
Hausstaubmilbe: relevant für die atopische Dermatitis?
Bericht:
Martha-Luise Storre
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Dass eine Allergenexposition negativen Einfluss auf die atopische Dermatitis (AD) haben kann, ist bekannt. Doch inwieweit spielen Hausstaubmilben bzw. die Sensibilisierung gegenüber Dermatophagoides pteronyssinus bei AD eine Rolle?
Hausstaubmilben gehören zur Klasse der Spinnentiere und ernähren sich, wie der wissenschaftliche Name Dermatophagoides andeutet, von Hautschuppen. Sie bevorzugen eine hohe Luftfeuchtigkeit sowie Dunkelheit und kommen daher hauptsächlich in Matratzen, Polstern und Oberbetten vor. Die in Kotpartikeln der Milbe, aber auch in den verrottenden Milbenkörperfragmenten enthaltenen Allergene können durch Kontakt mit dem Epithel der Augen, der Nase, der unteren Atemwege, der Haut und des Darms eine Sensibilisierung und atopische Symptome hervorrufen.1
Spezifische Sensibilisierung bei AD
Laut Daten des TREAT-Registers, das der Langzeitbeobachtung von Patientinnen und Patienten mit moderater bis schwerer AD dient, weisen 61,7% der Erkrankten anamnestisch eine Sensibilisierung gegen Hausstaubmilben auf, wie Dr. med. Stephan Traidl, Assistenzarzt an der Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie an der Medizinischen Hochschule Hannover, ausführte. Sehr spezifisch und vor allem häufiger seien in der AD-Kohorte Sensibilisierungen auf die Allergene Dermatophagoides-pteronyssinus-Peptidase(Derp)2, Derp5 und Derp20 vertreten. «Insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit einer schweren atopischen Dermatitis gibt es spezifische Sensibilisierungen gegen Allergene wie zum Beispiel Derp5.2 Hier bedarf es weiterer Forschung, um eine eventuelle klinische Relevanz zeigen zu können», erläuterte Traidl.
Eine Exposition gegenüber den Hausstaubmilben-Allergenen verschlechtert die Symptome der AD. Jedoch ist eine Vermeidung des Kontakts im Alltag nur schwer umsetzbar. «Früher wurden Neurodermitispatientinnen und -patienten zur Kur nach Davos geschickt, da in der höchsten Stadt Europas die Hausstaubmilbe fast nicht existent ist», berichtete der Experte. Leichter im Alltag umzusetzen seien dagegen Waschgänge bei 60 Grad Celsius. Bei einer vorliegenden Sensibilisierung kann entsprechend der Leitlinie Neurodermitits ein Encasing der Matratze erwogen werden. 3
Gemeinsam mit der Forschungsgruppe in Hannover untersuchte Traidl einen weiteren Ansatz, bei dem mithilfe eines kontinuierlichen Luftstroms aus einem Gerät über dem Bett die Allergenexposition reduziert werden soll. Bei den zehn an der offenen, nicht placebokontrollierten Studie Teilnehmenden konnte nach dem Beobachtungszeitraum von drei Monaten eine signifikante Verbesserung des SCORAD (Scoring Atopic Dermatitis), des EASI (Eczema Area and Severity Index) sowie des DLQI (Dermatologischer Lebensqualitäts-Index) beobachtet werden, wie der Experte berichtete.
Pruritus nach Exposition
Eine weitere Studie unter Beteiligung von Traidl hatte zum Ziel, die zugrunde liegenden Pathomechanismen der Hausstaubmilben-Sensibilisierung bei AD besser zu verstehen und weitere Daten zu gewinnen. Dafür wurden AD-Patientinnen und -Patienten kontrolliert und verblindet in einer Expositionskammer mit Hausstaubmilben konfrontiert. Gemäss dem Studiendesign wurden die Teilnehmenden zuerst mit einem Placebo und dann mit echten Hausstaubmilben provoziert. Die Probanden verbrachten insgesamt jeweils vier Stunden an zwei Tagen in der Kammer. «Es zeigte sich, dass im Gegensatz zu Placebo bei der Provokation mit Hausstaubmilben über vier Stunden der Pruritus signifikant zunahm, ebenso wie die Produktion von Nasensekret», so Traidl. Beim EASI sowie SCORAD konnten jedoch keine relevanten Veränderungen beobachtet werden. Weiterführende Untersuchungen seien hier notwendig.
Eine Möglichkeit für die Behandlung von Allergien ist die Hyposensibilisierung. «Besteht bei einer inhalativen Allergie eine Indikation zur Allergenimmuntherapie, kann diese auch bei Komorbidität mit AD durchgeführt werden», verwies Traidl auf die Empfehlung der aktuellen Hyposensibilisierungs-Leitlinie.4 Auch laut der deutschen Neurodermitis-Leitlinie kann der Einsatz einer Allergenimmuntherapie allein wegen der AD bei schwer betroffenen Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf aerogen getriggertes Ekzem und korrespondierendem Nachweis einer Sensibilisierung erwogen werden.5
Quelle:
Vortrag «Hausstaubmilbe und atopische Dermatitis – Relevanz und Therapie» von Dr. med. Stephan Traidl im Rahmen des Symposiums «Atopische Dermatitis», 52. DDG-Tagung am 28. April 2023 in Berlin
Literatur:
1 Miller JD: The role of dust mites in allergy. Clin Rev Allergy Immunol 2019; 57(3): 312-29 2 Walsemann T et al.: Specific IgE against the house dust mite allergens Der p 5, 20 and 21 influences the phenotype and severity of atopic diseases. Allergy 2023; 78(3): 731-742 3 Werfel T et al.: Leitlinie Neurodermitis [atopisches Ekzem; atopische Dermatitis]. J Dtsch Dermatol Ges 2016; 14(1): e1-75 4 S3-Leitlinie Atopische Dermatitis (AD) [Neurodermitis; atopisches Ekzem]. AWMF-Register-Nr.: 013-027, 2023 5 Pfaar O et al.: Guideline on allergen immunotherapy in IgE-mediated allergic diseases. Allergol Select 2022; 6: 167-232
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