„Tantalum Cones“ zur Behandlung schwerer Knochendefekte in der Knieprothesenrevision
Autoren:
Dr. Michael Eder-Halbedl
Dr. Oliver Djahani
Univ.-Prof. Dr. Siegfried Hofmann
DeptL. Dr. Martin Pietsch
Landeskrankenhaus Murtal, Standort Stolzalpe
Korrespondierender Autor:
Dr. Michael Eder-Halbedl
E-Mail: michael.eder-halbedl@kages.at
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„Trabecular Metal Cones“ (TMC) in der Knierevisionschirurgie sind eine zuverlässige Behandlungsoption, um ausgeprägte Knochendefekte individuell angepasst zu adressieren und somit eine stabile Verankerung der Knieprothese zu gewährleisten. Bei korrekter Indikationsstellung bieten TMC ein gutes klinisches Outcome sowie sehr gute mittel- bis langfristige Überlebensraten.
Keypoints
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Revisionen in der Knieendoprothetik stellen hinsichtlich der Fixation eine Herausforderung dar.
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In der präoperativen Planung müssen 3 Fragen beantwortet werden: Welche Zonen zur Fixation am Knochen stehen zur Verfügung? Welche Fixierungsmethode ist geeignet? Welche Implantate sollten verwendet werden?
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Eine belastungsstabile Implantatversorgung ist wichtig für ein gutes postoperatives Ergebnis mit möglichst langem Überleben der Prothese.
Aktuell liegt Österreich mit einer bevölkerungsbezogenen Implantationsdichte von 202/100000 Knietotalendoprothesen (KTEP) im internationalen Spitzenfeld. Mit der zunehmenden Lebenserwartung und der damit verbundenen Geriatrisierung der Alterspyramide sowie der Steigerung des körperlichen Aktivitätslevels im Alter geht eine erhöhte Revisionsrate einher. Nimmt man den Betrachtungszeitraum von einem Jahr nach Primärimplantation einer KTEP, so betrug die Revisionsrate in Österreich im Jahr 2015 ca. 2%.
Hauptgründe für einen Endoprothesenwechsel sind Infektionen (34%), Endoprothesenlockerung (24%) und Fehlpositionierung des Implantates. Ein erhöhtes Risiko für ein frühzeitiges Implantatversagens zeigen Patienten mit starkem Übergewicht und Begleiterkrankung wie Gicht, Diabetes oder Rheuma.
Ausgeprägte epiphysäre/metapyhsäre bzw. diaphysäre Knochendefekte zu versorgen stellt eine große Herausforderung für den Chirurgen dar. Ein fehlender oder sklerotischer Knochen ist mit einer alleinigen Zementierung nicht optimal behandelt. Ziele einer Knieprothesenrevision sind u.a. die Rekonstruktion der Knochendefekte und die korrekte Positionierung der distalen und posterioren Gelenklinien mit einer suffizienten Verankerung des Implantats. Präoperativ kann eine Einschätzung der Knochendefekte mittels Bildgebung (Röntgen, CT) mit Hinweis auf Schwere und Größe der Defektzone erfolgen. Das tatsächliche Ausmaß ergibt sich jedoch oft erst intraoperativ nach erfolgter Prothesenexplantation.
Defektklassifikation
Es gibt mehrere Klassifikationen zur Einteilung der Knochendefekte. Die am häufigsten verwendete ist die des Anderson Orthopaedic Research Institute (AORI). Insgesamt werden darin 4 Untergruppen mit unterschiedlichem Defektausmaß und den daraus resultierenden Behandlungsstrategien beschrieben:
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AORI Typ I sind kleine Knochendefekte, die die Stabilität nicht beeinflussen und mit Knochenzement oder Knochenersatzmaterial behandelt werden können.
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AORI-Typ-IIa-Knochendefekte stellen metaphysäre Läsionen dar und betreffen einen femoralen Kondyl oder eine Hälfte des Tibiaplateaus.
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Bei AORI Typ IIb sind beide femorale Kondylen oder das gesamte Tibiaplateau betroffen.
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AORI Typ III präsentiert einen schweren metaphysären Knochendefekt, oftmals mit einer Bandinsuffizienz kombiniert.
Zonenfixation
Abb. 1: Zonenmodell nach Morgan-Jones (JBJS 2015)
Das Ziel sollte eine primär und langfristig stabile Implantatverankerung sein. Entsprechend dem 3-Zonen-Modell nach Morgan-Jones (JBJS 2015) (Abb.1) ist dazu eine solide Verankerung in mindestens 2 Zonen notwendig. Hierzu werden der distale Femur und die proximale Tibia in 3 anatomische Zonen eingeteilt, in welche die Prothese verankert werden kann.
Zone 1 stellt die Epiphyse (Gelenk- bzw. Knochenoberfläche), Zone 2 die Metaphyse und Zone 3 die Diaphyse dar. Diese Zoneneinteilung dient dem Verständnis, wo und wie eine sichere Verankerung erreicht werden kann.
Behandlungsstrategien
Abhängig von der vorherherrschenden Defektsituation gibt es verschiedene Fixationsmöglichkeiten, um die Prothese stabil zu verankern. Neben autologem Knochenmaterial, Sleeves und Megaprothesen stehen „Tantalum Cones“ zur Überbrückung femoraler und tibialer Knochendefekte zur Verfügung. Tantalum ist ein Übergangsmetall mit ausgezeichneter Biokompatibilität und einzigartiger Eigenschaft für eine biologische Fixierung durch Osseointegration. Vor allem für metaphysäre und/oder diaphysäre Knochendefekte (AORI IIb und III) eignen sich die „Cones“ hervorragend als zuverlässiger struktureller Knochenersatz. Zu ihren mechanischen Eigenschaften zählen unter anderem ein hoher Reibungskoeffizient, eine hohe Porosität und eine Steifigkeit ähnlich der eines trabekulären Knochens, die eine verbesserte Verbindung mit dem Knochen ermöglichen. Daraus resultierend verbessert sich die Langzeitfixierung des Implantats. In Anbetracht dessen zeigen kürzlich veröffentlichte Ergebnisse, dass „Tantalum Cones“ eine der besten Optionen zur Fixierung von Prothesen darstellen.
Operationstechnik
„Single Cone“-Technik
Nach Entfernung des liegenden Implantats und der verbliebenen Zementreste wird bei korrekter Implantatrotation und intramedullärer Ausrichtung über den Stem nach Möglichkeit sklerotischer Knochen abgetragen. Dies kann mit Riemer, Fräse oder Hohlmeißel erfolgen. Mit speziellen Raspeln („Bone Compacter“) wird der Knochen verdichtet und entsprechend der jeweiligen Cone-Größe zugerichtet. Vorteilhaft ist, dass die Cones in verschiedenen Formen und Größen verfügbar sind. Die Defektrekonstruktion wird dann mit einem Probe-Cone überprüft, bevor das definitive Implantat in „Press-fit“-Technik eingebracht wird. Bedarfsweise kann zur Kontaktverbesserung Spongiosa zwischen Originalknochen und Cone mit der „Impaction bone grafting“-Technik zusätzlich stabilisiert werden. Bei ausgedünnter Kortikalis und Frakturgefahr besteht zudem die Möglichkeit, eine Sicherungscerclage vor der Cone-Implantation vorzulegen.
„Double Cone“-Technik
Zusätzlich wird neben dem metaphysären Cone noch ein diaphysärer Cone in gleicher Technik im metaphysär-diaphysären Übergang eingebracht. Bei korrekter technischer Ausführung kann ein stabiles, voll belastbares Implantat bei massiven Knochendefekten geschaffen werden (Abb.2).
Abb. 2: „Trabecular Metal Cones“, LKH-Stolzalpe, implantiert ohne und mit Prothese, postoperative Röntgenbilder (ap, seitlich)
Schlussfolgerung
Die Fixation nach dem 3-Zonen-Modell gilt bei der Knieprothesenrevision sowohl für den Femur als auch für die Tibia. Die Kombination aus „Tantalum Cone“ und zementfreier Stemaugmentation stellt dabei eine gute Möglichkeit dar, in mindestens 2 der 3 Zonen eine gute Fixation zu erreichen. Die bisherigen Veröffentlichungen unterstützen dieses Konzept und zeigen gute Ergebnisse bei ausgeprägten knöchernen AORI-IIb- und -III-Defekten. Die Fixation auf schlechtem bzw. sklerotischem Knochen gelingt mit „Tantalum Cones“ besser als eine reine Zementierung. Die sofortige primäre Belastbarkeit insbesondere bei älteren Patienten und die Modularität mit Möglichkeit der Cone-Positionierung unabhängig von der Prothese stellen weitere Vorteile dar. Nachteilig erscheint die schwierige Explantation der „press-fit“ eingebrachten Cones im Falle einer Rerevision, die eine Osteotomie der Tuberositas oder des distalen Femurs erforderlich machen kann.
Erfahrungen am LKH Stolzalpe
Seit 2009 werden „Tantalum Cones“ (TM©, Zimmer Biomet, Warsaw, USA) am LKH Stolzalpe regelmäßig in der Revisionschirurgie verwendet. Mittlerweile wurden mehr als 300 femorale/tibiale Cones implantiert, welche zuverlässige Ergebnisse hinsichtlich der Funktionalität und Überlebensrate zeigen. Basierend auf den hervorragenden Praxiserfahrungen, gepaart mit der Evidenz aus wissenschaftlichen Studien, werden TMCs auch in Zukunft ein wesentlicher Bestandteil in der Implantatfixierung bleiben.
Literatur:
bei den Verfassern
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