Dialyse-Session: Schweizer Erfahrungen im Zentrum
Bericht:
Dr. med. Sabina Ludin
Chefredaktorin
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Während die Covid-19-Inzidenz bei den Dialysepatienten in der 1. Welle noch um ein Vielfaches höher war als in der Allgemein-bevölkerung, hat sie sich im Verlauf der Pandemie angeglichen und war in der 3. und 4. Welle erstmals niedriger als in der Allgemeinbevölkerung.
Keypoints
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Dialysepatienten sind in der Covid-19-Pandemie eine besonders vulnerable Population.
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Strikte Schutzmassnahmen sind wirksam, um in dieser Population eine erhöhte Ansteckungsrate zu verhindern.
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Die Daten zeigen, dass dies in der Schweiz sehr gut gelingt.
Covid-19 bei Dialysepatienten
Genfer Erfahrungen
Dialysepatienten weisen ein besonders hohes Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf auf. Einerseits habe sie oft die bekannten Risikofaktoren, wie Hypertonie, Diabetes, Übergewicht, und andererseits sind sie zusätzlich einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt, da sie drei- bis viermal pro Woche zur Dialyse in ein Spital gehen müssen und deshalb oft in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind. Zudem besteht die Gefahr, dass sich innerhalb eines Dialysezentrums Infektionscluster bilden, wenn ein infizierter Patient zur Dialyse kommt.
«In den vier Dialysezentren des Kantons Genf wurden deshalb besondere Vorsichtsmassnahmen getroffen. Beim geringsten Verdacht auf eine SARS-CoV-2-Infektion wurden die Patienten systematisch getestet und in einem separaten Raum dialysiert. Die Patienten mit einer bestätigten Infektion wurden alle im Universitätsspital Genf dialysiert, um Infektionscluster in den anderen Zentren zu vermeiden. Für die Patienten, die nicht hospitalisiert werden mussten, organisierten wir einen privaten Fahrdienst, damit sie nicht die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen mussten», berichtete Dr. med. Ido Zamberg vom Universitätsspital Genf.
Der Kanton Genf wies während der 1. und 2. Welle über längere Zeit die höchste Covid-19-Inzidenz Europas auf. Von Februar bis Ende Dezember 2020 infizierten sich im Kanton Genf 82/279 Dialysepatienten mit SARS-CoV-2. Die Inzidenz lag mit 29,4% also deutlich höher als in der Allgemeinbevölkerung des Kantons mit 8%. Trotz der Vorsichtmassnahmen fand sich bei etwa der Hälfte der Infizierten ein Zusammenhang mit einem Infektionscluster in einem Dialysezentrum. Die Mortalität aller infizierten Dialysepatienten betrug in der 1. Welle 37% und in der 2. Welle 16,6%. Betrachtet man jedoch nur die hospitalisierten Patienten, unterscheiden sich die Sterberaten mit 37% resp. 33,3% kaum. Zum Vergleich: In der Allgemeinbevölkerung des Kantons Genf lag die Mortalität bei den hospitalisierten Covid-19-Patienten in der 1. und 2. Welle bei 15 resp. 13%.
Schweizer Erfahrungen
Daten aus dem «Swiss renal registry and quality assessment program» (srrqap) zu Inzidenz, regionaler Verteilung und Mortalität von Covid-19 bei Dialysepatienten (Hämodialyse und Peritonealdialyse), die von Rebecca Guidotti vom Zürcher Stadtspital Waid präsentiert wurden, zeigen ein ähnliches Bild für die gesamte Schweiz. Die z.T. grossen regionalen Unterschiede sind in erster Linie Ausdruck des unterschiedlichen Pandemieverlaufs in den verschiedenen Landesteilen.
«Am 24. Februar 2020 wurde in der Schweiz der erste Covid-19-Patient registriert und bereits eineinhalb Wochen später der erste mit SARS-CoV-2 infizierte Dialysepatient», so Guidotti. Während der 1. Welle (24.2. bis 31.5.20) wurden in der Schweiz total 96 infizierte Dialysepatienten registriert. Die Inzidenz war in den verschiedenen Landesteilen jedoch sehr unterschiedlich: In der italienischen Schweiz betrug sie 66,9, in der Romandie 61,1 und in der Deutschschweiz 7,1 pro 100000 Personentage. Das gleiche Muster auf deutlich niedrigerem Niveau zeigte sich in der Allgemeinbevölkerung mit einer Covid-19-Inzidenz von 9,5 in der italienischen Schweiz, 6,8 in der Romandie und 2,2 pro 100000 Personentage in der Deutschschweiz.
In der 2. Welle (1.10.20 bis 31.1.21) war die Inzidenz generell höher, die regionalen Unterschiede waren hingegen deutlich geringer: Dialysepatienten (Allgemeinbevölkerung): 101,3 (55,3) in der italienischen Schweiz, 154,5 (58,5) in der Romandie und 79,1 (38,6) pro 100000 Personentage in der Deutschschweiz.
«Aktuelle Daten aus der dritten und vierten Welle zeigen erstmals eine niedrigere Covid-19-Inzidenz in der Dialysepopulation als in der Allgemeinbevölkerung. Dies ist ziemlich sicher ein Effekt der Impfung», so Guidotti.
«Die Mortalität der Dialysepatienten war in der 1. Welle mit 26% noch wesentlich höher als in der 2. Welle mit 15,9%. Dies ist wahrscheinlich auf die erhöhte Wachsamkeit und eine frühere und bessere Behandlung in der 2. Welle zurückzuführen», so die Referentin. Ein Vergleich mit anderen europäischen Staaten anhand der Daten des ERA-EDTA-Registers zeigen, dass in der 1. Welle die 28-Tages-Mortalität von Dialysepatienten mit Covid-19 in der Schweiz und in den Niederlanden am höchsten war.1 Als Risikofaktoren für eine erhöhte Mortalität wurden höheres Alter, mehr und schwerere Komorbiditäten sowie eine kürzere Dialysedauer identifiziert.1
Qualitätskontrolle bei Peritonealdialyse
Die mit Peritonealdialyse (PD) assoziierte Peritonitis ist ein wichtiger Qualitätsindikator für jedes PD-Programm. Die ISPD-Peritonitis-Guidelines empfehlen, jedes Jahr die Peritonitisrate, den Anteil der peritonitisfreien PD-Patienten und das Keimspektrum zu erheben.2 Die Peritonitisrate sollte <0,5 Episoden/Patientenjahr betragen.2
Dr. med. Raphael Korach berichtete am SGN-Jahreskongress über die diesbezüglichen 10-Jahres-Erfahrungen am Kantonsspital St. Gallen. Vom 1.1.2011 bis zum 31.12.2020 wurden 46 Peritonitisepisoden registriert, was einer Peritonitisrate von 0,3Episoden/Patientenjahr entspricht und die Empfehlungen der ISPD erfüllt. In den untersuchten 10 Jahren blieben 80–90% der PD-Patienten peritonitisfrei.
Am häufigsten wurde die Peritonitis durch einen grampositiven Keim (46%; am häufigsten Koagulase-negative Staphylokokken und Staph. aureus) verursacht. Gramnegative Keime wurden in 13% der Fälle gefunden, wobei die Rate über die 10 Jahre ziemlich stabil war und nur in einem Fall Pseudomonas nachgewiesen wurde.Nur in drei Fällen wurden Keime isoliert, die gegen die empirische Antibiose resistent waren. «Erstaunlich ist, dass bei einem Drittel der Fälle die Kulturen negativ waren», so der Referent. «Dies könnte unter anderem daran liegen, dass wir das Dialysat direkt in die Blutkulturen geben, ohne es vorher zu zentrifugieren.» Die ISPD-Peritonitis-Guidelines empfehlen, die Kulturmethode zu überprüfen, wenn die Rate an negativen Kulturen höher als 15% ist. In der Diskussion berichteten mehrere der anwesenden Nephrologen, dass die Rate in ihren PD-Programmen ähnlich ist wie in St. Gallen. Dazu trage eventuell auch der Umstand bei, dass die Peritonitis aufgrund der guten Versorgung sehr früh entdeckt werde und die Keimlast im Dialysat zu diesem Zeitpunkt noch sehr niedrig sei, meinte ein Teilnehmer. Es wäre interessant, dieses Phänomen einmal genauer zu untersuchen.
Quelle:
53. Jahresversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Nephrologie (SNG), 9. und 10. Dezember 2021, Interlaken
Literatur:
1 Jager KJ et al.: Results from the ERA-EDTA registry indicate a high mortality due to COVID-19 in dialysis patients and kidney transplant recipients across Europe. Kidney Int 2020; 98: 1540-8 2 Li PK et al.: ISPD peritonitis recommendations: 2016 update on prevention and treatment. Perit Dial Int 2016; 36: 481-508
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