Reduktion von Hospitalisierungen und Wheezing
Text:
Reno Barth
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In den vergangenen Jahren wurden verbesserte Optionen in der Prävention von Infektionen mit dem humanen respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) zugelassen. Es besteht die berechtige Hoffnung, dass sich auf diesem Weg nicht nur schwere Krankheitsverläufe, sondern auch Spätfolgen der RSV-Infektion reduzieren lassen.
Das humane respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ist ein ubiquitäres RNA-Virus aus der Familie der Pneumoviridae, mit dem sich rund die Hälfte aller Kinder im ersten Lebensjahr infiziert. RSV tritt in den zwei häufigsten Subtypen A und B sowie den selteneren Typen S2 und RSS-2 auf und führt weltweit zu hoher Morbidität und nicht zu unterschätzender Mortalität. Knapp ein Viertel aller Infektionen der unteren Atemwege bei Kindern unter fünf Jahren wird auf RSV-Infektionen zurückgeführt, was zu drei bis vier Millionen Hospitalisierungen und bis zu 200 000 Todesfällen pro Jahr führt – die meisten davon in einkommensschwachen Ländern und Regionen. Besondere Risikofaktoren sind niedriges Geburtsgewicht und/oder ein kompromittiertes Immunsystem.1 RSV-Infektionen hinterlassen keine bleibende Immunität und können auch im weiteren Verlauf des Lebens für gesundheitliche Probleme sorgen, so Prof. Dr. Fabio Midulla von der Universität Sapienzia, Rom. Während RSV bei jungen Kindern zu Brochiolitis und in der Folge zu postbronchiolitischem Giemen (Wheezing) führt, verursacht es bei älteren und multimorbiden Menschen schwerwiegende Atemwegsinfektionen. In den Jahren dazwischen besteht durch die wiederholten Reinfektionen ein gewisser Immunschutz, wobei RSV beispielsweise als Verursacher von COPD-Exazerbationen nicht unterschätzt werden darf.2 Unklar sind die Auswirkungen von RSV-Infektionen auf das Asthmarisiko. Eine RSV-Bronchiolitis erhöht das Risiko, chronisches Giemen zu entwickeln, um ca. den Faktor sechs. Zum Auftreten von Asthma liefern zahlreiche Kohortenstudien widersprüchliche Resultate, so Midulla.
Empfehlung für Prävention mit monoklonalem Antikörper
Mehrere präventive Strategien sind in Entwicklung oder bereits zugelassen. Seit Längerem ist mit Palivizumab ein monoklonaler Antikörper gegen das Fusionsprotein (F-Protein) von RSV verfügbar. Aufgrund seiner relativ kurzen Halbwertszeit muss Palivizumab monatlich verabreicht werden, was in Kombination mit dem hohen Preis die Anwendung in der Praxis auf Hochrisikogruppen reduziert. Seit 2023 steht mit Abrysvo ein bivalenter Impfstoff zur Verfügung, der einerseits bei älteren Menschen zum Schutz vor RSV eingesetzt werden, andererseits aber auch Schwangeren verabreicht werden kann. Letzteres führt zur Bildung von Antikörpern, die von der Mutter an das Kind weitergegeben werden. Eine weitere Option ist Nirsevimab, ein monoklonaler Antikörper gegen das F-Protein des RS-Virus, der zur einmaligen Injektion vor der ersten RSV-Saison des Kindes empfohlen wird. Für Nirsevimab zeigt eine spanische Longitudinalstudie in der Saison 2023/24 eine Reduktion der Hospitalisierungen wegen RSV um rund 90 % im Vergleich zu den vergangenen Jahren.3
Hinweise auf Prävention von Wheezing durch RSV-Immunisierung
Zur Beantwortung der Frage, ob sich eine Immunisierung gegen RSV auf die Inzidenz von Wheezing und damit auf das Asthmarisiko auswirken wird, muss auf ältere Daten mit Palivizumab zurückgegriffen werden. Eine mehr als zehn Jahre alte Studie, die mit gesunden Frühgeborenen durchgeführt wurde, zeigt, dass über ein Follow-up von 12 Monaten der Anteil der Kinder, die Giemen entwickelten, nach RSV-Prophylaxe mit Palivizumab deutlich niedriger war als bei Kindern, die keine Prophylaxe erhalten hatten (11 % vs. 21 %).4 Dieser Effekt wurde in einer weiteren Studie mit sechs Jahren Follow-up bestätigt, so Midulla. In dieser Arbeit wurde auch die Wirkung der RSV-Prophylaxe auf atopisches Asthma untersucht, wobei kein präventiver Effekt gefunden wurde. Midulla wies auch auf eine Arbeit zur Häufigkeit von Wheezing bei Kindern hin, die während des Covid-Lockdowns 2020 geboren wurden. In dieser Kohorte kam es aufgrund des minimierten sozialen Lebens zu einer markanten Reduktion der Fälle von Bronchiolitis, was sich in der Folge in einer deutlichen Reduktion von Wheezing-Episoden niederschlug. Mittlerweile liegen auch Daten vor, die eine mechanistische Erklärung für diesen Zusammenhang bieten könnten. So fand eine chinesische Gruppe bei Kindern, die im im Rahmen einer placebokontrollierten Studie im ersten Lebensjahr Palivizumab erhalten hatten, im Alter von sechs Jahren in den ehemaligen Placebo- und Verum-Gruppen unterschiedliche Methylierungsmuster in Zellen der Nasenschleimhaut. Die Autoren sehen hier ein mögliches Bindeglied zwischen RSV und Wheezing, fanden jedoch keine Assoziation mit Asthma.5 Midulla: „Diese Befunde stützen die Rationale für eine breite RSV-Prophylaxe für alle Kinder.“
Quelle:
Session „Beyond wheezing and asthma in children“, ERS 2024, 7. September 2024, Wien
Literatur:
Mazur NI et al.: Lower respiratory tract infection caused by respiratory syncytial virus: current management and new therapeutics. Lancet Respir Med 2015; 3(11): 888-900
Openshaw PJM et al.: Protective and harmful immunity to RSV infection. Annu Rev Immunol 2017; 35: 501-32
Ares-Gómez S et al.: Effectiveness and impact of universal prophylaxis with nirsevimab in infants against hospitalisation for respiratory syncytial virus in Galicia, Spain: initial results of a population-based longitudinal study. Lancet Infect Dis 2024; 24(8): 817-28
Blanken MO et al.: Respiratory syncytial virus and recurrent wheeze in healthy preterm infants. N Engl J Med 2013; 368(19): 1791-9
Xu CJ et al.: Infant RSV immunoprophylaxis changes nasal epithelial DNA methylation at 6 years of age. Pediatr Pulmonol 2021; 56(12): 3822-31
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