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Haus der Dermatologie 2024

Chronischer Pruritus: das heimliche Volksleiden

Eine von fünf Personen der Allgemeinbevölkerung ist in ihrem Leben von chronischem Pruritus (CP) betroffen.1 Der per definitionem für mindestens sechs Wochen bestehende Juckreiz kann zu Stress, Schlafstörungen sowie Depressionen führen und damit die Lebensqualität der Betroffenen immens einschränken. Was gibt es Neues hinsichtlich Anamnese, Diagnostik und Therapie dieses Krankheitsbildes?

Ein Thema, das uns 2024 besonders beschäftigt hat, sind anamnestische Clues zur Erkennung des Wolfs im Schafspelz», berichtete Prof. Dr. med. Simon Müller, leitender Arzt Dermatologie am Universitätsspital Basel, anlässlich seines Vortrags beim «Haus der Dermatologie» Im Dezember 2024 in Basel. Müller berichtete von drei Patientinnen im Alter zwischen 63 und 91 Jahren, die sich im Spital mit Prurigo nodularis (PN) vorstellten. Alle drei berichteten von rasch wachsenden Knoten – in diesen Fällen ein wichtiger diagnostischer Hinweis: Die Histologie zeigte jeweils gut differenzierte Plattenepithelkarzinome (SCC) vom Keratoakanthom-Typ, entstanden aus Prurigo-Knoten. Für Müller ein überraschender Befund. In der Literatur findet sich hierzu lediglich eine einzige retrospektive Fallserie aus dem Jahr 2013:2 Die Autoren berichten von sieben Patient:innen (Durchschnittsalter 79 Jahre) mit einer langjährigen Vorgeschichte von aktinischen Schäden, Pruritus und PN, die in demselben betroffenen Bereich ausgedehnte Keratoakanthome entwickelten. Es stelle sich laut Müller die Frage, was die Ursache einer Karzinogenese in Prurigo-Knoten sein könnte. Dem sei nun eine bemerkenswerte Arbeit einer Forschungsgruppe aus Baltimore auf den Grund gegangen.3 Mittels Single-Cell-RNA-Sequenzierung wurde das Genexpressionsprofil jeder einzelnen Zelle von läsionaler und nichtläsionaler Haut verglichen. Darauf aufbauend konnten die funktionellen Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Zelltypen analysiert werden. «Es zeigte sich, dass Fibroblasten im Zentrum von Prurigo-Knoten ihr Unwesen treiben, indem sie vermehrt Signalfaktoren wie WNT5A oder Periostin exprimieren, die bekanntermassen zur epidermalen Proliferation und Karzinogenese beitragen», erläuterte Müller. Sind diese Laborwerte auch klinisch relevant bzw. haben Patient:innen mit PN ein erhöhtes SCC-Risiko? Hierfür wurde im Rahmen der gleichen Studie eine epidemiologische Analyse aus den Daten der TriNetX-Datenbank durchgeführt, die das SCC-Risiko bei PN-Patient:innen gegenüber gematchten Kontrollen ohne PN erhob (jeweils n=92965). Über einen Zeitraum von 16,5 Jahren zeigte sich in der PN-Gruppe ein um 67 % erhöhtes SCC-Risiko.3 Diese Daten werfen ein neues Licht auf die PN», so Müller. Eventuell müsse sie künftig als prämaligne Erkrankung betrachten werden, wie beispielsweise der Lichen ruber mit möglicher maligner Transformation.

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