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Fett oder nicht Fett, das ist hier die Frage
Jatros
30
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23.11.2017
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<p class="article-intro">Während selbst heute wieder in so manchen Kulturen üppige Körperformen mit Fertilität, Reichtum oder Schönheit assoziiert werden, ist das europäische Schönheitsideal mit einem straffen, schlanken Körper verknüpft. Ein eigener Themenblock auf der diesjährigen Gemeinschaftstagung der ÖGDC und ÖGDKA war dem Thema Fett gewidmet.</p>
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<p class="article-content"><h2>Liposuktion</h2> <p>Indikationen für eine ambulante Liposuktion sind diät- und sportresistente Problemzonen, die Behandlung der Lipohyperplasia dolorosa (Lipödem), die Unterstützung der Gewichtsreduktion und die Hautstraffung, führte Dr. Sabine Maier von der Privatklinik Döbling, Wien, aus. Das Lipödem, eine vererbte Erkrankung, deren Ursachen weitgehend unbekannt sind und die oft fehl- und unterdiagnostiziert ist, stellt eine sehr gute Indikation für die Liposuktion mit zufriedenen Patienten und guten postoperativen Resultaten dar, bestätigte auch Dr. Spiro Sylvester Schuller, Venex Wien.<br /> Voraussetzungen für eine gelungene Liposuktion gibt es viele. Dazu gehören die genaue Indikationsstellung, ein ausführliches Aufklärungsgespräch gemäß dem Gesetz zur ästhetischen Operation, eine umfassende Anamnese und die Abschätzung der Erwartungshaltung der Patienten, aber auch Einblicke in das Ernährungsverhalten und in welchem Ausmaß Sport betrieben wird, sind wichtige Parameter, um ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen. Zur präoperativen Vorbereitung ist eine antibiotische Abschirmung wichtig, Kompressionen sind postoperativ unerlässlich. Abgesaugt werden kann jede beliebige Region: Kinn, Nacken, Ober- und Unterarme, weibliche und männliche Brust, Bauch, Taille, Rücken, Po, Hüften, Oberschenkel, Knie, Waden und Fesseln. Dr. Maier verwendet zur Fettabsaugung die Tumeszenzlokalanästhesie (TLA) mit einer reinen Lokalanästhesie (Klein’sche Lösung) von durchschnittlich 300–13 000ml. Dadurch erreicht man eine lymphschonende Hydrodissektion des Gewebes. Weitere Vorteile liegen in der Vasokonstriktion, wodurch die Bildung von Hämatomen reduziert und Lidocain langsam resorbiert wird (weniger Lidocain- Verbrauch). Die TLA ist schmerzarm, der Patient bleibt durchgehend mobil, die Verwendung dünner Kanülen (1,4mm, 2mm, 3mm, 4mm) ist möglich und man erreicht eine starke Straffung nach der Liposuktion.</p> <h2>Eigenfetttransplantation</h2> <p>Dr. Thomas Rappl, plastischer Chirurg an der Medizinischen Universität Graz, berichtete über seine Erfahrungen mit der Entnahme, Züchtung, Weiterverarbeitung, Kryopreservation und Injektion von Fett. In vielen Fragen herrscht Uneinigkeit in der Literatur, einiges ist nicht erlaubt oder es fehlen schlichtweg Protokolle. Unsicherheit besteht auch in der Frage, welche Vorteile das Zentrifugieren von Fettzellen mit sich bringt: Wie viele Umdrehungen zerstören die Adipozyten? Gibt es Verbesserungen der „take rate“? Unumstritten ist jedoch, dass man Fett nicht prozessieren darf, beispielsweise durch die Anreicherung mit Stammzellen. Auch das Einfrieren von Fettzellen ist nicht erlaubt. Rappl verwendet im Gegensatz zu früher nur mehr Wegwerfkanülen und reinjiziert mit der gleichen Kanülengröße, mit der abgesaugt wurde. In seiner Patientenklientel arbeitet er in 80 % mit Fillern und in 20 % mit Eigenfett, um eine Rejuvenation zu bewirken. Durch 2–3-malige Unterspritzungen mit Nanofett (Augen, „tear trough deformity“, Oberlippe) oder Mikrofett (Nasolabialfalte) im Intervall von 6 Monaten erreicht man ein lang anhaltendes Ergebnis. Exzessiver Sport oder Diäten könnten das Ergebnis allerdings komplett zunichtemachen. „Fett muss gehätschelt werden“, sagte Rappl, „mit Fillern hat man schon nach der ersten Behandlung ein länger anhaltendes Resultat.“ Insgesamt betrachtet ist dieses Gebiet noch relativ wenig erforscht, neuere Studien wären wünschenswert.</p> <h2>Nicht invasive Lipolyse: Hype oder Folly?</h2> <p>Prof. Dr. Daisy Kopera, MUG, analysierte in ihrem Literaturüberblick die Effektivität verschiedener Methoden zur Reduktion des subkutanen Fettgewebes. Die Kryolipolyse wird in einem Cochrane Review als möglicherweise vielversprechende Alternative zu invasiven Maßnahmen beschrieben (Ingargioloa MJ et al., 2015). Eine weitere Studie bestätigt die hohe Patientenzufriedenheit, die Aktivierung von Adipokinen und Adiponektinen und eine objektive Reduktion von Fettgewebe (Herold C et al., 2016). Nahrungsergänzungsmittel wie Koffein und Grüntee- Extrakte verbessern die Ausdauer und regen die Fettverbrennung an, dennoch bleibt die Sinnhaftigkeit von lipolytischen Ergänzungen als ergogene Nahrung kontroversiell (Kim J et al., 2016). Was die Laserlipolyse betrifft, so waren die meisten Studien hinsichtlich Sicherheit und Effektivität inadäquat, die Lipolyse mittels Ultraschall zeigt keine einheitlichen Ergebnisse, obgleich einige Studien eine Umfangreduktion an den Beinen ergaben, aber auch von der Entwicklung einer schmerzhaften subkutanen Fibrose wird berichtet (Milanese C et al., 2014; Greenshaw BN, Cook J, 2015). Die Carboxytherapie ist an verschiedensten Lokalisationen lokal wirksam und es wird über eine durchschnittliche Reduktion von minus 6mm berichtet (Lee GS, 2016), große kontrollierte Studien fehlen allerdings.<br /> Vitamin D zeigte keine Auswirkungen auf den Fettstoffwechsel. Dass Vitamin-DMangel dafür prädestiniert, adipös zu werden, konnte nicht bewiesen werden (Abbas MA et al., 2016). In einer eigenen kontrollierten Pilotstudie mit der Injektionslipolyse (Phosphatidylcholin, 3 Injektionen) wurde keine Reduktion des subkutanen Fettgewebes gesehen, berichtete Prof. Kopera (Kopera D et al., 2008).<br /> Zusammenfassend zitierte Kopera einen Review, der zu dem Schluss kam, dass die noninvasive Reduktion von subkutanem Fettgewebe zu den schnellstwachsenden Gebieten in der ästhetischen Medizin zählt. Die Behandlungen mit Kryolipolyse, Laser, Ultraschall und Radiofrequenz können als sichere, effektive Methoden beurteilt werden, die konsistente und reproduzierbare Ergebnisse ohne Nebenwirkungen liefern (Kennedy J et al., 2015). Trotz aller divergierenden Ansätze bleibt die Fettabsaugung in Tumeszenzanästhesie jedoch weiterhin der Goldstandard in der Behandlung von abdominalem subkutanem Fettgewebe (Friedman DP, 2015).<br /><br /> Zu guter Letzt kann man aber einen sehr seriösen Bericht der Koreaner Woo und Kang nicht von der Hand weisen, die die Frage nach der Evidenz der nicht invasiven Lipolyse nach Durchsicht der Literatur folgende Feststellung entgegenhalten: „Diät und Bewegung aktivieren lipolytische Enzyme bei Adipösen“ – so das Ergebnis aus einem Versuch mit adipösen Mäusen (Woo K, Kang S., 2016).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1704_Weblinks_s68_abb1.jpg" alt="" width="1454" height="849" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1704_Weblinks_s68_abb2.jpg" alt="" width="2186" height="702" /></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Korrektive Dermatologie, Gemeinsame Jahrestagung der
ÖGDC und ÖGDKA, 22.–23. September Wien
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