Prim. Univ.-Prof. Dr. Walter Stackl (1948–2022)

„Alle Patienten sollte man so behandeln, wie man seine Eltern behandeln würde“

Die Österreichische Gesellschaft für Urologie (ÖGU) und enge Kollegen geben mit großer Trauer und Betroffenheit das Ableben von Prim. Univ.-Prof. Dr. Walter Stackl, ehemaliger Abteilungsleiter der Urologischen Abteilung der Krankenanstalt Rudolfstiftung, bekannt.

Walter Stackl wurde am 5. Mai 1948 in Wien geboren, studierte in Wien und promovierte 1974. Er war zunächst an der Chirurgischen Abteilung im Krankenhaus Tulln und anschließend bei Prof. Keminger an der I. Chirurgischen Universitätsklinik in Wien tätig, bevor er von 1975 bis 1979 seine urologische Facharztausbildung an der Universitätsklinik für Urologie bei Prof. Rummelhardt absolvierte. 1980 wechselte er an die Urologische Abteilung der Krankenanstalt Rudolfstiftung, Wien, zu Prof. Marberger, verbrachte dann ein Jahr am Nierensteinzentrum der University of California in San Francisco (UCSF) und habilitierte im Jahre 1988. 1991 erfolgte seine Ernennung zum Vorstand der Urologischen Abteilung der Krankenanstalt Rudolfstiftung als Nachfolger von Prof. Marberger. Ab 1992 leitete er das Ludwig Boltzmann Institut für extrakorporale Lithotripsie und Endourologie. Im Jahr 1995 wurde er zum außerordentlichen Universitätsprofessor ernannt. An der Urologischen Abteilung modernisierte er zunächst das Instrumentarium und motivierte die Mitarbeiter zu Subspezialisierungen. Prof. Stackl führte 1992 zunächst die radikale Prostatektomie über den perinealen Zugang sowie die gaslosen, laparoskopischen Eingriffe an der Niere ein. Zusätzlich baute er die Kinderurologie und die operative Sanierung der Harninkontinenz aus. Auch die Etablierung der geschlechtsangleichenden Chirurgie, in der die Abteilung eine Führungsrolle in Österreich übernahm, geht auf seine Initiative zurück. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte lagen im Bereich der urologischen Onkologie, Kinderurologie und Andrologie. Eine Studie, die er an der UCSF publizierte, schaffte es in den 1980er-Jahren bis zu einer Zitierung im TIME Magazine.

Engagement und großes chirurgisches Geschick

Prof. Stackl war jahrelang Mitglied des Landessanitätsrates für Wien. 2007 war er Präsident der Österreichischen und Co-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Urologie. 2008 erhielt er den „Ritter von Frisch“-Preis und war Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Urologie. Prof. Stackl zeichnete sich durch sein breites medizinisches Wissen und großes chirurgisches Geschick aus. Er war noch ein Allrounder, der von der Steinchirurgie über die onkologische Chirurgie bis hin zur Harnröhrenchirurgie und Inkontinenzchirurgie alle Eingriffe sicher durchführen konnte. Er war bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Routineprogramm präsent und auch bereit, noch zu fortgeschrittener Stunde in die Klinik zu kommen und jüngeren Kollegen zu helfen. Besonders in anspruchsvollen und zeitweise kritischen Situationen im Operationssaal wurde er immer ruhiger und konzentrierter – ein Zeichen seiner überlegenen Fokussierung. Überhaupt habe ich Walter Stackl niemals laut werden gehört. Er strahlte alleine durch seine Präsenz und sein Charisma Autorität aus. Prof. Stackl machte jeden Tag Visite und kam regelmäßig auch samstagmorgens zu Besuch ans Krankenbett. So hatte er immer einen Überblick über die Patienten seiner Stationen.

Vorbild als Arzt, Lehrer, Mentor und Abteilungsleiter

Zudem war er ein hervorragender Lehrer, der besonders den jungen Kollegen immer mit Rat und Tat zur Seite stand. Unter seiner Führung habilitierten sich mehrere Mitarbeiter und besetzten in weiterer Folge urologische Primariate in Wien und Umgebung. Prof. Höltl übernahm 1991 die Urologische Abteilung des Kaiser-Franz-Josef-Spitals (heute: Klinik Favoriten), Dr. Hasun wurde zum Leiter der Urologie im Sanatorium Hera bestellt, Doz. Albrecht wechselte später als Primarius an das Landesklinikum Mistelbach und diesem wiederum folgte Doz. Wimpissinger nach.

Besonders die interdisziplinäre, aber auch interprofessionelle Zusammenarbeit lag ihm sehr am Herzen. So gab es wissenschaftliche Kooperationen mit vielen anderen Abteilungen der Krankenanstalt Rudolfstiftung und das interne Abteilungsklima war hervorragend. Durch seinen Einsatz formte er eine eigene Abteilungskultur. Das führte dazu, dass es auch beim Pflegepersonal kaum Fluktuationen gab, was die Professionalität der Arbeit wesentlich beeinflusste.

Ein Arzt für alle auch im Ruhestand

Prof. Stackl wechselte mit Jänner 2018 in den wohlverdienten Ruhestand, war aber weiterhin für seine Patienten in der Privatordination tätig. Als Kollege, der einige dieser Patienten weiterbegleiten darf, weiß ich, dass viele ihn mehr als Freund denn als Arzt gesehen haben und bei ihren Konsultationen immer nach Walter Stackls Befinden gefragt haben. Das hat mich immer an die menschlichen Qualitäten erinnert, die Prof. Stackl eigen waren.

An meinem ersten Tag in der urologischen Ambulanz hat er mich zur Seite genommen und gesagt, Patienten, egal welcher Herkunft oder Religion, sollte man so behandeln, wie man seine Eltern behandeln würde. In den Jahren unserer Zusammenarbeit habe ich gesehen, dass das keine leeren Worte für ihn waren. Er war ein Arzt für alle: vom Politiker über den Opernsänger bis zum Gärtner. Er hat keinen Unterschied gemacht und dafür habe ich ihn oft bewundert.

Obwohl wirklich rund um die Uhr erreichbar, hatte Walter Stackl auch Interessen abseits der Medizin. Seine erste große Passion galt der Oper. Dort konnte man ihn meistens antreffen, wenn er nicht im Spital war. Musiker beinahe aller Instrumentengattungen der Wiener Philharmoniker waren in unserer Ambulanz als Patienten vertreten. Dazu mischten sich Opernsänger, Dirigenten und Schauspieler. Seine zweite Passion galt dem Reisen. Es gibt wenige Orte, an denen er nicht gewesen ist. Der Beleg dafür sind unzählige Ansichtskarten, die er aus allen Ecken der Welt an die Abteilung gesendet hat.

Nun hat er nach langer, schwerer Krankheit seine letzte Reise angetreten.

Gerade heute ist es wichtig und nicht aus der Zeit gefallen zu sagen:

Walter Stackl war ein Vorbild, als Arzt und Urologe, aber vor allem als Mensch.

Prim. Univ.-Prof. Dr. Walter Stackl (1948–2022)

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