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Morbus Parkinson

Die medikamentöse Therapie von Schmerz und Schmerzfluktuationen

Parkinson-assoziierte Schmerzen sind häufig und reduzieren die Lebensqualität der Betroffenen. Oft fluktuieren die Schmerzen zusammen mit den motorischen Fluktuationen. Therapeutisch steht die ausreichende und kontinuierliche dopaminerge Stimulation an erster Stelle, gefolgt von spezifischen Schmerztherapieverfahren.

In grossen crosssektionalen Studien berichten 40 bis 85% aller Parkinsonpatient*innen, unter Schmerzen zu leiden.1–3 Neben den anderen Symptomen der Parkinsonerkrankung sind Schmerzen wesentlich für Einschränkungen der Lebensqualität verantwortlich. Trotzdem erhalten bis zu 65% der Patient*innen keine spezifische Schmerztherapie.4

Die Schmerzsymptomatik beginnt bereits früh im Krankheitsverlauf und nimmt mit fortschreitender Erkrankung zu.5 Eine detaillierte Betrachtung der Prävalenz von Parkinson-assoziierten Schmerzen hat gezeigt, dass Motorfluktuationen unabhängig von Alter der Patient*innen, Krankheitsstadium oder der -dauer ein Prädiktor für Schmerzen sind. So haben 92% aller Patient*innen mit motorischen Fluktuationen Schmerzen.6

Off-assoziierter Schmerz

Am häufigsten ist bei Parkinsonpatient*innen der nozizeptive Schmerz (55%), gefolgt vom noziplastischen Schmerz (22%) und vom neuropathischen Schmerz (16%).7 Der noziplastische Schmerz ist eine relativ neu definierte Schmerzklasse und durch veränderte Schmerzweiterleitung bzw. -prozessierung ohne Hinweise auf Gewebsschädigung/Rezeptoraktivierung oder Erkrankung/Läsion des somatosensorischen Systems definiert. Parkinson-assoziierte noziplastische Schmerzen sind etwa RLS(Restless Legs Syndrome)-Schmerz, Schmerzen im Rahmen eines Dopaminagonisten(DA)-Entzugssyndroms oder eines nichtmotorischen Off. Mögliche Ursachen für diese Hypersensitivität des schmerzverarbeitenden Systems sind dopaminerge Fluktuationen, DA-Entzugssyndrom, Dopamin-Dysregulationssyndrom oder Depression.8

Mit den motorischen Fluktuationen ändert sich der Schmerz in seiner Frequenz und Intensität.9 So geht das morgendliche Off mit frühmorgendlichem Schmerz und «Beginning of dose»-Schmerz einher. Darüber hinaus leiden die Patient*innen an «End of dose»-Schmerzen, «Wearing-off»-Schmerzen, Schmerzen während der Off-Periode sowie Peak-Dose-Schmerzen. Generell kommen Schmerzen im motorischen Off häufiger vor und sind schwerer.10 Dabei sind muskuloskelettale Schmerzen und Fluktuations-assoziierte Schmerzen wie dystone Schmerzen oder Dyskinesie-assoziierte Schmerzen am häufigsten.

Therapie vonSchmerzfluktuationen

Aufgrund der wesentlichen Rolle des dopaminergen Systems in der Entstehung des Parkinson-assoziierten Schmerzes, insbesondere des noziplastischen Schmerzes, steht die ausreichende kontinuierliche dopaminerge Stimulation therapeutisch an erster Stelle. So konnte gezeigt werden, dass Rotigotin nicht nur die frühmorgendliche motorische Funktion verbessert, sondern auch einen positiven Einfluss auf den frühmorgendlichen Schmerz hat.11 Auch für die Therapie mit Levodopa-intestinalem Gel (LCIG) konnte gezeigt werden, dass damit signifikante Verbesserungen in allen Schmerzskalen erzielt werden können.12

Keine Hinweise auf einen direkten Einfluss auf die zentrale Schmerzprozessierung konnten für die tiefe Hirnstimulation gefunden werden,13 obwohl in einer Studie damit eine Verbesserung des «Bodily Discomfort» beobachtet wurde.14

Unabhängig davon, ob es sich bei einem Parkinson-assoziierten Schmerz um einen nozizeptiven, noziplastischen oder neuropathischen Schmerz handelt, steht eine kontinuierliche dopaminerge Stimulation, möglichst über 24 Stunden, im Zentrum der Therapie, um auch die Nacht und den frühen Morgen abzudecken. Zusätzlich können je nach Schmerzdomäne Analgetika wie NSAR, Antidepressiva, Opioide oder Physiotherapie beim nozizeptiven Schmerz und Pregabalin, Antidepressiva, Opioide und Physiotherapie beim neuropathischen Schmerz eingesetzt werden.

Parkinson und Bewegungsstörungen – Highlights Digital 2023, 16.–17. März 2023, virtuell

1 Fil A et al.: Parkinsonism Relat Disord 2013; 19: 285-94 2 Beiske AG et al.: Pain 2009; 141: 173-7 3 Defazio G et al.: J Neural Transm (Vienna) 2013; 120: 583-6 4 Colosimo C et al.: Parkinsonism Relat Disord 2007; DOI: 10.1016/S1353-8020(08)70396-1 5 Barone P et al.: Mov Disord 2009; 24: 1641-9 6 Löhle M et al.: NPJ Parkinsons Dis 2022; 8: 69 7 Mylius V et al.: Pain 2021; 162: 1201-10 8 Defazio G et al.: Eur J Neurol 2013; 20: 1517-23 9 Wasner G, Deuschel G: Nat Rev Neurol 2012; 8: 284-94 10 Storch A et al.: Neurology 2013; 80: 800-9 11 Kassubek J et al.: BMC Neurol 2014; 14: 42 12 Antonini A et al.: Parkinsonism Relat Disord 2017; 45: 13-20 13 Gierthmühlen J et al.: Mov Disord 2010; 25: 1195-202 14 Deuschl G et al.: N Engl J Med 2006; 355: 896-908

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