
Filler sicher injizieren
Autor:
Prof. Dr. Berthold Rzany
Medizin am Hauptbahnhof
Wahlarztzentrum für Dermatologie & Venerologie
Wien
E-Mail: rzany@derma-wien.at
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Filler haben es zurzeit schwer. Gerade in der Laienpresse wird kritisch über sie berichtet (z.B. ARD/WDR: „Markt“ vom 16.10.2024). Dabei sind Filler – hier vor allem die Hyaluronsäurefiller – ein perfektes Tool, um Volumendefizite auszugleichen, da hält kein Facelift oder Lipofilling mit. Jedoch können wie bei jedem Eingriff unerwünschte Ergebnisse/Wirkungen auftreten. Deshalb ist es wichtig, Filler sicher zu injizieren.
Keypoints
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Die Anwendung von Fillern ist einfach und sicher.
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Die besten Ergebnisse erhält man, wenn man kontinuierlich das sich herausbildende Ergebnis analysiert, d.h. prüft, ob das Ziel der Korrektur erreicht wurde oder man bereits einen Schritt zu weit ist – also weg von einem natürlichen zu einem künstlichen Ergebnis.
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Am sichersten ist es, wenn man Hyaluronsäurefiller verwendet, weil diese die einzige Fillergruppe darstellen, bei der mit Hyaluronidase ein Antidot zur Verfügung steht.
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Die Anwendung von Hyaluronidase ist wirksam und sicher.
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Injektionsschemata, z.B. die Injektionspunkte und Empfehlungen für Filler wie die von Mauricio de Maio, können hilfreich sein. Sie stellen jedoch keine Garantie dar, ein gutes ästhetisches Ergebnis zu erlangen. Die einzelnen Schritte müssen immer wieder visuell überprüft werden.
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Pro einzelnen Injektionspunkt sollten nicht mehr als 0,1–0,2ml des Fillers injiziert werden. Die Gesamtmenge sollte nicht über 3ml pro Behandlung liegen.
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Die Fillerinjektionen sollten ohne Zeitdruck erfolgen.
Injizierbare Füllmaterialien sind ein fester Bestandteil der ästhetischen Medizin. Sie werden vielfältig verwendet, z.B. zur Hautstrukturverbesserung, zur Reduktion von Fältchen und Falten sowie zur Volumenaugmentation.1,2 Filler lassen ein Gesicht attraktiver, erholter oder verjüngt aussehen, können aber auch verstören, wenn insgesamt zu viel (z.B. das Mondgesicht) oder an einigen Stellen zu viel (z.B. Lippen) injiziert wurde.3 Eine besondere Herausforderung ist es, wenn es bei dem ästhetischen Eingriff zu unerwünschten Wirkungen wie einem Gefäßverschluss oder Entzündungen des Fillers kommt.
Schritte der Filleranwendung
Analyse des Gesichtes
An erster Stelle bei der Anwendung (Tab. 1) steht die Analyse des Gesichtes: Wo sind die Defizite und wie lassen sich diese mit einem Filler reduzieren? Hier zählt der künstlerisch-ästhetische Blick. Diesen Blick muss man sich aneignen. Je mehr Patienten man behandelt, desto sicherer wird er. Es gibt erste Schritte zur Gesichtsanalyse durch künstliche Intelligenz. Das spannendste Projekt, das ich kenne, ist CAARISMA, ein Programm, das Schritt für Schritt das Gesicht analysiert und Therapiehinweise gibt (Abb. 1).4
Auswahl des Fillers
Die Auswahl des Fillers richtet sich nach der Indikation. Grob gesagt reichen drei Arten von Fillern: Filler für sehr oberflächliche Injektionen, Allround-Filler für kleine Volumen- und Faltenkorrekturen und die Volumenfiller. Interessanterweise gibt es viele Lokalisationen, wo unterschiedliche Filler für die gleiche Indikation angewendet werden und zu vergleichbaren Ergebnissen führen. Eine der spannendsten Studien in diesem Kontext ist die Emervel-Studie, bei der dem Arzt überlassen wurde, welchen Filler er für welche Indikation anwendet. So wurden für die Tränenrinne drei verschiedene Filler,Emervel Touch, Classic und sogar Deep, verwendet – aber Achtung: mit unterschiedlichen Techniken und mit unterschiedlichen Volumina.5 (Nota bene: Die Emervel-Filler wurden zum größten Teil in das Restylane-Portfolio aufgenommen, „Emervel Classic“ ist jetzt „Restylane Refyne“, „Emervel Deep“ ist „Restylane Defyne“, „Emervel Touch“ wurde meines Wissens vom Markt genommen.
Injektionstechnik
Filler können mit der Nadel oder der Kanüle injiziert werden. Das Endergebnis hängt nicht davon ab, wie injiziert wurde, sondern wo und welche Menge. Mit der Nadel lässt sich präziser arbeiten, mit der Kanüle ggf. begleitet von weniger Hämatomen.6
Injiziertes Volumen
Die Menge des injizierten Volumens hängt von der Indikation ab. Das Volumen sollte so gewählt werden, dass der Patient einen Unterschied sieht. Ziel bei einer Erstbehandlung ist aus meiner Sicht nicht die perfekte Korrektur, sondern ein natürliches Ergebnis. Die perfekte Korrektur lässt sich besser mit mehreren Sitzungen erreichen. Dadurch entsteht ein natürlicher Übergang. Ziel sollte es aus meiner Sicht sein, dass der Patient z.B. gefragt wird: „Warst du in Urlaub?“, und nicht: „Wer hat dich gemacht?“ Meine Empfehlung wäre, nicht mehr als 3ml pro Behandlung zu injizieren. Dadurch reduziert sich die Gefahr, dass das Gesicht überfüllt wird. Aber Achtung – ein Zuviel an Filler kann auch das Ergebnis von wiederholten Behandlungen sein. Wenn ein Fillerpatient alle drei bis vier Monate zum Fillen kommt, kann es leicht ein „Zuviel“ werden.
Unerwünschte Wirkungen
Unerwünschte Wirkungen nach Anwendung injizierbarer Filler können durch eine arterielle Okklusion oder ein entzündliches Geschehen hervorgerufen werden.7
Arterielle Okklusionen
Die arterielle Okklusion tritt im Verhältnis von ca. 1:5000 auf und ist daher eine seltene unerwünschte Wirkung von injizierbaren Füllmaterialien und des Lipofillings.8 Sie tritt sowohl nach der Behandlung mit Kanülen als auch mit Nadeln auf. Wird sie nicht rechtzeitig erkannt und behandelt (bei einem Präparat mit Hyaluronsäure; HA, bzw. bei Verwendung eines Nicht-HA-Präparats), kann es zu einer Nekrose der Haut oder der darunterliegenden Strukturen kommen. Diese schweren unerwünschten Reaktionen treten vor allem nach der Behandlung der Glabella, der Nase und der Nasolabialfalte auf. In sehr seltenen Fällen kann es auch durch einen Verschluss der Zentralarterie der Netzhaut zu irreversiblen Erblindungen kommen.9,10 Mittel der Wahl, wenn die Okklusion auf einen Hyaluronsäure-haltigen Filler zurückzuführen ist, ist die Injektion von Hyaluronidase im Bereich des behandelten Areals und im Bereich des Ausbreitungsgebietes der betroffenen Arterien. Im Fall einer Okklusion sollte die Hyaluronidase großzügig (mehrere Vials der Hylase Dessau 1:150 pro Sitzung) und wiederholt eingesetzt werden, bis die Symptome (z.B. Schmerz) rückgängig sind.Dies kann ggf. mehrere Tage dauern. Dadurch lässt sich die Wahrscheinlichkeit einer Nekrose reduzieren.7,11 Jedoch führt nicht jede vaskuläre Okklusion per se zu einer Nekrose.
Wie die Fillerinjektion hat auch die Behandlung mit Hyaluronidase eine schlechte Position in der Laienpresse. Die Anwendung von Hyaluronidase ist wirksam und sicher. Nach Auflösen eines Hyaluronsäuredepots kann das Erstergebnis bei dünner Haut sackartig wirken. Das Hyaluronsäurepräparat hat ja wie ein Expander die Hautgedehnt. Bis sich die überschüssige Haut zurückbildet, kann es etwas dauern. Bei starker Elastose kann auch eine operative Reduktion notwendig sein. Unerwünschte Reaktionen auf Hyaluronidase sind selten. Es gibt auch keinen sicheren Hinweis, dass eine Allergie auf Bienen- oder Wespengift das Risiko von allergischen Reaktionen erhöht.12
Wie können arterielle Okklusionen wegen Fillern verhindert werden? Hier gibt es praktisch keine gute Evidenz. Es überwiegt die Expertenmeinung: z.B. Aspiration vor jeder Injektion, Verwendung von kleinen Ultraschallgeräten während der Injektion. Über den Pseudonutzen der Aspiration gibt es eine gute Übersicht von Greg Goodman.13Die Anwender des Hautultraschalls propagieren die Verwendung des Ultraschalls vor der Injektion oder sogar während der Injektion des Fillers.14,15 Daten zu absoluten und relativen Risikoreduktionen liegen nicht vor. Wichtig ist eine genaue Kenntnis der Anatomie mit den Risikoarealen, um gerade in diesen Arealen vorsichtig zu behandeln. Logisch erscheinen eine langsame Applikation des injizierbaren Füllmaterials und eine Vermeidung von großen Volumina – gerade im Bereich der Glabella. Nota bene: Aus meiner Sicht sollte keine Glabella mit Filler behandelt werden, die nicht mit Botulinumtoxin vorbehandelt ist.
Immunologische Reaktionen
Hier kann es zu Schwellungen, Abszessen und Knotenbildung kommen – akut, aber auch teilweise Monate/Jahre nach der Fillerinjektion. Die Therapie der immunologischen Reaktionen hängt von der Art des injizierten Fillers, der Art der Reaktion und des Triggers ab. Bei Abszessen steht die Inzision des Abszesses im Vordergrund. Eine neu auftretende Knotenbildung ist ein Zeichen für eine Fremdkörperreaktion auf den Filler. Eine Fremdkörperreaktion ist ein immunologischer Prozess, bei dem immunmodulierend eingegriffen werden muss. Bei Hyaluronsäurefillern ist hier der erste Schritt der Einsatz von Hyaluronidase, um die Hyaluronsäure aufzulösen. Der nächste Schritt ist eine systemische Therapie mit oralen Steroiden (als Stoßtherapie) und/oder Doxycyclin. Die Dosierung des Doxycyclins erfolgt zumeist in der Dosierung wie bei der Akne-/Rosazea-Therapie mit 40 bis 50mg pro Tag über 4, ggf. auch mehr Wochen.7 Mittel der Wahl bei hartnäckigen Fremdkörperreaktionen – vor allem auf permanente Filler – ist Methotrexat.16 Eine Dauertherapie von Knotenbildung durch Filler mit Antibiotika wie Clindamycin ist nicht indiziert.
Immunologische Reaktionen können bei allen injizierbaren Füllmaterialien auftreten. Jedoch gibt es auch immer wieder Beispiele für Filler/Fillerfamilien, bei denen ein erhöhtes Risiko an entzündlichen Reaktionen wahrscheinlich scheint – hier sind als Beispiel die Hyacorp-Produkte „1000“ und „H“ zu nennen.17 Ein anderes Beispiel ist die Vycross-Familie, bei der es z.B. bei „Juvederm Voluma“ schon in der ersten großen klinischen 2-Jahres-Studie 2 von 238 Patienten mit entzündlichen Nebenwirkungen gab,was dann von anderen Autoren bestätigt wurde.8,18
Wie lässt sich ein Filler mit einem erhöhten Risiko an immunologischen Reaktionen identifizieren?Letztendlich nur durch die Veröffentlichung der klinischen Studiendaten und der Daten von unerwünschten Reaktionen. Je länger ein Filler auf dem Markt ist und je weniger zu unerwünschten Wirkungen publiziert wurde, desto sicherer ist er.
Zusammenfassung
Filler sind sicher, wenn man gewisse Grundregeln einhält. D.h. Begrenzung auf Filler mit einem Antidot (d.h. Hyaluronsäurefiller) und einem geringen Risiko an entzündlichen Reaktionen. Die Injektion sollte langsam erfolgen. Das Volumen pro Injektionspunkt sollte bei etwa 0,1ml liegen. Beides reduziert aus meiner Sicht das Risiko von vaskulären Reaktionen.
Literatur:
1 De Maio M, Rzany B: Injectable Fillers in Aesthetic Medicine. Heidelberg: Springer, 2006 (1. Auflage); 2014 (2. Auflage), ISBN: 978-3-642-45124-9 2 Carruthers A, Carruthers J (Hrsg.): Procedures in Cosmetic Dermatology Series: Soft Tissue Augmentation. 4th ed. 2023, ISBN: 9780323480093 3 Fakih N et al.: The overfilled face. Facial Plast Surg 2022; 38(2): 173-6 4 Sattler S et al.: Objective facial assessment with artificial intelligence: introducing the facial aesthetic index and facial youthfulness index. J Drugs Dermatol 2024; 23(1) 5 Rzany B et al.: Full-face rejuvenation using a range of hyaluronic acid fillers: efficacy, safety, and patient satisfaction over 6 months. Dermatol Surg 2012; 38(7 Pt 2): 1153-61 6 Hexsel D et al.: Double-blind, randomized, controlled clinical trial to compare safety and efficacy of a metallic cannula with that of a standard needle for soft tissue augmentation of the nasolabial folds. Dermatol Surg 2012; 38(2): 207-14 7 Rzany B: Empfehlungen zu Behandlungsschritten. Fillernebenwirkungen und wie sie zu managen sind. JATROS Dermatol Plast Chir 2022; 3: 43-5 8 Beleznay K et al.: Delayed-onset nodules secondary to a smooth cohesive 20mg/mL hyaluronic acid filler: cause and management. Dermatol Surg 2015; 41(8): 929-399 Kato JM, Matayoshi S: Visual loss after aesthetic facial filler injection: a literature review on an ophthalmologic issue. Arq Bras Oftalmol 2022; 85(3): 309-19 10 Soares DJ et al.: Patterns of filler-induced facial skin ischemia: a systematic review of 243 cases and introduction of the FOEM scoring system and grading scale. Plast Reconstr Surg 2023; 151(4): 592e-608e 11 Rzany B, DeLorenzi C: Understanding, avoiding, and managing severe filler complications. Plast Reconstr Surg 2015; 36(5 Suppl): 196S-203S 12 Bertlich M et al.: Sensitization against medical hyaluronidase in patients with confirmed hypersensitivity against hymenoptera species and its clinical implications. Br J Dermatol 2024; 15 13 Goodman GJ et al.: Aspiration before tissue filler—an exercise in futility and unsafe practice. Aesthet Surg J 2022; 42(1): 89-101 14 Vasconcelos-Berg R et al.: Doppler ultrasound-guided filler injections: useful tips to integrate ultrasound in daily practice. Aesthet Surg J 2023; 43(7): 773-83 15 Schelke L et al.: Ultrasound as an educational tool in facial aesthetic injections. Plast Reconstr Surg Glob Open 2022; 10(12) 16 Pérez-Ruiz C et al.: Adverse granulomatous reaction to silicone filler treated with methotrexate. Dermatol Surg 2019; 45(3): 489-92 17 Decates TS et al.: The Dutch Hyacorp filler catastrophe: new EU legislation will prevent this from happening again. Eur J Dermatol 2022; 32(5): 584-8 18 Jones D, Murphy DK: Volumizing hyaluronic acid filler for midface volume deficit: 2-year results from a pivotal single-blind randomized controlled study. Dermatol Surg 2013; 39(11): 1602-12
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