Lichen planopilaris und frontale fibrosierende Alopezie
Autor:
Dr. Ruben A. Ferrer
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie
LMU Klinikum, München
E-Mail: ruben.ferrer@med.uni-muenchen.de
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Frontale fibrosierende Alopezie (FFA) und Lichen planopilaris (LPP) haben irreversiblen Haarausfall zur Folge. Bei beiden Autoimmunerkrankungen ist daher die Früherkennung von besonderer Bedeutung, um eine gezielte Therapie einleiten zu können.
Keypoints
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LPP und FFA sind Autoimmunerkrankungen, die durch eine fehlgeleitete Immunantwort auf ein unbekanntes Antigen in der Basalmembranzone gekennzeichnet sind. Hormonelle Faktoren und Signalwegüberaktivierungen können bei FFA eine Rolle spielen.
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Die Diagnose erfolgt durch Anamnese und klinische Untersuchung. In frühen Phasen kann eine Biopsie oder eine hochauflösende optische Kohärenztomografie notwendig sein.
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Die Behandlung umfasst topische entzündungshemmende Präparate, systemische Retinoide, Quensyl, Immunmodulatoren und Off-Label-JAK-Inhibitoren. Langzeittherapie ist erforderlich, und chirurgische Optionen sind bei fortgeschrittenen Fällen möglich.
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Patienten sollten regelmäßig überwacht werden, um den Haarwachstumsstatus zu dokumentieren. Der Abstand zwischen der Glabella und der Frontotemporallinie kann bei FFA informativ sein.
Frontale fibrosierende Alopezie (FFA) und Lichen planopilaris (LPP) sind entzündliche Kopfhauterkrankungen, die zu vernarbendem Haarausfall führen. Bei beiden wird der Haarfollikel durch chronische Entzündungen zerstört. Es ist wichtig, über diese Erkrankungen zu sprechen, da sie die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können. Haarverlust, besonders im Gesicht und auf der Kopfhaut, kann emotionalen Stress und geringes Selbstwertgefühl hervorrufen. Zudem erfordern diese Autoimmunerkrankungen gezielte medizinische Behandlungen.
Verständnis und die frühzeitige Erkennung sind entscheidend, um den Verlauf zu verlangsamen und Komplikationen zu vermeiden. Aufklärung schärft das Bewusstsein für Symptome, sodass Betroffene schneller Hilfe suchen können. FFA betrifft vor allem postmenopausale Frauen. LPP verursacht kleine, haarlose Narben auf der Kopfhaut. Beide Erkrankungen führen zu irreversiblem Haarausfall und erfordern oft den Einsatz von Steroiden oder Immunsuppressiva. Die Früherkennung spielt dabei eine wichtige Rolle.
Ursachen von LPP und FFA
LPP und FFA sind Autoimmunerkrankungen, bei denen eine fehlgeleitete Immunantwort die follikulären Stammzellen in der Wulst-Region des Haarfollikels zerstört, was zu irreversiblem Haarverlust führt. Bei FFA könnten Androgene beteiligt sein, zudem wurden Überaktivierungen im mTOR-, PPARγ-, TGFb-, JAK- und INF-Signalweg beobachtet.1 Mögliche Einflussfaktoren sind:
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Operationen: Es wurden Fälle von LPP und FFA nach Eingriffen wie Haartransplantationen oder Facelifts beobachtet, möglicherweise im Zusammenhang mit dem Köbner-Phänomen oder dem Verlust des Immunprivilegs.1
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Hormonelle Einflüsse: FFA tritt häufig bei postmenopausalen Frauen auf und spricht auf Antiandrogen-Therapien an. Männer und prämenopausale Frauen sind jedoch ebenfalls betroffen, ohne dass eine Hormonersatztherapie den Verlauf beeinflusst.1
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Sonnenschutzmittel: Eine systematische Übersichtsarbeit zeigte, dass die Verwendung von Sonnenschutzmitteln das Risiko, an FFA zu erkranken, um das 2,21-Fache erhöht. Diese Daten basieren jedoch auf retrospektiven Studien mit möglichen Verzerrungen.2
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Aktinische Schäden: FFA-Patienten weisen größere aktinische Schäden auf, was erklären könnte, warum sie häufiger Sonnenschutzmittel verwenden. Diese Hautschäden könnten eine Folge der Erkrankung und nicht deren Ursache sein.3
Klinische Präsentation von LPP und FFA
Eine Zusammenfassung der klinischen Merkmale beider Erkrankungen befindet sich in Tabelle1. In Abbildung1 werden die wichtigsten Zeichen beider Erkrankungen dargestellt.
Tab. 1: Klinische Merkmale von FFA und LPP
Abb. 1: Klinische Merkmale von FFA und LPP: (a) glatte Haut mit irreversiblen Schäden an den Haarfollikeln bei LPP; (b) Verhornung der Haut rund um die Haarfollikel („casts“)häufiger bei LPP, aber auch gelegentlich bei FFA vorhanden; (c) typischer Befund bei FFA mit „fringe hairs“ und „lonely hairs“;(d) weiterer typischer Befund bei FFA
Spezifische klinische Zeichen von FFA
Initialstadium
Im Initialstadium können folgende Anzeichen auf eine FFA hindeuten:
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„Fringe hairs“: Im Frühstadium sind sogenannte „fringe hairs“ typisch. Das bedeutet, dass einzelne Haare entlang des zurückweichenden Haaransatzes erhalten bleiben.
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„Lonely hairs“: „Lonely hairs“ beschreiben vereinzelte, verbliebene Haare in Bereichen, in denen der Haaransatz bereits deutlich zurückgegangen ist.
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Beteiligung der Augenbrauen: Zu Beginn kann es häufig zu einem Verlust der seitlichen Augenbrauen kommen, oft ohne begleitende Hyperkeratose oder Erythem. Dieser Verlust kann ein früher Hinweis auf FFA sein.
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Verwechslungsgefahr mit Alopecia areata: Im Frühstadium kann FFA schwer von der Alopecia areata des Sisaipho-Typs zu unterscheiden sein, einer Variante, bei der die Kopfhaare diffus ausfallen, aber die Körperbehaarung verschont bleibt.
Ausbreitungsmuster
Bezüglich des Ausbreitungsmusters sollte auf folgende Möglichkeiten geachtet werden:
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Frontal betont: Am häufigsten tritt der Haarausfall im Stirnbereich auf, mit einer symmetrischen Rückbildung des Haaransatzes.
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Andere Areale: In einigen Fällen kann der Haarverlust auch temporale (seitliche), okzipitale (hintere) oder sogar zentripetale (von außen nach innen gerichtete) Muster annehmen. Dies zeigt, dass FFA sich nicht nur auf den Frontalbereich beschränkt.
Diagnostik von LPP und FFA
Die Diagnostik von LPP und FFA basiert in erster Linie auf einer gründlichen Anamnese und klinischen Untersuchung. Die meisten Fälle lassen sich anhand der typischen klinischen Präsentation klar zuordnen.
Herausforderungen in der Frühphase
In der Frühphase der Erkrankung kann die Diagnosestellung jedoch schwierig sein, insbesondere bei unspezifischen oder minimalen Symptomen. Bei Unsicherheiten wird eine Probebiopsie aus dem noch haartragenden Randbereich der betroffenen Areale empfohlen, um eine genaue Diagnose zu stellen.4
Nichtinvasive Diagnostik
Eine nichtinvasive Alternative ist die hochauflösende optische Kohärenztomografie (HR-OCT). Diese Methode ermöglicht die Darstellung der Haarfollikel und der umgebenden Strukturen, um eine vernarbende Alopezie wie LPP oder FFA ohne die Notwendigkeit einer Biopsie zu diagnostizieren.
Laboruntersuchungen sind in der Regel nicht erforderlich, da LPP und FFA vorwiegend durch klinische und histologische Befunde diagnostiziert werden.
Histologische Merkmale von LPP und FFA
Die folgenden histologischen Merkmale kennzeichnen beide Erkrankungen bzw. helfen bei der Differenzierung:
Gemeinsame Merkmale
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Perifollikuläres lymphozytisches Infiltrat: Beide Erkrankungen zeigen ein entzündliches lymphozytäres Infiltrat um die Haarfollikel.
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Apoptotische Keratinozyten: Die Apoptose der Keratinozyten ist ein zentrales Merkmal beider Erkrankungen.
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Perifollikuläre Fibrose: Die entzündliche Reaktion führt zu Fibrosierung um die Follikel, was zu deren Zerstörung führt.
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Zerstörung des Follikels: In fortgeschrittenen Stadien wird der zerstörte Haarfollikel durch ein unspezifisches vertikales Faserband ersetzt.
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Entzündungsinfiltrate: Diese betreffen bei beiden Erkrankungen die Terminal-, Intermediär- und Vellushaare, sie treten unabhängig von der Phase des Haarzyklus auf.
Unterschiede zwischen LPP und FFA
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Apoptotische Keratinozyten: Bei der FFA zeigen sich tendenziell mehr apoptotische Keratinozyten und weniger entzündliche Infiltrate im Vergleich zu LPP.
Fortgeschrittene Stadien
In fortgeschrittenen Stadien zeigen sich unspezifische histologische Zeichen einer vernarbenden Alopezie in allen betroffenen Bereichen, was die Differenzierung zwischen den Erkrankungen erschwert.
Therapie von LPP und FFA
Wichtig ist die umfassende Aufklärung über die Erkrankung, ihre Chronizität und die Notwendigkeit einer Langzeittherapie.Erklärtes Ziel einer Therapie ist das Stoppen des Fortschreitens der Erkrankung. Die folgenden Optionen stehen derzeit zur Verfügung.
Retinoide
Isotretinoin:
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Dosierung: 10–40mg täglich
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Nach 12 Monaten: 76% der Patienten ohne Fortschreiten der Erkrankung
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Nach 24 Monaten: 73% der Patienten ohne Fortschreiten
Acitretin
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Dosierung: 10–30mg täglich
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Ähnliche Ergebnisse wie Isotretinoin, mit 72% der Patienten ohne Fortschreiten nach 12 und 24 Monaten5
Quensyl (Hydroxychloroquin)
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Dosierung: 200mg, 1- oder 2-mal täglich
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Wirksamkeit bei ca. 40–60% der Patienten, jedoch erst nach langfristiger Anwendung
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Gut verträglich1,6
Medikamentöse Alternativen
Zu den Immunmodulatoren Ciclosporin und Mycophenolatmofetil existieren Berichte über die Wirksamkeit, jedoch auch über hohe Rezidivraten. Methotrexat (MTX) und Dapson werden ebenfalls als Therapieoptionen beschrieben.
Januskinase(JAK)-Inhibitoren (JAKi) stellen eine Off-Label-Option dar. Zu den systemischen Wirkstoffen in dieser Indikation zählen Baricitinib, Upadacitinib, Tofacitinib und neu Brepocitinib (JAK1- und TYK2-Hemmer). Als topische Optionen stehen Ruxolitinib und Tofacitinib zur Verfügung.
Nichtmedikamentöse Alternativen
Bezüglich der Laser- und photodynamischen Therapie sind verschiedene Therapiemöglichkeiten beschrieben – mit variierenden Ergebnissen.
Zur hormonellen Therapie existieren Empfehlungen für Finasterid oder Dutasterid bei FFA, mit vergleichbarer Wirksamkeit zu Quensyl.7
Chirurgische Optionen
Haartransplantation oder Scalp-Reduction-Operation sind bei ausgebrannter Erkrankung ohne aktive Therapie möglich.
Monitoring
Bedeutend sind Überwachung der Haaranzahl und eine entsprechende Fotodokumentation, weiters die Messung des Abstands zwischen der Glabella und der Frontotemporallinie bei FFA zur Dokumentation des Krankheitsverlaufs.
Literatur:
1 Litaiem N, Idoudi S: Frontal fibrosing alopecia. In: StatPearls [Internet]. StatPearls Publishing 2024; verfügbar unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK519001/ (zuletzt aufgerufen am 7.11.2024) 2 Maghfour J, Wong T: The relationship between sunscreen use and frontal fibrosing alopecia: a systematic review. J Am Acad Dermatol 2021; 84(2): 514-5 3 Porriño-Bustamante M, González-Campora R: Actinic damage and frontal fibrosing alopecia: an observational study. Acta Derm Venereol 2022; 102(3): adv00757; DOI: 10.2340/actadv.v102.306 4 Wolff H et al.: The Diagnosis and Treatment of Hair and Scalp Diseases. Dtsch Arztebl Int 2016; 113(21): 377-86 5 Rakowska A et al.: Efficacy of Isotretinoin and Acitretin in Treatment of Frontal Fibrosing Alopecia: Retrospective Analysis of 54 Cases. J Drugs Dermatol 2017; 16(10) :988-92 6 Le Cleach L, Chosidow O: Lichen Planus. N Engl J Med 2012; 366: 723-32 7 Porriño-Bustamante M et al.: Frontal fibrosing alopecia: a review. Clin J Med 2021; 10(9): 1805
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