Leistungssport & Co: das Zusammenspiel von Sport und psychischer Gesundheit
Autoren:
Dr. Alexander Schorb
Universitätsklinik für Psychiatrie,
Psychotherapie und Psychosomatik
Paracelsus Medizinische Privatuniversität
Salzburg
Veronika Mayerhofer, MSc
Red Bull Athlete Performance Center
Salzburg
Korrespondierender Autor:
Dr. Alexander Schorb
E-Mail: a.schorb@salk.at
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Die Sportpsychiatrie und -psychotherapie gewinnt zunehmend an Bedeutung. Ihr Tätigkeitsfeld umfasst heute nicht nur die Betreuung von Spitzensportlern, sondern auch den Einsatz von Sport und Bewegung in der Prävention und Therapie psychischer Erkrankungen. Dieser Artikel bietet einen Überblick über die Aufgaben dieses jungen Faches sowie Anregungen für die Weiterentwicklung der sportpsychiatrischen und -psychotherapeutischen Versorgung.
Keypoints
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Psychische Belastungen und Erkrankungen kommen im Leistungssport häufig vor. Sie mindern die Leistung und können sich als sportartenspezifische und -unspezifische Störungen bis über das Karriereende hinaus auswirken.
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Die Förderung der psychischen Gesundheit und ein sicherer Umgang mit psychischen Erkrankungen im Rahmen des Leistungssports erfordern eine entsprechende Aus- und Weiterbildung.
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Psychiater und Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendpsychiater und -psychotherapeuten mit einer spezifischen Expertise im Leistungssport (Sportpsychiater und -psychotherapeuten) sind bisher noch nicht fester Bestandteil in den Versorgungsstrukturen im Leistungssport.
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Die sportpsychiatrische und -psychotherapeutische Versorgung sollte weiter ausgebaut und die interdisziplinäre und interprofessionelle Zusammenarbeit gestärkt werden.
Psychische Gesundheit und Erkrankungen im Leistungssport
Psychische Belastungen sind im Leistungssport sehr geläufig und werden bislang vor allem durch die leistungs- und Resilienz fördernden Faktoren in gut entwickelten Konzepten der Sportpsychologie bearbeitet. Bei manifesten psychischen Störungen finden Leistungssportler jedoch seltener den Weg zum Psychiater und Psychotherapeuten als andere Patienten. Zu hoch sind oft die Hürden und Ängste zu versagen. Bisweilen sind auch erlernte Muster, eigene Bedürfnisse hintanzustellen, zu gefestigt.
Trainer und Mentaltrainer sind häufig in einem Rollenkonflikt von Leistungsoptimierung und sportlichen Interessen verhaftet. Nicht selten wenden sich die Sportler erst dann an ihre Betreuer, wenn psychische Probleme messbar leistungsbegrenzend werden. Ein sicherer Umgang mit psychischen Störungen sowie auch die Förderung der psychischen Gesundheit im Sport erfordern Fachpersonal mit entsprechender Aus- und Weiterbildung. Psychiater und Psychotherapeuten mit einer spezifischen Expertise im Leistungssport (Sportpsychiater und -psychotherapeuten) solltendabei konsultiert werden. Sie sind aber bisher noch nicht fester Bestandteil in den Versorgungsstrukturen im Leistungssport.1
Zur psychischen Gesundheit im Leistungssport wurden mittlerweile von verschiedenen Institutionen und Fachgesellschaften Positionspapiere erarbeitet.2–4 Auch eine Arbeitsgruppe des Internationalen Olympischen Komitees hat 2019 ein Consensus Statement zur psychischen Gesundheit von Leistungssportlern publiziert.5 Die Anforderungen im Leistungssport erfordern eine sichere Beurteilung der Belastungen und Risiken für die psychische Gesundheit (Prävention) sowie eine exakte Diagnostik, Therapie und Nachsorge bereits subklinischer psychischer Störungen unter Berücksichtigung leistungsportbezogener und physiologisch sportwissenschaftlicher Faktoren.4 Die Psychiatrie und Psychotherapie sowie die Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sind die einzigen Fachdisziplinen, die in einem bio-psycho-sozialen Modell und Verständnis psychischer Erkrankungen den genannten Anforderungen vollumfänglich gerecht werden können. Lange Zeit wurde von der Psychiatrie und Psychotherapie die psychische Gesundheit im Leistungssport nicht mit der gebotenen Aufmerksamkeit behandelt. Dies zeigt sich insbesondere in den unzureichenden sportpsychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgungsangeboten für Leistungssportler. Heute kommt die Sportpsychiatrie und -psychotherapie einer Vielzahl an besonderen Anforderungen und Aufgabenfeldern nach (Abb.1).1
Abb. 1: Anforderungen, Aufgaben und Problemfelder der Sportpsychiatrie und -psychotherapie (nach Claussen et al., 2021)1
Die umfassende Betreuung von Leistungssportlern
Das qualifizierte Training von mentalen Fähigkeiten (Wettkampfpersönlichkeit) sollte durch Mentaltrainer oder Sportpsychologen erfolgen. Der sichere Umgang mit psychischer Gesundheit und Erkrankungen (Gesamtpersönlichkeit) sollte durch qualifizierte Psychiater und Psychotherapeuten und psychotherapeutisch weitergebildete Psychologen begleitet werden.
Bei schwereren Fällen muss die Behandlung zwingend durch Psychiater und Psychotherapeuten – und optimalerweise in Absprache mit den Sportmedizinern – durchgeführt werden. Während die therapeutische Betreuung vonseiten der Behandler nur so lange besteht, wie die Umstände es erfordern, kann die Begleitung durch Sportpsychologen oder Mentaltrainer erhalten bleiben. Athleten können dann auch auf Kontinuität der leistungssportbezogenen Begleitung zählen, wenn die Teilnahme am Wettkampf- oder Trainingsbetrieb nicht möglich ist. Der Austausch über den Stand der Behandlung bzw. die nächstmöglichen Schritte zur Wiederaufnahme oder Intensivierung der Leistungssportaktivität ist dabei ein wesentlicher Faktor des Konzepts, um – mit Berücksichtigung der sportmedizinischen Perspektive – die bestmögliche Betreuung der Athleten zu erzielen. Zum optimalen interdisziplinären und professionellen Austausch sind hierfür entsprechende Konferenzen, Qualitätszirkel oder Inter- bzw. Supervision erforderlich.1
Tab. 1: Dos und Don’ts bei der Behandlung von Spitzensportlern
Bei Therapien von Leistungssportlern sollte ein umfassender und integrativer Ansatz verfolgt werden, der die Athleten in den Mittelpunkt stellt und das gesamte Spektrum der psychischen, physischen, sozialen, kulturellen, spirituellen und umweltbedingten Einflüsse abdeckt. Bei der Einbeziehung von Leistungssportlern in einen psychotherapeutischen Prozess muss der Therapeut darauf achten, wie sich die Grundvoraussetzungen des Sports und die Hintergründe der Sportler auf die Behandlungen auswirken. Beispielsweise ist es möglich, dass Sportler erwarten, bevorzugt behandelt zu werden. Ein gewisses Maß an Flexibilität ist daher erforderlich, auch um die Privatsphäre von prominenten Sportlern zu wahren, ebenso um Reisepläne zu entfernten Trainings- und Wettkampforten zu berücksichtigen. Die Aufrechterhaltung des Musters einer bevorzugten Behandlung kann jedoch auch zu unbeabsichtigten Artefakten führen. Organisationsbedingte Belastungen, Überlastungen und mögliche Übertrainingszustände können eine Behandlung ebenfalls beeinträchtigen.6 Aus dem IOC Consensus Statement für die Behandlung von Spitzensportlern hinsichtlich psychischer Gesundheit lassen sich Empfehlungen für Behandler von Spitzensportlern ableiten (Tab.1).5
Im Verlauf eines jahrelangen Trainings kann eine Eigendynamik entstehen, die durch die Trainingseffekte hervorgerufen wird. Entsprechend erfolgt eine sogenannte Sportbindung. Auch eine Sportsucht kann entstehen, wenn Konflikte aus anderen Lebensbereichen durch das Training kompensiert werden. Die Entwicklung einer Sportidentität kann als überdauernder Prozess angenommen werden. Schließlich können das Ausmaß der Kompensation durch den Sport und die Funktionalität des Sports untersucht werden, insbesondere wenn Sport als Bewältigungsstrategie und erfolgreiches validiertes Verhalten mit Entwicklung eines stützenden Umfeldes fungiert.
Psychische Belastungen und Störungen im Leistungssport können sich sportspezifisch manifestieren. Sie können nicht nur Einfluss auf die Leistung haben, sondern auch das Risiko für körperliche Verletzungen erhöhen und eine anschließende Rehabilitation verlängern. Verletzungen wiederum haben einen deutlichen Einfluss auf die Leistung und sind Belastungen und Risiken für die psychische Gesundheit. Nicht erkannte oder nicht adäquat berücksichtigte psychische Belastungen und Störungen bei Leistungssportlern können zu gravierenden gesundheitlichen und somit letztlich auch existenziellen Konsequenzen führen.1
Auch der Umgang mit Gewalt und Missbrauch im Leistungssport sollte in der Versorgung und in den Strukturen zur Förderung der psychischen Gesundheit stets Berücksichtigung finden. Gewalt und Missbrauch können im und außerhalb des Sports auftreten und wurden als blinder Fleck einiger Sportorganisationen beschrieben. Sorgen vor Reputationsschäden, Ignoranz, Schweigen oder sogar stillschweigende Duldung werden hierfür als Gründe benannt.7 Entsprechende Maßnahmen im Umgang mit Gewalt und Missbrauch wurden durch das International Olympic Committee Consensus Statement auf Ebene der Sportorganisationen, Athleten, Sportmedizin, verwandter Fachgebiete und der Forschung beschrieben.7 Diese Ebenen sollten auch Einzug in die Ergänzungen der Versorgungsstrukturen im Leistungssport finden.
Die mit der Ausübung von Leistungssport verbundenen Risiken und Belastungen für die psychische Gesundheit sind wahrzunehmen und dürfen nicht als unvermeidbarer Nebeneffekt des Leistungssports angesehen oder hingenommen werden. Daher sind die Implementierung der Diagnostik von psychischen Beschwerden und Störungen sowie die Integration der Sportpsychiatrie und -psychotherapie in die Versorgungsstrukturen ein wichtiger Beitrag. Im Leistungssport sollten der Umgang mit der psychischen Gesundheit und der Zugang zu entsprechenden Gesundheitsdienstleistungen genauso alltäglich sein wie die übrige medizinische Fürsorge. Idealerweise sollten Leistungssportler deshalb Zugang zur bestmöglichen interdisziplinären und interprofessionellen Versorgung haben. Eine Integration und Kooperation von Spezialisten wie Sportmedizinern, Sportpsychiatern und -psychotherapeuten, Sportpsychologen und Mentaltrainern sowie weiteren Fachdisziplinen mit dem Anspruch des bestmöglichen Umgangs mit psychischer Gesundheit und Störungen im Leistungssport sollten angestrebt werden.1
Spezifische Qualifikationen im Curriculum der SGSPP
Die spezifischen Aspekte des Leistungssports und einige bestimmte sportspezifische Phänotypen psychischer Störungen gehen oftmals über das klassische fachärztlich-psychiatrische Wissen hinaus und machen eine spezifische Qualifikation in der Sportpsychiatrie und -psychotherapie erforderlich. Um den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden, hat die Schweizerische Gesellschaft für Sportpsychiatrie und -psychotherapie (SGSPP) ein dreistufiges Curriculum8 entwickelt, welches den unterschiedlichen Anforderungen und Bedürfnissen der Beteiligten gerecht werden soll. Jede Stufe umfasst 80 Stunden, sodass bis zum Abschluss der Stufe 3 insgesamt 240 Stunden absolviert werden müssen. Das Curriculum gliedert sich wie folgt:
Stufe 1: „Sportpsychiatrische und -psychotherapeutische Basisversorgung“
Diese richtet sich an alle Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychiater und -psychotherapeuten sowie Sportmediziner. Die Stufe 1 vermittelt Grundlagenwissen der Sportwissenschaft, Sportpsychologie, Sportmedizin und Trainingslehre, Sport- und Bewegungstherapie zur Behandlung psychischer Störungen sowie zu den Besonderheiten psychischer Erkrankungen im Leistungssport.
Stufe 2: „Klinisch-praktische Sportpsychiatrie und -psychotherapie“
Aufbauend auf der Stufe 1 richtet sich Stufe 2 sowohl an psychiatrisch-psychotherapeutische Fachärzte als auch an psychologische Psychotherapeuten. Auf Stufe 2 liegt der Schwerpunkt in der Wissensvermittlung und -vertiefung hinsichtlich Sport- und Bewegungstherapie zur Behandlung psychischer Erkrankungen.
Stufe 3: „Sportpsychiatrie und -psychotherapie“
Hier werden Kompetenzen in der Diagnostik und Behandlung psychischer Erkrankungen im Leistungssport vermittelt. Stufe 3 richtet sich wiederum an psychiatrisch-psychotherapeutische Fachärzte, die Stufe 1 und Stufe 2 des Curriculums absolviert haben. Intervision bzw. Supervision ist ebenso Bestandteil des Curriculums wie der Nachweis von praktischen Erfahrungen.
Screening auf psychische Beschwerden
Hinsichtlich der Versorgung von Sportlern sind dezidierte Screening-Untersuchungen psychischer Beschwerden und Erkrankungen noch nicht etabliert. Eine sportmedizinische Untersuchung (SMU) wird in vielen Ländern vor bzw. während der Ausübung von Leistungssport empfohlen. Ein Screening im Sinne eines psychiatrischen Basisassessments (PBA) innerhalb der SMU ist noch nicht die Regel. Die Implementierung eines PBA in die SMU wird jedoch empfohlen.9 Auffällige Befunde im PBA, Krisen, Notfälle sowie auffällige Änderungen des Verhaltens sollten zu einer weiteren sportpsychiatrischen Evaluation (SPE) durch dafür qualifizierte Erwachsenen-, Kinder-, Jugendpsychiater und Psychotherapeuten führen. Ziel ist es, anhand diagnostischer und prozeduraler Standards Risiken für die psychische Gesundheit, Belastungen und bereits manifeste Erkrankungen rechtzeitig zu erkennen und einer qualifizierten, fachärztlichen bzw. fachpsychologischen Behandlung zuzuführen. Der sportliche Erfolg und die psychische Gesundheit dürfen keine Widersprüche sein. Die Athleten sollten aufgeklärt und eigenverantwortlich, im Sinne einer informierten Einwilligung, für ihre körperliche und psychische Gesundheit einstehen können.
Sport und Bewegung in der Prävention und Therapie psychischer Erkrankungen
Die Sport- und Bewegungstherapie hat in der somatischen Medizin einen festen Stellenwert. Dementsprechend wird sie als anerkanntes Therapieverfahren in den verschiedenen medizinischen Fachgesellschaften angeführt. Für die Behandlung psychischer Erkrankungen ist Sport- und Bewegungstherapie noch nicht selbstverständlich. Zwar werden in nahezu allen psychiatrischen, psychotherapeutischen und psychosomatischen Kliniken sport- und bewegungstherapeutische Maßnahmen schon lange eingesetzt, meistens jedoch als ergänzende Behandlung. Es besteht allerdings ein 1a-Evidenzgrad für einige Störungen, wie z.B. für Depression, Demenz oder MCI, aber auch für posttraumatische Belastungsstörungen.10
Die Zahl der Veröffentlichungen auf diesem Gebiet hat in den letzten Jahren exponentiell zugenommen. Noch lassen sich aber keine klaren Empfehlungen ableiten, auf welche Art, in welchem Umfang und in welcher Intensität körperliche Aktivität durchgeführt werden soll, um einen wirksamen Effekt hinsichtlich Prävention und Therapie psychischer Erkrankungen zu erzielen.11 Einige Autoren beziehen ihre Empfehlung auf bestehende Empfehlungen zur Gesundheitsförderung. Da nachgewiesen ist, dass die Prävention von kardiovaskulären Erkrankungen auch eine Risikoreduktion hinsichtlich der Entwicklung intellektueller Defizite mit sich bringt,12 wird abgeleitet, dass kardiovaskuläre Vorsorge auch einen positiven Effekt auf kognitive und psychische Funktionen hat.
In der Gesundheitsfürsorge wird empfohlen, dass Erwachsene mindestens 150 bis 300 Minuten moderaten Sport pro Woche betreiben sollen, beispielsweise Radfahren oder Schwimmen, oder aber 75 bis 150 Minuten pro Woche Sport mit höherer Intensität, wie z.B. Laufen oder Teamsport.13 Hinsichtlich der Frequenz sollte ein moderates aerobes Training zumindest an 3 Tagen pro Woche durchgeführt werden. Ein solches Training kann durch unterschiedliche Belastungsformen, wie beispielsweise schnelleres Gehen, Nordic Walking, Schwimmen, Radfahren, Berg-, Ski- oder Schneeschuhwandern, abwechslungsreich gestaltet werden. Für „zusätzliche gesundheitliche Vorteile“ wird an 2 oder mehr Tagen in der Woche ein alle wichtigen Muskelgruppen umfassendes Krafttraining von mindestens moderater Intensität empfohlen.13
Das American College of Sports Medicine und die American Heart Association raten, insbesondere bei älteren Menschen auf die Durchführung von leichten muskelstärkenden Übungen hinzuweisen, um den altersabhängigen Verlust von Muskel- und Knochenmasse positiv zu beeinflussen.14 Auch sollten Gleichgewicht, Beweglichkeit und Koordination trainiert werden. Gestufte Übungsprogramme (von einfach zu komplex) können ein zusätzlicher Stimulus sein. Einfache Übungen aus dem Bereich Life-Kinetik sind ebenfalls denkbar. Ein Training, bei dem eine ungewohnte Bewegung mit hoher Konzentration ausgeführt werden muss, zeigt sich als äußerst effektiv.15 Es ist anzunehmen, dass durch die Integration aller motorischen Grundbeanspruchungsformen im Training die besten Effekte zu erzielen sind.
In der Klinik, Praxis oder Rehabilitation sollte der Alltag so gestaltet werden, dass möglichst alle Patienten regelmäßig an einem Bewegungsprogramm teilnehmen können und die Aktivitäten später auch in den häuslichen Alltag übertragbar sind. Das Bewegungsprogramm sollte den Patienten möglichst Freude bereiten. Jeder sollte nur so viel absolvieren, wie er vermag. Ziel sollte sein, dass die Patienten über die Behandlung hinaus in Bewegung bleiben. Daher sollte bei der Behandlung neben der Psychoedukation auch Physioedukation erfolgen.11 Dadurch soll den Patienten die Möglichkeit geboten werden, zu verstehen, warum und wie genau sie ein regelmäßiges Bewegungsprogramm durchführen sollen. Patienten sollten die körperliche Aktivität als sinnhaft erleben, betreuende Angehörige mit eingebunden und in das Übungsprogramm eingewiesen werden.
Sportpsychiatrische Fachgesellschaften im DACH-Raum
Der Zweck von sportpsychiatrischen Fachgesellschaften ist die Förderung der Sportpsychiatrie und -psychotherapie über die Lebensspanne sowohl im Leistungssport als auch in der Allgemeinbevölkerung. Hieraus ergeben sich zwei Tätigkeitsfelder: einerseits die psychische Gesundheit im Leistungssport, andererseits Sport und Bewegung als Prävention und Therapie bei psychischen Erkrankungen. Im DACH-Raum haben sich folgende Gesellschaften gebildet:
Deutsche Gesellschaft für Sportpsychiatrie und -psychotherapie, DGSPP
Österreichische Gesellschaft für Sportpsychiatrie und -psychotherapie, ÖGSPP
Schweizerische Gesellschaft für Sportpsychiatrie und -psychotherapie, SGSPP
Literatur:
1 Claussen MC et al.: Position paper: sports psychiatric care provision in competitive sports. Dtsch Z Sportmed 2021; 72: online only 2 Chang CJ et al.: American Medical Society for Sports Medicine Position Statement: Mental health issues and psychological factors in athletes: detection, management, effect on performance, and prevention-executive summary. Clin J Sport Med 2020; 30(2): 91-5 3 Schinke R et al.: International Society of Sport Psychology position stand: Athletes’ mental health, performance, and development. Int J Sport Exerc Psychol 2018; 16(6): 622-39 4 Claussen MC et al.: Positionspapier – Psychische Gesundheit im Leistungssport. Swiss Arch Neurol Psychiatry Psychother 2020; 171: w03103 5 Reardon CL et al.: Mental health in elite athletes: International Olympic Committee consensus statement (2019). Br J Sports Med 2019; 53(11): 667-99 6 Schorb A et al.: Overtraining from a sports psychiatry perspective. Dtsch Z Sportmed 2021; 72: 271-9 7 Mountjoy M et aI.: International Olympic Committee consensus statement: harassment and abuse (non-accidental violence) in sport. Br J Sports Med 2016; 50(17): 1019-29 8 Claussen MC et al.: SGSPP-Curriculum Sportpsychiatrie und -psychotherapie: Stufe 1. Swiss Arch Neurol Psychiatry Psychother 2020; 171: 3 9 Gonzalez Hofmann et al.: Sports psychiatric examination in competitive sports. Dtsch Z Sportmed 2021; 72: 307-15 10 Ströhle A: Sports psychiatry: mental health and mental disorders in athletes and exercise treatment of mental disorders. Eur Arch Psychiatry Clin Neurosci 2019; 269(5): 485-98 11 Markser VZ, Bär KJ (Hg.): Sport- und Bewegungstherapie bei seelischen Erkrankungen. Forschungsstand und Praxisempfehlungen. Stuttgart: Schattauer, 2015 12 Verdelho A et al.: Physical activity prevents progression for cognitive impairment and vascular dementia: results from the LADIS (Leukoaraiosis and Disability) study. Stroke 2012; 43(12): 3331-5 13 World Health Organization: WHO guidelines on physical activity and sedentary behaviour: web annex: evidence profiles. 2020; https://apps.who.int/iris/handle/10665/336657 14 Nelson ME et al.: Physical activity and public health in older adults: recommendation from the American College of Sports Medicine and the American Heart Association. Med Sci Sports Exerc 2007; 39(8): 1435-45 15 Rey L: Ein „Extra-Training“ gegen Stürze. Unipress Bern 2016; 128: 24-5
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