Management von Plazentaresten post partum
Autorin:
Dr. med. Carolin Blume
Chefärztin Geburtshilfe
Departement Gynäkologie und Geburtshilfe
Frauenklinik Fontana
Kantonsspital Graubünden
Chur
E-Mail: carolin.blume@ksgr.ch
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Die Diagnosestellung und die Behandlung von postpartalen Plazentaresten stellt eine Herausforderung im klinischen Alltag dar. Es gibt keinen Konsensus über die diagnostischen Kriterien sowie die optimale Behandlung nach Diagnosestellung. Unterschiedliche Therapieansätze umfassen konservative und operative Behandlungsoptionen.
Keypoints
Postpartale Plazentareste sind:
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relativ häufig
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relativ häufig unerkannt
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machen häufig keine Symptome
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können in den überwiegenden Fällen konservativ behandelt werden
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können selten starke Blutungen verursachen
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Die Diagnosestellung mit Ultraschall ist sehr gut möglich.
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Medikamentöse Behandlungen bringen wenig Vorteile und haben Nebenwirkungen.
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β-HCG-Kontrollen sind nicht erforderlich.
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Operativ hat die Hysteroskopie mit Resektion ohne Strom Vorteile gegenüber der Kürettage.
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Operativ kann in der Regel ambulant vorgegangen werden.
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Die Fertilität nach erfolgreicher Therapie ist bei allen Methoden gut.
Plazentareste treten nach Termingeburten unabhängig vom Entbindungsmodus mit einer Häufigkeit von ca. 1% auf. Eine durch die Geburtshelfer unvollständig beurteilte Plazenta muss hierbei nicht zwingend vorgängig vorliegen. Auch bei vollständig beurteilten Plazenten können minimale Zellreste persistieren, expandieren und durch Appositionswachstum Plazentapolypen bilden.
Klinisches Bild: abnorme uterine Blutungen post partum
Tab. 1: Risikofaktoren für Plazentareste
Die Diagnosestellung erfolgt in der Regel aufgrund von Symptomen. Die Frauen melden sich am häufigsten mit Blutungsstörungen, gelegentlich auch Schmerzen oder Fieber. Die Blutungsstörungen wie auch die -stärke können sehr variabel sein. Einige Frauen berichten im Rahmen der Nachuntersuchung post partum, welche regulär zwischen 6 und 8 Wochen nach Geburt stattfindet, über persistierende vaginale Blutungen. Diese sind in der Regel schmerzlos und geringer als eine Menstruationsblutung. Manche Frauen wiederum melden sich mit stärkeren persistierenden vaginalen Blutungen bereits vor dem regulären Kontrollintervall. Starke, anämisierende Blutungen oder Blutungen, die zu einer disseminierten Gerinnung führen, sind selten. Sie treten eher zeitnah post partum auf und kommen häufiger vor nach einer protrahierten Plazentaphase nach der Geburt, einer nicht sicher vollständig beurteilten Plazenta oder im Rahmen einer Plazentationsstörung im Sinne einer abnorm invasiven Plazenta. Die Risikofaktoren für das Auftreten von Plazentaresten sind in Tabelle 1 aufgeführt. Hierbei sind Uterusanomalien wie beispielsweise ein Uterus bicornis sowie Interventionen postpartal zur Bergung der Plazenta als führende Ursachen aufgeführt.
Weitere mögliche Komplikationen bei Plazentaresten sind neben Blutungsstörungen Schmerzen, Infektionen, Zyklusstörungen, Fertilitätsstörungen, intrauterine Adhäsionen.
Diagnosestellung durchSonografie
Im Rahmen einer klinischen bimanuellen Untersuchung post partum ist der Uterus meist auf Normalgrösse zurückgebildet und hat wieder eine normale Konsistenz mit Ausnahme von frühen Blutungsstörungen bei grösseren Plazentaresten. Die spekuläre Einstellung der Zervix ergibt bei zumeist zurückgebildeter, geschlossener Zervix ebenfalls keinen zuverlässigen zusätzlichen Hinweis. Verlaufskontrollen von β-HCG bringen keinen diagnostischen Mehrwert, da die Werte post partum rasch sinken und auch bei persistierenden aktiven Plazentaresten niedrig bleiben.
Am zuverlässigsten wird die Diagnose in der klinischen Praxis durch eine Vaginalsonografie gestellt. Mithilfe der Vaginalsonografie lässt sich das innere Genitale gut abbilden. Der Uterus kann mit seinem Myometrium und dem Cavum gut abgegrenzt werden. Die Endometriumdicke an sich ist hierbei kein valides Kriterium zur Beurteilung. Plazentareste stellen sich mit einer Sensitivität von 80% als inhomogene Raumforderung von solider Echogenität, vereinzelt mit Kalzifizierungen, dar (Abb. 1). Häufig lassen sich im Gewebe mithilfe von Farbdopplersonografie auch gut vaskularisierte Bereiche darstellen (Abb. 4a). Differenzialdiagnostisch muss eine Abgrenzung zu einem Lochialstau oder einem Hämatom erfolgen (Abb. 2). Hilfreich ist hier auch, die Bildgebung dynamisch zu gestalten. Durch Bewegung des Vaginalschallkopfes mit Wechsel zwischen leichtem Druck und Sog bewegt sich der Uterus. Dieses Manöver ist hilfreich zur Unterscheidung, ob die intrauterine Raumforderung fixiert ist wie bei einem aktiven Plazentarest oder mobil wie bei Deziduaresten oder einem Hämatom (Abb. 3).
Abb. 1: Vaginalsonografische Darstellung eines hyperechogenen Plazentarestes in 3D-Rekonstruktion mit uterine trace
Abb. 2: Vaginalsonografische Darstellung eines intrauterinen Hämatoms in 3D-Rekonstruktion mit uterine trace
Abb. 3: Plazenta increta im Bereich der Sectionarbe. Hier ist die dynamische Sonografie zur Abgrenzung hilfreich
Weitere Möglichkeiten der Bildgebung sind die Darstellung per Computertomografie, Magnetresonanztomografie oder im Rahmen einer Hysteroskopie. Diese Verfahren kommen aber aufgrund des Aufwands, der Belastung der Patientin und der niederschwelligen Verfügbarkeit der Vaginalsonografie nur selten zum Einsatz.
Farbdopplersonografie
Abb. 4a: Echogener Plazentarest 2D nativ
Abb. 4b: Echogener Plazentarest 2D mit Vaskularisation
Einen wichtigen Stellenwert in der Prognose- und Therapieeinschätzung hat die Farbdopplerdarstellung (Abb. 4a/b): Der arterielle Flusswiderstand, die Flussgeschwindigkeit sowie die Graduierung der Vaskularisation (0–3) erhöhen die diagnostische Sicherheit und korrelieren mit dem Blutungsrisiko. Dabei ist zu beachten, dass eine initiale passagere Hypervaskularisation bei noch frischem Plazentarest im Ultraschall sehr häufig zu beobachten ist. Diese bildet sich in den meisten Fällen innerhalb von einigen Wochen spontan zurück und kann daher beobachtet werden, wenn keine Komplikationen wie eine Blutung oder Infektion auftreten.
Eine komplikationsträchtige Variante der Vaskularisation ist die vaskuläre Malformation (Abb. 5). Sie ist gekennzeichnet durch eine Hypervaskularisation mit komplexem Gefässknäuel, einem multidirektionalen Blutfluss, einer hohen Blutflussgeschwindigkeit mit einem niedrigen Gefässwiderstand. Die Höhe der Flussgeschwindigkeit korreliert mit dem Blutungsrisiko. Während sie mit >0,83m/Sekunde hoch ist, fällt sie mit <0,39m/Sekunde niedrig aus.
Abb. 5: Vaskuläre Malformation mit typischer Gefässzeichnung
Management konservativ
Beim interventionslosen konservativen Management wird nach Diagnosestellung und ausführlicher Information der Frau zugewartet und in Intervallen sonografisch beobachtet.
In einer Studie von Wada et al. betrug das mediane Beobachtungsintervall, bis der Plazentarest nicht mehr nachweisbar war, 76 Tage. Die Erfolgsrate ohne nachfolgende operative Intervention betrug 80%. Die Kriterien für oder gegen das konservative Management waren die Grösse des Befundes (ca. ab 15mm), Beschwerden der Patientin sowie die Blutungsstärke, welche ≤500ml sein sollte.
In einer Studie von Tzur et al. wurde bei 132 Patientinnen das interventionslose konservative Management mit einem medikamentösen Management mit Misoprostol® 800µg verglichen. Die Plazentareste waren im Mittel 12mm in der Ausdehnung mit Vaskularisation. Das Beobachtungsintervall betrug 56 Tage. Es zeigte sich kein Unterschied in der Notwendigkeit einer chirurgischen Intervention und die Erfolgsrate betrug 60%. Insgesamt traten mehr Nebenwirkungen in der Misoprostol®-Gruppe auf.
Daraus lässt sich schliessen, dass eine medikamentöse Therapie mit Prostaglandinen keinen Vorteil für die Frauen hat.
Diese Daten decken sich mit unserem Vorgehen und Beobachtungen im klinischen Alltag (Abb. 6 a–e). Seit Einführung des konservativen Managements ohne Intervention ausser regelmässigen Nachkontrollen in wachsenden Zeitabständen nach Initialeinschätzung sowie Beratung und Instruktion der Patientin ist die medikamentöse und operative Interventionsrate bei gleichbleibend geringen Komplikationen auf ein Minimum gesunken.
Abb. 6: Konservatives Management bei grossem Plazentarest mit dünnem Myometrium im Fundus uteri. a) Tag 1, b) Tag 9, c) Tag 24, d) Tag 50, e) nach 10 Monaten
Management operativ
Im Falle einer Persistenz der Raumforderung, von Blutungsstörungen oder auch auf Wunsch der Patientin, die gegebenenfalls eine rasche Klärung der Situation wünscht und keine längeren Beobachtungsintervalle auf sich nehmen möchte, ist eine operative Therapie indiziert. Eine noch immer gängige Methode zur Therapie von Plazentaresten ist die Kürettage mit einer stumpfen Kürette nach Zervixdilatation mit/ohne diagnostische Hysteroskopie. Im Vergleich zur operativen Hysteroskopie hat dieses Verfahren eine höhere Komplikationsrate mit persistierenden Blutungen, Uterusperforationen, Zervixläsionen und Verletzungen des Stratum basale, was zu intrauterinen Synechien und in der Folge zu einem ungenügenden Aufbau des Endometriums mit in der Folge resultierenden Fertilitätsstörungen führen kann.
Als Goldstandard der operativen Therapie von Plazentaresten hat sich inzwischen die operative hysteroskopische Resektion ohne Strom etabliert. In zahlreichen Studien hat sich gezeigt, dass es zu weniger intrauterinen Adhäsionen als bei Kürettagen kommt. Ein weiterer Vorteil ist, dass es weniger postoperative Residuen bei der hysteroskopischen Resektion gibt. Die Intervention ohne Strom weist eine geringere Rate an Verletzungen des Endometriums und des Myometriums auf. Die hysteroskopische Resektion ohne Strom kann auch bevorzugt bei Verdacht auf Residuen bei Plazentationsstörungen mit klinischer Symptomatik eingesetzt werden. Beide operative Verfahren weisen äquivalente Fertilitätsraten auf, wobei die Zeit bis zur Konzeption bei der hysteroskopischen Resektion ohne Strom signifikant kürzer ausfällt.
Literatur:
bei der Verfasserin
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