Punktgenaue Heilpflanzen für die Menopause
Autor:
Priv.-Doz. Dr.habil. Karl-Heinz Steinmetz
Institut für Traditionelle Europäische Medizin, Wien
E-Mail: karl.steinmetz@institem.at
Dass Heilpflanzen eine Therapieoption bei Wechselbeschwerden darstellen, darf als bekannt vorausgesetzt werden. Die authentische traditionelle europäische Medizin kann allerdings mehr als eine unspezifische „Wald-und-Wiesen-Phytotherapie“. Sie liefert das Handwerkszeug für treffsichere Verordnungen – etwa in der Form von Tinkturen(mischungen).
Frau im Wechsel und klassische Phytotherapie
Die Menopause ist eine natürliche Phase im Leben einer Frau, die das Ende ihrer reproduktiven Jahre markiert. Die hormonellen Veränderungen des Wechsels können zu verschiedenen akuten Symptomen wie Hitzewallungen, Nachtschweiß, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Gewichtszunahme und trockener Haut führen; auch vaginale Trockenheit und eine verminderte Libido sind oft zu beobachten. Die Menopause hat zudem eine Langfristperspektive: Sie erhöht das Risiko für bestimmte Gesundheitsprobleme wie Osteoporose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zur Behandlung menopausaler Beschwerden stehen verschiedene Therapien zu Verfügung, etwa der Einsatz von körperidentischen Hormonen – Estradiol transdermal, Progesteron oral oder Estriol vaginal. Für Patientinnen, die für Phytotherapie offen sind, bieten sich aber auch zahlreiche Heilpflanzen zur Harmonisierung hormoneller Regelkreise an:
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Zu den „Estrogen-Pflanzen“ gehören etwa Angelica archangelica (Erzengelwurz), Artemisia vulgaris (Beifuß), Cimicifuga racemosa (Traubensilberkerze), Humulus lupulus (Hopfen), Melissa officinalis (Melisse), Punica granatum (Granatapfel), Salvia officinalis (Salbei) und Trifolium pratense (Rotklee).
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Zu den „Progesteron-Pflanzen“ zählen hingegen Achillea millefolium (Schafgarbe), Alchemilla vulgaris (Frauenmantel), Artemisia vulgaris (Beifuß), Dioscorea villosa (Yams), Oenothera biennis (Nachtkerze) und Vitex agnus-castus (Mönchspfeffer).
Die genannten Heilpflanzen sind hinreichend beforscht (siehe hierzu die Literaturangaben am Ende des Artikels), gleichwohl wären weitere qualitätsvolle Studien dringend erforderlich. Der Markt bietet entsprechende Produkte, die aus der gynäkologischen Praxis mit integrativmedizinischem Schwerpunkt nicht wegzudenken sind. Wer sich aber in die traditionelle europäische Medizin (TEM) vertieft, dem sticht ein individualisierender Ansatz ins Auge, der im Weiteren nachverfolgt sei.
Frau im Wechsel und traditionelle europäische Medizin
Es liegt auf der Hand, dass man in der TEM den Wechsel der Frau nicht in ihrer hormonellen Dimension erfassen konnte; Hormone und ihre Funktionen wurden erst nach 1900 entdeckt. In der älteren Medizin reflektierte man die Menopause im Rahmen der Humoralmedizin, sah ihr ein Phänomen der Schwarzgalle (Melancholera) und entfaltete sie innerhalb von chronomedizinischen Sieben-Jahres-Zyklen, die idealtypisch gemeint sind. Hier das Schema in der blumigen Diktion der TEM:
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In der Phase zwischen 42 und 49 Lebensjahren (7. Septenar) klopft die Schwarzgalle an und sorgt für Traurigkeit und eine gewisse Unrundheit – wir würden Prämenopause sagen.
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In der Spanne von 49–56 (8. Septenar) tritt die Schwarzgalle ein und entriegelt den stürmischen Wind – in heutiger Diktion die Perimenopause.
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Im Intervall von 56–63 Lebensjahren (9. Septenar) legt sich die Schwarzgalle auf die Strukturen und sorgt für Kälte und Trockenheit – im heutigen Wording die Postmenopause.
Der Benefit dieser Lehre für heute zeigt sich in fünf Schlüsselsymptomen und sieben Schlüsselheilpflanzen, die absolut praxistauglich sind.
TEM-Heilpflanzen für die drei Phasen des Wechsels
Eine Zusammenstellung der TEM-Heilpflanzen für die drei Phasen das Wechsels aus der einschlägigen Literatur (siehe unten) ist in Tabelle 1 aufgelistet.
Tab. 1: TEM-Heilpflanzen für die drei Phasen des Wechsels
Fazit und Praxistipp
Die traditionelle europäische Medizin ist für ihre chronomedizinische Sensibilität und Kunst der Individualisierung bekannt, ganz nach dem Motto: „Der richtigen Person die richtigen Kräuter zur richtigen Zeit.“ Diese Stärke der TEM ist aber zugleich eine Schwäche: Das Rezeptieren maßgeschneiderter Mischungen – beispielsweise drei Schlüsselheilpflanzen für den Wechsel plus weitere unterstützende Heilpflanzen für Herz, Schilddrüse, Psyche, Leber, Darm etc. – bedarf einer soliden Ausbildung in TEM. Nur wenige Apotheken halten heute die für die Mischungen erforderlichen Heilpflanzendrogen vorrätig. Aus diesem Grund seien hier drei einfache Take-Home-Optionen für TEM-Anfänger:innen benannt:
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Prämenopause: Frauenmantel-Tinktur und Beifuß-Tinktur (nach Verordnung)
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Perimenopause: Granatapfelsamentinktur (nach Verordnung) und Hopfentinktur (nach Verordnung, vorzugsweise abends)
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Postmenopause: Rotkleetinktur (nach Verordnung) und orale Gabe einer Mischung aus Weizenkeim- und Leinöl (nach Verordnung, vorzugsweise abends).
Die anspruchsvollere und bei Weitem wirkungsvollere Option ist es aber, sich den Reichtum der TEM (die der TCM in nichts nachsteht) zu erobern – so etwa mit dem Einsatz maßgeschneiderter Vielstoffgemische, der in diesem Beitrag beschrieben wurde.
Literatur:
● Avicenna: Liber canonis Avicenne revisus et ab omni errore mendaque purgatus summaque cum diligentia impressus. Paganinus de Paganinis 1507 ● Madejski M: Lexikon der Frauenkräuter. AT Verlag 2008 ● Raimann C et al.: Heilpflanzen der Traditionellen Europäischen Naturheilkunde auf einen Blick. Bacopa 2022 ● Riffel A: Heilpflanzen der Traditionellen Europäischen Medizin. Wirkung und Anwendung nach häufigen Indikationen. Springer 2021
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