© Getty Images/iStockphoto

Lunge – Umwelt – Arbeitsmedizin

Stellenwert von Problemkeimen bei der stationären Lungenrehabilitation

<p class="article-intro">In der Rehabilitationseinrichtung Weyer/Enns werden Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen 3 bis 4 Wochen stationär rehabilitiert. Die Indikationen umfassen alle chronischen Lungenerkrankungen mit den Schwerpunkten COPD, Asthma, Zustand nach Lungenoperationen und Fibrosen. Im Jahr 2015 wurde mit der Rehabilitation von Patienten mit zystischer Fibrose begonnen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Es ist seit Langem bekannt, dass sich unter den COPD-Patienten und Patienten mit Z.n. Lungenoperationen auch Patienten mit sogenannten Problemkeimen befinden. Problemkeime haben das Potenzial der &Uuml;bertragung und der Hervorrufung von schwierig zu behandelnden Infekten und Exazerbationen, weil sie antibiotisch schwer zu behandeln sind. Die Kommission f&uuml;r Krankenhaushygiene und Infektionspr&auml;vention (KRINKO) z&auml;hlt zu diesen Problemkeimen alle multiresistenten Keime, vor allem auch MRSA, <em>Pseudomonas aeruginosa, Acinetobacter baumannii, Stenotrophomonas maltophilia und Burkholderia cepacia.</em><sup>1</sup><br /> Um die Gefahr einer eventuellen &Uuml;bertragung durch Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen einsch&auml;tzen zu k&ouml;nnen, wurde im Zeitraum vom 1. M&auml;rz bis 23. Juni 2016 bei allen Lungenpatienten eine Sputumkultur abgenommen. Eine vorhergehende Literaturrecherche erbrachte f&uuml;r &Ouml;sterreich keine vergleichbare Untersuchung in einem station&auml;ren oder ambulanten Rehabilitationszentrum. Es fand sich auch keine vergleichbare Untersuchung im Bereich von pneumologischen Abteilungen von Akutkrankenh&auml;usern.<sup>2</sup> In einer zweiten Untersuchungsserie wurden &uuml;ber einen Zeitraum von einem halben Jahr bei 506 Patienten mit der Diagnose COPD III und IV, Z.n. Lungenoperation, Bronchiektasen und Z.n. Pneumonien Sputumkulturen abgenommen und die Ergebnisse der ersten Untersuchung &uuml;berpr&uuml;ft.</p> <h2>Methoden</h2> <p>Bei allen Patienten mit Lungenerkrankungen wurden am Beginn und am Ende des Rehabilitationsaufenthaltes Sputumproben abgenommen und umgehend mikrobiologisch nach Zystische-Fibrose- Standard (MiQ 24/2006) angez&uuml;chtet sowie befundet.</p> <h2>Ergebnisse</h2> <p>Von 506 w&auml;hrend des Untersuchungszeitraums im Rehabilitationszentrum Weyer aufgenommenen Patienten wurden 285 wegen Erkrankungen des St&uuml;tz- und Bewegungsapparats und Asthma bronchiale behandelt. Die anderen 221 Patienten hatten die Hauptdiagnose aus der Indikation chronische Lungenerkrankungen mit folgender Diagnoseverteilung: 139 COPD I bis IV, 25 Npl. bronchi (meist operiert), 14 Z.n. Pneumonie, 11 ACOS, 8 interstitielle Fibrose, 5 Kollagenose, 5 Z.n. Pulmonalembolie, 3 pulmonalarterielle Hypertonie, 4 zystische Fibrose, 7 andere Lungenerkrankungen. Bei allen diesen 221 Patienten wurden Sputumkulturen abgenommen. In Tabelle 1 sind die isolierten Problemkeime aufgelistet (welche f&uuml;r CFPatienten gesondert erhoben wurden).<br /> Von den 19 Patienten mit Pseudomonas waren 2 vorbekannt, bei allen anderen erstellten wir den Erstbefund. Hinsichtlich Sputum und Auswurf gaben 7 an, t&auml;glich zu husten und Schleim zu produzieren, 4 gaben Husten und seltenen Auswurf an, 8 gaben an, kaum oder keinen Auswurf zu haben. Bei einem der beiden MRSA-Patienten war die Diagnose MRSA vorbekannt. Seine ma&szlig;geblichen Diagnosen waren COPD IV, Wedgeresektion am rechten Oberlappen bei Z.n. Tuberkulose mit verk&auml;sender Nekrose 2015 und Diabetes mellitus II. Die Diagnosen des zweiten MRSA-Patienten waren COPD III, Z.n. Tabakabusus (50py), operiertes Npl. bronchi 2004 und Nierenadenom.<br /> Die beiden Patienten, die mit mehrfachresistentem Haemophilus infiziert waren, hatten folgende Diagnosen: COPD IV, CAT C, Langzeitsauerstofftherapie, obstruktives Schlafapnoe-Syndrom und Diabetes mellitus II.<br /> Die Diagnosen des Patienten mit mehrfachresistenter Klebsiella waren COPD IV, CAT D (32), Polytoxikomanie (Benzodiazepinabusus, Tabakabusus, chronischer &Auml;thylismus), toxische nutritive Polyneuropathie, Leberzirrhose und St.p. Lungentuberkulose 1980.<br /> Von den 8 Patienten mit Stenotrophomonas hatten 7 eine COPD (4x COPD IV, 2x III, 1x II), davon 2 zus&auml;tzlich Bronchiektasen, eine Lungenfibrose mit Langzeitsauerstofftherapie, 4 hatten Operationen wegen Malignomen (2 davon an der Lunge), 5 hatten KHK (davon 4 mit Stenting) und 4 Diabetes mellitus II.<br /> Als erste Zusammenfassung dieser Untersuchung konnten wir statuieren, dass wir 19 Patienten mit einer Kolonisation mit Pseudomonas aeruginosa und 7 Patienten mit mehrfachresistenten anderen Keimen rehabilitierten. Lediglich 2 von den insgesamt 26 mit Problemkeimen kolonisierten Patienten wurden vor Antritt der Reha identifiziert. Die Diagnosen dieser Patienten umfassten fast ausschlie&szlig;lich COPD der Schweregrade III und IV, Z.n. Lungenoperation, Bronchiektasen und Multimorbidit&auml;t. Es fand sich darunter kein Patient mit einer COPD I und keiner mit einer COPD II ohne Zusatzerkrankung.<br /> In der zweiten Untersuchungsserie, die wir zur Best&auml;tigung unserer Ergebnisse im Zeitraum von einem halben Jahr an weiteren 507 Patienten mit den Diagnosen COPD der Schweregrade III und IV, Z.n. Lungenoperation, Bronchiektasen und multimorbiden Patienten durchf&uuml;hrten, fanden wir hinsichtlich Problemkeimen folgende Ergebnisse: 36x <em>Pseudomonas aeruginosa</em>, 12x <em>Stenotrophomonas maltophilia</em>. Es fand sich auch in der zweiten Untersuchungsserie kein <em>Acinetobacter baumannii.</em> Es fanden sich 3 Patienten mit Multiresistenzen (wobei 2 der 3 Multiresistenztr&auml;ger keinen Vorbefund hatten): <em>Escherichia coli</em> 3 MRGN, <em>Pseudomonas aeruginosa</em> 4 MRGN, <em>Klebsiella pneumoniae</em> 3 MRGN.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Pneumo_1802_Weblinks_jatros_pneumo_1802_s32_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="968" /></p> <h2>Diskussion</h2> <p>Bei unserer Untersuchung im Fr&uuml;hjahr 2016 im Rehazentrum Weyer/Enns an 221 konsekutiven Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen fanden wir bei 82 (37,1 % ) die oben angef&uuml;hrten Keime, bei 26 (11,8 % ) ausgesprochene Problemkeime, die eine Segregation erfordern. In der Literatur fanden wir keine vergleichbare Untersuchung in &Ouml;sterreich in einem anderen Rehazentrum oder in einer Abteilung f&uuml;r Akutpneumologie. Von den 26 Patienten mit Problemkeimen, die aus unserer Sicht die Einleitung von Vorsichtsma&szlig;nahmen erfordern (<em>Pseudomonas aeruginosa, Acinetobacter, Stenotrophomonas maltophilia,</em> MRSA und Keime mit Mehrfachresistenzen), waren lediglich 3 vorbekannt. Unter den 19 Patienten, bei denen <em>Pseudomonas aeruginosa</em> in der Sputumkultur gez&uuml;chtet werden konnte, gaben 8 an, kaum oder keinen Auswurf zu haben. Die Ergebnisse konnten im Wesentlichen durch die zweite Untersuchung best&auml;tigt werden.<br /> Die Abnahme der Sputumkulturen erfolgte nach m&uuml;ndlicher Erkl&auml;rung durch das Laborpersonal, eine Supervision des Auswurfman&ouml;vers wurde nicht durchgef&uuml;hrt. Daher wird durch die oben angef&uuml;hrten Zahlen f&uuml;r die gez&uuml;chteten Problemkeime unter Umst&auml;nden das tats&auml;chliche Ausma&szlig; untersch&auml;tzt.<br /> Wenn auch die &Uuml;bertragungswege und -m&ouml;glichkeiten nicht sicher erforscht sind, erscheint uns die Einleitung von Vorsichtsma&szlig;nahmen zum Schutz der Patienten mit geschw&auml;chter Immunabwehr von gro&szlig;er Bedeutung, um eine sichere Rehabilitation im Rahmen der station&auml;ren Gegebenheiten zu erm&ouml;glichen.<br /> Daher haben wir routinem&auml;&szlig;ig die Abnahme von Sputumkulturen zu Beginn einer Rehabilitation eingeleitet. Bei Erhebung der Diagnosen der angesprochenen Problemkeimtr&auml;ger haben wir mit den Diagnosen COPD IV und COPD III, Z.n. Lungenoperation, Bronchiektasen und Multimorbidit&auml;t fast 100 % der Patienten mit Segregationsnotwendigkeit erfasst.<br /> Aus unserer Untersuchung leiten wir ab, dass im Setting eines station&auml;ren Rehabilitationszentrums f&uuml;r Personen mit chronischen Lungenerkrankungen regelm&auml;&szlig;ig Patienten aufgenommen werden, die mit Problemkeimen wie <em>Pseudomonas aeruginosa</em>, aber auch anderen gramnegativen Erregern und multiresistenten Keimen kolonisiert sind. Der Gro&szlig;teil dieser Patienten wird im Vorfeld der Reha nicht identifiziert und stellt eine potenzielle Gefahr f&uuml;r die Mitpatienten dar. Eine fr&uuml;hzeitige Erkennung durch Abnahme einer Sputumkultur zu Beginn der Rehabilitation, um m&ouml;glichst fr&uuml;hzeitig Vorsichtsma&szlig;nahmen einzuleiten (Einzelzimmer, Training im Einzelsetting), halten wir f&uuml;r notwendig.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Empfehlungen der Kommission f&uuml;r Krankenhaushygiene und Infektionspr&auml;vention (KRINKO) im Robert-Koch-Institut: Hygienema&szlig;nahmen bei Infektionen oder Besiedlung mit multiresistenten gramnegativen St&auml;bchen. Bundesgesundheitsblatt 2012; 55: 1311-54. Springer Verlag, 2012 <strong>2</strong> Van Daele SG et al.: Eur Respir J 2005; 25: 474-81</p> </div> </p>
Back to top