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Ösophagustumoren

Lokale endoskopische Verfahren versus chirurgische Resektion

<p class="article-intro">Die chirurgische Ösophagusresektion zählte auch bei mukosalen Frühkarzinomen des Ösophagus bis vor wenigen Jahren noch zur kurativen Standardtherapie. Heute können lokale endoskopische Verfahren wie die endoskopische Submukosa-Dissektion, die endoskopische Mukosa-Resektion und die Radiofrequenz-Ablation die Organresektion suffizient ersetzen. Diese organerhaltenden Methoden bringen bei adäquater Anwendung enorme Vorteile für den Patienten.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die onkologische &Ouml;sophagusresektion war &uuml;ber viele Jahre auch bei hochgradig dysplastischen Epithelver&auml;nderungen das kurative Standardverfahren.<sup>1</sup> Heute erscheinen lokale endoskopische Verfahren beim Fr&uuml;hkarzinom des &Ouml;sophagus die &bdquo;invasive&ldquo; Chirurgie bereits abgel&ouml;st zu haben. Mit Verfahren wie der endoskopischen Submukosa-Dissektion (ESD), der endoskopischen Mukosa-Resektion (EMR) oder der Radiofrequenz-Ablation (RFA) k&ouml;nnen oberfl&auml;chliche maligne L&auml;sionen beziehungsweise dysplastische Areale der &Ouml;sophagusschleimhaut onkologisch suffizient therapiert werden.<br /> Die drei Techniken unterscheiden sich in ihrer Herangehensweise und ihrer Resektionstiefe. Bei der RFA werden zirkumferenziell oder lokal hohe Energien zur Gewebedestruktion von maximal 1 mm Tiefe verabreicht (Abb. 1). Dadurch bleibt der Ablationseffekt auf die Mukosa beschr&auml;nkt.<sup>2, 3</sup> W&auml;hrend die RFA ein rein destruierendes Verfahren ohne M&ouml;glichkeit der histologischen Analyse ist, k&ouml;nnen durch endoskopische Resektionen &uuml;ber teils gro&szlig;e Areale die komplette Mukosa/Submukosa lokal &bdquo;en bloc&ldquo; reseziert werden. Man unterscheidet hier die EMR von der ESD.<br /> Bei der EMR wird, um die Perforationsgefahr zu reduzieren, die L&auml;sion zun&auml;chst unterspritzt, um diese anschlie&szlig;end mit einer Aufsatz-Kappe am Endoskop einzusaugen und konsekutiv mit einer Elektroschlinge zu resezieren. Alternativ kann das Gewebe auch mit einer Gummibandligatur abgebunden und anschlie&szlig;end mit einer Elektroschlinge reseziert werden. Hiermit k&ouml;nnen L&auml;sionen &uuml;ber 20 mm allerdings nur in mehreren St&uuml;cken, oft inkomplett, abgetragen werden.<br /> Mit unterschiedlichen, sich immer weiter entwickelnden, speziellen endoskopischen Messern ist die ESD im Vergleich zur EMR sicher das technisch aufwendigere und auch komplikationsreichere &bdquo;Freihand- Verfahren&ldquo;. Sie erm&ouml;glicht jedoch auch bei gr&ouml;&szlig;eren L&auml;sionen eine &bdquo;En bloc&ldquo;- Resektion und hat wahrscheinlich das geringere Risiko f&uuml;r Lokalrezidive.<sup>4</sup> Es konnte auch gezeigt werden, dass die &bdquo;En bloc&ldquo;- Resektion der ESD mit eindeutigeren pathologischen Befunden korreliert (Abb. 2).<sup>5</sup> F&uuml;r eine suffiziente Therapie ist es allerdings notwendig, die endoskopische Resektion und die RFA konsekutiv anzuwenden und Areale der restlichen Barrett-Metaplasien mittels RFA zu behandeln.<sup>6</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2020_Jatros_Onko_2001_Weblinks_jat_onko_2001_s51_abb1_rieder.jpg" alt="" width="425" height="326" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2020_Jatros_Onko_2001_Weblinks_jat_onko_2001_s51_abb2_rieder.jpg" alt="" width="425" height="367" /></p> <h2>Lymphknotenmetastasierung</h2> <p>Der m&ouml;gliche kurative Ansatz dieser flexibel-endoskopischen Verfahren wurde erst durch die Erkenntnis der nicht homogenen Verteilung der Lymphgef&auml;&szlig;e in den unterschiedlichen Schichten der &Ouml;sophaguswand erkannt.<sup>7</sup> Dies resultiert in einer direkten Korrelation zwischen Infiltrationstiefe und dem Risiko der lokoregion&auml;ren Lymphknoten-Metastasierung.<br /> Die TNM-Klassifikation der American Joint Commission on Cancer Staging und der International Union against Cancer beginnt beim Carcinoma bzw. Tumor in situ (Cis, Tis) gefolgt vom T1-Karzinom, wenn die Lamina propria oder Muscularis mucosae (T1a) beziehungsweise die Submukosa (T1b) involviert ist.<br /> Die japanische Klassifikation der intramukosalen &Ouml;sophagus-Karzinome klassifiziert weiter folgende Subgruppen:</p> <ul> <li>T1a m1: intraepitheliales Karzinom (Tis, HGD oder Carcinoma in situ)</li> <li>T1a m2: Infiltration der Lamina propria</li> <li>T1a m3: Infiltration der Lamina muscularis mucosae</li> <li>T1b sm1 bis 3: bei Infiltration des 1., 2., oder 3. Drittels der Submukosa</li> </ul> <p>W&auml;hrend das Risiko von Lymphknotenmetastasen bei den mukosalen Karzinomen gering ist, steigt die Wahrscheinlichkeit ab der Infiltration der Submukosa mit zunehmender Tiefe an.<sup>8</sup> H&ouml;lscher et al. beschrieben 70 Patienten mit mukosalem Karzinom ohne Lymphknotenmetastasen, allerdings hatten bereits 56 % der 45 Patienten mit sm3-Tumoren Lymphknotenmetastasen.<sup>9</sup> Die &Uuml;bersichtsarbeit einer asiatischen Arbeitsgruppe gibt die Wahrscheinlichkeit von Lymphknotenmetastasen bei Plattenepithel- und Adenokarzinomen des &Ouml;sophagus ab dem m3-Stadium mit bis zu 3 % an. Diese stieg beim sm1-Stadium auf teilweise &uuml;ber 20 % . Das gesamte sm-Stadium zeigte Lymphknotemetastasen bis zu 50 % beim Plattenepithelkarzinom und bis zu 40 % beim Adenokarzinom.<sup>10</sup></p> <h2>Behandlungsalgorithmus</h2> <p>Aus dem mit der mukosalen beziehungsweise submukosalen Tumor-Eindringtiefe korrelierenden Risiko f&uuml;r Lymphknotenmetastasen ergeben sich auch die Empfehlungen der unterschiedlichen Gesellschaften zur endoskopischen Therapie. F&uuml;r die Japan Esophageal Society und die European Society for Gastrointestinal Endoscopy (ESGE) gilt die endoskopische R0-Resektion eines m1- oder m2-Plattenepithelkarzinoms des &Ouml;sophagus, welches weniger als zwei Drittel der Zirkumferenz umfasst als kurativ. Als relative Indikation wird noch das m3- und das sm1-Karzinom mit weniger als 200 &mu;m Eindringtiefe angegeben, wohingegen die S3-Leitlinien hier bereits eine &Ouml;sophagusresektion empfehlen. Die ESGE und die aktuellen S3-Leitlinien erachten f&uuml;r das Adenokarzinom die endoskopische Resektion beim mukosalen Karzinom (m1&ndash;3) ohne histologische Risikofaktoren wie Lymph-, Blutgef&auml;&szlig;invasion oder schlechte Differenzierung (G3) als kurativ. Bei gut oder moderat differenzierten (G1/2) sm1-Karzinomen ohne Lymphgef&auml;&szlig;invasion (potenziell kurativ) wird ein f&uuml;r den Patienten adaptiertes Vorgehen bez&uuml;glich der weiteren Behandlung empfohlen.<sup>11&ndash;13</sup> Dem in manchen Arbeiten angegebenen geringen, aber doch vorhandenen Risiko f&uuml;r Lymphknotenmetastasen bei mukosalen Karzinomen von bis zu 3 % steht hierbei allerdings auch ein Mortalit&auml;tsrisiko von bis zu 4 % bei der Organresektion gegen&uuml;ber.<sup>14</sup> Dass bei mukosalen Karzinomen die lokal endoskopische Resektion der onkologischen Organresektion ebenb&uuml;rtig erscheint, wird von immer mehr Autoren beschrieben. Zeng et al. konnten in einer retrospektiven Analyse anhand von 1200 Patienten zeigen, dass bei Tis und T1N0M0-Karzinomen des &Ouml;sophagus die lokale endoskopische Therapie ein vergleichbares krankheitsspezifisches und Gesamt&uuml;berleben ergab wie die &Ouml;sophagusresektion.<sup>15</sup> Zu gleichen Ergebnissen kam auch eine koreanische Arbeitsgruppe, welche diese Frage f&uuml;r das Plattenepithelkarzinom zu kl&auml;ren versuchte.<sup>16</sup> Cummings und Kollegen konnten zeigen, dass bei Patienten mit einem Alter von &uuml;ber 66 Jahren die Hospitalsierungs- und Komplikationsrate in der konventionell chirurgisch behandelten Gruppe signifikant h&ouml;her war. Gleichzeitig war das Gesamt&uuml;berleben der lokal endoskopisch therapierten Gruppe innerhalb von 2 Jahren signifikant besser.<sup>17</sup></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>In den letzten Jahren gab es einen enormen Fortschritt hinsichtlich der endoskopischen organerhaltenden Therapie bei fr&uuml;hen &Ouml;sophagusneoplasien. Die endoskopische Resektion, gemeinsam mit der Radiofrequenzablation, erm&ouml;glicht heute die kurative Behandlung von fr&uuml;hen Karzinomstadien und scheint bei Einhaltung gewisser Indikationskriterien die Organresektion sicher und effektiv ersetzen zu k&ouml;nnen.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Sujendran V et al.: Oesophagectomy reains the gold standard for treatment of high-grade dysplasia in Barrett&rsquo;s esophagus. Eur J Cardothorac Surg 2005; 28: 763-66 <strong>2</strong> Johnston MH: Technology insight: ablative techniques for Barrett&rsquo;s esophagus--current and emerging trends. Nat Clin Pract Oncol 2005; 2: 323-30 <strong>3</strong> Madisch A et al.: Radiofrequenzablation bei neoplastischem Barrett-&Ouml;sophagus &ndash; erste Erfahrung mit dem HALO-System. Endo heute 2008; 21: 4 <strong>4</strong> Terheggen G et al.: A randomised trial of endoscopic submucosal dissection versus endoscopic mucosal resection for early Barrett&rsquo;s neoplasia. Gut 2017; 66: 783-93 <strong>5</strong> Podboy A et al.: Endoscopic submucosal dissection is associated with less pathologic uncertainty than endoscopic submucosal resection in diagnosing and staging Barrett&rsquo;s related neoplasia. Dig Endosc 2019; doi:10.1111/ den.13487 [epub ahead of print] <strong>6</strong> de Matos MV et al.: Treatment of high grade dysplasia and intramucosal carcinoma using radiofrequency ablation or endoscopic mucosal resection + radiofrequency ablation: meta-analysis and systematic review. World J Gastrointest Endosc 2019: 11: 239-48 <strong>7</strong> Yajin S et al.: The normal configuration and interindividual differences in intramural lymphatic vessels of theesophagus. J Thorac Cardiovasc Surg 2009; 137: 1406- 14 <strong>8</strong> Stein HJ et al.: Limited resection for early adenocarcinomani Barrett&rsquo;s esophagus. Ann Surg 2000; 232: 733-42 <strong>9</strong> H&ouml;lscher AH et al.: Prognostic impact of upper, middle, and lower third mucosal or submucosal infiltration in early esophageal cancer. Ann Surg 2011; 254: 802-08 <strong>10</strong> Cho JW et al.; Korean ESD Study Group: Lymph node metastasis in esophageal cancer: an endoscopist&rsquo;s view. Clin Endosc 2014; 47: 523-29 <strong>11</strong> S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome des &Ouml;sophagus. Konsultationsfassung Oktober 2018 (www. awmf.org) <strong>12</strong> Pimentel-Nunes P et al.: Endoscopic submucosal dissection: European Society of Gastrointestinal Endoscopy (ESGE) Guidelines. Endoscopy 2015; 47: 829-54 <strong>13</strong> Kitagawa Y et al.: Esophageal cancer practice guidlies 2017 edited by the Japan esophageal society: part 2. Esophagus 2019; 16: 25-43 <strong>14</strong> Jiang W et al.: Post-treatment mortality after definitive chemoradiotherapy versus resection for esophageal cancer. Dis Esophagus 2019; doi:10.1093/dote/doz073 [Epub ahead of print] <strong>15</strong> Zeng Y et al.: Endoscopic treatment versus esophagectomy for early stage esophageal cancer: a population based study using propensity score matching. J Gastrointest Surg 2017; 21: 1977-83 <strong>16</strong> Min YW et al.: Comparison of endoscopic submucosal dissection and surgery for superficial esophageal squamous cell carcinoma: a propensity score-matched analysis. Gastrointest Endosc 2018, 88: 624-33 <strong>17</strong> Cummings LC et al.: Outcomes after endoscopic versus surgical therapy for early esophageal cancers in an older population. Gastrointest Endosc 2016; 84: 232-40</p> </div> </p>
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