Eravacyclin: Pharmakologie und klinischer Einsatz
Bericht:
Dr. Norbert Hasenöhrl
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Ein neues Tetrazyklin – Eravacyclin – ist verfügbar. Es behält die Vorteile von Tetrazyklinen, z.B. bezüglich des Wirkspektrums, bei, weist aber im Vergleich zu Tigecyclin eine deutlich bessere Verträglichkeit auf.
Eravacyclin gehört zur dritten Generation der Tetrazykline und wird vollsynthetisch hergestellt.
Der Wirkmechanismus von Tetrazyklinen beruht auf ihrer Bindung an die 30S-Untereinheit des Ribosoms, was zu einer Hemmung der bakteriellen Proteinsynthese führt. Tetrazykline wirken bakteriostatisch, in manchen Fällen auch bakterizid.1 Zu den beschriebenen Resistenzmechanismen gegen Tetrazykline gehören Effluxpumpen, ribosomale Schutzproteine, verminderte Permeabilität, Mutationen des Ribosoms und enzymatische Inaktivierung.2
Indikation und Wirkspektrum
Eravacyclin (Xerava®) wird als intravenöse Infusion (Infusionsdauer 1h) verabreicht und ist indiziert zur Behandlung von Erwachsenen mit komplizierten intraabdominellen Infektionen (cIAI).3
Zu den Erregern, gegen die Eravacyclin wirkt, gehören gramnegative (E. coli, K. pneumoniae, K. oxytoca u.a.), grampositive (S. aureus, Koagulase-negative Staphylokokken, Enterococcus faecalis und faecium, Pneumokokken, S. pyogenes u.a.) sowie einige Anaerobier.4
Erreger mit folgenden Resistenzmechanismen sind mit Eravacyclin behandelbar: ESBL, CRE-KPC, CRE-OXA-48 und CRE-Metallo-Betalaktamasen (MBL).5
Dosierung und Pharmakologie
Die Standarddosierung von Eravacyclin beträgt laut Zulassung 1mg/kg Körpergewicht alle 12 Stunden.3 In einer Phase-II-Studie wurde bei Patienten mit cIAI diese Dosis mit 1,5mg/kg Eravacyclin alle 24h und mit Ertapenem (1g/24h) verglichen.6 Primärer Endpunkt war das klinische Ansprechen („test of cure“) 10 bis 14 Tage nach der letzten Antibiotikadosis. Dies wurde unter Eravacyclin 1mg/kg/12h von 100%, unter Eravacyclin 1,5mg/kg/24h von 92,9% und unter Ertapenem 1g/24h von 92,3% erreicht.6
Bis zu einer Dosis von 3mg/kg/24h besteht eine lineare Pharmakokinetik. In diesem Bereich korrelieren die Plasma- und Gewebespiegel gut miteinander.6
Bei Patienten mit Leberfunktionsstörung ist keine Dosisanpassung erforderlich. Das Gleiche gilt für Patienten mit Nierenfunktionsstörung und auch für Patienten unter Hämodialyse. Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren liegen keine Daten für Eravacyclin vor. Als Tetrazyklin darf Eravacyclin wegen möglicher Zahnverfärbungen nicht bei Kindern unter acht Jahren angewendet werden.3 Es liegen nur begrenzte Daten zur Anwendung von Eravacyclin bei Schwangeren vor. Frauen im gebärfähigen Alter sollten es vermeiden, schwanger zu werden, während sie Eravacyclin erhalten.3
Klinische Wirksamkeit und Nebenwirkungen
Die Zulassung für die Indikation cIAI beruhte auf den Studien IGNITE-1 und IGNITE-4. In beiden Fällen wurden erwachsene Patienten mit cIAI entweder mit Eravacyclin oder einem Carbapenem behandelt.7, 8 Die klinischen Heilungsraten lagen in beiden Fällen um die 90%, und beide Studien bewiesen die Nichtunterlegenheit von Eravacyclin gegenüber dem jeweiligen Comparator.
In zwei anderen Studien konnte in der Indikation komplizierter Harnwegsinfekt keine Nichtunterlegenheit von Eravacyclin gegenüber Levofloxacin bzw. Ertapenem gezeigt werden.9, 10
Insgesamt scheint Eravacyclin nach der klinischen Erfahrung besser verträglich zu sein als Tigecyclin, insbesondere was gastrointestinale Nebenwirkungen angeht.
Literatur:
1 Rusu A, Buta EL: Pharmaceutics 2021; 13(12) 2 Markley JL, Wencewicz TA: Front Microbiol 2018; 9:1058 3 Fachinformation Xerava®, Stand Juni 2023 4 Sutcliffe JA et al.: Antimicrob Agents Chemother 2013; 57(11): 5548-58 5 Bassetti M et al.: Antibiotics (Basel) 2020; 9(9) 6 Solomkin JS et al.: Antimicrob Agents Chemother 2014; 58(4): 1847-54 7 Solomkin JS et al.: JAMA Surg 2017; 152(3): 224-32 8 Solomkin JS et al.: Clin Infect Dis 2019; 69(6): 921-9 9 https://clinicaltrials.gov/study/NCT01978938 , zuletzt aufgerufen am 29.2.2024 10 https://clinicaltrials.gov/study/NCT03032510 ; zuletzt aufgerufen am 29.2.2024
Das könnte Sie auch interessieren:
Gespendete T-Zellen als letzter Ausweg bei viralen Infektionen
Adoptive virusspezifische T-Zellen sind eine relativ neue Option in der Behandlung viraler Infektionen, die anders nicht erfolgreich therapierbar sind. Es handelt sich dabei um den ...
Soll man nur nach schriftlicher Patientenaufklärung impfen?
Wie viel ärztliche Aufklärung ist vor einer Impfung erforderlich? Und muss diese Aufklärung schriftlich erfolgen? Eine schriftliche Aufklärung hat den Vorteil, dass sie im Falle einer ...
Klimawandel und Stechmücken: wenn die „Tropenkrankheiten“ zu uns kommen
Es wird wärmer. Bis 2100 ist in Mitteleuropa sowohl eine Steigerung der Gesamttemperaturen als auch eine Zunahme der Wetterlagen mit mehr als 38°C zu erwarten. Das hat gesundheitliche ...