Sind Buttons bei der Behandlung von Nasenseptumdefekten noch zeitgemäß?
Autor:
Dr. Thoralf Stange
Rekonstruktive Nasenchirurgie
HNO-Zentrum Neuss
E-Mail: stange@nasenseptumdefekte.de
Patienten mit Nasenseptumdefekten, die mit Buttons oder Obturatoren versorgt wurden, berichten häufig über erhebliche Beschwerden wie Schmerzen, Krustenbildung und Nasenatmungsbehinderungen. Fast alle dieser Defekte lassen sich mit guten Ergebnissen operativ rekonstruieren. Daher stellt sich die Frage, ob bzw. in welchen Fällen eine Buttonbehandlung bei Nasenseptumdefekten überhaupt noch indiziert ist.
Keypoints
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Septumdefekte entstehen zumeist als Folge von Operationen an der Nasenscheidewand.
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Die meisten Defekte können von einem erfahrenen Rhinochirurgen operativ erfolgreich rekonstruiert werden.
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Septumbuttons sind keine physiologische Behandlungsoption und führen in vielen Fällen zu Beschwerden und Defektvergrößerung.
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Im Gegensatz dazu stellt die Rekonstruktion der Nasenscheidewand eine physiologische Therapie eines Nasenseptumdefektes dar.
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Aufgrund der vorliegenden Beobachtungen müssen Septumobturatoren bei der Behandlung von Nasenseptumdefekten als obsolet angesehen werden.
Bei einem Nasenseptumdefekt (nicht ganz korrekt auch Septumperforation genannt) hat sich entweder spontan ein Loch in der Nasenscheidewand entwickelt. Oder aber es entstehen – und zwar sehr viel häufiger – solche Septumdefekte als Folge von Operationen an der Nasenscheidewand, d.h. nach Septumplastiken oder Septorhinoplastiken.
Die davon betroffenen Patienten klagen typischerweise über behinderte Nasenatmung, Trockenheit in der Nase mit Krustenbildung und häufiges Nasenbluten. Bei kleinen Defekten tritt meist auch ein Pfeifgeräusch beim nasalen Einatmen auf. Seltener werden Schmerzen bei der Inspiration kalter Luft angegeben.
Regelmäßig stellen sich in einer dafür spezialisierten Sprechstunde des Autors Patienten mit Nasenseptumdefekten vor, die anderenorts mit sog. Buttons oder Obturatoren behandelt wurden und an erheblichen Beschwerden leiden. Bei den meisten dieser Patienten ist die Nasenschleimhaut an den Defekträndern entzündet, es finden sich Druckulzera, Krustenbildung und Nasenatmungsbehinderungen. In vielen Fällen zeigen sich die Buttons/Obturatoren sehr mobil. Schon die Entfernung dieser nasalen Fremdkörper führt bei fast allen dieser Patienten zu einer deutlichen Beschwerdelinderung. Da praktisch alle diese Nasenseptumdefekte vom Autor sehr gut operativ versorgt werden konnten, stellte sich die Frage, ob eine Buttonbehandlung bei Nasenseptumdefekten noch zeitgemäß ist.
Erfahrungen aus der Praxis
Von den insgesamt 1081 Patienten mit Nasenseptumdefekten, welche von 2010 bis 2020 die Sprechstunde des Autors aufsuchten, wurden 82 Patienten anderenorts mit sog. Buttons versorgt (Beispiele in Abb. 1). Zwei Drittel dieser Patienten stellten sich aufgrund von Informationen aus dem Internet oder von Bekannten vor, ein Drittel wurde von ambulant und/oder stationär behandelnden HNO-Ärzten, Kieferchirurgen oder plastischen Chirurgen in die spezielle Sprechstunde überwiesen. Endonasal überdeckten diese Buttons den jeweiligen Septumdefekt mehr oder weniger, d.h., es bestand in den meisten Fällen eine ausgeprägte Mobilität. Die überwältigende Mehrheit dieser Buttons war stark verkrustet. Alle Patienten klagten über Nasenatmungsbehinderungen, Krustenbildung und sehr häufig über Schmerzen.
Abb. 1: A: Septumdefekt mit Button (DVT sagittal), B–D: Septumdefekte mit Button
Die Patienten trugen die Buttons zwischen drei Wochen und drei Jahren. Darunter befanden sich 22 konfektionierte und 49 individuell angepasste Buttons und 11 Magnetbuttons (7 konfektioniert, 4 individuell angepasst). 79 Buttons wurden sofort in der Sprechstunde in Oberflächenanästhesie entfernt – alle Patienten gaben eine sofortige Beschwerdebesserung an. In 77 Fällen zeigte sich der Buttonsteg sehr viel kleiner als der Defekt, die Buttons waren sehr locker und es bestanden Druckulzera im Bereich der Defektränder. Hier muss es zu Defektvergrößerungen gekommen sein (94%). 12 Buttons wurden mit geringstem Druck aus der Nasenhöhle entfernt. Es bestand Aspirationsgefahr. Drei Buttons wurden auf Patientenwunsch erst intraoperativ unmittelbar vor der Septumrekonstruktion entfernt. 31 Patienten – zum Vorstellungszeitpunkt ohne Button – berichteten von einer insuffizienten Buttonversorgung in der Vergangenheit. Tragedauer anamnestisch von acht Wochen bis zu zwei Jahren. Bei drei Patienten kam es zu einem Spontanverlust des Buttons beim Niesen.
32 Defekte wurden entsprechend ihrer relativen Größe einem Typ I, 60 einem Typ II, 20 einem Typ III und einer einem Typ IV zugeordnet. Diese Einteilung, die das Verhältnis von absoluter Höhe eines Nasenseptumdefektes zur Septumhöhe im Defektbereich kennzeichnet, hat sich seit der Erstvorstellung (Stange T 2011)2bei ca. 2000Patienten mit Septumdefekten, die sich bisher beim Autor ambulant vorgestellt haben,zur Einschätzung der Prognose einer Komplettrekonstruktion sehr gut bewährt. Bis auf den subtotalen Septumdefekt (Typ IV) konnten alle anderen Defekte operativ rekonstruiert werden mit einer Komplettverschlussquote von 85% bei einer Nachbeobachtungszeit von 1–9 Jahren (Tab. 1). Die Residualdefekte waren bis auf einen Fall immer kleiner als präoperativ, eine Beschwerdeverbesserung konnte damit in 98% erreicht werden. Die operative Rekonstruktion erfolgte mit einer endonasalen dreischichtigen mukoperiostalen Lappentechnik unter Einschluss von autologem Knorpel (Abb. 2).1,2
Tab. 1: Ergebnisse von Nasenseptumrekonstruktionen nach Buttonbehandlung (Nachbeobachtungszeit 1 bis 9 Jahre)
Abb. 2: Zustand nach Septumrekonstruktion (12 Monate post OP)
Anatomische Grundlagen
Um den Ursprung der Beschwerden von Patienten mit Nasenseptumdefekten besser erklären und physiologische Behandlungsoptionen ableiten zu können, sollen an dieser Stelle kurz die anatomischen und atemphysiologischen Grundlagen der Nase als Organ beschrieben werden. Die Nasenscheidewand, welche die Nasenhaupthöhle in zwei Hälften teilt, besteht aus insgesamt drei Schichten: zwei Schleimhautschichten und dem dazwischenliegenden Septumknorpel oder -knochen. Die Nasenschleimhaut hat neben der starken Durchblutung sowie dem oberflächlichen Schleimfilm eine Vielzahl an Rezeptoren, die neben dem Riecheindruck auch für das Gefühl der freien Nasenatmung verantwortlich sind. Am besten kann man die Funktion der (intakten) Nasenschleimhaut mit der Klimatisierung des inspiratorischen Luftstroms beschreiben:Die eingeatmete Luft wird erwärmt und befeuchtet. Der Septumknorpel bzw. im dorsalen Bereich der Septumknochen stützt nicht nur den (knorpeligen) Nasenrücken und die Nasenspitze, sondern dient ebenso als Unterlage bzw. Stütze der Nasenschleimhaut. Diese letztere Funktion lässt sich daraus erkennen, dass sich nach den in der Vergangenheit durchgeführten sog. submukösen Septumresektionen, d.h. großflächigen Resektionen des deviierten Knorpels und/oder Knochens der Nasenscheidewand, in fast 20% postoperative Septumdefekte entwickelten.
Mit Einführung der modernen plastischen Septumkorrektur (nach temporärer subperichondraler Entfernung der deviierten knorpeligen und/oder knöchernen Septumanteile werden diese begradigt und möglichst lückenlos replantiert) muss man nur noch in 1–2% der Fälle einen postoperativen Nasenseptumdefekt beobachten. Weiterhin führt nach Nolst Trenité3 die subperichondrale Entfernung von Septumknorpel aus der wachsenden Nase in 75% zu Nasenseptumdefekten. Daher sind für eine langfristig intakte Klimatisierungsfunktion der Nase sowohl beide Schleimhautschichten als auch der Knorpel und Knochen der Nasenscheidewand erforderlich.
Die Symptome der von einem Nasenseptumdefekt betroffenen Patienten lassen sichdirekt aus der pathoanatomischen Situation ableiten: Es fehlen bei einem Loch in der Nasenscheidewand insgesamt drei Schichten, zwei Schleimhautschichten und der dazwischenliegende Knorpel und/oder Knochen des Nasenseptums. Strömungsphysiologisch kommt es zu einer Umwandlung des physiologisch vorhandenen laminaren inspiratorischen Luftstroms in der Nase und zu einer Verwirbelung im Bereich des Septumdefektes. Das führt zu einem – mehr oder weniger ausgeprägten – inspiratorischen Pfeifgeräusch und fördert das Austrocknen der Nasenschleimhaut, da der inspiratorische Luftstrom nicht mehr gleichmäßig laminar mit der Schleimhaut in Kontakt kommen kann. Akzentuiert wird die Austrocknung durch die fehlende Schleimhaut im Bereich des Defektes. Das führt zur Borkenbildung und zur Ausprägung einer chronischen Rhinopathie mit häufiger Epistaxis. Das Gefühl der behinderten Nasenatmung besteht nicht nur durch die Wirbelbildung der eingeatmeten Luft, sondern auch durch dasFehlender Rezeptoren der – im Defektbereich nicht mehr vorhandenen – Nasenschleimhaut.
Sind Septumobturatoren obsolet?
Möchte man also die Symptome eines von einem Nasenseptumdefekt betroffenen Patienten behandeln, reicht es nicht aus, nur den diffus verwirbelten inspiratorischen Luftstrom mithilfe eines den Nasenseptumdefekt ausfüllenden Fremdkörpers wieder zu laminarisieren. Durch die weiterhin fehlenden Schleimhautschichten sowie die von den überstehenden Anteilen der Buttons/Obturatoren überdeckten funktionslosen Schleimhautbereiche ist die Klimatisierungsfunktion der Nase weiterhin gestört.
Neben der fehlenden Klimatisierung des inspiratorischen Luftstromes in der Nase entwickeln viele Patienten zusätzliche Beschwerden, die auf den Silikonfremdkörper in der Nase (Button oder Obturator) zurückgeführt werden müssen. Außerderm kommt es durch einen Button offensichtlich bei vielen Patienten – in unserer Untersuchung bei 77 von 82 Fällen (94%) – zu einer Defektvergrößerung, welche dem Untersucher bei einem enganliegenden Button zunächst verborgen bleibt. Mit einem solchen Silikonbutton in der Nase kann maximal eine gewisse Laminarisierung des inspiratorischen Luftstroms erwartet werden, die bei kleinen Defekten zunächst wahrscheinlich zu einer gewissen Beschwerdebesserung führen kann.
Es gibt vermutlich eine Anzahl von Patienten, welche mit Buttonsanderenorts zufriedenstellend versorgt und in dieser Studie daher nicht berücksichtigt wurden. Ein in der Nasenhöhle liegender Septumbutton stellt allerdings einen (meist klobigen) Fremdkörper dar, der sehr oft zu Nasenatmungsbehinderung (durch Verlegung der Klappenregion), Druckulzera und Borkenbildung führt. In sehr vielen Fällen führen Buttons durch ihre Mobilität und Abschottung der Defektränder zu einer Vergrößerung der Defekte. Septumbuttons stellen keine physiologische Behandlungsoption dar und führen in vielen Fällen zu erheblichen Beschwerden und Defektvergrößerung.
Im Gegensatz dazu handelt es sich bei einer Rekonstruktion der Nasenscheidewand um eine physiologische Therapie eines Nasenseptumdefektes. Da fast alle zunächst mit einem Button versorgten Septumdefekte operativ rekonstruiert werden konnten, muss sich die Frage nach der medizinischen Sinnhaftigkeit einer solchen Buttonversorgung stellen. Vom Autor selbst werden bei Septumdefekten keine Obturatoren angewendet. Eine Indikation dafür wurde bei fast 2000 davon betroffenen Patienten, die sich ambulant vorgestellt hatten, bisher in keinem einzigen Fall gesehen.
Nach diesen Beobachtungen müssen Septumobturatoren bei der Behandlung von Nasenseptumdefekten als obsolet angesehen werden.
Literatur:
1 Stange T: Chirurgische Therapie bei Septumdefekten. In: Mlynski G, Pirsig W: Funktionell-ästhetische Rhinochirurgie. Stuttgart: Thieme, 2018. 128-32 2 Stange T: Möglichkeiten der Rekonstruktion von Nasenseptumdefekten. Laryngo-Rhino-Otologie 2011; 90: 707-9 3 Nolst Trenité GJ: Reimplantation of autologous septal cartilage in the growing nasal septum. Rhinology 1987; 25: 225-36
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