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Ambulant vor stationär: Verlagerung schreitet voran
Das aktuelle Monitoring des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums zeigt: Die angestrebte Stärkung des ambulanten Bereichs funktioniert, Massnahmen zur Verlagerung greifen.
Liebefeld. Um Behandlungen vom teureren stationären in den kostengünstigeren ambulanten Bereich zu verlagern, gibt es seit 2019 eine Reihe von medizinischen Eingriffen, wo die Krankenversicherung nur noch die ambulante Durchführung bezahlt. Laut der neuesten Erhebung des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) scheint die Massnahme zu greifen. Zu den Leistungen zählen beispielsweise Kniearthroskopien oder Leistenbrüche. Die schweizweit gültige Liste umfasste 2019 sechs Gruppen von Eingriffen. Anfang 2023 wurde sie auf 18 Gruppen erweitert. Bei den neu aufgelisteten Eingriffsgruppen hat sich die stationäre Durchführung um drei Prozent (beispielsweise Handchirurgie) bis 38 Prozent (beispielsweise extrakorporale Stosswellenlithotripsie) reduziert. Da gewisse Kantone diese Eingriffe bereits früher auf ihre Listen aufgenommen hatten, fiel die Verlagerung im beobachteten Jahr 2023 insgesamt aber geringer aus als jene bei der Einführung der ursprünglichen Liste im Jahr 2019.
Bei den 18 Eingriffsgruppen verursacht derselbe Eingriff bei ambulanter Durchführung laut Obsan zwei- bis achtmal weniger Kosten, als wenn er stationär durchgeführt wird. Trotzdem zeigt das Monitoring für das Jahr 2023, dass die Kosten der betroffenen Eingriffe gesamthaft (ambulant und stationär) gegenüber 2022 leicht gestiegen sind. Die beobachtete Kostensteigerung wird hauptsächlich durch einen Mengeneffekt im ambulanten Bereich verursacht, heisst es. Über die Jahre wurden gesamthaft zunehmend mehr Eingriffe vorgenommen. Insbesondere steigt die Anzahl der ambulant durchgeführten Eingriffe teilweise deutlich stärker an, als die Anzahl stationärer Durchführungen sinkt. Die Zunahme der Anzahl der Eingriffe folgt dabei dem allgemeinen Wachstumstrend im Gesundheitswesen und kann zum Teil auf den medizinischen Fortschritt zurückgeführt werden.
Auch 2024 schritten Reformen für das Gesundheitswesen voran, die die Verlagerung zur ambulanten Leistungserbringung begünstigen könnten. So hat die Schweizer Stimmbevölkerung am 24. November 2024 die Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) zur einheitlichen Finanzierung der Leistungen angenommen. Damit steigt laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) für die Kostenträger der Anreiz, die jeweils medizinisch sinnvollste und günstigste Behandlung zu fördern, was die Verlagerung zu ambulanten Leistungen unterstützen und die einseitige Mehrbelastung der obligatorischen Krankenversicherung (OKP) reduzieren dürfte. Zudem haben die Tarifpartner im ambulanten ärztlichen Bereich dem Bundesrat im November 2024 ein neues Gesamt-Tarifsystem bestehend aus der neuen Einzelleistungstarifstruktur TARDOC sowie der Tarifstruktur für Patient:innenpauschalen zur Genehmigung eingereicht, das die geltende Tarifstruktur TARMED per 1. Januar 2026 ablösen soll. Sachgerechte Tarife sind laut BAG eine wichtige Voraussetzung, um eine ambulante Leistungserbringung nachhaltig zu fördern. (red)
Quelle: BAG
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