©
Getty Images/iStockphoto
Klinisch-diagnostisches Vorgehen bei Pigmentstörungen
Jatros
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Angelika Hofer, MME
Univ.-Klinik für Dermatologie und Venerologie<br/> Graz<br/> E-Mail: angelika.hofer@medunigraz.at
30
Min. Lesezeit
16.05.2019
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">Es gibt viele verschiedene Arten von angeborenen und erworbenen Pigmentstörungen, die weitgehend in Hypo- und Hyperpigmentierungen unterteilt werden können. Die Diagnosestellung ist jedoch meist schon klinisch möglich und von größter Wichtigkeit für die optimale Beratung und Behandlung der Patienten.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Pigmentstörungen imponieren klinisch als Farbänderung im Hautniveau. Sie sind auf Störungen der Melanozyten oder der Melanogenese zurückzuführen, die entweder mit einer vermehrten Melaninbildung (Hypermelanose) oder verminderten Melaninbildung (Hypomelanose) einhergehen. Hautpigmentierungen durch Nävuszellen zählt man nicht zu den Pigmentstörungen. Die einzelnen Hautläsionen bei Pigmentstörungen können klinisch je nach Pigmentgehalt als depigmentierte, hypopigmentierte oder hyperpigmentierte Flecken beschrieben werden. Da nur wenige Pigmentstörungen ausschließlich depigmentierte Läsionen zeigen, hat sich die klinische Unterteilung in Hypopigmentierungen und Hyperpigmentierungen weitgehend durchgesetzt.<br /> Angeborene oder frühkindlich erworbene Pigmentstörungen, die auch mit schweren Fehlbildungen assoziiert sein können, sind therapieresistent, und auch bei erworbenen, meist harmlosen Pigmentstörungen kann, abhängig von der auslösenden Ursache, oft nur eine kosmetische Verbesserung erzielt werden. Da der Leidensdruck der betroffenen Patienten aus Angst vor sozialer Stigmatisierung sehr groß ist, wünschen sich viele Patienten trotzdem eine Therapie, sobald die Diagnose feststeht.<br /> Die Diagnosestellung ist in vielen Fällen schon klinisch möglich. Nach der Unterscheidung zwischen frühkindlichen und später manifestierten Pigmentstörungen richtet sich das Augenmerk dabei auf die Größe, Begrenzung, Restpigmentierung und Lokalisation der jeweiligen Einzeleffloreszenzen. Vor einer Diagnosestellung sollten noch mögliche Triggerfaktoren, wie vorbestehende Dermatosen oder externe Noxen, ausgeschlossen werden.</p> <h2>Erworbene, umschriebene Hypopigmentierung</h2> <p>Wenn bei Patienten weiße Hautflecken auftreten, erfolgt die Überweisung zum Dermatologen meist mit dem Ersuchen um Ausschluss der häufigen Vitiligo (Weißfleckenerkrankung). Diese familiär gehäufte Erkrankung, die bei 50 % der Betroffenen vor dem 20. Lebensjahr auftritt, aber auch im hohen Alter erstmals in Erscheinung treten kann, ist durch das Fehlen funktionstüchtiger Melanozyten in den betroffenen Hautstellen bedingt. Ob die initiale Schädigung der Melanozyten durch melanotoxische Substanzen aus Nervenenden, Keratinozyten oder Entzündungszellen eingeleitet wird, oder durch Abfallprodukte der Melaninsynthese, die sich im Melanozyten ansammeln, ist nicht bekannt. Heute geht man aber davon aus, dass dadurch eine INF-γ vermittelten Immunreaktion ausgelöst wird, die zur Einwanderung autoaggressiver T-Zellen und Zerstörung der Melanozyten führt.</p> <p><strong>Einteilung der Vitiligo</strong><br /> Die Vitiligo wird in eine nichtsegmentale Form und eine segmentale Form unterteilt. Die nichtsegmentale Vitiligo kann als einzelner Fleck imponieren oder generalisierte, meist symmetrisch angeordnete depigmentierte Flecken zeigen (Abb. 1). Nur sehr selten tritt bereits zu Beginn der Erkrankung eine rasche Progression mit flächiger Depigmentierung von mehr als 80 % der Haut auf, und man spricht dann von einer Vitiligo universalis. In den meisten Fällen ist der Verlauf der Vitiligo nur langsam progredient. Das Auftreten erster Hautveränderungen wird bei Kindern gelegentlich nach einer Verletzung oder einem Sonnenbrand beobachtet, hingegen berichten Erwachsene vermehrt von belastenden Lebenssituationen, welche den ersten Hautveränderungen vorangegangen waren.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Derma_1902_Weblinks_a1-abb1ab.jpg" alt="" width="669" height="506" /></p> <p><strong>Mal leicht, mal schwer: Vitiligodiagnose</strong><br /> Die Diagnose einer Vitiligo kann sehr einfach sein, wenn die typischen Hautareale wie Augenoberlider, Mundwinkel, Axillen, Fingerendglieder, volare Handgelenksareale, Ellbogen, Hüften, Geschlechtsbereich, Knie oder Fußknöchelbereiche befallen sind. Bei Patienten mit hellem Hauttyp sollte unbedingt eine Ganzkörperuntersuchung mit Woodlicht (364 nm) erfolgen, damit auch frühe und im Tageslicht nicht sichtbare Hauteffloreszenzen gesehen werden können. Die typische Vitiligoläsion zeigt eine scharfe, sanftbogige Begrenzung und über längere Zeit auch pigmentierte Haare in den betroffenen Flecken. Schwieriger kann die Diagnosestellung sein, wenn Patienten nur einzelne depigmentierte Flecken aufweisen. Eine Vitiligo ist in diesen Fällen trotzdem sehr wahrscheinlich, wenn die Familienanamnese positiv ist, sich um einzelne Nävi ein weißer Randsaum zeigt (Halonävus) und wenn die weißen Flecken unter bereits erfolgter Sonnenexposition kleine follikuläre Repigmentierungen aufweisen. Verlaufskontrollen mit Fotodokumentation tragen ebenso zur Diagnosefindung bei. Nur sehr selten ist eine Stanzbiopsie zur Diagnosesicherung einer Vitiligo angezeigt. Hingegen sollten gerade bei Kindern assoziierte Erkrankungen wie Autoimmunthyroiditis (30 %), perniziöse Anämie oder Diabetes Typ 1 labordiagnostisch ausgeschlossen werden. Der Nachweis weiterer Autoimmunstörungen ist nicht selten ein Hinweis darauf, dass sich progressive Vitiligoverläufe schlecht therapeutisch beeinflussen lassen.<br /> Unabhängig davon, ob einzelne oder mehrere weiße Flecken vorliegen, sollte vor der Diagnosesicherung einer Vitiligo das Vorliegen von postläsionellen Hypopigmentierungen ausgeschlossen werden (Abb. 2). Die Ursachen können sehr unterschiedlich sein. So können Melanozyten durch entzündliche Erkrankungen (Herpes zoster, Lupus erythematodes) oder exogene Einflüsse (Kryotherapie, Trauma) direkt irreversibel geschädigt werden, in den meisten Fällen wird die Melanogenese oder der Melanosomentransfer in die benachbarten Keratinozyten durch exogene Noxen nur temporär reduziert. Unter Lichttherapie sind postläsionelle Hypopigmentierungen beispielsweise im Bereich der ursprünglichen Psoriasisläsionen sehr häufig. Da diese in weiterer Folge rasch nachpigmentieren, ist dies in erster Linie auf eine geringe Stimulation der Melanozyten unter den Plaques im Vergleich zur gesunden Haut zurückzuführen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Derma_1902_Weblinks_a1-abb2.jpg" alt="" width="675" height="511" /></p> <p><strong>An diese Differenzialdiagnosen sollte man denken</strong><br /> Schwieriger kann die Abgrenzung der Vitiligo von der Pityriasis alba bei Neurodermatitis sein (Abb. 3a). Mithilfe einer Woodlicht-Untersuchung fällt die Differenzierung leichter, denn die Läsionen der Pityriasis alba sind im Gegensatz zur Vitiligo unscharf begrenzt, nicht gänzlich depigmentiert, eher kleiner und zeigen sich bevorzugt an den Wangen und an den Streckseiten der Arme. Weiters zeigen sie keine follikuläre Repigmentierung. Es wird unter anderem eine Störung des Melanosomentransfers vom Melanozyten in Keratinozyten postuliert. Dies erklärt auch, warum die Läsionen in Einzelfällen über Monate und Jahre persistieren können. Eine andere entzündliche Erkrankung, die auf gebräunter Haut durch hypopigmentierte Flecken auffällt und von einer Vitiligo abgegrenzt werden muss, ist die Pityriasis versicolor (Abb. 3b). Im akuten Stadium sind die multiplen kleinen Effloreszenzen leicht schuppend und ein nativer Pilzbefund kann rasch zur Klärung der Diagnose beitragen. Ist die Pilzerkrankung nicht mehr nachweisbar, so führen die typische Lokalisation dieser Dermatose im Achselbereich, oberen Rücken, Brust und die dicht stehenden konfettigroßen Flecken zur Verdachtsdiagnose, die sich schlussendlich im Verlauf durch vollständige Repigmentierung aller Stellen nach Sonnenexposition bewahrheitet. Bei multiplen dezent hypopigmentierten Flecken, die keine Abheilung zeigen, wird eine Stanze empfohlen, um eine hypopigmentierte Mycosis fungoides ausschließen zu können.<br /> Werden Patienten mit multiplen depigmentierten Flecken in für Vitiligo untypischer Verteilung vorstellig, ist an ein Leukoderm beim Melanom zu denken. Depigmentierte Flecken im Nackenbereich können ein Hinweis auf eine Syphilis sein und eine genitale Depigmentierung ein Hinweis auf einen Lichen sclerosus et atrophicans.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Derma_1902_Weblinks_a1-abb3.jpg" alt="" width="670" height="504" /></p> <h2>Immunmodulierende Therapien als Verursacher</h2> <p>Wichtig ist außerdem zu wissen, dass vitiligoartige Hautveränderungen auch durch immunmodulierende Therapien wie z. B. Pembrolizumab auftreten können. Bei chronisch aktinisch geschädigter Haut zeigen sich an den Unterarmen und Unterschenkeln streckseitig häufig dicht stehende, etwa 3 mm große depigmentierte Stellen. Diese sogenannte idiopathische Hypomelanosis guttata ist wahrscheinlich auf Melanozyten zurückzuführen, die infolge der langjährigen Melaninproduktion zugrunde gegangen sind. Eine repigmentierende Therapie ist, anders als bei den meisten erworbenen Hypopigmentierungen, bei dieser Diagnose von vornherein aussichtslos.</p> <h2>Diffuse Hypopigmentierung</h2> <p>Von den erworbenen umschriebenen Hypopigmentierungen sind die deutlich selteneren diffusen Hypopigmentierungen abzugrenzen. Diese zeigen sich beispielsweise bei Patienten mit dunklem Hauttyp, die oft in Eigenregie flächige Verfahren zur Depigmentierung der Haut anwenden und damit nicht immer das gewünschte gleichmäßige Ergebnis erzielen. Die Verwendung ist so verbreitet, dass in einzelnen afrikanischen Staaten (Ruanda) aufhellende Kosmetika gänzlich verboten wurden. Zum Bleichen der Haut werden Tyrosinase-hemmende Phenolderivate, wie Hydrochinon, hochprozentig eingesetzt oder tiefe Peelings und flächige Lasertherapie durchgeführt. In Bleichcreme sind aufgrund ihrer depigmentierenden Wirkung häufig Kojisäure, Vitamin-A-Säurepräparate und topische Steroide zu finden. Auch das in der Aknetherapie gängige Lokaltherapeutikum Benzoylperoxid kann flächige Hypopigmentierungen auslösen. Seltene Ursachen einer erworbenen, generalisierten Hypopigmentierung können hormonelle Störungen bei Hypophysenvorderlappeninsuffizienz sein.</p> <h2>Angeborene Hypopigmentierung</h2> <p>Bei angeborenen oder frühkindlich diagnostizierten Hypopigmentierungen unterscheidet man ebenfalls zwischen umschriebenen und diffusen Hypomelanosen. Die Störung kann einzelne Melanozyten betreffen, die im Rahmen der embryonalen Entwicklung auf die Haut auswandern, während die umgebende Haut normale Melanozyten zeigt (Mosaik), oder es kann infolge von Keimbahnmutationen der gesamte Organismus betroffen sein. Weit über 100 Gene werden bisher mit der Pigmentierung der Haut in Zusammenhang gebracht.<br /> Dabei können die Störungen auf verschiedensten Ebenen auftreten, von der Auswanderung der Melanozyten in die Haut (Piebaldismus), der Pigmententstehung in Melanozyten (Albinismus) bis zum Pigmenttransfer in Keratinozyten (Chediak- Higashi-Syndrom). Die häufigste angeborene oder frühkindlich manifestierte Hypopigmentierung ist der Naevus depigmentosus. Dieser erscheint meist solitär als zackig begrenzter, hypopigmentierter Fleck bei der Geburt. Zeigen sich bei der Geburt einzelne oder mehrere hypopigmentierte, kleinfleckige Läsionen entlang von Blaschko-Linien, ist eine Hypomelanosis Ito auszuschließen, die auch mit weiteren Fehlbildungen assoziiert sein kann. Eschenblattförmige, depigmentierte Flecken, Angiofibrome, Epilepsie und mentale Retardierung weisen auf eine tuberöse Hirnsklerose hin.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Derma_1902_Weblinks_a1-abb4-5.jpg" alt="" width="1018" height="524" /></p> <p><strong>Piebaldismus, Waardenburg oder Albinismus?</strong><br /> Eine weitere angeborene, aber nicht so seltene Krankheit ist der Piebaldismus (Abb. 4), bei welchem die Auswanderung einzelner Melanozytenklone in die Haut in den ersten embryonalen Wochen infolge einer c-kit-Mutation gestört ist. Typische klinische Zeichen sind relativ große, unregelmäßige, aber scharf begrenzte, depigmentierte Flecken besonders im Knie- und Ellbogenbereich, die immer zahlreiche kleine bis größere normal pigmentierte Flecken im Inneren der Läsion aufweisen. Ein weißer Fleck mittig an der Stirn mit weißen Haarsträhnen wird bei dieser Genodermatose sehr häufig gesehen. Der Piebaldismus geht nicht mit weiteren Fehlbildungen einher. Bestehen bei vergleichbaren Hautveränderungen auch skelettale Fehlbildungen oder Taubheit, ist ein Waardenburg- Syndrom auszuschließen.<br /> Fallen Kinder durch eine sehr helle Hautfarbe, weißblonde Haare und Augensymptomatik (Nystagmus, Lichtscheu, reduzierte Sehschärfe) auf, könnte ein okulokutaner Albinismus (OCA) vorliegen (Abb. 6). Bei dieser Genodermatose sind die Melanozyten zwar in normaler Zahl in der Haut vertreten, jedoch ist die Funktion der Tyrosinase, welche für die Melaninsynthese essenziell ist, gestört.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Derma_1902_Weblinks_a1-abb6.jpg" alt="" width="1020" height="554" /></p> <h2>Erworbene umschriebene Hyperpigmentierung</h2> <p>Häufige erworbene Hyperpigmentierungen in sonnenexponierten Arealen stellen Epheliden (Sommersprossen) dar. Da die Melanozytenzahl in den kleinen Flecken unverändert ist, wird als Auslöser UVLicht diskutiert, das bereits im Kindesalter einzelne Melanozyten langfristig zu einer gesteigerten Melaninsynthese nach Sonnenlichtexposition anregt. Durch chronische UV-Einwirkung wird die Entstehung der Lentigines seniles erklärt. Treten bei Patienten plötzlich multiple, kleine, mittelbraune Flecken generalisiert auf, ist an eine Urticaria pigmentosa zu denken. Bei Kindern, die im frühen Alter an sonnenexponierten Stellen multiple, dicht stehende Pigmentflecken entwickeln, sollte auch an ein Xeroderma pigmentosum gedacht werden.</p> <p><strong>Entzündungen, Laptops und Schwangerschaft als Ursachen?</strong><br /> Sehr häufig treten Hyperpigmentierungen postinflammatorisch auf. Dabei kann es zum Untergang von Melanozyten kommen, deren Melanin in die Dermis absinkt, dort von Melanophagen aufgenommen wird und langfristig verbleibt (Pigmentinkontinenz). Erkrankungen, bei welchen häufig postläsionelle Hyperpigmentierungen gesehen werden, sind Morphea, Mycosis fungoides, atropher Lichen planus und Akne vulgaris.<br /> Weitere häufige Dermatosen, die regelmäßig eine Hyperpigmentierung zeigen, sind die Berloque-Dermatitis, Wiesengräserdermatitis und das Erythema ab igne (Abb. 5). Letzteres imponiert als retikuläre Pigmentierung und wird heute wieder häufiger gesehen, nämlich bei Patienten, welche ihren Laptop gewohnheitsmäßig auf den Oberschenkeln auflegen.<br /> Beim Melasma werden neben einer genetischen Prädisposition und Sonnenlicht auch hormonelle Ursachen diskutiert, da ein Auftreten besonders in der Schwangerschaft und unter der Einnahme von Kontrazeptiva beobachtet wird. Melanin kann dabei in der Epidermis und Dermis vermehrt vorhanden sein. Dies erklärt auch, warum einzelne Patienten keinen zufriedenstellenden Therapieerfolg erreichen.</p> <h2>Erworbene diffuse Hyperpigmentierung</h2> <p>Ursachen für eine flächige Pigmentierung können neben einer Sonnenlichtbestrahlung der Haut auch Hormoneinflüsse sein (Morbus Addison, Adenocorticotropin[ ACTH]- oder Melanozyten-stimulierendes Hormon[MSH]-produzierende Tumore, therapeutische Gabe von MSHAnaloga bei erythropoetischer Protoporphyrie [EPP]). Nicht melanozytär bedingte Pigmenteinlagerungen in die Haut sieht man außerdem bei Stoffwechselstörungen wie der Hämochromatose (Eisenablagerungen) und dem Morbus Wilson (Kupferablagerungen), bei der Argyrose (Silberablagerungen), schweren Lebererkrankungen, Porphyrien, der Graft-versus- Host-Erkrankung oder bei Dialysepatienten. Auch viele Medikamente (Methrotrexat, 5-Fluorouracil, Busulfan, Cyclophosphamid, Hydroxychloroquin, Doxorubicin, Amiodaron, Clofazimin, Minocyclin) können Pigmenteinlagerungen in der Haut bewirken, besonders spektakulär erscheinen hier die streifigen Pigmentierungen unter Bleomycintherapie (Flagellanten- Dermatitis). Ähnliche Hautveränderungen wurden auch nach intensivem Genuss roher Shiitake-Pilze beschrieben (Shiitake-Dermatitis). Multiple kleine, stammbetonte, gräuliche und unscharf begrenzte Hyperpigmentierungen mit Konfluenzneigung sieht man beim Erythema dyschromicum perstans („ashy dermatosis“). Bei linearen Hyperpigmentierungen sollte stanzbioptisch ein linearer Lichen ruber, eine lineare fixe Arzneimittelreaktion oder eine lineare Atrophodermie ausgeschlossen werden.</p> <h2>Angeborene umschriebene Hyperpigmentierung</h2> <p>Einzelne, scharf begrenzte, kleine Hyperpigmentierungen infolge einer gesteigerten Melanozytenzahl werden als Lentigo simplex bezeichnet. Kommen sie multipel und generalisiert vor, müssen Genodermatosen wie das LEOPARD-Syndrom ausgeschlossen werden. Multiple lokalisierte Lentigines im Gesicht und an den Akren finden sich hingegen beim Peutz- Jeghers-Syndrom, das mit einer intestinalen Polypose assoziiert ist. Beim Naevus spilus ist bei Geburt meist nur ein großflächiger, dezent gebräunter Fleck zu sehen. Erst im Laufe der Zeit entwickeln sich darauf kleine, dicht stehende Pigmentflecken. Die gleichmäßig gebräunten Café-aulait- Flecken verändern sich hingegen nicht weiter. Bei multiplem Vorkommen (> 6 Café-au-lait-Flecken mit einem Durchmesser von mindestens 1,5 cm) werden sie als Hinweis auf das Vorliegen einer Neurofibromatose Typ I gewertet.<br /> Eine weitere, relativ häufige epidermale Vermehrung von Melanozyten findet man beim Becker-Nävus. Dieser tritt als großflächiger, unregelmäßig, aber scharf begrenzter hellbrauner Fleck im Schulterbereich und Armbereich in Erscheinung und zeigt im Laufe der Entwicklung eine verstärkte Behaarung.</p> <p><strong>Mongolenfleck als Paradebeispiel der primären dermalen Hypermelanose</strong><br /> Von den epidermalen Hypermelanosen sind die primär dermalen Hypermelanosen abzugrenzen, bei welchen die Melanozyten im Rahmen der embryonalen Migration in der Dermis verblieben sind. Typisch für diese Pigmentflecken sind ein gräulicher Farbton und die unscharfe Begrenzung. Die häufigste dermale Pigmentläsion ist der Mongolenfleck, der lumbal auftritt und meist nach Monaten bis Jahren eine Spontanremission zeigt. Der Nävus Ito im Schulter- und Armbereich und der Nävus Ota im Versorgungsbereich des 1. und 2. Trigeminusastes mit Beteiligung der Skleren und inneren Augenabschnitte zeigen keine Remission, ebenso wie die durch vermehrte Pigmenteinlagerungen in Epidermis und Dermis bedingten familiär hyperpigmentierten Augenlider.<br /> Einzelne Genodermatosen gehen mit retikulären Pigmentmustern einher. Beginnen diese Pigmentstörungen axillär und inguinal, ist an einen Morbus Dowling- Degos zu denken, bei Manifestation an den Dorsalseiten der Arme an die Dyschromatosis symmetrica hereditaria. Bei den Pigmentstörungen nimmt die X-chromosomal vererbte Incontinentia pigmenti eine Sonderstellung ein. Sie verläuft postnatal mit Bläschen entlang der Blaschko-Linien, zeigt dann verruköse Läsionen und heilt mit persistierenden wirbelartigen gräulichen Hyperpigmentierungen innerhalb des ersten Lebensjahres ab.</p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Die Palette der angeborenen und erworbenen Pigmentstörungen ist sehr groß, jedoch können viele Diagnosen bereits klinisch gestellt werden. Zur optimalen Betreuung von Patienten mit Pigmentstörungen gehören eine frühzeitige Diagnosestellung, die Aufklärung über realistische Therapieziele und die Beratung in Bezug auf die therapeutischen Möglichkeiten oder kosmetisch zufriedenstellende Maßnahmen.</p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p>bei der Verfasserin</p>
</div>
</p>
Das könnte Sie auch interessieren:
Tierbisse bei Reisenden in tropischen und subtropischen Ländern
Brehms Tierleben einmal anders: wieso Spinnenbisse nicht so häufig sind wie angenommen, wie Feuerameisen ihren doppelzangigen Angriff führen und warum einfach der gesunde ...
Aktuelle Studien der Dermatoonkologie
In dieser Übersicht werden die laufenden klinischen Studien der Dermatoonkologie am Universitätsspital Zürich zusammengefasst und neu entwickelte Therapieansätze besprochen.
Die menschliche Haut in der modernen Kunst
Dr. Ralph Ubl, Professor für neuere Kunstgeschichte an der Universität Basel, stellte sich der schwierigen Herausforderung, einem Raum voller erwartungsvoller Dermatologen das Organ Haut ...