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Die Behandlung der Rhinosinusitis mit Phytotherapeutika
DAM
Autor:
Dr. Pia Semrad
Ärztin für Allgemeinmedizin und Akupunktur<br> Korneuburg, Münichsthal<br> E-Mail: pia.semrad@gmx.at<br> www.semrad.at
30
Min. Lesezeit
19.10.2017
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<p class="article-intro">Besonders im Winterhalbjahr leiden viele Patienten an einer akuten Rhinosinusitis. Obwohl von einer großen Anzahl dieser Patienten eine antibiotische Therapie gewünscht wird, zeigt sich in der Praxis, dass eine Kräutertherapie in der Behandlung gute Ergebnisse erzielt. Der Einsatz von Antibiotika sollte aufgrund von zunehmenden Resistenzen und eventuellen Nebenwirkungen jedenfalls gut überdacht sein.</p>
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<p class="article-content"><p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_DAM_Allgemeinm_1708_Weblinks_dam_1707_seite_2_beitragsbild.jpg" alt="" width="2514" height="1206" /></p> <p>Eine Rhinosinusitis ist eine gleichzeitige Entzündung der Nasenschleimhaut (Rhinitis) und der Schleimhaut der Nasennebenhöhlen (Sinusitis). Die Einteilung erfolgt abhängig von der Dauer (länger oder kürzer als 12 Wochen) in eine akute Rhinosinusitis und eine chronische Rhinosinusitis. Die Unterscheidung zwischen viraler und bakterieller Rhinosinusitis, die oft einen zweistufigen Verlauf aufweist, ist in der Praxis aufgrund der ähnlichen Symptomatik oft schwierig. Schwere Komplikationen sind selten, allerdings können orbitale und intrakranielle Entzündungen auftreten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_DAM_Allgemeinm_1708_Weblinks_dam_1707_seite_3_tab_1.jpg" alt="" width="685" height="674" /><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_DAM_Allgemeinm_1708_Weblinks_dam_1707_seite_3_tab_2.jpg" alt="" width="1417" height="668" /></p> <p>Bei einer Rhinosinusitis kommt es aufgrund einer Entzündung oder Allergie durch eine Schleimhautschwellung (evtl. mit Polypenbildung) zu einer Verengung der Ostien. Es bildet sich ein Sekretstau in den Nasennebenhöhlen. Das Nasensekret kann sich sekundär bakteriell infizieren. Zu den Erregern gehören Adenoviren, Rhinoviren, Influenzaviren, Haemophilus influenzae, Pneumokokken, Streptokokken und Staphylokokken. <br /> In der Symptomatik unterscheiden sich die akute und die chronische Rhinosinusitis vor allem in der Intensität der Beschwerden. Bei der akuten Rhinosinusitis können Anosmie, purulente Nasensekretion, nasale Obstruktion und/oder Druckkopfschmerz bzw. Völlegefühl im Gesichtsbereich auftreten. Die chronische Rhinosinusitis ist gekennzeichnet durch anhaltend behinderte Nasenatmung, Hypbzw. Anosmie, Druck- und Schwellungsgefühl im Gesichtsbereich sowie durch eine erhöhte Infektanfälligkeit.<br /> In der Praxis wird die Diagnose meist aufgrund der recht eindeutigen Symptomatik und einer gezielten Befragung des Patienten gestellt. Für eine weiterführende Diagnostik stehen endoskopische Untersuchungen, ein Abstrich des Nasensekrets, CT und MR zur Verfügung.</p> <h2>Therapie der Rhinosinusitis</h2> <p>Die Rhinosinusitis kann man je nach Schweregrad über Inhalationstherapie, Phytotherapeutika, Analgetika, abschwellende Nasentropfen, Nasenspülungen, topische nasale Steroide oder Antibiotika (bakterielle Rhinosinusitis) therapieren.<br /> Die akute Rhinosinusitis ist meist viral bedingt und heilt auch ohne Therapie bei 60–80 % der Erkrankten innerhalb von zwei Wochen vollständig ab. In der Praxis werden in 85–98 % der Fälle Antibiotika verordnet,<sup>1</sup> obwohl auch mit einer Phytotherapie sehr gute Behandlungsergebnisse nebenwirkungsarm erzielt werden können. Phytopharmaka können bei akuter Rhinosinusitis die Atmung erleichtern und durch bakteriostatische Effekte einer bakteriellen Sekundärinfektion vorbeugen. Die DEGAM-Leitlinie „Rhinosinusitis“ empfiehlt bei der akuten Schleimhautentzündung zunächst pflanzliche Sekretolytika,<sup>2</sup> wie z.B. Cineol, Myrtol und Gentiana-Extrakte. Cineol ist der Hauptbestandteil des Eukalyptusöls, Myrtol ein standardisiertes ätherisches Ölpräparat (Tab. 1). Gentiana-Extrakt ist unter anderem im Kombinationspräparat Sinupret<sup>®</sup> mit Enzianwurzel, Sauerampfer, Holunderblüten, Eisenkraut und Schlüsselblumenblüten enthalten. Bei Tavipec- Kapseln bildet das ätherische Öl des Speiklavendels die Basis zur Bekämpfung der akuten Rhinosinusitis.<br /> Auch in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) werden Kräuter für die Behandlung der Rhinosinusitis verwendet. Der englische Botaniker und TCM-Arzt Jeremy Ross hat westliche Heilpflanzen entsprechend der TCM interpretiert und empfiehlt die in Tabelle 2 dargestellte Rezeptur. Im Winterhalbjahr 2016/17 behandelte ich 86 Patienten mit dieser Rezeptur. Lediglich bei zwei Patienten war auch nach fünf Tagen keine Verbesserung des Krankheitsverlaufs festzustellen. In diesen Fällen musste nachträglich ein Antibiotikum verabreicht werden. Die Rezeptur wurde als alkoholischer Auszug (1:5-Tinktur, 100ml) verschrieben, zur Einnahme von 5ml 3x täglich. Man kann die Kräuter aber auch als Rohdroge verschreiben, die Einnahme erfolgt dann in Form eines Tees (3x täglich 3g in je 250ml Wasser 20 Minuten köcheln lassen). <br /> Zur Behandlung einer Rhinosinusitis werden häufig abschwellende Nasensprays verschrieben. Nasensprays sollte man wegen der Abhängigkeitsgefahr und der Austrocknung der Schleimhäute nicht länger als eine Woche verwenden. Als Alternative haben sich Nasenöle (z.B. TCMNasenöl mit Fr. Xanthii, Angelica dahur., Fl. Magnoliae, Pfefferminzöl in Mandelöl) bewährt. Phytotherapeutika eignen sich nicht nur zur Behandlung einer Rhinosinusitis, sondern auch zur Vorbeugung. Zum Beispiel konnte nachgewiesen werden, dass Echinacea-Präparate das Erkältungsrisiko um bis zu 58 % verringern.<sup>4</sup></p></p>
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<p><strong>1</strong> Hickner JM et al: Ann Emerg Med 2001; 37: 703-10<br /><strong>2</strong> S2k-Leitlinie Rhinosinusitis 017/049 (HNO) und 053-012<br />(DEGAM), http://www.awmf.org, letzter Zugriff 14.09.2017<br /><strong>3</strong> Ross J: Die Rezepturen. Der sichere Weg zur individuellen<br />Verschreibung. Bad Kötzing: Verlag systemische Medizin,<br />2013 <strong>4</strong> Shah SA et al.: Lancet Infect Dis 2007; 7(7):<br />473-80</p>
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