Herpesvirusinfektionen – ein Überblick
Bericht:
Dr. Corina Ringsell
Redaktorin
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Herpesviren sind weitverbreitet: Mehr als 100 Typen sind bekannt, wovon allerdings nur acht für Menschen infektiös sind. In einem Vortrag im Rahmen des WebUp Allgemeine Innere Medizin gab Prof. Dr. med. Philip Tarr, Co-Chefarzt und Leiter Infektiologie, Kantonsspital Baselland, einen Überblick über die in der Praxis häufigsten Infektionen.
Herpes-simplex-Virus (HSV)
Das HSV verursacht vor allem Lippen- und Anogenitalherpes, gelegentlich auch rezidivierende Hautinfektionen. HSV Typ1 kann in seltenen Fällen Enzephalitididen auslösen, während Typ 2 selten Meningitiden verursacht. Zudem kommt es bei HSV-2 öfter zu symptomatischen Rezidiven als bei HSV-1. Es handelt sich um eine chronische Infektion: In der Schweiz sind etwa 20% der Bevölkerung seropositiv. Cave: Infizierte sind ansteckend, auch wenn sie symptomfrei sind, da sie selbst dann an 10–20% aller Tage Viren ausscheiden.
Die Diagnose wird meist klinisch gestellt. In unklaren Fällen sollte eine Probe aus einer Läsion mittels PCR untersucht werden. Tarr riet dazu, auf HSV-1 und -2 zu untersuchen, gegebenenfalls auch auf Varizella zoster (VZV). Eine serologische Untersuchung werde nicht empfohlen, da sie zu unzuverlässig sei, betonte er.
Die Behandlung erfolgt mit Valaciclovir oder Famciclovir, wobei mit den Betroffenen eine chronische suppressive Therapie mit Valaciclovir 500mg oder 1000mg/Tag besprochen werden sollte, riet Tarr. Diese sei effektiver als die episodische Gabe und reduziere zudem das Ansteckungsrisiko. Langfristige Nebenwirkungen seien nicht bekannt. Die topische Therapie ist möglich, aber die Wirksamkeit ist wegen der geringen Gewebepenetration mässig, ausser beim Lippenherpes.
Varizella-zoster-Virus (VZV)
VZV ist der Erreger der Windpocken und des Herpes zoster, kann gelegentlich aber auch zu einer Meningitis führen. Selten löst das Virus andere neurologische oder ophthalmologische Symptome aus, vor allem bei Immungeschwächten.
Die Diagnostik entspricht jener von HSV – klinisches Bild, bei Bedarf PCR auf VZV, evtl. zusätzlich auf HSV. Die Serologie sei auch bei VZV nicht sinnvoll, da spätestens ab einem Alter von 15 Jahren jeder seropositiv sei, erklärte Tarr.
VZV persistieren in den sensorischen Ganglien und können reaktivieren. Das Risiko nimmt mit steigendem Alter zu (>85 Jahre: 50%); in 8–20% der Fälle kommt es zu einer postherpetischen Neuralgie.
Therapeutisch stehen Brivudin, Valaciclovir und Famciclovir zur Verfügung. Die Behandlung sollte möglichst innerhalb von 72 Stunden nach Auftreten des Ausschlags beginnen. Vorbeugend wird die VZV-Impfung für Kleinkinder sowie für >65-Jährige empfohlen.
Epstein-Barr-Virus (EBV)
Der Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers kann selten auch neurologische Komplikationen auslösen. Wichtig ist laut Tarr, dass EBV nicht reaktiviert wird. Zwar könne lebenslang Virus-DNA im Blut nachweisbar sein. Das habe aber, ausser bei schwerer Immunsuppression, keine Bedeutung, sagte er. In der Regel erkranken Jugendliche/junge Erwachsene, aber es können auch Personen über 40 Jahre betroffen sein.
Die Diagnose basiert auf der Serologie: Positives Virus-Kapsid-Antigen(VCA)-IgM (oder VCA-IgG) und Negativität bei Anti-EBV(EBNA)-Antikörpern weisen auf eine EBV-Infektion hin. Letztere treten erst zwei bis vier Monate nach Symptombeginn auf und bleiben, ebenso wie VCA-IgG, lebenslang positiv. Dies heisse nicht, dass es sich um eine chronische Infektion handelt, denn diese komme nahezu nie vor, so Tarr. Die Sensitivität der Serologie liege bei 95%. Falle sie negativ aus, sollte man sie nach ein bis zwei Wochen wiederholen, riet er.
Die typischen klinischen Befunde sind eitrige Tonsillenbeläge, Lymphadenopathie (auch generalisiert), vergrösserte Milz und/oder Leber in bis zu 50% der Fälle, Fieber (häufiger bei >40-Jährigen) und manchmal Hautausschlag bei ansonsten gutem Allgemeinzustand. Im Laborbefund finden sich erhöhte Transaminasewerte und eine Lymphozytose. Bei erhöhten Leberwerten sollte eine Virushepatitis ausgeschlossen werden. Weitere Differenzialdiagnosen sind akute Toxoplasmose, CMV- und akute HIV-Infektionen.
Zytomegalievirus (CMV)
CMV ist der zweithäufigste Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers. Daher sollte man bei negativem EBV-Nachweis auf CMV untersuchen, sagte Tarr. Selten kann es auch bei immunkompetenten Personen zu einer schweren CMV-Infektion kommen, sehr selten, vor allem bei Immunschwäche, zu neurologischen Komplikationen.
Die Diagnose wird serologisch gestellt. Im Idealfall ist IgM positiv und IgG negativ. IgM könne allerdings bis zu drei Jahre persistieren, weshalb ein positiver IgM-Nachweis stets zusammen mit negativem IgG interpretiert werden müsse, betonte er. Ist der Nachweis für beide positiv, riet Tarr dazu, im Labor einen Test auf IgG-Avidität zu bestellen, welche in den ersten drei Monaten einer akuten CMV-Infektion gering sein sollte. Dagegen ist der Nachweis von CMV-DNA im Blut kein Beweis für eine Primärinfektion.
Quelle:
WebUp: Update Allgemeine Innere Medizin, Experten-Forum, 10. Oktober 2023, online und on demand
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