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DGIM 2022

Sinn und Unsinn der altersadaptierten Definition der chronischen Nierenerkrankung

Die Nierenfunktion nimmt mit dem Alter physiologisch ab, was von der CKD-Klassifikation nicht abgebildet wird. Prof. Dr. med. Elke Schaeffner, Berlin, und Prof. Dr. med. Roland Schmitt, Hannover, diskutierten Pro und Kontra zur altersadaptierten Definition der chronischen Nierenerkrankung (CKD).

Die Niere und andere Organe verändern sich mit dem Alter, so dass die healthy life expectancy (HALE) heute deutlich niedriger ist als die Gesamtlebenserwartung. Für die Risikoeinschätzung der CKD wurde vor 20 Jahren das CKD-Stadiensystem eingeführt. Seit 10 Jahren wird das relative Risiko der Nierenfunktion über die Stadien G1-G5 der glomulären Filtrationsrate (GFR) und die Albuminurie-Stadien A1-A3 definiert. Die Klassifikation hat sich zwar erfolgreich durchgesetzt, ist aber für den individuellen Patienten nicht immer geeignet. Die Kritik an dem Stadiensystem betrifft insbesondere Patienten in der Kategorie G3a ohne Proteinurie (A1), die fast ein Drittel aller Patienten mit CKD ausmachen, erklärte Schaeffner als Pro-Sprecherin für die altersadaptierte CKD-Definition. Unter den Gründen für den fixen, also Alters-unabhängigen Grenzwert von 60 ml/min per 1,73m2, wird die Simplizität angeführt – im Zeitalter von Hochleistungsrechnern vielleicht ein überholtes Argument. Auch die Biologie als Argument, mit Berufung darauf, dass eine GFR <60 bei gesunden, jungen Individuen 50% der Nierenfunktion ausmacht, kann Schaeffner mit neuen Studien entkräften – die Zahl stammt aus einer Erhebung im Jahr 1969, wogegen neuere und größere Studien einen durchschnittlichen Wert von 107 ml/min per 1,73m2 bis zu einem Alter von 40 Jahren beobachteten.1 Das am häufigsten verwendete Argument für die Erhaltung der Kriterien ist die Prognose der Mortalität, obwohl die Klassifikation zur Schätzung der Nierenfunktion und nicht als Pädiktionsfaktor entwickelt wurde. Auch hier zeigte Schaeffner Daten, die eine erhöhte Mortalität bei einem eGFR <60ml/min per 1,73m2 nicht bestätigen. Mit dem GFR-Wert könne nicht zwischen einer Niereninsuffizienz und einer alternden Niere unterschieden werden. Die Mortalität sei bei jüngeren Menschen ab einem GFR<75 ml/min per 1,73m2, bei älteren Menschen aber erst bei Werten <45ml/min per 1,73m2 erhöht.2 Durch eine alters-adaptierte Definition würden somit deutlich weniger ältere CKD-Patienten ausgewiesen, aber dafür mehr CKD-Diagnosen im jüngeren Alter gestellt werden.

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