
Clostridioides difficile: Stand der Dinge
Bericht:
Dr. Norbert Hasenöhrl
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Für die Behandlung von Erkrankungen durch Clostridioides difficile wird heute Metronidazol nicht mehr oder nur noch in Ausnahmefällen empfohlen. Was es sonst zu beachten gibt, erklärte der Infektiologe Priv.-Doz. Dr. Matthias Vossen von der MedUni Wien.
Das wohl weithin noch immer als Clostridium difficile (CD) bekannte Bakterium wurde 1935 erstbeschrieben und heißtseit August 2016 Clostridioides difficile – womit nicht nur der Erreger selbst diffizil wäre, sondern auch seine Aussprache. „CD kommt ubiquitär in der Umwelt sowie im Darm von Menschen und Tieren vor und ist bei Säuglingen ein Teil des normalen Darmmikrobioms“, erklärte Priv.-Doz. Dr. Matthias Vossen, Universitätsklinik für Innere Medizin I, MedUni Wien.
Es handelt sich dabei um anaerobe, grampositive, sporenbildende Stäbchen, wobei die Sporen hochgradig resistent gegen alkoholische Desinfektionsmittel, Wärme und Austrocknung sind. Dies ist einer der wenigen Fälle, in denen Händewaschen mehr zur Desinfektion beiträgt als alkoholische Desinfektionsmittel. Die Übertragung erfolgt fäkooral. Es gibt mehr als 800 Ribotypen, von denen einige, aber nicht alle, Toxine bilden. Diese sind das eigentliche pathogene Agens.
Zu unterscheiden sind die Toxine A und Bsowie ein binäres Toxin. Sie schädigen die Zellen des Darmtrakts, was zu Diarrhö führt. Der Ribotyp 027 ist besonders virulent.
CDAD – Auslöser und Inzidenz
Die CD-assoziierte Diarrhö (CDAD) hat eine multifaktorielle Genese. Dabei spielt eine Störung des Mikrobioms – auch als Dysbiose bezeichnet – eine wichtige Rolle. Sie kann durch eine antimikrobielle oder antineoplastische Behandlung ausgelöst werden. Als Auslöser infrage kommen alle Breitbandantibiotika, insbesondere die 4C: Clindamycin, Cephalosporine, Chinolone, Co-Amoxiclav. Relativ unverdächtig sind hingegen Tetrazykline und Cotrimoxazol. Unter den antineoplastischen Substanzen kommen etwa Doxorubicin, Cisplatin, Cyclophosphamid, Fluorouracil, Chlorambucil oder Methotrexat infrage.
Die Kolonisation mit CD kann etwas Normales sein. Auffallend ist allerdings, dass sie nach Krankenhausaufnahme wesentlich häufiger wird – 20 bis 40% aller Patienten sind betroffen. Das Problem sind, wie erwähnt, die Toxine, und hier vor allem die Tatsache, dass oft eine Immunantwort darauf fehlt. „Die fehlende Immunantwort auf diese Toxine macht aus einem asymptomatischen Träger einen CDAD-Patienten“, betonte Vossen.
Die Inzidenz von CDAD nimmt weltweit seit 2000 und in Österreich seit 2003 zu, unter anderem gibt es auch mehr ambulant erworbene Fälle. Dies könnte zum Teil auch an der gestiegenen Testhäufigkeit liegen. CD verursacht 15 bis 20% aller Antibiotika-assoziierten Durchfallerkrankungen und diese verlängern die mittlere Aufenthaltsdauer im Krankenhaus um durchschnittlich sieben Tage. „Sie erzeugen aber auch eine erhöhte Mortalität, insbesondere bei älteren Patienten“, warnte der Infektiologe. Deshalb sind schwere CD-Erkrankungen auch meldepflichtig, wobei schwer einen der folgenden drei Fälle bedeutet:
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Intensivmedizinische Behandlung
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Chirurgische Behandlung aufgrund von Perforation oder therapierefraktärer Kolitis
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Tod, auch bei indirekter Kausalität
Krankenhaushygiene
CD ist – insbesondere in der Diarrhöphase – hochgradig ansteckend und streut auch auf umliegende Gegenstände. Wichtig ist das Waschen der Hände, die Desinfektion erfolgt erst danach, wenn die Hände wieder trocken sind. Handschuhe und Einwegschürzen sollten verwendet werden; hingegen sind Mundschutz, Haube und Mantel nicht erforderlich.
Schon bei Verdacht auf CDAD sollte eine Isolation des Patienten erfolgen – idealerweise im Einzelzimmer; falls nötig, kann man zwei Patienten mit Paravent in einem Dreibettzimmer unterbringen. Jeder Patient sollte sein eigenes WC, notfalls zumindest einen eigenen Leibstuhl haben. Die Isolation sollte bis 48 Stunden nach Sistieren der Diarrhö fortgesetzt werden. Das Zimmer muss danach mit sporoziden Mitteln gereinigt werden.
Diagnostik
Zunächst muss eine Diarrhö vorliegen. Diese ist definiert als mindestens drei ungeformte Stühle in 24 Stunden. „Ungeformt“ bedeutet die Typen 5 bis 7 auf dem Bristol Stool Chart ( https://en.wikipedia.org/wiki/Bristol_stool_scale ). Liegt keine Diarrhö vor, so muss in der Bildgebung eine Kolitis bzw. ein Megakolon vorliegen. Schließlich sollte auch ein Toxinnachweis erfolgen. „Üblicherweise kombiniert man hier einen Screeningtest, wie einen Enzymimmunoassay, kurz EIA, mit dem PCR-Nachweis des Toxingens“, so der Infektiologe. „Dabei ist jedoch eines entscheidend: Wenn ich ein Toxingen nachweise, der Patient aber nicht krank ist, dann braucht er auch keine Behandlung!“ Aus demselben Grund sollte man nach einer erfolgreichen Behandlung einer CDAD auch nicht nachtesten. Das ist auch deshalb nicht sinnvoll, weil die Befunde lang nach Sistieren der Klinik (mindestens vier Wochen) positiv bleiben.
Der Schweregrad der Erkrankung ist wichtig für die Behandlung, kann jedoch prospektiv schwer abgeschätzt werden. Zu unterscheiden sind folgende Fälle:
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Leichte Episode: nur Diarrhö (erstmalig oder rezidivierend)
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Schwere Episode: Fieber >38,5°C oder Leukozyten >15G/l oder akutes Nierenversagen (Kreatininanstieg >50% vom Ausgangswert) oder verdickte Kolonwand
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Fulminante Episode: Hypotonie, septischer Schock, erhöhtes Serumlaktat, Ileus, toxisches Megakolon, Darmperforation oder intensivpflichtiger Verlauf
Wichtig ist: Die Schwere der Diarrhö ist nicht mit der Schwere der CD-Erkrankung gleichzusetzen. Deshalb wurde mehrfach versucht, entsprechende Prädiktionsscores zu entwickeln – was nur leider nicht funktioniert hat. Die klinische Evaluation bleibt daher ausschlaggebend.
Therapie
Behandelt werden sollen nur Patienten mit nachgewiesener symptomatischer Infektion mit Toxinnachweis. Bei ICU-Patienten mit Sepsis ohne klaren Fokus könnte CD-Infektion (CDI) eine Differenzialdiagnose sein. Falls keine schwere CDI und keine Risikofaktoren vorliegen, jedoch Antibiotika (AB) verabreicht werden, können diese auch abgesetzt und die Patienten 48 Stunden lang beobachtet werden, bevor eine spezifische Therapie gestartet wird.
Risikofaktoren für ein Rezidiv sind Alter >65 Jahre, vorherige CDAD-Episode, Infektion mit einem hypervirulenten Stamm, jede vorherige AB-Therapie, Einnahme von NSAR sowie von Protonenpumpenhemmern (PPI) oder H2-Rezeptorantagonisten, weiters Immunsuppression, verringerte Nierenfunktion, schwere Grundkrankheit, lang dauernde Hospitalisierung und ICU-Aufenthalt.
Die Therapie hängt von der Schwere der Erkrankung, der Anzahl der bisherigen Rezidive und auch der Frage ab, ob die Fortführung der bisherigen antibakteriellen bzw. antineoplastischen Therapie erforderlich ist. Zusätzlich ist auch auf einen angemessenen Ersatz von Flüssigkeit und Elektrolyten zu achten. Möglicherweise auslösende AB-Therapien sowie PPI sollten abgesetzt werden. Motilitätshemmer wie Loperamid sollen nicht verwendet werden.
Als Behandlungserfolg sind – nach einem Zeitraum von mindestens 48h – ein Sistieren des Durchfalls und Auftreten eines normalen, geformten Stuhls zu betrachten. Dann ist keine weitere Behandlung erforderlich. Wenn nach drei bis fünf Tagen kein Ansprechen erfolgt, spricht man von Therapieversagen. Ein Rezidiv liegt dann vor, wenn die CDI nach ursprünglichem Behandlungserfolg innerhalb von acht Wochen neuerlich auftritt.
Bei unkomplizierten Fällen gilt folgendes Therapieschema: in der Erstlinie Vancomycin oder Teicoplanin, in der Zweitlinie Fidaxomicin, in der Drittlinie Stuhltransplantation (FMT). „Metronidazol wird in den Leitlinien nicht mehr empfohlen, ist aber bei leichten Fällen unter Umständen zu erwägen“, kommentierte Vossen. „Zu diesem Thema ist aber die Datenlage widersprüchlich.“
Im Gegensatz zum oben erwähnten einfachen Schema empfiehlt allerdings die European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ESCMID) Fidaxomicin schon als initiale Erstlinientherapie, insbesondere auch bei hohem Rezidivrisiko.
In schweren Fällen kommen Vancomycin (4x500mg) oder Fidaxomicin oral infrage. Wenn eine orale Verabreichung nicht möglich ist, können die Medikamente per Einlauf verabreicht werden, evtl. mit zusätzlicher i.v. Gabe von Metronidazol oder Tigecyclin. In sehr schweren, komplizierten Fällen ist ein multidisziplinärer Ansatz unter Einbeziehung chirurgischer Optionen erforderlich.
„Als Therapiealternativen sind Fusidinsäure, Teicoplanin oder Tigecyclin zu sehen. Eine Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz ist nur bei Metronidazol erforderlich“, ergänzte der Infektiologe.
Zu den Therapiekosten ist zu sagen, dass Metronidazol mit Abstand am billigsten, Fidaxomicin am teuersten ist.
Prophylaxe
Zur Prävention von Rezidiven kann Bezlotoxumab, ein monoklonaler Antikörper gegen CD-Toxin B, verwendet werden. In 64% der Fälle ist damit eine anhaltende Remission zu erzielen. Wegen der langen Halbwertszeit von 19 Tagen genügt eine einmalige Infusion über 60 Minuten. Bezlotoxumab darf nur für die Prophylaxe, nicht aber für die Behandlung der CDAD verwendet werden.
Studiert wurden auch Antikörper gegen Toxin A und kombinierte Antikörper; beide waren jedoch dem nur gegen Toxin B gerichteten Antikörper unterlegen bzw. – im Fall des kombinierten Antikörpers – nicht überlegen.
„Was die Stuhltransplantation angeht, so dürfte sie besser sein als Vancomycin, ihr Erfolg hängt jedoch vom Enterotyp, also der Mikrobiomzusammensetzung, von Spender und Empfänger ab“, so Vossen zum Schluss.
Quelle:
„Clostridioides difficile – neue Therapieempfehlungen“
Giftiger Dienstag, 4. Oktober 2022
Literatur:
beim Vortragenden
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