Nicht alles, was aussieht wie eine atopische Dermatitis, ist auch eine atopische Dermatitis
Autor:
Reno Barth
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Die atopische Dermatitis ist eine häufige, entzündliche Hautkrankheit, die sich vor allem in der Kindheit manifestiert. Allerdings sind untypische Präsentationen möglich, die auch die Diagnostik erheblich erschweren können. Insbesondere bei Erstpräsentation im Erwachsenenalter ist auch an eine differenzialdiagnostische Abgrenzung zum kutanen T-Zell-Lymphom zu denken.
Die atopische Dermatitis (AD) beginnt üblicherweise in der frühen Kindheit. Bei vielen Betroffenen heilt die Erkrankung spontan aus oder geht zumindest für viele Jahre in Remission, erläutert Prof. Dr. Patrick Brunner von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York. Dies würde leider nicht auf alle Patienten mit AD zutreffen und man kenne die Hintergründe eines Persistierens der AD nicht, so Brunner. Auch eine „late-onset“ AD kommt in seltenen Fällen vor. Das Konzept des „atopischen Marsches“, der mit atopischem Ekzem und Nahrungsmittelallergie in den ersten Lebensmonaten beginnt und schließlich zu Rhinitis und Asthma führt, gilt heute als überholt, so Brunner. Es habe sich gezeigt, dass die beschriebene Sequenz nur bei einer kleinen Minderheit der Betroffenen auftritt oder beispielsweise eine allergische Rhinitis auch ganz ohne Ekzem oder Wheezing vorkommt.1 Zwar gilt eine Assoziation der genannten Erkrankungen als gesichert, doch treten diese eher als Cluster denn in der Sequenz auf.2 Brunner betont, dass die Betroffenen auch zwischen den Manifestationen „wandern“, also zeitweise unter der einen und zeitweise unter einer anderen Manifestation des atopischen Spektrums leiden können.
Extrinsische und intrinsische Erkrankung
Eine atopische Dermatitis kann sowohl „extrinsisch“ als auch „intrinsisch“ auftreten, wobei die extrinsische Form bei Weitem häufiger und mit erhöhtem Immunglobulin E (IgE) und einer gestörten Hautbarriere assoziiert ist. Die intrinsische Form der AD mit intakter Hautbarriere macht rund 20 % der Fälle aus und betrifft in der überwiegenden Mehrzahl Frauen. Eine wichtige Differenzialdiagnose ist hier die „Pseudo-AD“ infolge einer Metallallergie.3 Am leichtesten zu diagnostizieren ist eine AD, wenn sie mit erhöhtem IgE und atopischen Komorbiditäten auftritt, so Brunner. Im Gegensatz dazu kann die Diagnose einer intrinsischen AD herausfordernd sein. Differenzialdiagnostisch ist die AD von einer Vielzahl anderer Erkrankungen – von Psoriasis über diverse Dermatitiden bis hin zu Scabies und Immundefekten – abzugrenzen. Auch ein indolentes kutanes T-Zell-Lymphom (Mycosis fungoides) kann mit einer AD verwechselt werden. Die Differenzialdiagnose zwischen Mycosis fungoides und AD kann herausfordernd sein, insbesondere wenn sich das Lymphom mit Psoriasis-ähnlichen Plaques präsentiert. Brunner betont, dass es in manchen Fällen Jahre dauert, bis ein kutanes T-Zell-Lymphom (CTCL) korrekt diagnostiziert wird. Beispielsweise ist auch eine Verwechslung mit Vitiligo möglich. Auch die Histologie ist anspruchsvoll und wird durch moderne Sequencing-Techniken erheblich erleichtert.
Ein ganz besonderes Problem in der Differenzialdiagnostik stellt die „Parapsoriasis“ dar, eine Gruppe von Hautkrankheiten mit Psoriasis-ähnlicher Manifestation, die nach wie vor kaum verstanden wird. Der Terminus Parapsoriasis wurde 1902 als provisorische Bezeichnung eingeführt und ist mangels Alternativen heute noch in Gebrauch, erläutert Brunner. In vielen, aber bei Weitem nicht allen Fällen stecke hinter der Parapsoriasis ein T-Zell-Lymphom. Die Erkrankung bleibe jedoch rätselhaft. Obwohl sie sich mehrheitlich als sehr indolent präsentiert, ist eine Progression zum voll entwickelten Lymphom möglich. Auch ein erythrodermisches CTCL kann einer atopischen Dermatitis ähneln.
Weiters ist auch eine unspezifische Erythrodermie möglich, bei der man, so Brunner, zu keiner Diagnose findet. Dieses Phänomen sei nach wie vor nicht ausreichend charakterisiert.
Typ-2-Inflammation: Therapie-Ansprechen als Bestätigung
Der gemeinsame Faktor der verschiedenen Phänotypen der AD ist eine ausgeprägte Typ-2-Immunaktivierung.4 Dies habe sich, so Brunner, bislang in allen von AD betroffenen Populationen, also unabhängig von Erkrankungsalter und Ethnizität, bestätigt. Die Wirksamkeit des IL-4- und IL-13-Blockers Dupilumab bei einer Mehrzahl der Patienten mit AD kann als Bestätigung für die Bedeutung der Typ-2-Inflammation gewertet werden.5 Brunner: „Spricht eine AD nicht auf Dupilumab an, empfehle ich eine Überprüfung der Diagnose mittels Biopsie.“ Allerdings kann es, so Brunner, bei manchen Patienten unter Dupilumab aus ungeklärten Gründen zu einer Kopf/Hals-Dermatitis kommen.
Ebenfalls mit Typ-2-Inflammation verbunden ist die chronische Prurigo nodularis, die ebenfalls mit einem starken Pruritus verbunden ist, sich allerdings sowohl hinsichtlich der Pathophysiologie als auch der Präsentation deutlich von der AD unterscheidet. Vieles spreche dafür, dass T-Zellen bei der AD eine größere Rolle spielen und auch die Typ-2-Inflammation ausgeprägter ist, während es bei Prurigo nodularis zu fibrotischen Veränderungen kommt. Auch die Prurigo nodularis spricht auf Dupilumab an.
Quelle:
Session „Atopic dermatitis“, EADV 2023, Präsentation D2T02.1B, 12. Oktober, Berlin
Literatur:
Belgrave DC et al.: PLoS Med 2014; 11(10): e1001748
Paller AS et al.: J Allergy Clin Immunol 2019; 143(1): 46-55
Tokura Y, Hayano S: Allergol Int 2022; 71(1): 14-24
Czarnowicki T et al.: J Allergy Clin Immunol 2019; 143(1): 1-11
Simpson EL et al.: N Engl J Med 2016; 375(24): 2335-48
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