Moderne Krebstherapie mit immun-onkologischen Substanzen
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Immuntherapien sind ein Stützpfeiler der modernen onkologischen Therapie. Drei innovative Behandlungsoptionen wurden für Nicht-Onkologen von Prof. Dr. med. Viktor Grünwald, Essen, Prof. Dr. med. Sabine Subklewe, München, und Prof. Dr. med. Dimitrios Mougiakakos, Magdeburg, erklärt.
Immun-Checkpoint-Inhibitoren
Für die Aktivierung der T-Zellantwort werden ko-stimulatorische Signale benötigt, die von den Tumorzellen über Bindung mit sogenannten Checkpoints inhibiert werden. Diese können wiederum als Ziel für die Krebstherapie genutzt werden. Als geeignete Immun-Checkpoints wurden PD-1 und CTLA4 identifiziert. Die Bindung von PD-L1 (Tumorzelle) mit PD-1 (T-Zelle) führt zu einer Inaktivierung der T-Zelle und einer T-Zell-Erschöpfung. Durch die gezielte Blockade von PD-1 kann dieser tumorgemachte Effekt aufgehoben und das körpereigene Abwehrsystem zur Bekämpfung der Tumorerkrankung reaktiviert werden. Voraussetzung ist, dass der Tumor über Antigene erkannt wird, weswegen die Checkpoint-Inhibitoren nicht bei allen Krebspatienten gleich gut wirken. CTLA4 inaktiviert bei Bindung an eine antigenpräsentierende Zelle ebenfalls die T-Zelle. Diese regulatorische Bindung kann durch einen CTLA4-Antikörper aufgehoben werden und die Eliminierung der Tumorzelle bedingen.
Die Immun-Checkpoint-Blockade hat sich, begonnen mit der Therapie des malignen Melanoms, inzwischen bei vielen Entitäten als effektiv erwiesen. In nächsten Schritten werden nun Kombinationen mit immunstimulierenden Partnern, wie beispielsweise Chemotherapie oder Radiochemotherapie beim Bronchialkarzinom, untersucht. Auch Kombinationen mit Tyrosinkinase-Inhibitoren zeigen bei geeigneten Entitäten, wie dem Nierenzellkarzinom, Vorteile gegenüber den alleinigen Therapien. Bei nicht-immunogenen Tumorentitäten, wie dem Kolorektalkarzinom, konnten Erfolge nur in Subgruppen der genetisch instabilen Karzinome erzielt werden.
Erste Erfolge der Patientenselektion durch Biomarker haben zu entsprechenden Einschränkungen bei den Zulassungen geführt. Insgesamt sind Biomarker komplex zu betrachten und wahrscheinlich werden mehrere Marker gebraucht werden. Weitere Herausforderungen sind immunvermittelte Nebenwirkungen, die bei früher Anwendung und langen Überlebenszeiten häufig chronisch werden. Denn wie bei anderen effektiven Therapien rücken auch Checkpoint-Inhibitoren aus der Palliation in frühere Therapielinien und den adjuvanten Bereich. Zu achten ist auch auf schwere immunvermittelte Nebenwirkungen, die lange nach der Therapie auftreten können und dann eventuell nicht mehr mit der Tumortherapie in Zusammenhang gebracht werden. Diese treten zwar sehr selten auf, können aber fatal sein.
Antikörper-Therapie
An Antikörpern für die onkologische Therapie stehen die konventionellen Antikörper zur Verfügung, aber seit wenigen Jahren auch Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC), die über den Antikörper eine zelltoxische Substanz zur Tumorzelle transportieren. Die neueste Entwicklung bilden bispezifische Antikörper, die an die Tumorzelle und an unspezifische T-Zellen bindet, also als Adaptermolekül zwischen Tumor- und T-Zelle wirken. Es befinden sich viele Substanzen in der Entwicklung, aber erst zwei der bispezifischen Antikörper sind bereits zugelassen: Blinatumomab bei der akuten lymphatischen Leukämie (ALL) und Emicizumab zur Behandlung der Hämophilie A.
Es hat sich gezeigt, dass bispezifische Antikörper besser funktionieren, wenn sie früher in der Tumorentwicklung eingesetzt werden sowie bei geringer Tumorlast. Voraussetzung für den Erfolg der Therapie ist auch hier ein funktionierendes T-Zell-Kompartiment, also dass nicht erschöpfte, aktive T-Zellen verfügbar sind. Wie auch bei anderen zielgerichteten Therapien stellen Resistenzmechanismen eine Herausforderung dar.
Bei den Nebenwirkungen ist vor allem der Zytokinsturm (CRS) gefürchtet, der viele Organe betreffen kann, aber mit Tocilizumab relativ gut behandelbar ist. Neurotoxische Enzephalopathien sind eine weitere gefürchtete Nebenwirkung, die mit Steroiden oder Tocilizumab (bei gleichzeitiger CRS) behandelt werden kann. Um einem Zytokinsturm vorzubeugen, werden bispezifische Antikörper mit einer geringeren Dosierung gestartet (ramp-up). Auch bei den Antikörpertherapien werden zur Erfolgsoptimierung Kombinationen mit verschiedenen Substanzen und Wirkmechanismen geprüft.
CAR-T-Zell-Therapie
Chimäre-Antigen-Rezeptor(CAR)-T-Zelltherapien sind ein weiterer Meilenstein der Immuntherapie. Hier besteht das Konstrukt aus einer Antigen-bindenden, einer transmembranen, einer ko-stimulatorischen und einer Signal-Domäne. Die Herstellung der CAR-T-Zellen ist teuer, aufwendig und langwierig, da der Patient mit seinen eigenen veränderten T-Zellen behandelt wird. Dazu werden die Lymphozyten nach der Leukapherese angereichert, wegen der besseren genetischen Manipulation aktiviert und dann einer viralen Transduktion unterzogen. Die T-Zellen werden daraufhin vermehrt, in der Regel kryokonserviert und dem Patienten re-infundiert.
In den Zulassungsstudien haben sich CAR-T-Zell-Therapien als sehr effektiv bei intensiv vorbehandelten Patienten mit aggressiven Lymphomen erwiesen. So erreichten in der ZUMA-1-Studie 50% der Patienten ein Langzeitüberleben mit Plateaubildung. Die Geschichte der CAR T-Zellen ist eine Erfolgsgeschichte, die allerdings erst am Anfang steht. Die ersten Substanzen sind zugelassen und die Technologie wird stark weiterentwickelt.
Da nicht nur die CD19-tragenden Tumorzellen, sondern auch gesunde B-Zellen durch die CAR-T-Zellen zerstört werden, müssen über einen gewissen Zeitraum Antikörper substituiert werden. Es wurden in allen Studien schwere und tödliche Nebenwirkungen beschrieben, insbesondere Zytokinsturm und neurotoxische Enzephalopathien, wie auch von den Antikörpern bekannt. Immunotoxische Nebenwirkungen sind bei frühzeitiger Erkennung und Intervention in der Regel gut kontrollierbar. Für die seltenen nicht einfach kontrollierbaren Fälle sollte eine enge Abstimmung mit der Abteilung für Neurologie und mit der Intensivmedizin bestehen. Die Hämatotoxizität ist initial unterschätzt worden. Eine frühe Toxizität wird bei >80% der behandelten Patienten beobachtet, eine späte Toxizität bei 30–40% und prolongierte Zytopenien bei 8–18% der Patienten. Bei einem Drittel der Patienten bestand eine Lymphopenie noch ein Jahr nach CAR-T-Zell-Therapie.
Quelle:
"Immunonkologie für Nicht-Onkologen", 128. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), 30. April 2022
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