Ein Blick auf die Pipeline
Autor:
Reno Barth
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Die therapeutischen Optionen in der Behandlung der Urtikaria sind begrenzt und Patienten, die auf die Standardtherapien nicht ansprechen, kann nicht immer geholfen werden. Allerdings befinden sich zahlreiche zielgerichtete Therapien mit innovativen Angriffspunkten in unterschiedlich weit fortgeschrittenen klinischen Studien.
Urtikaria ist weltweit eines der häufigsten dermatologischen Krankheitsbilder und bezeichnet eine heterogene Gruppe von Hauterkrankungen, die sich in charakteristischen Hautreaktionen in Form von Quaddeln und/oder Angioödemen äußern. Die therapeutischen Optionen sind zurzeit begrenzt. Standardtherapie sind laut aktueller internationaler Guideline Antihistaminika der zweiten Generation.1 Kann damit innerhalb von zwei Wochen keine Kontrolle erreicht werden oder sind die Symptome unerträglich, steht als Add-on-Therapie der gegen Immunglobulin E gerichtete monoklonale Antikörper Omalizumab zur Verfügung. Hilft dies – auch nach Dosiseskalation – nicht, so bleibt als weitere Option die Immunsuppression mit Ciclosporin. Das Ansprechen wird mit dem Urtikaria-Kontroll-Test (UCT) bewertet, wobei ein Wert unter 12 bedeutet, dass die Therapie eskaliert werden muss. Zwischen 12 und 15 ist die Urtikaria unter Kontrolle, die Therapie soll jedoch optimiert werden. Erst bei einem Score über 15 hat man optimale Kontrolle erreicht und man kann über eine Deeskalation der Therapie nachdenken. Für das Monitoring einer chronischen spontanen Urtikaria (CSU) empfiehlt Prof. Dr. Marcus Maurer, Charité – Universitätsmedizin Berlin, die zur Selbstevaluation für Urtikariapatienten entwickelte App CRUSE („Chronic Urticaria Self Evaluation“).
Verschiedene Strategien gegen die Urtikaria
Maurer betont auch, dass es nach wie vor Patienten gibt, denen mit den heute verfügbaren Therapien nicht oder nur unzureichend geholfen werden kann. Dies könnte sich in naher Zukunft bessern, denn die Pipeline zielgerichteter Therapien, die für die Urtikaria zugelassen werden könnten, ist lang. Zahlreiche potenzielle Ziele sind jedenfalls bekannt. Sie alle haben mit der Mastzelle als Hauptverursacher der Urtikaria zu tun. Maurer nennt Inhibition der Aktivierung, Silencing, Depletion und Inhibition von Mediatoren als relevante Ansatzpunkte.
Relevante Mediatoren der Mastzellen sind die Interleukine 4, 13, 17 und 23 sowie der Histamin-Rezeptor 4. Am weitesten fortgeschritten ist die Entwicklung des gegen die IL-4Rα-Untereinheit der Typ-1- und Typ-2-Rezeptoren von B- bzw. T-Zellen gerichteten Antikörpers Dupilumab, der eine Hemmung von IL-4 und IL-13 bewirkt. Dupilumab hat sich in der Indikation chronische spontane Urtikaria als wirksam erwiesen und verbesserte in der Phase-III-Studie LIBERTY-CSU CUPID sowohl den Urtikaria-Aktivitäts-Score (UAS) als auch die Lebensqualität im Vergleich zu Placebo signifikant.2 Die Wirkung wird auf eine anhaltende Reduktion von IgE zurückgeführt, so Maurer, der eine Zulassung für kommendes Jahr erwartet.
Wie man unerwünschte Mastzellen loswerden möchte
Die Inhibition der Mastzellaktivierung wird über verschiedene Signalwege und auf unterschiedlichen Ebenen untersucht. Am nächsten an einer möglichen Zulassung dürften hier die Inhibitoren der Bruton-Tyrosinkinase (BTK) sein. Die Pathogenese der chronischen Urtikaria wird auf zwei Mechanismen zurückgeführt. Zum einen wird durch die BTK-Hemmung die Signaltransduktion des IgE-Rezeptors unterbrochen. Zum anderen ist BTK auch ein Treiber der Produktion von Autoantikörpern, die zumindest bei einem Teil der Urtikariapopulation relevant sind.3
In der Indikation CSU werden die beiden BTK-Inhibitoren Remibrutinib und Rilzabrutinib untersucht. Phase-III-Daten zu Remibrutinib werden erwartet. Für den BTK-Inhibitor Fenebrutinib liegen Phase-II-Daten vor, die eine Reduktion der Krankheitsaktivität zeigen und den Wirkmechanismus bestätigen.4 Für Remibrutinib zeigte die Phase II eine schnell einsetzende, stabile Wirkung auf den UAS7. Maurer betont, dass die Wirkung auch bei Patienten gegeben war, die zuvor auf Omalizumab nicht angesprochen hatten.5
Eine Silencing-Strategie wird mit Lirentelimab, einem Antikörper gegen SIGLEC8 („sialic acid-binding Ig-like lectin 8“) versucht. Eine Proof-of-concept-Studie zeigte eine Reduktion des UAS7 um 61 % und rechtfertigt damit weitere klinische Studien.6
Die Depletion der Mastzellen wird mit Barzolvolimab, einem Antikörper gegen die Rezeptor-Tyrosinkinase KIT erreicht. Durch die Bindung an KIT verliert der für das Überleben von Mastzellen erforderliche Stammzellfaktor (SCF) seinen Rezeptor und es kommt zur Apoptose der Mastzellen. Erste klinische Daten zeigen bei Kälteurtikaria eine eindrucksvolle Wirkung über 12 Wochen nach einer einzigen Injektion. Diese Wirkung geht Hand in Hand mit einer Reduktion der Mastzellen in der Haut um rund 90 %.7 Maurer betont, dass die weitere Erforschung dieser Ansätze wesentlich durch das Urtikaria-Netzwerk UCARE (Urticaria Centers of Reference and Excellence) im Rahmen von GA²LEN, Global Allergy and Asthma European Network, vorangetrieben wird.
Quelle:
Session „GA²LEN - Global Allergy and Asthma European Network of Excellence“, EADV 2023, am 11. Oktober 2023 in Berlin
Literatur:
Zuberbier T et al.: Allergy 2022; 77(3): 734-66
Maurer M et al.: J Allergy Clin Immunol 2023; 151(2): AB98
Mendes-Bastos P et al.: Allergy 2022; 77(8): 2355-66
Metz M et al.: Nat Med 2021; 27(11): 1961-69
Maurer M et al.: J Allergy Clin Immunol 2022; 150(6): 1498-1506.e2
Altrichter S et al.: J Allergy Clin Immunol 2022; 149(5): 1683-90.e7
Terhorst-Molawi D et al.: Allergy 2023; 78(5): 1269-79
Das könnte Sie auch interessieren:
Nichtmelanozytärer Hautkrebs ist tödlicher als Melanom
Weltweit sterben mehr Menschen an nichtmelanozytärem Hautkrebs (NMSC) als an Melanomen. Die Autoren einer aktuellen Studie gehen davon aus, dass die Erkrankung nach wie vor ...
ARCADIA-Studien erreichen primäre und sekundäre Endpunkte
Mit Nemolizumab wurde ein Biologikum mit einem innovativen Wirkmechanismus in der Indikation atopische Dermatitis in zwei Phase-III-Studien evaluiert. Die nun präsentierten Ergebnisse ...
EADV Newsroom 2023
Informieren Sie sich hier über die Highlights des Jahreskongresses der European Academy of Dermatology and Venereology.