ESC gibt detaillierte Empfehlungen für Menschen mit Diabetes heraus
Bericht:
Reno Barth
Medizinjournalist
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Mit ihren Guidelines zum Management von kardiovaskulären Erkrankungen bei Menschen mit Diabetes setzt die ESC ihren bereits 2019 eingeschlagenen Weg fort und gibt detaillierte Empfehlungen für diese Population. Eine wichtige Rolle spielt dabei der neu entwickelte Risikoscore SCORE2-Diabetes.
Menschen mit Diabetes haben ein ungefähr doppelt so hohes Risiko, eine kardiovaskuläre (CV) Erkrankung zu entwickeln, und weisen mit höherer Wahrscheinlichkeit multiple CV Risikofaktoren auf.1 Diabetes ist mit einem Verlust an Lebensjahren assoziiert, der umso deutlicher ausfällt, je früher die Krankheit auftritt.2 Gängige Risikoscores sind in der diabetischen Population nur eingeschränkt anwendbar, weshalb mit dem SCORE2-Diabetes ein spezifischer Risikoscore entwickelt, validiert und getestet wurde. Dabei ging man vom SCORE2 aus, der unter anderem die unterschiedlichen Verhältnisse in unterschiedlichen Regionen Europas einbezieht. Durch die Kombination dieses Scores mit Daten von mehr als 200000 Diabetespatienten aus mehreren Registern wurde der SCORE2-Diabetes erstellt.3
Diabetesspezifische Faktoren in den SCORE2 einbezogen
Der SCORE2-Diabetes kombiniert Informationen über konventionelle CV Risikofaktoren mit diabetesspezifischen Informationen wie Alter bei Diagnose, Blutzucker und Nierenfunktion. Er quantifiziert das Risiko für tödlichen oder nicht tödlichen Herzinfarkt oder Schlaganfall innerhalb der nächsten zehn Jahre. Prof. Emanuele di Angelantonio von der University of Cambridge: «Die Validierung ergab, dass der SCORE2-Diabetes sowohl bei niedrigem als auch bei moderatem und hohem Risiko in der Diabetespopulation eine bessere Performance zeigt als der SCORE2.» Die Verwendung des SCORE2-Diabetes hat in den aktuellen Guidelines eine I/B-Empfehlung. Er soll eingesetzt werden, um das Risiko von Personen abzuschätzen, bei denen noch keine CV Erkrankung oder kein schwerer Endorganschaden vorhanden ist. Patienten mit CV Erkrankung oder Endorganschaden fallen automatisch in die Kategorie «sehr hohes Risiko».
Aufgrund der hohen Prävalenz von CV Erkrankungen in der diabetischen Population empfiehlt die ESC mit I/A-Empfehlung ein Diabetesscreening bei CV erkrankten Personen. Geeignete Screening-Marker sind HbA1c und/oder Nüchternglukose. Des Weiteren wird empfohlen, Patienten mit Diabetes regelmässig auf CV Erkrankung, Zeichen und Symptome von Herzinsuffizienz sowie chronische Nierenerkrankung (CKD) abzuklären, wie Task-Force-Mitglied Prof. Nikolaus Marx von der Universität Aachen ausführt. Das Screening auf eine CKD kann anhand der eGFR und/oder der Albuminausscheidung im Urin erfolgen.
Wahl der antihyperglykämischen Therapie nach Risikoprofil
Hinsichtlich der Behandlung des Typ-2-Diabetes gibt die ESC klare Vorgaben betreffend den Einsatz der zahlreichen verfügbaren Medikamente. Hintergrund dieser Überlegungen sind die potenziell kardioprotektiven Effekte bestimmter antihyperglykämischer Therapien, insbesondere der SGLT2-Inhibitoren (SGLT2i) und der GLP-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA). Bereits beim Einstieg in die Diabetestherapie sollte das CV Risikoprofil mitbedacht werden. Die ESC empfiehlt sehr detailliert, welche Patienten welche antidiabetische Therapie erhalten sollen. Daraus ergeben sich mehrere «key recommendations» (alle Klasse I):
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Patienten mit Diabetes und CV Erkrankung sollen unabhängig von der glykämischen Kontrolle einen SGLT2i und/oder einen GLP-1-RA zur Reduktion des CV Risikos erhalten.
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Patienten mit Diabetes und Herzinsuffizienz (HI) sollen unabhängig von der glykämischen Kontrolle einen SGLT2i zur Vermeidung von HI-bedingten Hospitalisierungen erhalten.
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Patienten mit Diabetes und CKD sollen einen SGLT2i zur Vermeidung von HI-be dingten Hospitalisierungen und CV Tod sowie Finerenon zur Reduktion des CV und renalen Risikos erhalten.
Kann mit der empfohlenen Therapie das glykämische Ziel nicht erreicht werden, ist in Richtung einer Zwei- oder Dreifachkombinationstherapie zu eskalieren, wobei Substanzen zum Einsatz kommen sollen, für die zumindest keine nachteilige Wirkung auf Herz und/oder Nieren bekannt ist. Das bedeutet beispielsweise, dass bei Vorliegen einer HI zusätzlich zum SGLT2i Metformin und/oder ein GLP-1-RA eingesetzt werden sollen, während Saxagliptin oder Pioglitazon in dieser Indikation kontraindiziert sind. Neu ist die Empfehlung zum Switch. Auch bereits eingestellte Patienten sollen entsprechend diesen Empfehlungen umgestellt werden.
Quelle:
ESC-Kongress, 25. bis 28. August 2023, Amsterdam
Literatur:
1 Emerging Risk Factors Collaboration: Lancet 2010; 375: 2215-22 2 Seshasai SRK et al.: N Engl J Med 2011; 364: 829-41 3 SCORE2-Diabetes Working Group and the ESC Cardiovascular Risk Collaboration: Eur Heart J 2023; 44: 2544-56
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