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Den Hautkrebs dauerhaft loswerden
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29.08.2019
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<p class="article-intro">Nach der Exzision von weissem Hautkrebs kann die Nase auf unterschiedliche Arten rekonstruiert werden, abhängig von der Grösse des Defektes. PD Dr. med. Severin Läuchli vom Dermatologischen Zentrum Zürich erläuterte uns seine bevorzugten Lappenplastiken und wie Schwierigkeiten erfolgreich umgangen werden können. Höchste Priorität hat dabei aber stets die saubere und vollständige Entfernung des Tumors.</p>
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<p class="article-content"><p><em><strong>Was ist der wichtigste Punkt bei der Nasenrekonstruktion nach Tumor-Exzision? </strong></em><br /><em><strong>S. Läuchli:</strong></em> Es muss sichergestellt werden, dass der Tumor vollständig entfernt worden ist. Was nach einer Banalität klingt, ist in meinem Alltag aber tatsächlich Thema. Nicht selten treffe ich auf Patienten, denen von Kollegen der Tumor entfernt und bei denen eine wunderschöne Rekonstruktion durchgeführt wurde. Allerdings wurde keine Schnittrandkontrolle vorgenommen, wodurch es nach einiger Zeit wieder zu einem Rezidiv kam. Der wichtigste Punkt ist also, wirklich sicherzustellen, dass der Tumor vollständig entfernt ist. <br />Bei Tumoren an der Nase ist dies sicher am besten mit der Mohs-Chirurgie, der mikroskopisch-kontrollierten Chirurgie, möglich. Bei der konventionellen Histologie der entnommenen Exzisate, bei der einfach Querschnitte durch den Tumor angefertigt und untersucht werden, besteht immer die Möglichkeit, Tumorgewebe, das sich zwischen den Querschnitten befindet, zu übersehen. Bei der Mohs-Chirurgie wird das Exzisat mit Schnellschnitten bereits während der Operation untersucht, in der Regel vom Operateur selbst. Das Gewebe wird histologisch so eingebettet, dass der gesamte Schnittrand kontrolliert werden kann. Falls eine Nachexzision benötigt wird, kann diese so präziser durchgeführt werden. <br />Die Mohs-Chirurgie wird in der Schweiz schon an mehreren Zentren durchgeführt, aber verglichen mit z. B. den USA, wo bereits über ein Drittel aller Hautkrebsoperationen mit Mohs-Chirurgie durchgeführt werden, immer noch zu wenig oft.</p> <p><em><strong>Welche Malignome führen gehäuft zu Substanzdefekten an der Nase? </strong></em><br /><em><strong>S. Läuchli:</strong></em> Hauptsächlich sind wir mit der Exzision von Basalzellkarzinomen und spinozellulären Karzinomen an der Nase konfrontiert. Das Basalzellkarzinom ist nicht nur die häufigste Art von Hautkrebs, sondern der am öftesten auftretende Tumor beim Menschen, dessen Prävalenz über die letzten 20 bis 30 Jahre massiv zugenommen hat. Dies ist sicherlich in erster Linie dem geänderten Freizeitverhalten zuzuschreiben: Die UV-Exposition ist heutzutage einfach viel höher als früher. Da allerdings auch die Prävention der UV-Exposition vermehrt zum Thema wird, ist es durchaus möglich, dass es hier in den nächsten Jahren zu einer Trendwende kommt. Vielleicht bin ich da aber auch zu optimistisch, denn vorläufig gehen die Zahlen nach oben. <br />Was bei diesen Hautkrebsarten also entscheidend ist, ist die vorangegangene Zeit unter UV-Exposition. Aus diesem Grund treten diese Tumoren in der Regel erst im Alter auf. Gelegentlich, bei besonders sonnenempfindlichen Individuen, durchaus schon in jüngerem Erwachsenenalter. Ich habe sogar schon eine 25-jährige Basalzellkarzinompatientin behandelt, allerdings handelt es sich hierbei um Ausnahmen. Das Gros der Patienten ist über fünfzig Jahre alt.</p> <p><em><strong>Welche Bevölkerungsgruppen sind am häufigsten betroffen? </strong></em><br /><em><strong>S. Läuchli:</strong></em> Vorwiegend betroffen sind zum einen Patienten mit hellem Hauttyp, also mit rötlichen oder blonden Haaren und heller Haut, und Menschen, die sich sehr viel im Freien aufhalten, sei es beruflich oder im Zuge freizeitlicher Aktivitäten. Zum anderen treten diese Tumoren bei immunsupprimierten Patienten deutlich häufiger auf, also bei Patienten, die aufgrund einer Organtransplantation medikamentös immunsupprimiert sind. Interessanterweise tritt in dieser Patientengruppe wiederum zumeist das spinozelluläre Karzinom und weniger das Basalzellkarzinom auf.</p> <p><em><strong>Warum ist die Nase eigentlich so schwierig zu rekonstruieren? </strong></em><br /><em><strong>S. Läuchli:</strong></em> Das liegt natürlich einerseits an der exponierten Lage mitten im Gesicht, die dazu führt, dass die ästhetischen Ansprüche der Patienten dementsprechend höher sind. Schon kleine Formveränderungen an der Nase, z. B. wenn der Nasenflügel auch nur ein paar Millimeter hochgezogen wird, sind meistens sehr auffällig. Eine kleine Imperfektion bei der Rekonstruktion der Nase kann schon eine relativ grosse Entstellung bewirken. Andererseits handelt es sich bei der Nase um einen anatomisch relativ kompliziert aufgebauten Körperteil, mit mehreren kleinen ästhetischen Untereinheiten. Vor allem bei der Legung der Narbenlinien ist es wichtig, diese Untereinheiten zu beachten. Die Erfahrung zeigt, dass Narben, die an der Grenze zwischen zwei ästhetischen Untereinheiten liegen, weniger vom Auge wahrgenommen werden, als wenn diese quer durch eine Untereinheit gehen. Ausserdem unterscheidet sich teilweise die Hauttextur zwischen den Untereinheiten. Wenn Haut also von einer auf eine andere Region transplantiert wird, kann das dadurch auffällig sein.</p> <p><em><strong>Welches ist die Standardvorgehensweise bei der Rekonstruktion eines Nasenflügels? </strong></em><br /><em><strong>S. Läuchli:</strong></em> Grundsätzlich muss gesagt werden, dass es bei der Rekonstruktion der Nase eigentlich keine Standardvorgehensweise gibt. Bei jedem Patienten muss individuell entschieden werden. Selbstverständlich aber gibt es Methoden, die wir bevorzugt verwenden. Beim Nasenflügel kommt es sehr darauf an, ob der gesamte Nasenflügel inklusive der endonasalen Schleimhaut entfernt werden muss oder ob nur die Haut auf dem Nasenflügel zu entfernen ist. Im letzteren Fall wird am häufigsten der Transpositionslappen von der Wange, bei welchem Haut von der Wange auf den Nasenflügel transponiert wird, als Rekonstruktionsmethode gewählt. Dies führt zu einem ästhetisch akzeptablen und zumeist relativ stabilen Resultat, welches die Funktion des Nasenflügels unterhält und diesen stabilisiert. Es wird von den Patienten als recht störend empfunden, wenn sich der Nasenflügel beim Einatmen bewegt, z. B. einzieht, denn das kann eine Atembehinderung bewirken. Dieses Problem ist beim Transpositionslappen von der Wange weniger gegeben. Dafür sind diese Lappen ästhetisch nicht immer ganz optimal, weil sie dem Prinzip der ästhetischen Untereinheiten widersprechen, was dann im Einzelfall abzuwägen ist. Fällt der gesamte Nasenflügel weg, benötigen wir zur Rekonstruktion oft auch ein Stück Knorpel. Dieses wird in der Regel vom Ohr entnommen und transplantiert, um die Stabilität des Nasenflügels wiederherzustellen.</p> <p><em><strong>Wie wird bei der Rekonstruktion der Nasenspitze vorgegangen? </strong></em><br /><em><strong>S. Läuchli:</strong></em> Kleine Defekte an der Nasenspitze können nicht selten direkt, ohne Hauttransplantation und Lappenplastik, wieder verschlossen und einfach zusammengenäht werden, wenn man diesen Defekt zu einer längeren Spindel ergänzt. Dies führt meist zu ordentlichen Resultaten. Eine andere Variante wäre eine kleine Hauttransplantation mit Haut von hinter den Ohren, welche sehr oft auch zu ästhetisch erstaunlich guten Resultaten führt.</p> <p><em><strong>Welche Herausforderungen gibt es bei der Rekonstruktion der gesamten Nase? </strong></em><br /><em><strong>S. Läuchli:</strong></em> In dem Fall, dass auch das Gerüst der Nase betroffen ist, ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit notwendig, und zwar mit Kollegen der Hals-Nasen-Ohren-Abteilung. Wenn wirklich das gesamte Gerüst der Nase entfernt werden muss, wird manchmal sogar eine Prothese benötigt, da hier keine chirurgische Rekonstruktion mehr möglich ist. Wenn aber nur ein Teil des Nasengerüsts betroffen ist, kann man sehr oft das Gerüst durch eine Knorpeltransplantation, meistens von einem Teil des Ohrknorpels, wiederherstellen. Zusätzlich ist eine grössere Lappenplastik, in der Regel ein Stirnlappen, notwendig.</p> <p><em><strong>Welche Bedeutung hat der Stirnlappen in der Lappenplastik? </strong></em><br /><em><strong>S. Läuchli:</strong></em> Der Stirnlappen ist sicher einer der historisch wichtigsten Hautlappen, und er ist der wichtigste, um grosse Defekte an der Nase zu rekonstruieren, z. B. wenn mehr als die Hälfte der Nasenhaut betroffen ist. Allerdings können durchaus auch grössere Defekte, die nur die Haut der Nase betreffen, mit anderen Lappenplastiken rekonstruiert werden, z. B. mit dem Transpositionslappen von der Wange oder dem sogenannten Rieger- Lappen, bei dem Haut der Glabella mobilisiert wird. Dies ist für den Patienten in der Regel doch deutlich angenehmer. Denn ein Stirnlappen bedeutet für den Patienten, dass er eine Zeit lang mit einem Wulst auf der Nase verbringen muss, welcher die Verbindung zwischen der Stirnhaut und dem Defekt herstellt, bis der Lappen eingewachsen ist. Das ist doch recht mühsam, da dieser Wulst erst nach drei Wochen durchtrennt wird. Vorteil der Stirnlappenplastik ist dafür, dass man mit ihr grosse Defekte rekonstruieren kann und dass ästhetisch sehr schöne Resultate erzielt werden können. Sie gehört also auf jeden Fall zum Repertoire.</p> <p><em><strong>Welchen Lappen verwenden Sie besonders gern? </strong></em><br /><em><strong>S. Läuchli:</strong></em> Mein Lieblingslappen für die Rekonstruktion von Defekten der Nase ist der sogenannte «bilobed flap». Dabei handelt es sich um einen doppelten Transpositionslappen, mit dem man Haut vom Nasenrücken oder der oberen Nasenhälfte auf die untere Nasenhälfte transponieren kann. Diese Lappenplastik liefert grossteils ausgezeichnete ästhetische Resultate, da Haut innerhalb der Nase verwendet wird und so die ästhetischen Untereinheiten respektiert werden. Ausserdem kann so auch die Form der Nase meistens gut erhalten werden. Der Lappen kann für alle Defekte verwendet werden, die kleiner als 1,5 cm sind und sich in der unteren Hälfte der Nase – Nasenflügel, Nasenspitzenbereich – befinden.</p> <p><em><strong>Bemerken Sie höhere ästhetische Ansprüche der Patienten aufgrund zunehmender Bedeutung von Schönheitsidealen? </strong></em><br /><em><strong>S. Läuchli:</strong></em> Wahrscheinlich hat der Schönheitswahn im Vergleich zu früher zugenommen, aber wenn sich das äussert, dann eher bei jüngeren Patienten. Der weisse Hautkrebs betrifft vorwiegend Patienten in der zweiten Lebenshälfte, und da ist für die meisten Patienten das Ziel dasselbe wie das des Arztes: nämlich den Hautkrebs loszuwerden.</p></p>
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