Pilzinfektionen der Nägel
Autor:
Reno Barth
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Die im Volksmund als Nagelpilz bezeichnete Onychomykose ist die mit Abstand häufigste Erkrankung der Nägel. Sie kann als relativ banale, lokal therapierbare Infektion auftreten, sie kann sich jedoch auch in schweren, destruierenden Zustandsbildern äußern, die monatelange systemische Therapien erforderlich machen. Die meisten modernen Antimykotika sind in der Indikation Onychomykose nicht zugelassen.
Die weltweite Prävalenz der Onychomykose liegt bei rund zehn Prozent der Bevölkerung und tritt mit zunehmendem Alter gehäuft auf. Bei Kindern sind Pilzinfektionen der Nägel hingegen selten. Insgesamt entfallen rund 50 % aller Nagelerkrankungen auf Onychomykose, so Prof. Dr. Asja Prohic von der Universität Sarajewo.
Eine Reihe von Risikofaktoren ist bekannt. Diese reichen von Hauterkrankungen wie Psoriasis über systemische Komorbiditäten wie Diabetes mellitus oder Mangeldurchblutung bis zu externen Faktoren wie schlechtem Schuhwerk, mangelnder Nagelpflege oder Trauma. Nicht zuletzt spielen auch genetische Faktoren eine Rolle. Als Erreger kommt eine Vielzahl von Pathogenen infrage. In bis zu 90 % der Fälle sind Dermatophyten und hier besonders Trichophyton rubrum und T. interdigitale im Spiel. Schimmelpilze wie Aspergillus spp. werden in ca. 10 % der Fälle gefunden. Auch Hefen wie Candida spp. können auf Nägeln bzw. im Nagelbett wachsen (Candida onychomycosis).
Unterschiedliche Manifestationen bei unterschiedlichen Erregern
Klinisch kann sich eine Onychomykose in unterschiedlichen Nagelveränderungen äußern, die zum Teil bereits Schlüsse auf das Pathogen zulassen. So sind Hyperkeratose, Onycholyse und Verfärbungen typisch für die Dermatophyten, kommen jedoch auch bei Candida-Infektionen vor. Sie ergeben zusammen das Bild der distal lateralen subungualen Onychomykose. Möglich sind aber beispielsweise auch weiße Flecken und transversale Striae (weiße superfizielle Onychomykose). Eine proximale subunguale Onychomykose mit proximalen weißen Flecken und Bändern kann beispielsweise mit Fusarium-Spezies oder Aspergillus assoziiert sein. In Extremfällen kommen schwerste Infektionen wie die totale dystrophe Onychomykose vor. Eine Nagelbeteiligung ist aber auch im Rahmen systemischer Infektionen wie der chronischen mukokutanen Candidiasis, der ein Gendefekt zugrunde liegen kann, möglich.
Im Hinblick auf die Therapie muss zwischen unterschiedlichen Definitionen von Heilung unterschieden werden, so Prohic. Mykologische Heilung bedeutet, dass nach Therapie ein Pilznachweis weder in der Kultur noch mikroskopisch möglich ist. Für eine klinische Heilung genügt es, wenn der Nagel ein gesundes Bild zeigt. Für die komplette Heilung sind sowohl mykologische als auch klinische Heilung erforderlich.
Die Therapie ist langwierig und nicht immer erfolgreich. Als ungünstige prognostische Faktoren nennt Prohic fortgeschrittenes Alter, subunguale Hyperkeratosen von mehr als zwei Millimetern Größe, ausgeprägte Onycholyse, großflächigen Befall inklusive der Nagelmatrix, Mischinfektionen, Beteiligung beider Hände und Füße sowie Komorbiditäten, die beispielsweise zu Immunsuppression führen. Die Therapieziele sind die komplette Elimination des Pathogens so schnell und sicher wie möglich inklusive der Prävention einer weiteren Ausbreitung sowie ein Nachwachsen gesunder Nägel. Letzteres ist im klinischen Alltag nicht immer möglich, worüber Patienten aufgeklärt werden müssen, so Prohic.
Individualisierte Therapie kann Monate dauern
Die Therapie sollte individualisiert werden und sich nach Schwere der Infektion, Pathogen, Komorbiditäten, konkomitanter Medikation und Patientenpräferenzen richten. Da einige Antimykotika sehr teuer sind und nur schwer erstattet werden, wird in vielen Fällen auch der Kostenfaktor zu berücksichtigen sein. Aus diesem und aus vielen anderen Gründen sollte daher niemals eine Therapie begonnen werden, bevor eine Laborbestätigung der Verdachtsdiagnose Onychomykose vorliegt.
Behandelt werden kann grundsätzlich sowohl topisch als auch oral, wobei die orale und damit systemische Therapie den Goldstandard darstellt. Prohic betont, dass orale Therapien im Vergleich zu topischen kürzer dauern und höhere Heilungsraten erreichen. Insbesondere ist eine systemische Therapie zu empfehlen, wenn größere Nagelflächen und mehrere Nägel und/oder die Nagelmatrix betroffen sind oder ein Dermatophytom (starke Verdickung des Nagels) vorliegt. Das Dermatophytom gilt an sich als prognostisch ungünstig.
Standard-Antimykotika sind Terbinafin, Itraconazol und Fluconazol, wobei Terbinafin nicht gegen Candida-Spezies wirksam ist, bei Dermatophyten jedoch die höchsten Heilungsraten erreicht und daher den Goldstandard darstellt. Je nach Pathogen und Befall ist mit langen Therapiezeiten von bis zu einem Jahr zu rechnen, das Nebenwirkungspotenzial ist beträchtlich und reicht von Kopfschmerzen und Übelkeit bis zu seltenen, aber sehr schwerwiegenden Komplikationen wie einem Stevens-Johnson-Syndrom. Die Kontraindikationen und Interaktionen sind zahlreich, ein regelmäßiges Monitoring der Leberfunktion wird empfohlen. Von den neueren Antimykotika, wie beispielsweise Voriconazol, ist aktuell keines in Europa in der Indikation Onychomykose zugelassen. Die Substanzen sind jedoch verfügbar, da Zulassungen für invasive Mykosen bestehen, und erreichen hohe Heilungsraten.
Topische Therapien: besser verträglich, weniger wirksam
Topische Therapien haben keine vergleichbaren Probleme mit der Verträglichkeit, sind allerdings auch weniger wirksam und werden daher in leichteren Fällen, etwa bei Befall von weniger als 50 % der Nagelfläche und nur maximal drei betroffenen Nägeln, empfohlen. Eine typische Indikation ist die weiße superfizielle Onychomykose. Wichtig ist es, so Prohic, dafür zu sorgen, dass das Antimykotikum die Stelle der Infektion erreicht. Dazu sollen Nägel gefeilt oder aufgeraut und das Medikament auch an den lateralen Teilen des Nagels aufgetragen werden. Kontrollen auf Pilzinfektionen der Haut sind sinnvoll. Mehrere Antimykotika sind in entsprechenden Lösungen verfügbar. In solchen Fällen sind die Heilungsraten hoch.
Hohe Heilungsraten werden auch von Phytotherapeutika wie Teebaumöl berichtet, Prohic weist allerdings auf die diesbezüglich suboptimale Evidenzlage hin. Zur Unterstützung der Permeation können auch aufwendigere Techniken wie Lasertherapie, Phonophorese oder UV-Licht zum Einsatz kommen. Auch chemische Unterstützung der Permeation, beispielsweise mit keratinolytischen Enzymen, ist möglich. Viele dieser Optionen haben den Nachteil, dass dafür geschultes Personal erforderlich ist und hohe Kosten entstehen, wie Prohic ausführt.
Eine topische Therapie kann auch zur Prophylaxe von Reinfektionen zum Einsatz kommen. Dabei kann jedoch die Dosis, respektive die Frequenz der Applikation, reduziert werden. Prohic empfiehlt, zweimal wöchentlich ein wirksames topisches Antimykotikum zu applizieren. Eine Reihe präventiver Lebensstilmaßnahmen wird ebenso empfohlen und reicht von der Desinfektion von Schuhen bis zu besserer Nagelpflege. Die Füße sollten kühl und trocken gehalten werden.
Wird mit der initialen Therapie kein ausreichender Erfolg erzielt, so sind sowohl die Diagnose als auch die Adhärenz zu überprüfen. Eine verlängerte Behandlung kann ebenso erforderlich werden wie ein Switch des Antimykotikums. Auch Medikamenten-Interaktionen können das Ansprechen negativ beeinflussen. Resistenzen entwickeln sich auch in Europa zunehmend zu einem klinisch relevanten Problem.
Quelle:
Highlight Session „Nails disorders“, EADV 2023, 12. Oktober 2023, Berlin
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