© 220 Selfmade studio - stock.adobe.com

Von Psoriasis bis zu intrahepatischer Schwangerschaftscholestase

Dermatologische Therapie in der Schwangerschaft

Eine Schwangerschaft geht unbestritten mit zahlreichen Veränderungen für die werdenden Mütter einher – auch die Haut kann dabei eine Rolle spielen. Während sich bereits bestehende chronische Hauterkrankungen wie Psoriasis in ihrer Ausprägung verändern können, treten zuweilen auch de novo schwangerschaftsassoziierte Dermatosen auf.

Keypoints

  • Obwohl Psoriasis in der Schwangerschaft oft weniger aktiv wird, können einige Patientinnen starke Schübe erleiden.

  • Für TNFα-Blocker liegt die beste Evidenz bezüglich einer Systemtherapie in der Schwangerschaft vor.

  • Im Verlauf einer Schwangerschaft können spezifische dermatologische Erkrankungen neu auftreten.

Frauen im gebärfähigen Alter machen im Praxisalltag einen beträchtlichen Anteil der Patientinnen mit chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen wie beispielsweise Psoriasis aus. So liegt bei Frauen einer der Inzidenzgipfel der Psoriasis zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr, berichtete Dr. med. Galina Balakirski, Oberärztin am Zentrum für Dermatologie, Allergologie und Dermatochirurgie des Helios Universitätsklinikums Wuppertal.1 Daher empfiehlt es sich, bei der Therapieplanung auch das Thema Kinderwunsch zu berücksichtigen und anzusprechen. Denn für mehrere Präparate gibt es empfohlene Therapiepausen vor der Konzeption – diese reichen von mehreren Wochen über Monate bis hin zu Jahren.

Studiendaten zeigen z.B., dass sich in 56% der Fälle die Psoriasis während einer Schwangerschaft verbessert, sich bei rund einem Viertel der Betroffenen jedoch verschlechtert.2 Nach der Entbindung kommt es laut der Expertin häufig zu einer Verschlechterung der Symptomatik, was durch die hormonelle Umstellung ausgelöst zu werden scheint. Therapie der Wahl während einer Schwangerschaft sind topische Kortikosteroide wie Prednicarbat oder Methylprednisolonacetat.3 Auch topische Calcineurin-Inhibitoren könnten grundsätzlich angewendet werden, insbesondere an steroidsensitiven Arealen. Bestimmte Substanzen wie Salicylate oder Teerpräparate sind kontraindiziert.

Kommt es zu einer Verschlechterung des Hautbefundes, stehen inzwischen sichere Präparate für die Einleitung oder Fortführung einer systemischen Therapie zur Verfügung, so Balakirski.

Zugelassen für die Psoriasistherapie während der Schwangerschaft ist seit 2007 der TNFα-Inhibitor Certolizumab (Cimzia®) als Injektionslösung. Aufgrund der Fc-freien Molekülstruktur findet hier kein Antikörpertransfer über die Plazenta statt. Laut der Expertin kommen auch weitere TNFα-Inhibitoren «off-label» für die Psoriasistherapie während der Schwangerschaft infrage, wie beispielsweise Adalimumab. Wichtig zu wissen sei, dass diese jedoch im dritten Trimenon in den fetalen Kreislauf übergehen können. Das hat zur Folge, dass in den ersten drei Lebensmonaten das Kind keine Lebendimpfstoffe wie zum Beispiel gegen Rota-Viren erhalten darf.

Für weitere Substanzen wie Ustekinumab oder Secukinumab lägen bereits Berichte vor, dass diese Antikörper während einer Schwangerschaft sicher seien. Der Einsatz ist aber dennoch weiterhin «off-label». Bei einer (ungeplant) aufgetretenen Schwangerschaft während der Therapie bestehe keine zwingende Indikation zum Schwangerschaftsabbruch. Eine weiterführende gynäkologisch-sonografische Abklärung sollte erfolgen.3

Spezifische Dermatosen

Im Verlauf einer Schwangerschaft können spezifische dermatologische Erkrankungen auftreten, führte Balakirski aus. Eine der häufigsten Komplikationen ist die atopische Schwangerschaftsdermatose («atopic eruption of pregnancy», AEP), die mit einer Inzidenz von 1:5 bis 1:20 auftritt. Diese äussert sich gewöhnlich im ersten oder zweiten Trimenon der Schwangerschaft und kann auch auf dem Boden einer vorbestehenden atopischen Dermatitis entstehen. Interessanterweise mache dies jedoch lediglich einen geringen Prozentsatz aus, während 80% der Fälle de novo auftreten.4 Zur Behandlung dieser Erkrankung werden neben einer geeigneten Hautpflege auch milde bis moderate topische Steroide empfohlen. «Off-label» können topische Calcineurin-Inhibitoren in Betracht gezogen werden: Diese eigneten sich laut Balakirski insbesondere für Areale wie die Intertrigines oder im Gesicht, an denen ungern Steroide verwendet würden. In schwereren Fällen könne auch eine UVA1- oder UVB-Therapie zum Einsatz kommen, jedoch keine PUVA.4 Systemische Therapien wie Ciclosporin A sollten vermieden werden, um das Risiko für Komplikationen wie beispielsweise Hypertension zu minimieren, empfahl die Expertin.

Beteiligung der Bauchnabelregion

Typischerweise im dritten Trimenon tritt die polymorphe Schwangerschaftsdermatose («polymorphic eruption of pregnancy», PEP) auf, eine weitere häufige dermatologische Erkrankung. Sie ist vor allem am Bauch lokalisiert, mit Ausnahme des Nabelbereichs. Die Läsionen zeigen oft eine Ausbreitung auf die Striae distensae. Zur Behandlung dieser Erkrankung können topische Kortikosteroide wie Prednicarbat oder Methylprednisolon sowie orale Antihistaminika wie Loratadin 10mg zur Linderung des Juckreizes eingesetzt werden. In schwereren Fällen kann eine kurzfristige Anwendung systemischer Kortikosteroide erwogen werden, z.B. Prednisolon über wenige Tage ausschleichend, meinte Balakirski. Diese Erkrankung zeige in der Regel eine selbstlimitierende Entwicklung mit einer durchschnittlichen Heilungsdauer von 4 bis 6 Wochen und einer günstigen Prognose für das ungeborene Kind. Vor allem in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft kann ein Pemphigoid gestationis (PG) am Bauch, einschliesslich des Nabels, auftreten. Die Prognose für das Kind ist in der Regel gut, obwohl etwa 10% der Neugeborenen infolge passiven transplazentaren Antikörpertransfers leichte Hautmanifestationen zeigen können, die sich innerhalb weniger Wochen zurückbilden. Prednisolon wird als das bevorzugte systemische Kortikosteroid empfohlen (Gradient Mutter:Kind = 10:1) und gilt laut der Dermatologin als generell sicher. Das PG zeigt in der Regel eine Rückbildung innerhalb von Wochen bis Monaten nach der Geburt. Prednisolon ist in Form von Filmtabletten, Tabletten, als Creme, Salbe, Suppositorien und Lösung im Handel (z.B. Spiricort®, Prednisolon Streuli®).

Juckreiz ohne Primäreffloreszenzen

Eine in der Regel von Gynäkolog:innen behandelte Dermatose ist die intrahepatische Schwangerschaftscholestase («intrahepatic cholestasis of pregnancy», ICP). Frühzeitige Diagnose und adäquate Betreuung sind von entscheidender Bedeutung. Diese Erkrankung zeigt keine primären Läsionen, sie und äussert sich vor allem durch starken Juckreiz an den Handflächen und Fusssohlen und ist mit einem erhöhten Risiko für spontane Frühgeburten (19%) und perinatale Sterblichkeit (9,5%) assoziiert. Ursodeoxycholsäure gilt als Erstlinientherapie, während symptomatische Massnahmen wie Dimetindenmaleat-Gel (Fenistil® Gel). oder 2% Mentholcreme auf Wasserbasis zur Linderung des Juckreizes beitragen können.

Als Leitfaden für die Diagnose von spezifischen Schwangerschaftsdermatosen empfahl Balakirski den Algorithmus von Prof. Dr. med. Michael Sticherling aus Erlangen und Doz. Dr. med. Christina Ambros-Rudolph aus Graz (Abb. 1).5

Abb. 1: Schwangerschaftsdermatosen (modifiziert nach Ambros-Rudolph CM, Sticherling M)5

Symposium «Schwangerschaftsdermatosen und dermatologische Therapie in der Schwangerschaft», Dermatologie kompakt & praxisnah, 1.–3. März 2024 in Wiesbaden

1 Parisi R et al.: Global epidemiology of psoriasis: a systematic review of incidence and prevalence. J Invest Dermatol 2013; 133(2): 377-85 2 Raychaudhuri SP et al.: Clinical course of psoriasis during pregnancy. Int J Dermatol 2003; 42(7): 518-20 3 Balakirski G, Novak N: Atopic dermatitis and pregnancy. J Allergy Clin Immunol 149(4): 1185-1194 4 Balakirski G et al.: Psoriasis-Therapie während Schwangerschaft und Stillzeit. J Dtsch Dermatol Ges 2022; 20(5): 653-685 5 Ambros-Rudolph CM, Sticherling M: Spezifische Schwangerschaftsdermatosen. Hautarzt 2017; 68(2): 87-94

Back to top