Zyklus- und Blutungsstörungen in der Adoleszenz
Autorin:
PD Dr. Bettina Böttcher, MA
Klinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
Medizinische Universität Innsbruck
E-Mail: bettina.boettcher@i-med.ac.at
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Zyklus- und Blutungsstörungen treten in der Adoleszenz häufig auf. Es kann sich hierbei um Störungen der Zyklusregelmäßigkeit, der Stärke oder Dauer der Regelblutung oder um Zwischenblutungen handeln. Auch das komplette Ausbleiben der Regelblutung – die primäre oder sekundäre Amenorrhö – zählt dazu. In manchen Einteilungen wird auch die Dysmenorrhö zu den Zyklusstörungen dazugezählt. Auf diese wird in diesem Beitrag nicht näher eingegangen.
Die Kriterien für ein normales Blutungsmuster wurden von der FIGO (Federation Internationale de Gynecologie et d’Obstetrique) festgelegt (Tab. 1).1
Tab. 1: Zyklusstörungen nach FIGO1
Insbesondere in der Adoleszenz liegt den Blutungsstörungen oft eine vorübergehende oder chronische Störung der Hypothalamus-Hypophysen-Ovar-Achse zugrunde, die unterschiedliche Muster hervorrufen kann. Unregelmäßige Zyklen sind bis zu zwei Jahre nach der Menarche physiologisch. Problematisch bei den Blutungsstörungen kann eine Einschränkung der Alltagstätigkeiten wie der Besuch der Schule oder des Sportunterrichts bei einer Hypermenorrhö sein. Zwischenblutungen können die Lebensqualität maßgeblich beeinflussen. Ein Östrogenmangel kann langfristig negative Auswirkungen auf verschiedene körperliche Funktionen haben.Nicht zuletzt stehen Ovulationsstörungen einem möglichen späteren Kinderwunsch entgegen.
Während der Pubertät und Adoleszenz treten somit häufig anovulatorische Zyklen auf, die zu unregelmäßigen Menstruationsblutungen führen. Die noch unreife hypothalamisch-hypophysäre Achse führt zu einer gestörten Regulation der Follikelstimulation, was eine unzureichende Luteinisierung und damit eine Östrogendominanz zur Folge hat. Diese hormonelle Dysbalance kann zu einer Überproliferation des Endometriums führen, ohne dass eine gestagene Transformation erfolgt, was in juvenilen Dauerblutungen resultieren kann. Diese Dauerblutungen sind oftmals Hämoglobin(Hb)-relevant und bedürfen einer entsprechenden Abklärung und Behandlung.
Auch wenn die Therapie verschiedener Zyklusstörungen identisch sein kann, ist die Abklärung der zugrundeliegenden Störung von großer Bedeutung. Selbstverständlich müssen andere Ursachen differenzialdiagnostisch ausgeschlossen werden. Die FIGO-Klassifikation für abnorme uterine Blutungen bietet eine hilfreiche Grundlage, um diese Blutungsstörungen in strukturell und nichtstrukturell zu unterteilen (PALM-COEIN-System).2 Zu den strukturellen Ursachen gehören Polypen, Adenomyose, Leiomyome und Malignome, während nichtstrukturelle Ursachen auf Koagulopathien, Ovulationsstörungen, endometriale Probleme, iatrogene Faktoren oder nicht klassifizierbare Ursachen zurückzuführen sind.
Bestimmte Faktoren, insbesondere in der Adoleszenz, sollten eine weitere Abklärung bedingen:3
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Auffälligkeiten in der körperlichen und pubertären Entwicklung,
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starke Gewichtsschwankungen,
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starkes Blutungsvolumen,
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schmerzhafte Menstruationen (Dysmenorrhö),
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hohes subjektives Leidensniveau,
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plötzlich auftretende Zyklusunregelmäßigkeiten nach einer Phase regelmäßiger Zyklen.
Diagnostische Maßnahmen
Zur Abklärung von Blutungsstörungen gehört eine sorgfältige Anamnese, bei der neben dem Menstruationszyklus auch Hinweise auf eine Blutungsneigung wie häufige Hämatome oder Zahnfleischbluten und die Einnahme von Medikamenten erfragt werden müssen.
Wichtige Informationen, die erfragt werden sollten, umfassen:
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Beginn der Menarche und der Zyklusregularität,
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Anzahl und Dauer der Blutungen,
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Intensität der Blutungen (wird z.B. häufig ein Tampon oder eine Binde gewechselt?, bildliche Darstellung mithilfe von Piktogrammen),
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Vorliegen von Zwischenblutungen oder Schmierblutungen (Spotting),
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Dysmenorrhö,
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Medikamentenanamnese,
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Vorhandensein von Begleitsymptomen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Anzeichen einer Anämie (z.B. Blässe, Schwindel),
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Hinweise auf Gerinnungsstörungen (z.B. lange Blutungen nach kleineren Verletzungen oder Zahnarztbesuchen; häufige Hämatome nach Bagatellverletzungen).
Abdominale bzw. vaginale Ultraschalluntersuchungen ermöglichen eine Beurteilung des Endometriums und der Ovarien. Ergänzend können Blutuntersuchungen wie die Bestimmung des Hämoglobinspiegels, der Thrombozytenzahl, Ferritin und der Gerinnungsparameter (PTT, Quick, Von-Willebrand-Faktor) erforderlich sein, um mögliche Gerinnungsstörungen auszuschließen.
Juvenile Dauerblutung
Bei der juvenilen Dauerblutung handelt es sich selten um eine organische Ursache. Therapeutische Kürettagen sollten in der Adoleszenz vermieden werden. Je nach Befund kann bei einem hoch aufgebauten Endometrium eine Gestagenmonotherapie eingesetzt werden. Bei flachem Endometrium wird hingegen mit einer Östrogenmonotherapie behandelt. Wenn die Blutung nach zwei bis drei Tagen nicht sistiert, kann die Östrogendosis für weitere zehn Tage verdoppelt werden. In beiden Fällen muss eine Eisenmangelanämie durch eine entsprechende Eisensubstitution therapiert werden.
Hypermenorrhö und Menorrhagie
Eine Hypermenorrhö beschreibt einen Blutverlust von mehr als 80 bis 100ml pro Zyklus, was sich durch einen stündlichen Wechsel von Tampons oder Binden äußern kann. Hält die Blutung länger als sieben oder acht Tage an, spricht man von einer Menorrhagie. Ursachen können eine verminderte Uteruskontraktilität oder Gerinnungsstörungen wie das Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom sein. Die Therapie besteht häufig aus nichthormonellen Maßnahmen wie der Gabe von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) oder Antifibrinolytika wie Tranexamsäure, welche den Blutverlust um bis zu 50% reduzieren können.
Hormonelle Therapie bei Hypermenorrhö und Menorrhagie
Eine weitere Option ist der Einsatz kombinierter hormoneller Kontrazeptiva oder reiner Gestagenpräparate.
Polyzystisches Ovarialsyndrom
Das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) ist eine häufige Ursache von Zyklusunregelmäßigkeiten in der Adoleszenz. Es manifestiert sich durch eine Oligomenorrhö (seltene Zyklen) und Hyperandrogenämie, was zu einer vermehrten männlichen Behaarung und Akne führen kann. Der Ultraschall kann bei der Diagnose unterstützen, sollte jedoch erst mehr als acht Jahre nach der Menarche als Kriterium herangezogen werden.
Zur Diagnostik des PCOS gehört neben der klinischen Untersuchung auch die Bestimmung von Androgenen wie freies Testosteron und SHBG (Sexualhormon-bindendes Globulin). Zudem sollten andere Ursachen für eine Hyperandrogenämie wie ein nichtklassisches adrenogenitales Syndrom ausgeschlossen werden. Die Diagnose eines PCOS ist besonders in der Adoleszenz schwierig, da viele Symptome wie Oligomenorrhö und Akne auch im Rahmen der normalen Pubertätsentwicklung auftreten können.
Die Therapie des PCOS orientiert sich an den individuellen Beschwerden der Patientin. Bei Übergewicht ist eine Gewichtsreduktion durch vermehrte Bewegung und eine Ernährungsumstellung oft der erste Schritt, da bereits eine Reduktion des Körpergewichts um 5–10% zu einer Verbesserung der Zyklusregulation führen kann. Minimales Ziel sollten Blutungen alle drei Monate sein. Sollte dies nicht ausreichen, können hormonelle Therapien in Betracht gezogen werden, um den Zyklus zu regulieren und das Risiko für Endometriumhyperplasien zu senken.4 Hier bietet sich ein Kombinationspräparat mit einem antiandrogenen Gestagen oder eine gestagen-only Einnahme von Drospirenon an.
Behandlungsmöglichkeiten bei Blutungsstörungen in der Adoleszenz
Abhängig von der Schwere und der Art der Blutungsstörung kommen zusammenfassend unterschiedliche Behandlungsansätze infrage. Eine bildliche Darstellung und Dokumentation der Blutungsstörung bietet sich an. Grundsätzlich können hormonelle und nichthormonelle Therapien eingesetzt werden. In schweren Fällen oder wenn konservative Maßnahmen versagen, sind chirurgische Eingriffe erforderlich.
Nichthormonelle Therapie
Die nichthormonelle Therapie wird häufig als Erstlinientherapie bei Blutungsstörungen eingesetzt, insbesondere bei Hypermenorrhö und Menorrhagie.
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NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika): NSAR wie Ibuprofen oder Naproxen können die Menstruationsblutungen um bis zu 30% reduzieren, indem sie die Prostaglandinsynthese hemmen.5
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Antifibrinolytika (Tranexamsäure): Tranexamsäure reduziert den Blutverlust um 40–50%, indem sie die Fibrinolyse hemmt, die für den Abbau von Blutgerinnseln verantwortlich ist. Es wird während der ersten fünf Tage des Menstruationszyklus eingenommen und hat sich besonders bei Frauen mit Hypermenorrhö oder Menorrhagie bewährt.5 Typische Nebenwirkungen sind Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö.
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Eisensubstitution: Bei Frauen, die aufgrund starker Blutungen an einer Anämie leiden, ist eine Eisensubstitution notwendig. Hierbei sollte der Ferritinspiegel regelmäßig kontrolliert werden, um den Eisenspeicher aufzufüllen.
Hormonelle Therapie
Die hormonelle Therapie ist ein zentraler Bestandteil der Behandlung von Blutungsstörungen.
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Kombinierte hormonelle Kontrazeptiva: Sie verhindern die Ovulation, stabilisieren das Endometrium und verringern die Blutungsmenge.5 Die Einnahme im Langzyklus kann die Zyklusbeschwerden noch weiter reduzieren. Kombinierte hormonelle Kontrazeptiva haben sich – gerade im Langzyklus – zudem als wirksam bei der Behandlung von Dysmenorrhö erwiesen.
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Reine Gestagenpräparate: Bei Kontraindikationen gegen Östrogene (z.B. bei Thromboserisiko) kann eine Gestagenmonotherapie für 10–14 Tage pro Zyklus durchgeführt werden. Eine mögliche Ergänzung durch Tranexamsäure ist ebenfalls denkbar, um das Blutungsvolumen weiter zu reduzieren.
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Intrauterinspirale: Ein Levonorgestrel-freisetzendes Intrauterinsystem (LNG-IUS) hat sich als besonders wirksam bei der Reduktion starker Blutungen erwiesen. Sie führt zu einer Atrophie des Endometriums, was die Blutung minimiert.
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GnRH-Analoga: Diese Medikamente werden bei schweren Fällen von Dysmenorrhö oder Endometriose eingesetzt und führen zu einem vorübergehenden hypoöstrogenen Zustand. Sie werden in der Regel nur kurzfristig eingesetzt, da sie mit erheblichen Nebenwirkungen wie Knochendichteverlust einhergehen können.
Leichte Blutungsstörungen ohne Anämie können mit NSAR oder kombinierten hormonellen Präparaten behandelt werden. Bei mittelschwerer Anämie wird zusätzlich eine Eisensubstitution empfohlen. Schwere Anämien, bei denen der Hämoglobinwert unter 7g/dl liegt, erfordern eine stationäre Behandlung, die neben einer medikamentösen Hormontherapie auch die Gabe von Tranexamsäure oder eine intrauterine Spirale umfassen kann. Bei sehr starken Blutungen kann in Ausnahmefällen eine Kürettage oder die Einlage eines Ballons indiziert sein.
Literatur:
1 Munro MG et al.: The FIGO ovulatory disorders classification system. Hum Reprod 2022; 37: 2446-64 2 Munro MG et al.: FIGO classification system (PALM-COEIN) for causes of abnormal uterine bleeding in nongravid women of reproductive age. Int J Gynaecol Obstet 2011; 113: 3-13 3 Henkel A: ACOG Committee Opinion No. 651. Menstruation in girls and adolescents: using the menstrual cycle as a vital sign. Obstet Gynecol 2015; 126: e143-6 4 Teede HJ et al.: Recommendations from the 2023 International Evidence-based Guideline for the assessment and management of polycystic ovary syndrome. J Clin Endocrinol Metab 2023; DOI: 10.1210/clinem/dgad463 5 Hickey M et al.: Progestogens with or without oestrogen for irregular uterine bleeding associated with anovulation. Cochrane Database Syst Rev 2012; DOI: 10.1002/14651858.CD001895.pub4
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