Ouml;sterreich war im Jahr 2007 das erste Land weltweit, in dem eine Impfempfehlung auch f&uuml;r Buben ausgesprochen worden ist&ldquo;, berichtete Univ.-Prof. Dr. Elmar Joura, Univ.-Klinik f&uuml;r Frauenheilkunde, MU Wien, &uuml;ber die innovative Position &Ouml;sterreichs im Zusammenhang mit der HPV-Impfung.<br /> Im Jahr 2007 waren zwei Impfstoffe &ndash; der bivalente (bHPV; 16/18) und der quadrivalente (qHPV; 6/11/16/18) &ndash; verf&uuml;gbar, die beide vergleichbar gut gegen die HPV-St&auml;mme 16 und 18 wirken.<sup>2</sup></p> <h2>Effektivit&auml;t auch an anderen Lokalisationen</h2> <p>Zun&auml;chst wurden die Impfungen nur mit dem Fokus auf die Prophylaxe von zervikalen Dysplasien und des Zervixkarzinoms entwickelt. Inzwischen ist nachgewiesen, dass auch bei bereits Infizierten eine Wirksamkeit erzielbar ist: Bei Patientinnen, bei denen bereits Konisationen durchgef&uuml;hrt worden waren, wurden in zwei Dritteln der F&auml;lle weniger Rezidive verzeichnet. Dasselbe konnte f&uuml;r Frauen mit Genitalwarzen, vulv&auml;ren (VIN) oder vaginalen intra&shy;epithelialen Neoplasien (VaIN) gezeigt werden, die mit qHPV geimpft worden waren.<sup>3</sup> Zu den weiteren Lokalisationen, die eine Pr&auml;disposition f&uuml;r die Entwicklung von HPV16/18-assoziierten Karzinomen aufweisen, z&auml;hlen Anus, Penis und allen voran Kopf- und Halstumoren &ndash; Letztere kommen bei M&auml;nnern mit einer 5-fach h&ouml;heren Inzidenz als bei Frauen vor.<sup>4</sup> In einer schwedischen &Uuml;bersichtsarbeit<sup>5</sup> konnte gezeigt werden, dass die Zahl HPV-positiver Karzinome des Oropharynx im Begriff ist anzusteigen &ndash; im Vergleich zu HPV-negativen Tumoren weisen sie zwar eine bessere Prognose auf, ein substanzieller Anteil dieser Malignome k&ouml;nnte jedoch prim&auml;r durch die Impfprophylaxe verhindert werden.</p> <h2>Implementierung ins &ouml;sterreichische Impfprogramm</h2> <p>Seit 2014 gibt es in &Ouml;sterreich ein voll finanziertes Impfprogramm &ndash; dabei handelt es sich um das erste in Europa, das geschlechtsneutral finanziert ist. Die Impfung ist f&uuml;r Kinder in der 4. Klasse Volksschule vorgesehen und bis zum 12. Lebensjahr kostenlos. Danach kann sie bis zum 15. Lebensjahr zu einem Preis von ca. 50 Euro/Dosis in &ouml;ffentlichen Gesundheitsstellen bezogen werden. Gem&auml;&szlig; den vom Bundesministerium f&uuml;r Gesundheit (<a href="http://www.bmg.gv.at/" target="_blank">http://www.bmg.gv.at/</a>) f&uuml;r das Jahr 2015 ver&ouml;ffentlichten Daten liegt die Durchimpfungsrate zurzeit bei ca. 60 % (Abb. 1).<br /> Als Argumente f&uuml;r die geschlechtsneutrale Impfung f&uuml;hrte Joura an, dass auf diese Weise eine optimale Durchimpfung erzielt und eine Herdenimmunit&auml;t aufgebaut werden kann. So gesehen ist die Impfung auch von Buben absolut kosteneffektiv. &bdquo;Dazu kommen gesundheitspolitische &Uuml;berlegungen &ndash; bei einer Durchimpfung nur von M&auml;dchen w&auml;ren homosexuelle M&auml;nner ungesch&uuml;tzt&ldquo;, erg&auml;nzte der Experte.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Gyn_1603_Weblinks_Seite36_1.jpg" alt="" width="609" height="434" /></p> <h2>Warum das junge Impfalter?</h2> <p>Als einen der Gr&uuml;nde f&uuml;r das junge Impfalter f&uuml;hrte der Gyn&auml;kologe an, dass in diesem Setting die Prophylaxe sicherer ist: &bdquo;Wir wissen aus unseren Studien, dass bei den 14- bis 16-J&auml;hrigen bereits ca. 20 % seropositiv sind, bei den 10-J&auml;hrigen liegt der Prozentsatz erst bei 2.&ldquo;<br /> Ein weiteres wesentliches Kriterium f&uuml;r die Impfung in der genannten Altersgruppe ist die Immunogenit&auml;t: Nachweislich k&ouml;nnen vor der Pubert&auml;t h&ouml;here Antik&ouml;rpertiter erzielt werden, was auch die Langzeitwirkung g&uuml;nstig beeinflussen d&uuml;rfte: Dobson et al<sup>6</sup> konnten nachweisen, dass zwei Dosen bei den 9- bis 13-J&auml;hrigen zu h&ouml;heren Antik&ouml;rperspiegeln f&uuml;hren als drei Dosen bei den 16- bis 26-J&auml;hrigen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Gyn_1603_Weblinks_Seite36_2.jpg" alt="" width="601" height="456" /></p> <h2>Gardasil 9 &ndash; der neue nonavalente Impfstoff</h2> <p>Am 2. Mai 2016 ist ein neues Kapitel der Prophylaxe von HPV-Infektionen aufgeschlagen worden: Die EMA (European Medicines Agency; <a href="http://www.ema.europa.eu/ema" target="_blank">www.ema.europa.eu/ema</a>) hat den nonavalenten Impfstoff Gardasil 9 (9vHPV) ab einem Alter von 9 Jahren zugelassen; er ist zus&auml;tzlich gegen die HPV-St&auml;mme 31, 33, 45, 52 und 58 wirksam.<sup>7</sup> Analog zu qHPV8 sind bei 9vHPV die Verabreichung von zwei Dosen an Kinder zwischen 9 und 14 Jahren und die Gabe von drei Impfdosen an Personen &ge;15 Jahre im Zulassungstext angegeben.<sup>7</sup><br /> <br /> Die Ergebnisse der Zulassungsstudie<sup>9</sup>, in der der Impfstoff qHPV an 14.000 jungen Frauen verglichen worden ist, sind im Februar 2015 publiziert worden: Gegen alle CIN (zervikalen intraepithelialen Neoplasien) konnte eine Schutzwirkung von 98,2 % , gegen&uuml;ber CIN3 sogar im Ausma&szlig; von 100 % verzeichnet werden, wodurch bei Geimpften von einer Reduktion der Konisationen auszugehen ist. Auch gegen&uuml;ber VIN und VaIN konnte in der Per-Protokoll-Analyse eine Effektivit&auml;t von bis zu 100 % nachgewiesen werden (Tab. 1). Beim invasiven Zervixkarzinom f&uuml;hrt die nonavalente Impfung zu einem 20 % igen Zugewinn an Schutz.<br /> <br /> Als Auflage f&uuml;r die Zulassung haben EMA und FDA (Food and Drug Administration) vorgegeben, dass die Immunogenit&auml;t gegen&uuml;ber HPV 16 und 18 beim 9-fach-Impfstoff nicht schw&auml;cher sein darf. Aus diesem Grund wurden die Dosen der HPV-Vakzine 16 und 18 von 40 auf 60&mu;g bzw. von 20 auf 40&mu;g und die Dosis des Adjuvans von 225 auf 500&mu;g erh&ouml;ht, wodurch das Kriterium f&uuml;r die Nichtunterlegenheit erf&uuml;llt werden konnte.<br /> <br /> Insgesamt sind zu 9vHPV elf Publikationen von Studien (V503-001, V502-001, V504-001, V503-002, V503-005, V503-006, V503-007, V503-009) verf&uuml;gbar, was unterstreicht, wie gut der nonavalente Impfstoff untersucht ist. F&uuml;r Gardasil 9 liegen unter Miteinbezug der Dosisfindungsstudie sechs Jahre Erfahrung vor, demgem&auml;&szlig; stufte Joura trotz der Neuheit des Produkts die Datenlage als &bdquo;sehr gut&ldquo; ein.<br /> <br /> Prof. Joura hob besonders das von Dr. Anne Schuchat im Kontext mit der Publikation der Zulassungsstudie verfasste Editorial<sup>10</sup> hervor, in dem sie die Impfung als &bdquo;Meilenstein&ldquo; bezeichnete und gleichzeitig betonte, dass trotz Verf&uuml;gbarkeit einer effektiven Impfung die H&ouml;he der Durchimpfungsraten ausschlaggebend sei.<br /> <br /> In Anlehnung daran res&uuml;mierte Joura: &bdquo;Die n&auml;chsten Jahre werden sicher vom 9-Fach-Impfstoff dominiert sein. Die in &Ouml;sterreich verzeichneten Durchimpfungsraten geben zwar Anlass zu Optimismus, jedoch ist es erstrebenswert, eine Durchimpfungsrate von 100 % zu erzielen.&ldquo;</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Kirnbauer R et al: Proc Natl Acad Sci U S A 1992; 89: 12180-12184<br /><strong>2</strong> Lehtinen M, Dillner J: Nat Rev Clin Oncol 2013; 10: 400-410<br /><strong>3</strong> Joura EA et al: BMJ 2012; 344: e1401<br /><strong>4</strong> Hartwig S et al: BMC Cancer 2012; DOI: 10.1186/1471-2407-12-30<br /><strong>5</strong> Ramqvist R, Dalianis D: EID 2010; DOI: 10.3201/eid1611.100452<br /><strong>6</strong> Dobson SRM et al: JAMA 2013; 309: 1793-1802<br /><strong>7</strong> Fachinformation Gardasil 9, Stand: Mai 2016<br /><strong>8</strong> Fachinformation Gardasil, Stand: Mai 2016<br /><strong>9</strong> Joura EA et al: N Engl J Med 2015; 372: 711-723<br /><strong>10</strong> Schuchat A: N Engl J Med 2015; 372: 775-776</p> </div> </p>
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