Niedermolekulares Heparin ist keine Prophylaxe für Fehlgeburten
Bericht: Dr. Ine Schmale
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In Studien wurde ein Zusammenhang von Fehlgeburten und der hereditären Thrombophilie beobachtet. Die Annahme, dass Antikoagulanzien die Anzahl an Fehlgeburten reduzieren könnte, wurde bisher nicht nachgewiesen. Dennoch wurden Schwangere entsprechend behandelt – unnötigerweise.
Schwangere Frauen mit hereditärer Thrombophilie werden nach mehreren Fehlgeburten häufig mit niedermolekularem Heparin behandelt, obwohl eine solide Evidenz für dieses Vorgehen fehlt. Mit der akademischen, internationalen, randomisierten und kontrollierten Studie ALIFE2 wurde diese Wissenslücke nun geschlossen. Es wurden 326 Schwangere im Alter von 18–42 Jahren eingeschlossen, die ≥2 Fehlgeburten hatten. Sie mussten eine bestätigte hereditäre Thrombophilie aufweisen, nachgewiesen anhand von Faktor V-Mutation, Prothrombin 20210-Mutation, Antithrombin-, Protein C- oder Protein S-Mangel. Das Gestationsalter durfte nicht mehr als 7 Wochen betragen. Die Frauen spritzen sich subkutan täglich niedermolekulares Heparin (Dalteparin 5000 IU, Enoxaparin 40 mg, Nadroparin 2850 IU oder Tinzaparin 4500 IU) bis zum Ende der Schwangerschaft und erhielten zusätzlich die Standardbehandlung für Schwangere oder aber die alleinige Standardbehandlung. Primärer Endpunkt der Studie war die Anzahl an Lebendgeburten.
Die Frauen waren durchschnittlich 33 Jahre alt und ca. 70% hatten bereits 3 oder mehr Fehlgeburten hinter sich. Die Hämophilie war am häufigsten verursacht durch Faktor-V- (ca. 56%) und Prothrombin-Mutationen (ca. 26%).
Im Ergebnis brachten 71,6% versus 70,9% der Studienteilnehmerinnen lebende und gesunde Kinder zur Welt (Odds Ratio: 1,04; p=0,99). Nebenwirkungen traten häufiger im Heparin-Arm auf (43,9% vs. 26,5%; Odds Ratio: 2,17; p=0,0016). Die Differenz wurde im Wesentlichen durch nicht relevante Nebenwirkungen, wie blaue Flecken, Hautreaktionen an der Einstichstelle und leichte Blutungen, dominiert.
Die Ergebnisse der ALIFE2-Studie sollten Frauen mit hereditärer Thrombophilie und wiederholten Fehlgeburten Mut zur Schwangerschaft machen, da sie bei etwa 70% der betroffenen Frauen normal verläuft. Durch niedermolekulares Heparin wurde die Geburtenrate nicht erhöht. Daraus folgt, dass niedermolekulares Heparin nicht als Prophylaxe für mögliche Fehlgeburten gegeben werden sollte. Bei Frauen mit wiederholten Fehlgeburten sollte auch nicht auf eine hereditäre Thrombophilie getestet werden, wenn keine therapeutischen Konsequenzen folgen. Mit diesen Empfehlungen wird den Frauen eine überflüssige Therapie und dem Gesundheitswesen hohe Kosten erspart. Randomisierte klinische Studien zur Thromboprophylaxe bei Schwangeren können und müssen durchgeführt werden, schlossen die Autor*innen.
Quelle
Middeldorp S et al.: Low-molecular-weight haparin versus standard pegnancy care for women with recurrent miscarriage and inherited thrombophilia: An open-label, phase III randomized controlled trial (ALIFE2). ASH 2022; Abstr. #LBA-5
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