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Herzinsuffizienz und zentrale Schlafapnoe: Wissen wir, was wir tun?
Jatros
Autor:
Prof. Dr. Bernd Sanner
Medizinische Klinik<br> Agaplesion Bethesda Krankenhaus Wuppertal
Autor:
Dr. Andreas Barsuhn
Korrespondenzadresse: Medizinische Klinik<br> Agaplesion Bethesda Krankenhaus gGmbH<br> 42109 Wuppertal<br> E-Mail: andreas.barsuhn@bethesda-wuppertal.de
30
Min. Lesezeit
08.09.2016
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<p class="article-intro">Zentrale Atemstörungen stehen in einem engen pathophysiologischen Zusammenhang mit chronischer Herzinsuffizienz und erhöhen die Mortalität aufgrund dieser Erkrankung. Die effiziente Therapie dieser Atemstörungen verbessert die Lebensqualität und wahrscheinlich die Prognose.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Schlafbezogene Atmungsstörungen (SDB) sind bei Patienten mit (sowohl systolischer als auch diastolischer) chronischer Herzinsuffizienz (CHF) sehr häufig; die Prävalenz einer mindestens mittelgradigen schlafbezogenen Atmungsstörung bei Patienten mit einer chronischen Herzinsuffizienz liegt im SchlaHF-Register bei ca. 50 % .<sup>1</sup> In einer Untersuchung an 700 Patienten mit Herzinsuffizienz wiesen 40 % eine prädominant zentrale (CSA), 36 % eine obstruktive (OSA) Schlafapnoe auf.<sup>2</sup> Häufigste Form der zur Gruppe der CSA gehörenden Störungen ist die Cheyne-Stokes-Atmung (CSR), charakterisiert durch ein typisches Crescendo-Decrescendo-Muster des Atemflusses im Non-REM-Schlaf. Gemeinsames Charakteristikum aller CSA-Formen ist eine Instabilität der Atmungsregulation.<br /> Schlafbezogene Atmungsstörungen können einerseits Symptom einer Herzinsuffizienz sein, andererseits jedoch auch die Progression einer Herzschwäche fördern und die Mortalität erhöhen.<sup>3</sup> Insgesamt besteht somit eine wechselseitige, komplexe Interaktion zwischen obstruktiven und zentralen Atmungsstörungen und einer chronischen Herzinsuffizienz. Insbesondere das Vorhandensein einer zentralen Atmungsstörung (einschließlich einer Cheyne-Stokes-Atmung) erscheint – mehr noch als eine obstruktive Atmungsstörung – von großer prognostischer Bedeutung bei Herzinsuffizienzpatienten.<sup>4</sup> Mit zunehmender Schwere der Herzinsuffizienz nimmt der Anteil zentraler Störungen (CSA/CSR) im Vergleich zu obstruktiven ebenso wie der Schweregrad der CSA zu.<sup>5</sup> Diese zentralen Atemstörungen sind – im Gegensatz zu den obstruktiven – weniger Ursache als vielmehr Folge der kardiovaskulären Erkrankung.</p> <h2>Pathophysiologische Zusammenhänge zwischen CSA und Herzinsuffizienz</h2> <p>Bei Herzinsuffizienz kommt es zu einer Erhöhung des linksventrikulären Füllungsdruckes und einem erhöhten Blutvolumen in der Lungenstrombahn. Über pulmonale Afferenzen wird in diesem Fall ein überschießender Atmungsantrieb mit konsekutiver Hypokapnie vermittelt. Des Weiteren ist die zentrale und periphere Chemosensitivität für den pCO<sub>2</sub> erhöht. Durch die vermehrte CO<sub>2</sub>-Abatmung kommt es zum Unterschreiten der „Apnoeschwelle“; als Folge einer solchen Apnoe steigt der pCO<sub>2</sub> wieder an, der pO<sub>2</sub> sinkt. Mit einer gewissen Latenz führt dies zum typischen Wechsel zwischen An- und Abfluten des Atemtidalvolumens. Es folgen Aufweckreaktionen (Arousals), die in einer zur Aggravation der Herzinsuffizienz führenden Erhöhung des Sympathikotonus mit Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz resultieren (Abb. 1).<sup>6</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Pneumo_1604_Weblinks_Seite22.jpg" alt="" width="572" height="498" /></p> <h2>Therapie</h2> <p>Zunächst steht im Vordergrund der Therapie eine Optimierung der zugrunde liegenden kardialen Grunderkrankung (Medikation, Revaskularisation, Device-Therapien, HTX). Aus verschiedenen pathophysiologischen Erwägungen jedoch erscheint es bei herzinsuffizienten Patienten ebenso sinnvoll, eine zentrale Atemstörung zu therapieren.<br /> Der prognostische Nutzen einer apparativen Behandlung einer CSA bei Herzinsuffizienzpatienten ließ sich in einer Beobachtungsstudie nachweisen.<sup>7</sup> Insgesamt wurden verschiedene Therapieformen bei Herzinsuffizienz und CSA eingesetzt: Zunächst wurde bei Patienten mit CHF und CSA/CSR überwiegend die Atmung mit CPAP („Con­tinuous Positive Airway Pressure“) unterstützt. Das Ziel einer optimalen Reduktion des Apnoe-/Hypopnoe-Indexes (AHI) konnte hierbei jedoch nur unzureichend erzielt werden, da unter CPAP bei vielen CHF-Patienten ein Rest an Apnoen und Hypopnoen verbleibt. So zeigte sich etwa in der CANPAP-Studien-Population eine AHI-Reduktion auf weniger als 15/h bei ca. 50 % der Patienten; nur diese Patienten profitierten auch von der CPAP-Therapie im Sinne einer Besserung der linksventrikulären Funktion.<sup>8</sup> Hingegen konnte in Studien gezeigt werden, dass durch eine adaptive Servoventilation (ASV) eine Normalisierung zentraler Atmungsstörungen bei Patienten mit und ohne Herzinsuffizienz mit weitestgehender Reduktion des AHI erzielt werden kann. Eine ASV-Therapie ermöglicht die automatische Detektion von Obstruktionen, Apnoen sowie Hypo- und Hyperventilationen; die Schlafqualität kann hierdurch verbessert werden.<sup>9</sup> Auch Herzrhythmusstörungen können durch eine ASV-Therapie bei Herzinsuffizienzpatienten reduziert werden.<sup>10</sup><br /> Die naheliegende Schlussfolgerung aus der Erkenntnis, dass CSA und CSR mit einer ASV effizient therapiert werden können, wäre, dass durch die Normalisierung der Atmung und die Verbesserung der linksventrikulären Funktion auch ein Nutzen hinsichtlich Mortalität und Morbidität der Patienten zu erwarten ist. Dies konnte jedoch in der SERVE-HF-Studie nicht bestätigt werden; ganz im Gegenteil zeigte sich bei Patienten mit einer chronischen symptomatischen systolischen Herzinsuffizienz NYHA II–IV, einer reduzierten EF <45 % und einer moderaten bis schweren prädominant zentralen Schlafapnoe ein Anstieg der Gesamt- und der kardiovaskulär bedingten Mortalität – trotz einer deutlichen Verringerung des Apnoe-/Hypopnoe-Indexes.<sup>11</sup> Die CSR kann als sinnvolle respiratorische Kompensation die pulmonale Ventilation verbessern, eine respiratorische Azidose verhindern und positive Effekte auf die Atemmuskulatur und das sympathische Nervensystem sowie den intrinsischen PEEP ausüben. Die Suppression dieser kompensatorischen Effekte ist möglicherweise für die negativen Auswirkungen der ASV in der oben genannten Studie verantwortlich. Einschränkend sind jedoch auch Kritikpunkte an der Studie zu nennen: So wurde etwa im Behandlungsarm mit ASV eine Therapieform verwendet, die nicht mehr den aktuellen Standards entspricht. Des Weiteren wechselten 40 % der Patienten die Behandlungsgruppe, was die Ergebnisse einer Intention-to-treat-Analyse relativiert. In der mit ASV behandelten Patientengruppe gab es zudem eine geringe Therapieadhärenz; insgesamt verblieb in der Therapiegruppe ein hoher residueller AHI. Diese Limitationen sind bei der Interpretation der Studiendaten zu berücksichtigen. Die Ergebnisse der noch laufenden multizentrischen ADVENT-HF-Studie zur ASV-Therapie bei Herzinsuffizienzpatienten bleiben abzuwarten.<br /> Wichtig für die Übertragung der SERVE-HF-Ergebnisse auf den klinischen Alltag ist, zwischen Patienten mit primär obstruktiven und zentralen Atemstörungen zu differenzieren. Nur für solche mit moderaten bis schweren zentralen Atemstörungen und einer EF <45 % kann aktuell keine Empfehlung für eine ASV-Therapie mehr ausgesprochen werden. Eine Zusammenfassung therapeutischer Optionen bei Patienten mit Herzinsuffizienz und CSA zeigt Abbildung 2.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Pneumo_1604_Weblinks_Seite23.jpg" alt="" width="758" height="484" /></p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Woehrle H et al: Prevalence and predictors of sleep-disordered breathing in patients with stable chronic heart fail­ure: the SchlaHF-registry. Eur Heart J 2012; 33[Suppl]: 665 <br /><strong>2</strong> Oldenburg O et al: Sleep disordered breathing in patients with symptomatic heart failure: a contemporary study of prevalence in and characteristics of 700 patients. Eur J Heart Fail 2007; 9(3): 251-7 <br /><strong>3</strong> Khayat R et al: Sleep disor­dered breathing and post-discharge mortality in patients with acute heart failure. Eur Heart J 2015; 36(23): 1463-9 <br /><strong>4</strong> Damy T et al: Prognostic impact of sleep-disordered breath­ing and its treatment with nocturnal ventilation for chronic heart failure. Eur J Heart Fail 2012; 14(9): 1009-19 <br /><strong>5</strong> Javaheri S et al: Association of low PaCO2 with central sleep apnea and vetricular arrhythmias in ambulatory pa­tients with stable heart failure. Ann Intern Med 1998; 128(3): 204-7 <br /><strong>6</strong> Bradley TD et al: Sleep apnea and heart failure. Part II: central sleep apnea. Circulation 2003; 107(13): 1822-6 <br /><strong>7</strong> Jilek C et al: Prognostic impact of sleep disor­dered breathing and its treatment in heart failure: an observational study. Eur J Heart Fail 2011; 13(1): 68-75 <br /><strong>8</strong> Arzt M et al: Suppression of central sleep apnea by continuous positive airway pressure and transplant-free survival in heart failure: a post hoc analysis of the CANPAP trial. Circulation 2007; 115(25): 3173-80 <br /><strong>9</strong> Hetzenecker A et al: Treatment of sleep apnea in chronic heart failure patients with auto-servo ventilation improves sleep fragmentation: a randomized controlled trial. Sleep Med 2016; 17: 25-31 <br /><strong>10</strong> Priefert HJ et al: Effekte einer adaptiven Servoventilation auf Herzrhythmusstörungen bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz und schlafbezogenen Atmungsstörungen. Somnologie 2016; 20(2): 96-105 <br /><strong>11</strong> Cowie MR et al: Adaptive servo-ventilation for central sleep apnea in systolic heart failure. N Engl J Med 2015; 373(12): 1095-105</p>
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