<p class="article-intro">Morbus Fabry, eine seltene lysosomale Speichererkrankung, wird durch eine Mutation im GLA-Gen hervorgerufen, die zu einer Fehlfunktion des Enzyms Alpha-Galaktosidase A führt. Die Erkrankung ist durch vielfältige Symptome wie neuropathische brennende Schmerzen an Händen und Füssen, Angiokeratome, frühe Schlaganfälle, eine Herzbeteiligung und eine zunehmende Niereninsuffizienz gekennzeichnet. Da die Symptome dieser Erkrankung oft wenig spezifisch sind, kann die Diagnosestellung langwierig sein.</p>
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<p class="article-content"><p>Das klinische Bild des M. Fabry ist sehr vielfältig.<sup>1</sup> Durch die fehlende Aktivität der Alpha-Galaktosidase A kommt es zu einer schleichenden Akkumulation von Sphingolipiden, vor allem Globotriaosylceramid (Gb3), in allen Zellen des Körpers, insbesondere in der Niere. Wegweisend für die Diagnose können Akroparästhesien sein, die bereits im frühen Kindesalter auftreten, ebenfalls Hornhauteinlagerungen (Cornea verticillata), multiple Angiokeratome der Haut, eine Hitzeintoleranz mit vermindertem Schwitzen oder eine linksventrikuläre Hypertrophie, meist ohne Hypertonie. Aufgrund des X-chromosomalen Erbgangs sind Männer häufiger und meist schwerer betroffen als Frauen, bei denen das klinische Erscheinungsbild variabler ist. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Patienten mit M. Fabry ist ohne Behandlung deutlich verkürzt.</p> <h2>Nierenschädigungen bei M. Fabry</h2> <p>Klinisch verläuft die Nierenschädigung bei M. Fabry in verschiedenen Stadien. Es entwickelt sich zunächst eine Hyperfiltration, die allerdings im klinischen Alltag nicht immer wahrgenommen wird. In der Routineuntersuchung eines M.-Fabry-Patienten wird die Nierenschädigung meist anhand der beginnenden Proteinurie oder Albuminurie erkannt. Diese nimmt im Verlauf zu, liegt allerdings selten in Bereichen >2g/d. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer zunehmenden Reduktion der glomerulären Filtrationsrate (GFR) von bis zu 10–12ml/min/Jahr.<sup>2</sup> Unbehandelt werden Männer mit M. Fabry nicht selten in der vierten Lebensdekade dialysepflichtig. Bei Frauen ist die renale Beteiligung deutlich variabler und hängt von der Krankheitslast ab.<br /> Sonografisch lassen sich bei 28,9 % aller M.-Fabry-Patienten parapelvine Zysten nachweisen. Diese sind zwar unspezifische Zeichen einer Nierenbeteiligung und werden auch bei anderen Nierenerkrankungen beobachtet, sind aber bei M. Fabry häufig.<sup>3</sup> Die Akkumulation von Speichermaterial beginnt bereits in utero und kann in der Niere im Kindesalter bioptisch in allen Nierenzellen nachgewiesen werden.<sup>4, 5</sup> Besonders betroffen sind glomeruläre Podozyten. Bereits lichtmikroskopisch können sie als «Schaumzellen » zu erkennen sein.<sup>6</sup> Eine Toluidinblaufärbung oder Methylenblau-Azur-II-Färbung, die nicht zu den Standardfärbungen bei der pathologischen Aufarbeitung gehören, machen das Speichermaterial in der Niere sichtbar (Abb. 1). Es ist daher hilfreich, dem Nephropathologen die Verdachtsdiagnose M. Fabry mitzuteilen, da dieser dann eine entsprechende Färbung durchführen kann. In der Elektronenmikroskopie einer M.-Fabry-Nierenbiopsie imponiert das Speichermaterial in Form von «zebra bodies», die zwiebelschalenförmig als Einschlüsse in den verschiedenen Nierenzelltypen erkennbar sind. Speichermaterial findet sich vor allem in glomerulären Podozyten, ist aber in allen Zellen der Niere nachweisbar.<sup>5</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Innere_1803_Weblinks_s76_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="1145" /></p> <h2>Diagnostik des Morbus Fabry</h2> <p>Bei männlichen Patienten kann ein M. Fabry über eine verminderte oder fehlende Aktivität des Enzyms a-Galaktosidase A diagnostiziert werden. Zusätzlich sollte eine genetische Untersuchung des a-Galaktosidase-A-Gens erfolgen, da mittlerweile mehr als 900 verschiedene Mutationen im GLA-Gen beschrieben sind. Diese Mutationen führen z.B. zu Trunkationen, zu Faltungsdefekten oder zu Transportdefekten des Enzyms. Bei Frauen ist für die Diagnosestellung eines M. Fabry immer eine genetische Untersuchung erforderlich, da die gemessene Enzymaktivität, die routinemässig in Leukozyten bestimmt wird, fälschlich normal sein kann. Zusätzlich wird bei M. Fabry zur Verlaufsbeobachtung der Biomarker Lyso- Gb3 bestimmt. Dessen Höhe kann Hinweise auf die Krankheitslast und den Therapieerfolg liefern.<sup>7</sup> Da die Fabry-Erkrankung durch Bestimmung von Lyso-Gb3 grundsätzlich diagnostiziert werden könnte, ist für diese Messung das Einverständnis des Patienten erforderlich.</p> <h2>Therapie des Morbus Fabry</h2> <p>Patienten, die eine Albuminurie aufweisen, sollten mit einem ACE-Hemmer oder AT1-Rezeptor-Antagonisten behandelt werden, um die Albuminurie zu reduzieren. Es kann allerdings limitierend für den Einsatz der Medikation sein, dass der Blutdruck bei M.-Fabry-Patienten in der Regel niedrig bis normal ist. Daher kann es ratsam sein, den ACE-Hemmer oder AT1-Rezeptor-Antagonisten abends statt morgens zu verabreichen und zunächst mit einer niedrigen Dosis zu beginnen.<br /> Seit 2001 ist für die Behandlung des M. Fabry in Deutschland und in der Schweiz eine Enzymersatztherapie zugelassen. Zwei Präparate stehen aktuell zur Verfügung: Agalsidase alfa (Replagal<sup>®</sup>) und Agalsidase beta (Fabrazyme<sup>®</sup>). Die Jahrestherapiekosten betragen, unabhängig vom verabreichten Präparat, ca. 250 000 Euro. Unterschiede zwischen beiden Präparaten bestehen z.B. in der Herstellungsweise, in der Dosierung und im Nebenwirkungsprofil. Für beide Präparate steht in Deutschland und in der Schweiz bei guter Verträglichkeit der Infusion die Möglichkeit einer Heimtherapie zur Verfügung, bei der die Enzyminfusion im häuslichen Umfeld durch einen speziell geschulten medizinischen Infusionsdienst verabreicht wird. Um die Indikation zum Beginn einer Enzymersatztherapie festzulegen, ist eine AWMF-Leitlinie verfügbar, die 2018 in ihrer überarbeiteten Fassung erscheinen wird.<br /> Die Enzymersatztherapie kann eine Stabilisierung der Nierenfunktion bei Patienten in frühen Stadien einer chronischen Nierenerkrankung sowie eine Verlangsamung der Funktionsverschlechterung bei Patienten mit fortgeschrittener Nierenerkrankung erreichen. Unter der Therapie nimmt die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) weniger schnell ab als ohne Therapie (Abb. 2).<sup>8</sup> Fünf Jahre Therapie mit Agalsidase alfa zeigen eine deutlich geringere Abnahme der GFR im Vergleich zu unbehandelten historischen Kontrollpatienten. 8 Insbesondere Patienten mit einer Proteinurie von <1,0g/d profitierten deutlich von der Enzymersatztherapie.<sup>9, 10</sup> Nach 54 Monaten Therapie mit Agalsidase beta blieb die GFR bei den meisten Patienten stabil.<sup>10</sup> Der Gehalt an Speichermaterial nahm in der Niere deutlich ab (Abb. 1). Patienten mit normaler Nierenfunktion zeigten unter Agalsidase beta einen stabilen Verlauf und weniger klinische Ereignisse im Vergleich zu Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion, sodass bei bereits deutlich betroffenen Patienten die Erkrankung trotz Enzymersatztherapie weiter fortschritt (Abb. 3).<sup>11</sup> Männer mit geringer Proteinurie und Patienten, die früh mit der Enzymersatztherapie beginnen, zeigen einen deutlich geringeren GFR-Verlust im Vergleich zu Patienten, die erst mit fortgeschrittener Erkrankung behandelt werden, sodass die Nierenbeteiligung bei M. Fabry durch einen frühen Beginn der Enzymersatztherapie günstig beeinflusst wird. Die Nierentransplantation ist auch bei M.-Fabry-Patienten die beste Option einer Nierenersatztherapie.<sup>12</sup> Nach der erfolgreichen Nierentransplantation sollte die Enzymersatztherapie fortgeführt werden, da sonst eine zunehmende Schädigung der übrigen Organe zu erwarten ist.<sup>12</sup> Im Mai 2016 wurde in Deutschland eine orale Therapie für M. Fabry zugelassen, die alle zwei Tage als Kapsel eingenommen wird. Diese Therapie ist ebenfalls in der Schweiz verfügbar. Der Wirkstoff Migalastat (Galafold<sup>®</sup>) ist ein sog. Chaperon, das dem falsch gefalteten Enzym Alpha- Galaktosidase A helfen soll, sich korrekt zu falten und somit besser zu wirken. Diese Therapie ist jedoch nur für ca. 30 % aller Mutationen im GLA-Gen möglich. Eine Liste der Mutationen, für die diese Behandlung zuge- lassen ist, findet sich in der Fachinformation von Migalastat (Galafold <sup>®</sup>). Diese Fachinformation wird fortlaufend aktualisiert, wenn neue Mutationen getestet werden. Erste Erfahrungen mit Migalastat zeigen eine Stabilisierung der Nierenfunktion, einen Rückgang der linksventrikulären Hypertrophie und eine Reduktion der Lyso-Gb3-Werte.<sup>13</sup> Seit vielen Jahren haben sich spezialisierte Fabry-Zentren etabliert, die Patienten mit M. Fabry kompetent und umfassend betreuen. Als M.-Fabry-Patient ist es ratsam, sich alle 6–12 Monate zur Verlaufskontrolle in einem Fabry-Zentrum vorzustellen, um die verschiedenen Organsysteme untersuchen zu lassen, die bei dieser Erkrankung betroffen sein können, und um Veränderungen frühzeitig festzustellen und zu therapieren.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Innere_1803_Weblinks_s76_abb2.jpg" alt="" width="1419" height="1747" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Innere_1803_Weblinks_s76_abb3.jpg" alt="" width="1419" height="1103" /></p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Ortiz A et al.: Fabry disease revisited: management and treatment recommendations for adult patients. Mol Genet Metab 2018; 123: 416-27 <strong>2</strong> Branton MH et al.: Natural history of Fabry renal disease: influence of alpha-galactosidase A activity and genetic mutations on clinical course. Medicine 2002; 81: 122-38 <strong>3</strong> Pisani A et al.: Parapelvic cysts, a distinguishing feature of renal Fabry disease. Nephrol Dial Transplant 2018; 33: 318-23<strong> 4</strong> Tøndel C et al.: Renal biopsy findings in children and adolescents with Fabry disease and minimal albuminuria. Am J Kidney Dis 2008; 51: 767-76 <strong>5</strong> Tøndel C et al.: Agalsidase benefits renal histology in young patients with Fabry disease. J Am Soc Nephrol 2013; 24: 137-48 <strong>6</strong> Eikrem Ø et al.: Pathomechanisms of renal Fabry disease. Cell Tissue Res 2017; 369: 53-62 <strong>7</strong> Sakuraba H et al.: Plasma lyso-Gb3: a biomarker for monitoring fabry patients during enzyme replacement therapy. Clin Exp Nephrol 2017 [epub ahead of print] <strong>8</strong> Mehta A et al.: Enzyme replacement therapy with agalsidase alfa in patients with Fabry’s disease: an analysis of registry data. Lancet 2009; 374: 1986-96 <strong>9</strong> Feriozzi S et al.: The effectiveness of long-term agalsidase alfa therapy in the treatment of Fabry nephropathy. Clin J Am Soc Nephrol 2012; 7: 60-9 <strong>10</strong> Germain DP et al.: Sustained, long-term renal stabilization after 54 months of agalsidase beta therapy in patients with Fabry disease. J Am Soc Nephrol 2007; 18: 1547-57 <strong>11</strong> Breunig F et al.: Clinical benefit of enzyme replacement therapy in Fabry disease. Kidney Int 2006; 69: 1216-21 <strong>12</strong> Cybulla M et al.: Kidney transplantation and enzyme replacement therapy in patients with Fabry disease. J Nephrol 2013; 26: 645-51 <strong>13</strong> Germain DP et al.: Treatment of Fabry’s disease with the pharmacologic chaperone migalastat. N Engl J Med 2016; 375: 545-55 <strong>14</strong> Germain DP et al.: Ten-year outcome of enzyme replacement therapy with agalsidase beta in patients with Fabry disease. J Med Genet 2015; 52: 353-8</p>
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