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Verschluss der Vena cava superior

Die obere Einflussstauung – wie kann man intervenieren?

<p class="article-intro">Die obere Einflussstauung wurde erstmals im Jahre 1757 durch den schottischen Arzt William Hunter anhand des Leichnams eines 39-jährigen Mannes beschrieben, der an einem rupturierten syphilitischen Aortenaneurysma verstorben war.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die obere Einflussstauung ist meist das letzte Kapitel einer malignen Erkrankung.</li> <li>Sie wird hervorgerufen durch den Verschluss der V. cava sup., der V. anonyma und/ oder der V. subclavia.</li> <li>Die Akuit&auml;t der Okklusion bestimmt die Symptomatik.</li> <li>Eine minimal invasive Therapie mit Stentimplantation und/oder Thrombektomie ist Standard.</li> </ul> </div> <p>Die obere Einflussstauung, auch bekannt unter dem englischen Akronym SVCS (&bdquo;Superior Vena Cava Syndrome&ldquo;), verursacht je nach der Akuit&auml;t der Venenokklusion unterschiedliche Symptome. H&auml;modynamische Auswirkungen f&uuml;hren zu einer Schwellung im Bereich des Gesichts sowie der oberen Extremit&auml;ten, die je nach Lokalisation des Venenverschlusses auch asymmetrisch auftreten k&ouml;nnen. Typisch ist eine verst&auml;rkte Venenzeichnung, die sich besonders im Bereich der Thoraxwand bemerkbar macht.<br /> Zu den respiratorischen Leitsymptomen z&auml;hlen Dyspnoe/Orthopnoe, Zyanose und Stridor, die zusammen mit einer begleitenden Dysphagie und ggf. neurologischer Problematik wie Schwindel, Kopfschmerzen und Verwirrtheit hauptverantwortlich sind f&uuml;r den vor allem subjektiv sehr belastenden Beschwerdekomplex. Es gibt flie&szlig;ende &Uuml;berg&auml;nge der Symptome, die einerseits durch die Einflussstauung selbst, andererseits durch die prim&auml;r zugrunde liegende und meist maligne Raumforderung verursacht sind. Klinisch wird die obere Einflussstauung in 5 Stadien eingeteilt. Das Spektrum reicht von einer asymptomatischen Einengung des zentralen Einstroms bis hin zum letalen Ausgang (Tab. 1). Lebensbedrohliche Symptome sind vor allem das Hirn- und das Larynx&ouml;dem.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Pneumo_1901_Weblinks_jatros_pneumo_1901_s24_tab1.jpg" alt="" width="550" height="260" /></p> <h2>&Auml;tiologie und Pathophysiologie</h2> <p><strong>&Auml;tiologie</strong><br /> Ausgangspunkt f&uuml;r die obere Einflussstauung ist meist ein maligner Prozess, besonders das Bronchuskarzinom sowie die metastatische Lymphadenopahtie, obgleich in den letzten Jahrzehnten durch den immer h&auml;ufiger werdenden Einsatz von zentralven&ouml;sen Kathetern und Schrittmachersonden auch benigne Ursachen als Ausl&ouml;ser infrage kommen.</p> <p><strong>Pathophysiologie</strong><br /> Die Vena cava superior ist ein Niederdrucksystem und verantwortlich f&uuml;r etwa 30 % des ven&ouml;sen R&uuml;ckstroms zum Herzen. Die Tatsache, dass die obere Hohlvene aus leicht kompressiblem Gewebe besteht und von relativ rigiden Strukturen wie Sternum, Trachea, Aorta, Pulmonalarterie und mediastinalen und paratrachealen Lymphknoten umgeben ist, wird es verst&auml;ndlich, wie raumfordernde Prozesse der unmittelbaren Umgebung zu einem SVCS f&uuml;hren k&ouml;nnen. Wird die obere Hohlvene entweder durch Kompression oder durch direkte Infiltration okkludiert, kann dies zu einem Druckanstieg &uuml;ber 40 mm Hg f&uuml;hren. Die Entwicklung der Symptomatik wird haupts&auml;chlich von der Schnelligkeit und dem Ausma&szlig; der Obliteration bestimmt. So kann ein sich langsam entwickelnder Venenverschluss durch Ausbildung von Kollateralkreisl&auml;ufen ausreichend kompensiert werden und somit zu kaum wahrnehmbaren Symptomen f&uuml;hren. Es gibt eine Vielfalt an Umgehungszirkulationen, die hierbei aktiviert werden k&ouml;nnen (Abb. 1). Der Hauptabfluss erfolgt &uuml;ber das Azygos/ Hemiazygos-System; weitere Kollateralkreisl&auml;ufe sind die Interkostalvenen, die Vv. epigastricae sup. und inf., das paravertebrale Venennetzwerk und die Beckenvenen. Gravierende Symptome ergeben sich bei einem Verschluss der oberen Hohlvene, der die Einm&uuml;ndung der V. azygos miteinbezieht, da hier das ven&ouml;se Blut erst &uuml;ber einen retrograden Fluss und &uuml;ber eine l&auml;ngere Strecke &uuml;ber die V. hemiazygos, und in weiterer Folge die Beckenvenen und die untere Hohlvene, das Herz erreicht.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Pneumo_1901_Weblinks_jatros_pneumo_1901_s24_abb1.jpg" alt="" width="250" height="244" /></p> <h2>Therapie und Komplikationen</h2> <p>Der prim&auml;re Therapieansatz hat selbstverst&auml;ndlich die Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung mittels Bestrahlung, Chemotherapie, ggf. operativer Sanierung zum Ziel. Bestand fr&uuml;her die Tendenz, das symptomatische SVCS zwecks Tumorverkleinerung zun&auml;chst einer Bestrahlungstherapie zuzuf&uuml;hren, neigt man in den letzten zwei Dekaden dazu, die Methoden der interventionellen Radiologie fr&uuml;her einzusetzen. Die symptomatische obere Einflussstauung kann minimal invasiv, relativ rasch, komplikationsfrei und mit einer hohen Erfolgsrate signifikant gelindert werden.<br /> Die Stentimplantation in der oberen Einflussstauung fand erstmalig 1986 Eingang in die Literatur (Charnsangavej et al.; Radiology), als Gianturco-Stents zun&auml;chst bei einer Versuchsreihe mit Hunden mit iatrogen erzeugter Retroperitonealfibrose und in weiterer Folge erfolgreich in zwei Patienten implantiert wurden.<br /> Die Palette der radiologisch-interventionellen M&ouml;glichkeiten hat sich in der Zwischenzeit erweitert. Waren es in den Anf&auml;ngen arterielle Stents, die auch ven&ouml;s ihren Einsatz fanden, stehen uns heutzutage entsprechend dem abweichenden Anforderungsprofil sogenannte &bdquo;dedicated venous stents&ldquo; zur Verf&uuml;gung. Die Morphologie der Venenwand und die zu &uuml;berwindende Pathologie verlangt spezielle Stents mit einer hohen Radialkraft und h&ouml;herer Flexibilit&auml;t, mit gr&ouml;&szlig;erem Durchmesser und gr&ouml;&szlig;eren Stentl&auml;ngen. Ummantelte, selbstexpansible und ballonexpansible Stents k&ouml;nnen dort eingesetzt werden, wo eine Tumorinfiltration die Venenwand bereits arrodiert hat. Liegt angiografisch das Bild von frischen Thromben vor oder kommt es nach einer Stentimplantation zu einem thrombotischen Reverschluss, kann eine mechanische Thrombektomie (z. B. AngioJet<sup>&reg;</sup> [Boston Scientific], Rotarex<sup>&reg;</sup> [Straub Medical]) Abhilfe schaffen.<br /> Entscheidend ist, vor dem Eingriff die Bildgebung mittels Computertomografie vorzunehmen, damit das Ausma&szlig; der Pathologie erfasst und die Behandlungsstrategie festgelegt werden kann. Unter normalen Umst&auml;nden erfolgt der Zugang von transfemoral. Ist das Ziel, &uuml;ber die V. cava sup. hinaus eine oder beide Vv. anonymae zu rekanalisieren, kann beidseits transfemoral zugegangen werden. Gelingt es nicht, den Verschluss retrograd zu passieren, kann &uuml;ber die zwangsl&auml;ufig gestaute und leicht punktierbare V. cephalica antegrad zugegangen und rekanalisiert werden.<br /> Die Komplikationsrate (minor et major) wird in der Literatur mit bis zu 20 % angegeben, bei einer Mortalit&auml;tsrate von 2 %. Das Gros der Komplikationen stellen postpunktionelle Probleme wie Leistenh&auml;matome, AV-Fistel oder TVT dar. Besorgniserregender ist die akute Stentmigration (z. B. rechter Vorhof, Pulmonalarterie), die auf ein Missverh&auml;ltnis zwischen Venendurchmesser und dem gew&auml;hlten Stent zur&uuml;ckzuf&uuml;hren ist, weshalb nochmals auf die Wertigkeit der pr&auml;interventionellen Bildgebung mittels Computertomografie hingewiesen werden muss. Weitere nennenswerte Komplikationen sind neben dem akuten/subakuten Stentverschluss das Lungen&ouml;dem durch das pl&ouml;tzlich entstandene &Uuml;berangebot an ven&ouml;sem R&uuml;ckfluss oder die Losl&ouml;sung von Thromben, die zu einer Pulmonalembolie f&uuml;hren k&ouml;nnen. Manipulationen durch den F&uuml;hrungsdraht k&ouml;nnen einerseits Arrhythmien, andererseits, extrem selten, eine Herzbeuteltamponade mit letalem Ausgang ausl&ouml;sen.<br /> Richtlinien f&uuml;r eine einheitliche Antithromboseprophylaxe nach einer Stentimplantation existieren nicht. Basierend auf Metaanalysen (Scalese et al.; Hospital Pharmacy 2017) liegen lediglich Empfehlungen f&uuml;r eine Pl&auml;ttchenaggregationshemmung mit Acetylsalicyls&auml;ure in einer Dosierung von 75 bis 325 mg t&auml;glich vor, obgleich eine individuelle Anpassung der Therapie besonders im Hinblick auf das generell erh&ouml;hte Blutungsrisiko unerl&auml;sslich ist.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Pneumo_1901_Weblinks_jatros_pneumo_1901_s26_abb2-5.jpg" alt="" width="800" height="582" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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