<p class="article-intro">Im Rahmen des Fortbildungskurses bei der diesjährigen Jahrestagung der ÖGGH in Innsbruck stellte Prim. Michael Gschwantler, Wien, das bislang wenig beachtete Krankheitskonzept der Pankreaslipomatose bzw. der „non-alcoholic fatty pancreas disease“ (NAFPD) vor und zog dabei Parallelen zur nichtalkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD).</p>
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<p class="article-content"><p>Die Pankreaslipomatose wurde bereits 1926 durch Schaefer und Kollegen historisch erstbeschrieben,<sup>1</sup> blieb jedoch lange Zeit relativ unbeachtet. Mittlerweile hat sich das nahezu unaussprechliche Akronym NAFPD für den Anglizismus „non-alcoholic fatty pancreas disease“ etabliert, führt Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Gschwantler, Wilhelminenspital Wien, in das Thema ein. Pankreassteatose und „non-alcoholic fatty steatopancreatitis“ sind weitere in der Literatur verwendete Synonyme. Mittels bildgebender Verfahren wie Ultraschall, Computertomografie oder MRT wird eine vermehrte Fetteinlagerung im Pankreas festgestellt. Mit der zunehmenden Problematik einer weltweiten „Adipositas-Epidemie“ bekommt die Pankreaslipomatose aktuell zunehmend Beachtung. Die Häufung rezenter Publikationen dokumentiert die zunehmende Relevanz und das Interesse im Rahmen der internationalen Forschung zum metabolischen Syndrom.</p>
<p class="article-intro">Im Rahmen des Fortbildungskurses bei der diesjährigen Jahrestagung der ÖGGH in Innsbruck stellte Prim. Michael Gschwantler, Wien, das bislang wenig beachtete Krankheitskonzept der Pankreaslipomatose bzw. der „non-alcoholic fatty pancreas disease“ (NAFPD) vor und zog dabei Parallelen zur nichtalkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD).</p>
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<p class="article-content"><p>Die Pankreaslipomatose wurde bereits 1926 durch Schaefer und Kollegen historisch erstbeschrieben,<sup>1</sup> blieb jedoch lange Zeit relativ unbeachtet. Mittlerweile hat sich das nahezu unaussprechliche Akronym NAFPD für den Anglizismus „non-alcoholic fatty pancreas disease“ etabliert, führt Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Gschwantler, Wilhelminenspital Wien, in das Thema ein. Pankreassteatose und „non-alcoholic fatty steatopancreatitis“ sind weitere in der Literatur verwendete Synonyme. Mittels bildgebender Verfahren wie Ultraschall, Computertomografie oder MRT wird eine vermehrte Fetteinlagerung im Pankreas festgestellt. Mit der zunehmenden Problematik einer weltweiten „Adipositas-Epidemie“ bekommt die Pankreaslipomatose aktuell zunehmend Beachtung. Die Häufung rezenter Publikationen dokumentiert die zunehmende Relevanz und das Interesse im Rahmen der internationalen Forschung zum metabolischen Syndrom.</p> <h2>Analogie zur nichtalkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD)</h2> <p>Wie bei der NAFLD ist die NAFPD eng mit der Adipositas und dem metabolischen Syndrom assoziiert und 50 % der NAFLDPatienten weisen eine Pankreaslipomatose im Ultraschall auf (Abb. 1).<sup>2</sup><br /> Sehr rezent wurden signifikante Assoziationen der NAFPD mit nahezu allen Komponenten des metabolischen Syndroms in einer Metaanalyse mit 49 329 Patienten aus 13 Studien nachgewiesen. (metabolisches Syndrom: 95 % Konfidenzintervall [KI]: 2,00–2,53; p < 0,0001; Hypertonie: 95 % KI: 1,08–1,90; p < 0,013; Diabetes mellitus: 95 % KI: 1,18–3,35; p = 0,01; „central obesity“: 95 % KI: 1,67– 2,19; p < 0,0001). Ebenso signifikant war die Assoziation von NAFPD und Fettlebererkrankung (95 % KI: 2,06–3,02; p < 0,0001). Nur ein Zusammenhang mit Hyperlipidämie wurde hier nicht direkt nachgewiesen (p = 0,249).<sup>3</sup><br /> Ebenso wie bei der NAFLD scheint ein direkter Zusammenhang mit kardiovaskulären Komplikationen zu bestehen, die morbiditäts- und mortalitätsbestimmend sind. In einer Assoziationsstudie konnte gezeigt werden, dass das Vorhandensein einer NAFPD mit vermehrten epikardialen Fetteinlagerungen und einer höheren Intima- Media-Dicke der Aorta im Vergleich zu Patienten ohne NAFPD einhergeht. Letztere ist mit subklinischer Arteriosklerose assoziiert und dient wie die Carotis-Intima- Media-Dicke als Risikomarker für kardiovaskuläre Komplikationen. In der NAFPD-Gruppe war darüber hinaus der Nüchternblutzucker signifikant höher als in der Vergleichsgruppe ohne Pankreaslipomatose.<sup>4</sup></p> <h2>Pankreasspezifische Folgen</h2> <p>Auch die exokrine Pankreasfunktion dürfte bei Patienten mit Pankreaslipomatose gestört sein. Bei 43 solcher im MRT untersuchten Patienten (ohne regelmäßigen Alkoholkonsum, Diabetes mellitus, abdominell-chirurgische Eingriffe oder chronisch-entzündliche Darmerkrankung) fand sich eine signifikant niedrigere Stuhl- Elastase-1 (319,76 vs. 549,31 μg/g; p = 0,003) und häufiger eine exokrine Pankreasinsuffizienz (Stuhl-Elastase-1 < 200 μg/g bei 11 vs. 3; p = 0,042).<sup>5</sup><br /> Länger bekannt ist bereits, dass das metabolische Syndrom und Adipositas ein erhöhtes Risiko für Pankreatitiden mit sich bringen.<sup>6</sup> Zusätzlich ist die Mortalität einer akuten Pankreatitis bei adipösen Patienten signifikant höher als bei normalgewichtigen.<sup>7</sup> Pathogenetisch könnten mit dem metabolischen Syndrom assoziierte Faktoren wie Gallensteine, Malignome, Hyperlipidämie, Medikamente<sup>8</sup> und von Adipozyten sezernierte proinflammatorische Zytokine wie Leptin, Interleukin-6, Interleukin-1β und TNFα<sup>9</sup> für die Entstehung einer akuten Pankreatitis im Rahmen der Fettleibigkeit verantwortlich sein.<br /> Auch das Risiko, ein Pankreaskarzinom als mögliche fatale Endstrecke der NAFPD zu entwickeln, könnte bei diesen Patienten erhöht sein.<sup>10</sup> Dabei ist vorerst weder ein kausaler Zusammenhang noch die Pathogenese geklärt, betont der Gastroenterologe.</p> <h2>Pathophysiologische Erklärungsansätze und offene Fragen</h2> <p>Ebenso wie bei der NAFLD führt ein Überangebot an täglich durch die Nahrung zugeführten Kalorien und westlichem Diätverhalten mit einem Übermaß an Zucker- und Fettkonsum primär zu Hyperglykämie sowie peripherer und zentraler Insulinresistenz. Dies führt analog zur NAFLD schlussendlich zu einer Lipidakkumulation in den Beta-Zellen des Pankreas. Durch das alimentäre Überangebot an freien Fettsäuren werden in der Leber vermehrt Triglyzeride synthetisiert und VLDL-Partikel gebildet, welche ebenfalls zur Lipidvermehrung in den Beta-Zellen beitragen. Dadurch kommt es in letzter Konsequenz zu vermehrtem Zelltod der Beta- Zellen und konsekutiver Abnahme der Insulinproduktion, womit sich der Circulus vitiosus schließt.<sup>11</sup> Jedoch bleibt vorerst die exakte Pathogenese weitgehend ungeklärt. Faktoren wie Insulinresistenz, oxidativer Stress, Adipokine und chronische Inflammation<sup>12</sup> werden dabei diskutiert, wie Prim. Gschwantler zusammenfasst.<br /> Offen ist auch eine klare Definition der NAFPD mit noch fehlenden und validierten Diagnosekriterien für die unterschiedlichen bildgebenden Modalitäten wie Ultraschall, Computertomografie, Magnetresonanztomografie und -spektroskopie, Ultraschall- Elastografie und Endosonografie. Derzeit stellt die MRT aufgrund ihrer hohen Spezifität und ihres Sicherheitsprofils die bevorzugte Methode dar,<sup>12</sup> bei natürlich sehr begrenzter Verfügbarkeit.</p> <h2>Natürlicher Verlauf der NAFPD analog zur NAFLD</h2> <p>Somit scheint der natürliche Verlauf der NAFPD analog dem der NAFLD zu sein. Ein Überangebot von Nahrungskalorien führt zu intrazellulärer Lipidakkumulation. Dadurch und durch das metabolische Syndrom per se (z. B. proinflammatorische Zytokine aus Adipozyten etc.) kann es zu einer chronischen Inflammation im Sinne einer nichtalkoholischen Steato-Pankreatitis (NASP) vergleichbar der nichtalkoholischen Steato-Hepatitis (NASH) kommen. Zelltod und Fibrose der Organe wären die Folgen.<br /> Die gemeinsame klinische Endstrecke beider Krankheitsentitäten stellen einerseits kardiovaskuläre Komplikationen, Organinsuffizienz bzw. Organversagen und andererseits ultimativ ein erhöhtes Karzinomrisiko dar (Abb. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Infekt_1903_Weblinks_j_infekt_1903_s32_abb1_kienbacher.png" alt="" width="700" height="493" /></p> <h2>Die Zukunft der NAFPD</h2> <p>Auch bei der NAFLD war lange Zeit die Frage, ob diese Krankheitsentität überhaupt existiert, und die Diagnose wurde oftmals belächelt. Die Korrelation mit harten Outcome-Daten hinsichtlich metabolischer und onkologischer Morbidität und Mortalität ist heute jedoch bestens belegt. Interessant wird auch sein, ob aktuelle NAFLD-Therapeutika und solche, die aktuell in klinischen Studien untersucht werden, auch Vorteile für die NAFPD mit sich bringen.<br /> Sollen in Zukunft „alle“ Organe hinsichtlich Lipomatose vermessen werden? Zum Beispiel im Sinne einer „non-alcoholic fatty heart disease (NAFHD)“ oder einer „non-alcoholic fatty kidney disease (NAFKD)“? Obwohl der Gedanke zynisch anmutet, ist es doch bereits gelebte Praxis, das kardiovaskuläre Risikoprofil mittels epikardialer Fettmessung und Carotis-Intima- Media-Dicke abzuschätzen.<br /> Vorgeschlagen wird derzeit jedenfalls, das Vorliegen einer Pankreaslipomatose analog zur NAFLD als relevantes Signal für kardiovaskuläres Risiko zu betrachten, da es direkt mit dem metabolischen Syndrom und etablierten kardiovaskulären Risikomarkern wie der Intima-Media-Dicke der Aorta assoziiert ist.<sup>4</sup></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: „Non-alcoholic fatty pancreas disease“, Vortrag von Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Gschwantler, beim 30. Fortbildungskurs im Rahmen der 52. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH), 13.–15. Juni 2019, Innsbruck
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