Hoffnung für den „unerreichbaren“ Juckreiz
Bericht:
Dr. Norbert Hasenöhrl
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Für Patienten mit Notalgia paresthetica gibt es mit oralem Difelikefalin durchaus Hoffnung auf Reduktion des quälenden Juckreizes am Rücken, wie eine Phase-2-Studie zeigt.
Notalgia paresthetica (NP) ist eine häufige sensorische Neuropathie am Rücken, die durch chronischen Juckreiz gekennzeichnet ist und vermutlich durch den Druck der Wirbelsäule auf die entsprechenden Neuronen zustande kommt.1 „Es gibt derzeit keine zugelassenen Therapien für diese Erkrankung“, so Prof. Dr. Mark Lebwohl, Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York, USA.
Difelikefalin (DFK) aktiviert Opioidrezeptoren vom Kappa-Typ an peripheren sensorischen Neuronen (ohne die My-Rezeptoren zu beeinflussen) und unterdrückt Juckreiz durch einen neuromodulatorischen Effekt. Intravenöses DFK ist zugelassen für die Behandlung des mittelschweren bis schweren Pruritus bei Patienten unter Hämodialyse.2 „Intravenöses Difelikefalin macht nicht abhängig und unterliegt keinen Suchtgiftbestimmungen“, betonte Lebwohl. Orales DFK wird für eine Reihe von mit Juckreiz einhergehenden Hauterkrankungen entwickelt. „Hier möchte ich von einer Phase-2-Studie berichten, in der orales DFK für die Behandlung des mittelschweren bis schweren Pruritus bei NP evaluiert wurde“, erklärte der Experte.
Die KOMFORT-Studie
Diese Untersuchung (KOMFORT) wurde mit Erwachsenen, die eine klinisch bestätigte NP-Diagnose aufwiesen, durchgeführt. Nach einer siebentägigen Run-in-Periode wurden sie 1:1 in zwei Gruppen randomisiert, die entweder zweimal täglich orales DFK in einer Dosis von 2 mg oder entsprechendes Placebo erhielten. Die Studie dauerte acht Wochen. „Eine daran anschließende vierwöchige aktive Verlängerung läuft noch“, so Lebwohl. Primärer Endpunkt (s. Abb. 1) ist die Veränderung im wöchentlichen Durchschnitt des täglich erhobenen WI-NRS-Werts zu Woche 8 im Vergleich zu Studienbeginn. Die Abkürzung WI-NRS steht für „Worst Itch ¬– Numeric Rating Scale“ (WI-NRS) und stellt eine Skala von 0 bis 10 dar, wobei jeweils der stärkste Juckreiz innerhalb der vergangenen 24 Stunden bewertet wird. Weitere Endpunkte sind eine Veränderung von ≥4 Punkten im WI-NRS-Wert, ein komplettes Ansprechen auf der WI-NRS (definiert als 0 oder 1 Punkt in 70% der Fälle) sowie Sicherheitsaspekte.
Die Patienten sind im Durchschnitt ca. 60 Jahre alt. 66,7% (Placebogruppe) und 77,4% (Verumgruppe) sind weiblich, 88,9% bzw. 79% Kaukasier. Die durchschnittliche Krankheitsdauer betrug 8,2 bzw. 8,9 Jahre, der mittlere Ausgangsscore auf der WI-NRS lag in beiden Gruppen bei 7,6 – 68,3% bzw. 66,1% hatten einen Score ≥7, was einem schweren Pruritus entspricht.
Abb. 1: Primärer Endpunkt der KOMFORT-Studie. ** p<0,01 vs. Placebo, *** p<0,001 vs. Placebo (Quelle: Lebwohl)
„DFK führte schon nach einer Woche zu einer statistisch signifikanten Reduktion des Juckreizes“, betonte Lebwohl. Der Unterschied blieb bis zur Woche 8 erhalten. Betrachtet man aber die täglichen Abfragen des WI-NRS-Werts in der ersten Behandlungswoche, so ist sogar am Tag 1 bereits ein signifikanter Unterschied zu sehen. Eine Verbesserung von ≥4 Punkten auf der WI-NRS wurde zu Woche 8 unter DFK von 41%, unter Placebo von 18% erreicht (p<0,01). Ein komplettes Ansprechen auf der WI-NRS (0 oder 1 Punkt an fünf von sieben Tagen) wurde zu Woche 8 von 22% unter DFK und von 5% unter Placebo erzielt.
Etwas mehr als 50% erlebten eine unerwünschte Wirkung (AE), wobei keine davon schwer war. Allerdings waren therapiebedingte AE, die zum Abbruch der Behandlung führten, unter DFK häufiger (19,4% vs. 6,3% unter Placebo). Die häufigsten davon waren Schwindel und Übelkeit in der DFK-Gruppe sowie Bauchschmerzen in der Placebogruppe. Während Übelkeit und Bauchschmerzen in beiden Gruppen etwa gleich häufig auftraten, waren Kopfschmerzen, Schwindel, Verstopfung und verstärkte Harnausscheidung in der DFK-Gruppe häufiger. „Diese AE werden auch mit dem Kappa-Rezeptor in Verbindung gebracht“, bestätigte der Experte.
„Zusammenfassend können wir sagen, dass in der KOMFORT-Studie eine signifikante Reduktion des Juckreizes bei Notalgia paresthetica durch Difelikefalin gezeigt wurde. Der Effekt begann schon am ersten Behandlungstag und hielt acht Wochen an. Der Kappa-Rezeptor scheint also eine bedeutende Rolle bei der Kontrolle neuropathischen Juckreizes zu spielen. Orales DFK sollte deshalb unbedingt in dieser Richtung weiterentwickelt werden, da es hier einen großen und noch ungelösten medizinischen Bedarf gibt“, so Lebwohl abschließend.
Quelle:
Lebwohl M: A phase 2 study of oral difelikefalin for moderate-to-severe pruritus in subjects with notalgia paresthetica (KOMFORT). EADV 2022, presentation ID D1T01.3I
Literatur:
1 Ellis C: Dermatol Pract Concept 2013; 3(1): 3-6 2 Fishbane S et al.: N Engl J Med 2020; 382(3): 222-32
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